cmdlightning:
Stein und Flöte hat mir auch gut gefallen. Leider fällt das Märchenhafte in der Fantasy allzu oft unter den Tisch.
Was Vance anbelangt: wenn Lyonesse nach deinem Empfinden langatmig und spannungsarm war, dann können von mir aus ruhig mehr Autoren so schreiben. Abgesehen davon, daß ich deinen Einwand leider nicht im entferntesten nachvollziehen kann (in den drei Büchern passieren doch Tausend spannende Sachen und das auch noch genial verwoben!), schreibt Vance ja eben keine Spannungsliteratur, im herkömmlichen Sinne. Gerade seine manchal nüchterne und distanzierte Art, die schlimmsten Ereignisse zu schildern ist eines seiner Stilmittel. Diametral entgegen stehen dazu seine liebevollen, blumigen und von mir aus auch weitschweifigen Beschreibungen von scheinbaren Nebensächlichkeiten, wie dem Essen oder den Farben eines Kleides. Für mich ist Jack Vance einer der ganz wenigen Künstler in diesem Feld. Er hat natürlich auch schwächere Geschichten geschrieben, keine Frage, aber das ist für mich eher seine frühe SF, in der er seinen Stil noch nicht vervollkommnet hatte.
Mein Lieblingszitat über Jack Vance, stammt von der SF-Autorin und bekannten Feministin Joanna Russ, die über ihn einmal sagte: 'Er weiß einfach alles über Kindheit, Leid, soziale Zusammenhänge, Träume und Verluste ...' Das trifft es sehr schön.
Wie ich schon mal ausgeführt habe, ist Jack Vance ein Schriftsteller der polarisiert. Da hört man dann: mir gefällt die ganze Handlung nicht, die Charaktere sind zu schwach ausgearbeitet, das Verhalten der Charaktere gefällt mir nicht, etc ... Von den ganzen Einwänden trifft am ehesten zu, das Vance häufig ähnliche Charaktertypen verwendet (weil ihn das wohl nicht so interessiert) und das er in der Beschreibung starker Heldinnen, eher schwach auf der Brust ist. Ab den 80er Jahren ersinnt er aber auch interessante weibliche Protagonistinnen, die tragende Rollen spielen. Diese Schwächen hängen sowohl mit Vance's Vorlieben zusammen, als auch damit, dass er ein Kind seiner Zeit ist. Meistens schreibt er verkappte Detektivgeschichten oder Schelmenromane, bei denen seine Figuren schon gewitzt sein müssen und überhaupt ist Intelligenz das wichtigste Gut seiner Helden, denn keiner von ihnen hat je durch rohe Gewalt allein, ein Problem gelöst.
Auch die Lyonesse Bücher haben manchen Leuten nicht gefallen (andere waren total begeistert), aber der Einwand 'spannungsarm' ist zumindest neu.
Jack Vance's Kunst hat jedoch vor allem mit einem allgemeinen Geschmacksempfinden, dem kleinsten gemeinsamen Nenner oder den Vorstellungen Hollywoods, auch nicht das geringste zu tun (als zB. Cugel der Schlaue seine Reisegefährtin Derwe Coreme, der Umstände halber, in der Gewalt der Bursiakos zurücklässt/zurücklassen muss - das war schon nie dagewesenes, ganz großes Tennis). Das alles interessiert ihn nicht. Er biedert sich auch nicht beim Leser an oder schreibt zu ihm herunter. Nein, er hat seinen eigenen, intellektuellen, exzellenten und vor allem zeitlosen Stil entwickelt; schreibt SF wie F und F wie SF (was die Einordnung erschwert) und hat nie einen Volltreffer beim Publikum gelandet, was in über 50 Jahren berufsschriftstellerischer Tätigkeit schon eine Leistung ist.