Autor Thema: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)  (Gelesen 10306 mal)

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Offline Blizzard

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #50 am: 27.03.2008 | 09:20 »
Gegen das Interesse des Spielers oder des Charakters? Ich liebe Geschichten, die gegen die Interessen meines Charakters verlaufen. Da wird's doch erst spannend.
Naja, bei allen Abenteuern muss man natürlich auch immer nach der Motivation der Charaktere fragen bzw. diese hinterfragen. Warum nehmen die Charaktere überhaupt den Auftrag an? Klar, darauf gibt's dann erstmal die Standardantworten: Abenteuerlust, weil's Geld dafür gibt, weil die Charaktere Heldentm (und deshalb "verpflichtet") sind, den Auftrag anzunehmen bis hin zu "weil es den Background des Chars betrifft". Aber ein Auftrag der gegen die Intressen des Charakters geht...der den Char also gar nicht interessiert, ja ihm evtl. zuwider ist-warum sollte ein Char trotzdem einen solchen Auftrag annehmen? Da muss es schon verdammt gute und vor allen Dingen plausible Gründe für geben. Wenn die Geschichte den Spieler nicht interessiert, dann wird  der Charakter gar nicht erst am Abenteuer teilnehmen. Aber das ist ein anderes Thema, und wäre evtl. einen eigenen Thread wert. Aber ein SL der absichtlich eine Geschichte gegen die Intressen der Charaktere auf-und abzieht um damit die Charaktere zu motivieren hat damit imho ein sehr fragwürdiges Grundkonstrukt für seine Story gebaut.
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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #51 am: 27.03.2008 | 09:39 »
@Blizzard:
Du machst mehrere Denkfehler:
1. Charaktere gehen nicht immer freiwillig auf Abenteuer. Manchmal sucht sich das Abenteuer die Charaktere aus. (Vgl. Zitat: "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin. Dann kommt der Krieg zu Dir.") Gerade Antihelden (Also Helden, die eigentlich keine Helden sein wollen und am liebsten zuhause bleiben würden) sind eigentlich sehr beliebt in Filmen und Büchern.
2. Unter den Sachen, die sich gegen die Interessen der Charaktere ereignen fallen zu Beispiel Katastrophen, die erst während des eigentlichen Plotes passieren. z.B. kritische Patzer, die dazu führen, dass Unschuldige getötet werden oder Blackouts von Spielern, die zu tragischen Situationen führen. (Als Beispiel: Ars Magica: Ein Magier hat auf die Schnelle ein Alchemistenlabor nach Sachen gesucht, mit denen man große Brände erzeugen konnte. Als er einiges gefunden hat, sagte der Spieler: "Ich werfe alles in einen Sack". Folge: Ein explodiertes Labor + 2 tote Verwandte eines anderen Charakters) Katastrophen können aber genauso Situationen sein, für die die Charaktere nichts können. Ein Bösewicht tötet die Lieblingstochter des einen Charakters usw. Da brauch es wirklich keine besondere Storylogik.
3. Der SL will damit nicht die Charaktere motivieren, sondern die Spieler. Die Charaktere selber haben im Spiel sowieso kein Mitspracherecht. (Wie auch. Die existieren ja noch nichtmal)
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #52 am: 27.03.2008 | 10:17 »
@TerraNova
Ganz ehrlich, ich sehe einerseits keine Notwendigkeit meine Freizeit mit Arschlöchern zu verbringen, andererseits ist es doch langweilig, wenn alles klappt. Warum kommt man dann überhaupt zum Spiel?

Da kann man dann natürlich auf der einen Seite dann einen auf Macker und den harten SL machen. Aber mal im Ernst, warum sollte ich mir als SL auch noch in der Freizeit die Not antun, den Babysitter für erwachsene Leute zu spielen?

Wenn da von der Seite der Spieler nichts kommt, dann haben sie anscheinend kein Interesse am Spielen. Dann kann man sich überlegen, ob die Leute einen Beitrag zum Spiel liefern, der das mangelnde Interesse weg macht (z.B. backt immer nen Kuchen), und ansonsten verzichtet man halt auf die Leute.

Aber sich jedesmal als SL so einen Kindergarten ans Bein schnallen? Vollkommen unnötig.


