Man kann es auch so sehen:
Ich hatte beim Lesen der bisherigen Postings eine Assoziation, die ich gerne ausspinnen möchte: Manche hier reden von ihren ersten DSA-Erfahrungen wie von der ersten großen Liebe. Wie von einem Menschen, den man mit 15 oder 16 gekannt hat, und mit dem es irgendwie neu und schön war. Jetzt trifft man diesen Menschen nach 20 Jahren wieder und stellt fest: Er oder sie hat sich nicht entwickelt, sondern immer nur weiter in seine Welt eingeigelt. In eine Welt, die mit Konflikten nichts am Hut hat.
DSA ist für mich wie eine junge Frau vom Dorf, die mit 16 Jahren alle Anlagen gehabt hat: Sie sah hübsch aus (aber war keine Schönheit), sie war mutig (aber nicht tollkühn), intelligent (aber nicht genial), geschickt und stark (aber kein Wunderkind), herzlich (aber keine Glucke). Dafür hat man sie mal geliebt – zurecht.
Sie hätte auch alles werden können. Vielleicht nicht Fotomodell – aber Charakterdarstellerin an einer kleinen Bühne. Vielleicht nicht Astronautin – aber Naturforscherin auf der Schwäbischen Alb. Vielleicht nicht Professorin – aber Karrieretussi in der großen Stadt. Vielleicht nicht Olympiasiegerin im Zehnkampf – aber Ökobäuerin mit eigenem Hof. Vielleicht nicht Mutter Teresa – aber glückliche Mutter von vier Kindern. Sie hätte auch zwei oder drei dieser Lebenswege verbinden können. Wie gesagt, sie hat die Anlagen gehabt.
Aber weil sie irgendwie alles konnte, hat sie sich nie entscheiden wollen. Sie wohnt mit 36 immer noch auf dem Grundstück ihrer Eltern, auch wenn sie sich jetzt dort ein eigenes Haus gebaut hat. Sie schauspielert ein bisschen beim Feuerwehrfest. Sie hat eine beeindruckende Sammlung von Schmetterlingen, die sie selbst gefangen hat. Sie hat einen Job in der Gemeindeverwaltung. Sie züchtet ein paar Kräuter im Garten. Geheiratet hat sie nie, weil der richtige nie gekommen ist, und Kinder will sie auch nicht. Sie hasst das langweilige Leben auf dem Dorf, aber fährt nur alle vier Wochen zum Einkaufen in die Stadt, weil ihr dort zu viele Leute sind. Der einzige, den sie wirklich liebt ist ihr Hund.
Das ist alles irgendwie okay, aber man muss schon alle Phantasie zusammen nehmen, um in dieser zurückgezogenen, mutlosen Frau noch die große Jugendliebe zu entdecken, oder? Und man würde sich vorlügen, wenn man nach 20 Jahren zurückkehrt und meint, es könnte noch was werden. Vielleicht könnte sie sich noch verändern, ein bisschen mutiger werden, etwas mehr aus ihrem Leben machen. Aber will sie das überhaupt? So wie sie lebt hat sie vor allem Angst vor dem Scheitern. Und was sollen dann ihre Eltern denken und die Leute im Dorf, die sie halt so mögen, wie sie ist? Sie lebt ohne Risiko –aber auch ohne Reiz.
Mit DSA ist es genauso. Die Frau, die ich beschrieben habe, ist natürlich fiktiv. Aber ich kenne mehrere Menschen (Männer und Frauen) aus meiner Jugend, auf die diese Beschreibung im Kern zutrifft. Die in ihrer Entwicklung stecken geblieben sind, weil sie sich nie so recht getraut haben Ich kann mit ihnen einmal im Jahr einen Kaffee trinken, aber es gibt keine gemeinsamen Gesprächsthemen mehr. Das muss man akzeptieren. So wie man akzeptieren muss, dass es mit DSA nie wieder so wird wie früher. Man kann das alte System nehmen, aber die Naivität, mit der man es gespielt hat, die wird sich nie wieder einstellen.
Schade, aber nicht zu ändern.
Die Welt ist voll von Herausforderungen. Aber man sollte sie nicht dort suchen, wo sie sich nie einstellen werden.