Habt ihr als Spielleiter auch ab und zu schon die Erfahrung gemacht, dass solche Skills wie "Überreden" (Persuasion), "Beeinflussen" (Influence), "Präsenz", "Umstimmen", "Überrumpeln" usw. eigentlich nur in eine bestimmte Richtung funktionieren, in die Richtung Spielercharakter-gegen-Nichtspielercharakter, aber nicht Nichtspielercharakter-gegen-Spielercharakter?
Was genau meine ich damit?
Nun, im Vergleich zum Überreden (oder Überredungskunst oder wie auch immer man es nennen möchte) schaue wir uns einfach mal den Skill "Kämpfen" bzw. "Waffenbeherrschung" an: Das Kämpfen funktioniert eigentlich grundsätzlich gut in beide Richtungen. Der Spielercharakter (SC) haut dem Nichtspielercharakter (NSC) auf die Mütze, wenn er an der Reihe ist, dann kommt es zum Gegenschlag, und der NSC haut dem SC auf die Mütze, usw. Anders ausgedrückt: Zuerst würfelt der Spieler für den Kampfwert seines Spielercharakters, dann würfelt der Spielleiter für den Kampfwert / Skill / Talent / etc. des NSCs. Das geht hin und her, so lange bis ein Ergebnis feststeht.
Aber das was mit einem Fertigkeitswert à la "Kämpfen" geht, geht eben mit "Überredungskunst" nicht so gut ... Die Kampfwürfelproben werden von Spielleiter und Spieler gleichermaßen ausgewürfelt, jedenfalls in fast allen Systemen, in denen etwas anderes praktiziert wird als einfach nur narrativ zu schildern und zu erzählen.
Aber wie sieht das mit Überredungskunst aus? - Klappt nicht. Ein Spieler kann sagen "Mein Typ wendet jetzt mal Überreden auf den Basarhändler an ... würfel, würfel ... ja, klappt." Jedoch kann der Spielleiter nicht glaubhaft sagen, "Der Basarhändler wendet jetzt Überreden auf dich an ... schau, geschafft, ... jetzt bist du überredet."
Vielleicht meint ja der SL, dass der SC in so einer Situation - nach den Würfelergebnissen gehend - eigentlich überredet worden sein müsste, aber der Spieler dieses SCs wird sich denken, "Heh, Quatsch. Von wegen überredet. Ich lasse mich nicht überreden. Ich weiß doch voll, dass der blöde SL nur diesen Skill gegen meinen SC gewürfelt hat." Soll heißen: Da der Spieler sich nicht überreden ließ, ist auch sein SC nicht überrdet. In meinen Spielrunden, mit mir als SL (aber auch als Spieler!), hat das häufig die Wirkung, dass der betroffene SC niemals so sehr überredet bzw. überzeugt ist wie er es eigentlich nach den Regeln gewesen sein sollte. Blöde Konstellation.
Denn wenn der SL ganz normal sagen würde, "Spieler, dein Charakter ist jetzt halt überredet worden und muss sich so verhalten ...", dann weiß der entsprechende Spieler sofort, welches Stündlein geschlagen hat. Er wird wahrscheinlich (fast immer) besonders auf der Hut sein, er weiß, dass man quasi einen feindlichen beeinflussenden Skill von außen auf ihn angewendet hat, er wird das Ergebnis immer bewusst oder unbewusst hinterfragen und sich dagegen wehren. Zumindest aber wird er das, wozu er quasi "überredet" wurde, nur recht missmutig und widerwillig tun. Es ist ja nicht seine Entscheidung, es ist nicht wirklich seine Meinung. Er wurde nur dazu überredet.
Ähnlich verhält es sich natürlich gerade auch mit beeinflussenden Sprüchen in Welten, in denen es echte Magie oder etwas Vergleichbares gibt (Gedankenkontrolle, Hynosekräfte usw.). Ein entsprechend begabter SC kann durchaus auf einen beliebigen NSC auf gut Glück seine Gedankenkontrollfähigkeit anwenden, aber ein NSC kann dies nicht auf einen SC, ohne sich zu verraten. Der Spieler (der reale Mensch!), nicht jedoch notwendigerweise der SC, wüsste dann ja immerhin, dass es Gedankenkontrolle war, die ihn beeinflusste, auch wenn es der SC auf keinen Fall wissen sollte und auch in dem Zusammenhang der Welt und der Story gar nicht wissen würde. Ein typischer Spieler wird davon ausgehen, dass er mit einem entsprechenden Würfelwurf einen NSC dazu kriegen kann, ihm ohne Widerrede zu willen zu sein. Aber von einem NSC kann ich umgekehrt nicht das Gleiche erwarten.
Inzwischen gehe ich meistens so vor, dass ich es selbst als SL ausspiele, wie ein NSC den SCs irgendetwas glaubhaft erzählt, egal wie unglaubwürdig es klingt. Manchmal sind es dann echte und korrekte INformationen, manchmal ist es der letzte Quatsch, den ich mir aus den Fingern gesogen und den Spielern als absolut zuverlässige Fakten auftische. Oft glauben sie es dann auch ohne Weiteres.
Aber mit der Ansage "Er macht jetzt Beeinflussung auf dich ..." würde das nie in dieser Art und Weise funktionieren. Es würde nicht die gleiche Spannung erzeugen und es würde die Handlung nicht in die gewünschte Richtung voranbringen.
Also summa summarum: Einen Wettstreit "Kampffertigkeit gegen Kampffertigkeit" kann man problemlos in beiden Richtungen auswürfeln, aber einen Wettstreit "Überreden gegen Konzentrieren" nicht, ... nur in die Richtung SC gegen NSC. Umgekehrt muss man das spätestens spielen.