Gibt's eigentlich eine offizielle Regel zu Sprachen?
Ja. - In den englischsprachigen Ausgaben nicht explizit im Regeltext, sondern aus den Settingbänden. Und da ist es nicht nur EINE offizielle Regel, sondern gleich mehrere. - In der SW-GE auf Seite 28 (auch hier sind die beiden gängigen Umsetzungen aus Settingbänden angegeben).
In DL:R ist jede Sprache außer der Muttersprache des Charakters als Wissensfertigkeit, Wissen (<Sprache>), zu lernen. - Effekt: Es ist sauteuer eine Fremdsprache oder gar viele zu beherrschen. Das Weird West Setting ist - wie der alte Westen - sehr vielsprachig und eigentlich bräuchte JEDER Charakter, der ein wenig dort herumgekommen ist, Englisch, Spanisch, Französisch, Russisch, Chinesisch, Deutsch, Jiddisch, Schwedisch, und ein paar der gängigen Indianer-Sprachen. - In DL Classic kostet das Erlernen von solch vielen Fremdsprachen auf geringem Kenntnisstand extrem wenig Kopfgeldpunkte (XP). In SW mit DL:R-Settingregeln ist es praktisch UNMÖGLICH einen Charakter nach den Settingregeln als "nicht perfekt in vielen Sprachen", d.h. W4 in jeder Menge Sprachen, abzubilden. Ausnahme: Er bekommt den Vorteil Alleskönner; jedoch dann kann er ja nicht nur Sprachen, sondern ALLE mit Verstand verknüpften Fertigkeiten auf W4. Das will man eigentlich auch nicht.
Bei DL:R-Runden wird daher OFT (meine Schätzung geht sogar in Richtung SEHR OFT) die Regelung aus Rippers und anderen Settings verwendet: Man beherrscht Verstand/2 an Sprachen. Geht über Attributssteigerung der Verstand eine Würfelstufe hoch, kann man eine weitere Sprache lernen.
Das Sprachenproblem ist ein altbekanntes. - Sprachen sind eigentlich Fertigkeiten zweiter Klasse. Man braucht sie als Voraussetzung, um überhaupt andere soziale Fertigkeiten anwenden zu können oder Recherche in Fremdsprachentexten betreiben zu können. Eigentlich reicht es meist aus, wenn diese Sprachen ein "Schalter" sind, der es eben "freischaltet" eine Fertigkeit in einem bestimmten Sprachumfeld einzusetzen.
Der Anspruch an eine eigenständige Fertigkeit, daß sie mindestens jede zweite Spielsitzung in einer Aktion VON BEDEUTUNG eingesetzt werden können muß, damit sich etwas für eine eigenständige Fertigkeit qualifiziert, wird auch in DL:R nicht erfüllt. - Somit sehe ich den DL:R-Ansatz der Sprachen-Umsetzung als Wissens-Fertigkeiten als nicht wirklich gerechtfertigte Einführung einer Fertigkeit (Wissensfertigkeitsspezialisierung) an. Eine derart TEUERE und RARE Charakterentwicklungs-Resource wie Fertigkeits-Punkte bzw. Charakter-Aufstiege für das Sprachen Erlernen aufzuwenden, und dann die Sprachen-Fertigkeit in den meisten Abenteuern sowieso nur sehr, sehr selten an KRITISCHER STELLE (das ist ja das Kriterium für eigentlich jede Fertigkeit) anzuwenden, zeigt mir, daß diese Umsetzung nicht gelungen ist.
Leider geht es in SW durch die grobe Granularität der Aufstiege (alle 5 EPs einen (bis Legendär, dann alle 10 EPs)) nicht so einfach "billige" Fertigkeiten zweiter Klasse einzuführen. Man könnte eine Hausregeln einführen, die einem bei einem Aufstieg statt maximal zwei Fertigkeiten unterhalb des Attributs zu erhöhen, eben auch das Erlernen oder Verbessern einer halb so teueren "Billig"-Wissensfertigkeit, nämlich Wissen (<Sprache>) zu erlauben - also bis zu vier Wissen (<Sprache>) Verbesserungen pro Aufstieg.