Offline Nocturama

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #53 am: 27.03.2008 | 11:50 »
Zitat
Aber ein Auftrag der gegen die Intressen des Charakters geht...der den Char also gar nicht interessiert, ja ihm evtl. zuwider ist-warum sollte ein Char trotzdem einen solchen Auftrag annehmen? Da muss es schon verdammt gute und vor allen Dingen plausible Gründe für geben. Wenn die Geschichte den Spieler nicht interessiert, dann wird  der Charakter gar nicht erst am Abenteuer teilnehmen. Aber das ist ein anderes Thema, und wäre evtl. einen eigenen Thread wert. Aber ein SL der absichtlich eine Geschichte gegen die Intressen der Charaktere auf-und abzieht um damit die Charaktere zu motivieren hat damit imho ein sehr fragwürdiges Grundkonstrukt für seine Story gebaut.

Ich hatte mich eigentlich auf etwas anderes bezogen - dass Plot Hooks a la "wenn ihr nicht diesen Auftrag annehmt, dann müsst ihr den Rest eures Lebens im Gefängnis" meistens böse nach hinten losgehen, sehe ich auch so.

Ich meinte eigentlich, dass ich Geschichten mag, in denen nicht alle Ziele meiner Charaktere auf dem gerade Weg erreicht werden. Wenn ich Flags gesetzt habe wie "will sich mit seiner Frau versöhnen" oder "will in der Stadt eine Machtposition erreichen", dann ist es das, was der Charakter will - aber ich als Spieler will, dass Komplikationen auftreten und mein Charakter Rückschläge erleidet (oder jedenfalls potentiell erleiden kann). Ich suche mir diese Flags ja nicht aus, weil sie einfach sind.
Insofern stimme ich dir also zu, TerraNova. Es ist Aufgabe der SL, diese Komplikationen anzusteuern. Allerdings sind da genauso die Spieler gefragt: erstmal muss man der SL klar sagen, dass für einen als Spieler solche Komplikationen völlig in Ordnung sind, ja, dass man sie will. Der eine oder andere Spielleiter hat eben schon Erfahrungen mit Spielern gemacht, die bei jedem kleinen Rückschlag wütend oder frustriert werden.
Abgesehen davon ist es für jeden Spieler möglich, Komplikationen selbst anzusteuern. Sicher mag es SLs geben, die selbst nachdem der Exmann betrunken bei der Frau ins Haus gestürmt ist, angefangen hat sich mit ihrem Freund zu prügeln und rumgepöbelt hat, immer noch die Frau in seine Arme sinken lassen, aber... das werden wohl die wenigsten sein. In dem Fall hat der Spieler ziemlich klar gezeigt, worauf er hinaus will. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Spielleiter keine Telepathen sind und im Normalfall nicht ohne weiteres wissen können, was der Spieler denn nun OK findet, worauf er hinaus will und was er gerne hätte. Wenn alle nur desinteressiert in der Ecke hängen, kann er das auch schwer herausfinden, da sind ganz klar auch die Spieler in der Verantwortung.
Und ganz ehrlich, in dem Fall verstehe ich auch nicht, warum man sich als SL große Mühe geben soll, wenn die Spieler anscheinend keine Lust haben, etwas einzubringen.
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Offline TerraNova

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #54 am: 27.03.2008 | 12:37 »
@TerraNova
Ganz ehrlich, ich sehe einerseits keine Notwendigkeit meine Freizeit mit Arschlöchern zu verbringen, andererseits ist es doch langweilig, wenn alles klappt. Warum kommt man dann überhaupt zum Spiel?

Da kann man dann natürlich auf der einen Seite dann einen auf Macker und den harten SL machen. Aber mal im Ernst, warum sollte ich mir als SL auch noch in der Freizeit die Not antun, den Babysitter für erwachsene Leute zu spielen?

Wenn da von der Seite der Spieler nichts kommt, dann haben sie anscheinend kein Interesse am Spielen. Dann kann man sich überlegen, ob die Leute einen Beitrag zum Spiel liefern, der das mangelnde Interesse weg macht (z.B. backt immer nen Kuchen), und ansonsten verzichtet man halt auf die Leute.

Aber sich jedesmal als SL so einen Kindergarten ans Bein schnallen? Vollkommen unnötig.

