*Klugscheiss Mode on* Sogar wenn man vom Ende der Antike und somit Anfang des Mittelalters mit Angriff der Moslems und des Aufstiegs des Islams ansetzt, kommt man bis ungefähr 1500 nicht auf 1000 Jahre...*Klugscheiss mode off*
Nach dieser Rechnung hätte das Mittelalter ungefähr um 700 angefangen und würde noch etwa bis 2200 dauern.
Da halte ich es doch eher mit der in der Geschichtswissenschaft verbreiteten Lesart, den Anfang des Mittelalters bei der Völkerwanderung/Ende des Weströmischen Reiches anzusetzen (5. Jh.) und das Ende bei der Renaissance (15. Jh.). Macht nach Adam Riese und Eva Zwerg 1000 Jahre.
So, zu dem "Ritter waren auch nur Bauern bzw. Schmiede":
Halte ich aus folgenden Gründen für SEHR unwahrscheinlich:
1. Standesdünkel
Bei Kleinadel?
2. Ausbildungszeit. Unwahrscheinlich das ein Ritter neben der Ausbildung in Frage des Kampfes, Tierpflege, etc. gerade noch etwas Zeit erübrigt um das, nicht eben anspruchslose, Handwerk des Schmiedes zu lernen.
Um beim Beschlagen seines Pferdes zu helfen, braucht er auch keine vollwertige Ausbildung als Schmied. Nichts anderes hat der Ritter in meinem Beispiel nämlich in der Szene gemacht.
Obendrauf kommt dann auch wieder 1. Es ist eine Sache das Pferd selbst zu pflegen, selber zu jagen, weil man bei der Dienerschaft sparen muss, eine andere tatsächlich 'niederer' körperliche Arbeit regelmäßig nachzugehen.
Äh... Dienerschaft? Bei einem Kleinadligen, der gerade mal drei Dörfer unter sich hat und bei dem der Zehnte plus Hand- und Spanndienste gerade für den Unterhalt der "Burg" (bzw. des einen Turms) reicht?
Wenn solche kleinen, unbedeutenden Ritter nur mein romantisches Phantasieprodukt sind und in Wirklichkeit jeder Ritter über Dutzende von Dienern und Knechten verfügte und seine eigene kostbare Person neben dem Waffendienst ganz dem höfischen Leben und der Minne hingeben konnte, klär mich auf.
3. Feudalsystem. Die Bauern füttern den Herrn durch, dafür das er sie beschützt. Wenn er also nicht gerade landlos ist, sollte er also ein Lehen haben das ihn versorgt.
Tut es. Darum hat er
überhaupt die Zeit, zu trainieren, Waffen und Pferd zu pflegen und sich und seine Leute wehrfähig zu halten. Den Großteil seiner Zeit macht aber immer noch die Bewirtschaftung seines eigenen Besitzes aus. Und bei einer begrenzten Anzahl Knechte und Mägde kommt es mir unwahrscheinlich vor, daß er sich da aufs Delegieren beschränken konnte. Da erscheint es mir plausibler, daß er selbst mit anpackte.
Allgemein:
Die Verarmung des Adels gilt als selten, bzw. die so starke Verarmung das sie damit praktisch auf 'Gemeinen'-Niveau absackten, denn schliesslich gab es auch immer noch die Möglichkeit in eine Händlerfamilie einzuheiraten die gerne adelig werden wollte (über solche Ehen gibt es sogar Urkundenzeugnisse).
1. Vor der Verarmung muß erst mal das Reichwerden kommen. Nicht jeder, dem der Ritterschlag verliehen wurde, bekam ein Lehen, das von einem Horizont zum anderen reichte. Meist war es nicht viel mehr als ein besserer(?) Gutshof.
2. Das Einheiraten in Händlerfamilien kam hauptsächlich gegen Ende des Hochmittelalters auf, und selbst da gelang es längst nicht jedem Ritter. Ansonsten hätte das Raubrittertum nicht solche Ausmaße angenommen, daß Rudolf von Habsburg einen regelrechten Feldzug dagegen führen mußte.
3. Das historische Vorbild für die Burg meines obigen Ritters ist übrigens Ross Castle in Irland. In dieser Burg hängt unter anderem ein sehr interessantes Gemälde von einem der Herren, die einmal darüber herrschten - zugegebenermaßen aus dem 17. Jahrhundert, doch es zeigt ihn mit den üblichen Acessoires der dortigen Landbevölkerung. Das heißt unter anderem: Ohne Hose und Schuhe. Was den Bau selbst angeht, beraubt er einen recht schnell der Illusion, das Leben eines kleinen Ritters sei allzu luxuriös gewesen. Ich habe schon alte Bauernhöfe gesehen, die prachtvoller eingerichtet waren.
Wobei gerade das Raubrittertum dem Ritter in der Schürze entgegensteht.
Kannst du die Logik hinter dieser Aussage näher erläutern?
Was regionale Unterschiede angeht:
Ich würde die als zuvernachlässigend ansetzen, ist aber auch eine Glaubensfrage.
Das erscheint mir, bei allem Respekt vor dem Glauben, wenig plausibel. Regionale Unterschiede können selbst heute groß sein, und im Gegensatz zum Mittelalter kann man heute Europa an einem Tag durchqueren. Damals war das eine Reise von Monaten. Vor Luther gab es im Heiligen Römischen Reich nicht einmal ansatzweise eine einheitliche Sprache, und die Kultur der Friesen war derjenigen der Bayern mit Sicherheit noch fremder als heute. Die Ritter des Rheinlands schwelgten ab dem Hochmittelalter im Reichtum eines bedeutenden Handelswegs, wogegen die Ritter bei Schleswig mit dem auskommen mußten, was ihre Bauern der Moorlandschaft abringen konnten. Wenn das keine regionalen Unterschiede sind, weiß ich auch nicht...
So, ich muß mir wieder die Schürze umhängen und was in meiner Burg schaffen. :