Ich kenne kaum ein Setting, wo sich wirklich eine eigenständige Fertigkeit Wissen (<Sprache>) lohnen würde. Wissen (Linguistik) ist hingegen öfter mal als "Sammelpaket" wider babylonische Sprachvielfalt passend.
Bei den Hausregeln verwende ich inzwischen recht oft den Ansatz der Verstand/2 Sprachen, die ein Charakter bei Spielbeginn beherrscht. Er beherrscht sie so gut, wie sein Verstand-Wert es hergibt, wenn er einen Verstand-Wurf machen muß, oder so gut, wie es sein Umhören-Wert hergibt, wenn er sich unters Volk mischt um Informationen einzuholen, oder so gut, wie er einen Einwohner des jeweiligen Landes in Landessprache beleidigen kann mittels eines Provozieren-Wurfs.
Neue Sprachen lernt man "im Spiel". D.h. nach einer Woche regelmäßigen Kontakts mit einer bestimmten Sprache entscheidet ein Verstand-Wurf, ob der Charakter diese Sprache zu den von ihm beherrschten hinzufügen darf. Ich unterscheide noch meist zwei Stufen: Ein Erfolg = Grundlagen (das schreibt er sich dann so auf: "Orkisch (Grundlagen)"), Erfolg mit Steigerung oder ein weiterer Erfolg nach zwei weiteren Wochen "learning by talking" = Flüssige Beherrschung (das schreibt er sich so auf: "Orkisch" - d.h. ohne den Grundlagen-Zusatz).
Das hat in D&D-like Fantasy-Welten bestens funktioniert.
Noch einfacher ist der Ansatz per Allgemeinwissen. Ein weitgereister Abenteuerer beherrscht einfach jede Menge Sprachen automatisch. Der Wurf auf Allgemeinwissen kann je nach "Exotik" der Sprache modifiziert werden. Aber oft findet man gerade in Pulp-Abenteuern oder Romanen wie z.B. den Quartermain-Romanen, daß sogar exotische, obskure afrikanische Dialekte solchen Helden nicht fremd sind. - Hier entscheiden Setting-Konventionen wie üblich darüber, ob es überhaupt eine eigenständige Fertigkeit oder eine Settingregel braucht. Bei Pulp-Abenteuern im wilden, unheimlichen Afrika normalerweise nicht. Oder wenn man als mieser, knallharter, skrupelloser Schurke als "Die Linke Hand Gottes" den Katholischen Missionar spielt, und man es aber mit seinen alten Kumpels, den Schergen eines chinesischen Kriegsherrn, zu tun bekommt. - Diese Charaktere können das einfach, weil es ihn ihrem Charakterkonzept steht und das Allgemeinwissen für diese Art von Charakteren ist.
Neue Sprachen schreibt man sich im Laufe seines Abenteuerlebens dann einfach zum Charakterhintergrund dazu - also effektiv zum Allgemeinwissens-Bestand. Das geht dann auch ohne EP und Aufstiege.
Die meisten Settings, die ich so bespiele, verwende ich ohne das Sprachenbeherrschen zum "Killerkriterium" zu machen. Meist ist es wirklich nicht etwa nur uninteressant irgendwelche Sprachen zu lernen, sondern die Sprachenkenntnisse sind ausschließlich als XP-Senken gedacht, weil manche Fertig-Abenteuer Sprachkenntnisse nur abzuprüfen scheinen, um die Spieler zu zwingen XPs in Sprachen zu versenken, statt in sinnvollere Eigenschaften. - Das ist MEIN Geschmack hinsichtlich Sprachverständnisthemen und deren "Abenteuerlichkeit". Daher sehen MEINE Conversions auch meist keinerlei kritische Anwendungen von Sprachen als "Flaschenhals" im Spiel vor. Ausnahmen gibt es, aber das sind nicht viele.
Sprachen sind somit aber ganz klar eine regeltechnisch "unterversorgte" Thematik bei Savage Worlds. - Die SW-GE macht dazu ja bereits im Grundregelwerk die Regelungen publik, die in Settingbänden bislang üblicherweise zur Anwendung kamen. Die englischen Grundregeln haben das Sprachenproblem nicht wirklich zufriedenstellend behandelt, sondern Sprachen nur offiziell unter Knowledge (<Language>) einsortiert.