Hier spielen mehrere Dinge zusammen:

1) Ich leite gern. Höre und staune, es macht mir Spass die "Welt" zu sein.
2) Alles eine Frage der Motivation. Wie ich eingangs schon kommentierte, sehr viele der Probleme verschwinden, sobald ich als SL die Zügel in die Hand nehme, und eben nicht "auf motivation und guten willen vertraue", sondern beides mit den Mitteln, die das System des Abends mir in die Hand gibt einfordere. Und glaube es oder nicht, ich bin der Überzeugung, es macht meinen Spielern mehr spass als die halbtoten "Kommt jetzt was? Ne... aber die Story plätschert irgendwann sicher auf die nächsten XP / Gadgets zu" - Runden die ich kenne.
3) Jeder hat seine Macke. Die Suche nach den "Idealen Spielern", dem "Idealen System" und dem "Besseren Rollenspiel An Sich" habe ad acta gelegt. Ich verwende das "Material" das ich habe, und zwar so das es mir Spass macht. Wenn das auch den Spielern gefällt (und würden sie kommen, wenn sie es so sehr hassen?), dann seh ich echt keinen Grund etwas zu ändern

Um mal kurz abzuschweifen: Spielleiter tragen einen Großteil der Vorbereitung und Planung. Spielerkontrolle ist Gift dafür. Wenn ein Spieler auf einmal die Fakten der Welt umstellen kann, wie etliche der tollen "experimentellen" System es scheinbar propagieren, dann ist es für mich einfach ein loses dahinplätschern ohne Ziel, Sinn und Spannung. Etwas das mir weder als SL noch als Spieler irgendeine Befriedigung gibt.

Offline TerraNova

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #55 am: 27.03.2008 | 12:44 »
Insofern stimme ich dir also zu, TerraNova. Es ist Aufgabe der SL, diese Komplikationen anzusteuern. Allerdings sind da genauso die Spieler gefragt: erstmal muss man der SL klar sagen, dass für einen als Spieler solche Komplikationen völlig in Ordnung sind, ja, dass man sie will. Der eine oder andere Spielleiter hat eben schon Erfahrungen mit Spielern gemacht, die bei jedem kleinen Rückschlag wütend oder frustriert werden.

Die Erfahrungen habe ich auch schon gemacht, keine Frage. Weshalb ich mich selbst inzwischen als "bösen" SL bezeichne ist allerdings etwas anderes: Ich weigere mich schlichtweg, das Mütchen meiner Spieler maßgeblich für meine Vorbereitung zu machen, oder auf Gedeih und Verderb die Dinge so zu biegen, das auch ja jeder seine 2.38 Erfolgserlebnisse pro Spieltag hat. Ich sehe mir an, was die Charaktere erreichen wollen, und wo die Spieler mit den Charakteren hinwollen. Sehe mir an, was das Abenteuer in der Richtung hergibt (aus Zeitgründen benutze ich momentan sehr viel Dosenmaterial), und versuche beides miteinander so zu verbinden, das am ende etwas herauskomtm, was fordernd für die Charaktere ist, Interessant für mich, und hoffentlich auch unterhaltsam für sowohl mich als auch die Spieler.

Und ja, die Erstnennung des "mich" war beabsichtig.

Offline Edorian

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Re: Warum SL's böse sein müssen... (oder was anderes)
« Antwort #56 am: 5.05.2008 | 17:49 »
Vorab: ich habe nicht alles gelesen und werde mich nur zum Titel äußern.

Als böser SL habe ich folgende (selbstauferlegte) Aufgaben:
- Bring die Charaktere in Schwierigkeiten, die ihre grauen Zellen in Rotation versetzen
- Zeig den Spielern, dass es letztlich allein ihre Entscheidung ist...  >;D
- Sorg für eine reagierende Welt -> die Spieler tun A, also folgt Reaktion B
- Nimm dich der Schwächen und Fehler der Chars an (wo sonst findet man so gute Ansätze für spannende Szenen?!)
- Gönn (?  >;D) ihnen Freiheit im Spiel

Das ist kurz zusammengefasst, meine Art zu leiten. Wenn dabei für die Chars in Gefahr geraten und u.U. hops gehen, dann bitte gern.

Warum bin ich als SL eigentlich böse, wenn ich mir die Arbeit mache, einen halbwegs spannenden Abend zu gestalten? Weil die tollen Chars mal einen Kratzer abbekommen könnten? Weil es nicht immer mit den stupiden "Hab-ich-im-TV-gesehen" Tricks funktioniert? Oder wenn die Situation negativ endet?
"Strahlender Ritter in kratzfester Rüstung, stets zu Diensten."

"Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen aus, ich wäre nicht verrückt. Die zehnte summt C64 Lieder..."