Autor Thema: Geschichten erzählen ist langweilig...  (Gelesen 15452 mal)

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Offline Dr.Boomslang

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #75 am: 14.11.2007 | 18:15 »
@ Rabe
An was machst du die Differenzierung fest? Geschichte und Simulation sind ja nun eher unzureichende Begriffe, wie man sieht. Wie sieht der Unterschied entweder am Spieltisch oder in der entstehenden Fiktion aus (oder in beidem)?
Beschreib mal so einen Grenzfall, bei dem man sich für die eine oder andere Richtung entscheiden muss.

Offline Crimson King

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #76 am: 14.11.2007 | 18:47 »
Gute Geschichten müssen nicht plausibel sein. Märchen sind es keinesfalls.

Gute Geschichten sind immer plausibel. Sind sie es nicht, werden sie unglaubwürdig. Die Plausibilität bezieht sich allerdings nicht zwangsläufig auf die Realität. Märchen sind plausibel im Rahmen der Märchenwelt, Actionfilme sind plausibel, weil es nun einmal Konvention ist, dass bestimmte Gesetze der Physik in Actionfilmen nicht greifen und der Bösewicht die Helden nie einfach erschießt, sondern sie in eine Todesfalle wirft, aus der es *fast* kein Entkommen gibt. Sie sind unrealistisch, aber deshalb nicht unglaubwürdig, weil wir uns beim Konsum der Geschichte auf die Konventionen einlassen.

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #77 am: 14.11.2007 | 19:55 »
Manmanman,

dem Raben geht es nicht darum, dass er keine Geschichte erzählt oder keine erzählen will. Es geht ihm darum, dass es ihm scheißegal ist, ob das, was am Ende rauskommt, eine Geschichte ist oder nicht, im Gegensatz eben zu den Geschichtenerzähl-Rollenspielern.

Ich dachte, ich wäre schwer von Begriff, stimmt wohl nicht.

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #78 am: 14.11.2007 | 20:07 »
Ich verstehe glaube ich ganz gut wie Herr Rabe spielt, kann aber nicht viel Sinn in einem Haufen Aussagen der Gegenseite erkennen.

Das liegt wohl primär daran, dass der Begriff Geschichte je nach Bedarf ständig mutiert!

Wenn alles was irgendwie passiert Geschichte ist, ist der Begriff sinnlos.
Insbesondere ist es dann sinnlos, Änderungen zu fordern oder Spiele abzuwerten, weil sie keine Geschichte erzählen.

Bliebe dann noch unterschiedliche Qualitäten von Geschichte zu diskutieren - wobei das wegen dem hohen Geschmacksanteil einer solchen Wertung ebenfalls nahe an sinnfrei ist.

Geschichte ist daher ein diskussionstechnischer Unbegriff, der insbesondere als leuchtendes Banner, als das er vorneweg getragen wird mehr Schaden anrichtet als er in irgendeiner Art und Wiese hilft.
Es ist ein sinnentleertes Scheinargument, welches irgendwie auf den hohen Sockel gehievt worden ist und jeder zweite es als Grund und Rechtfertigung ge-(miss-)braucht, wie es gerade passt ohne es irgendwie mit dann noch diskutierbarem Inhalt zu füllen. Aber es hört sich gut an und es ist durch die Schwammigkeit kaum Gegenrede möglich.

Wer also etwas zum Thema "Geschichten" sagen will, sollte doch dann bitte einmal genauer aufführen welche Aspekte/Definition von Geschichte er da gerade meint.
Und wenn man davon ein paar hat, wie sie aus einigen Posts zu vermuten sind, wird man wohl auch Herrn Rabe besser verstehen, der eben kein "gestörtes Verhältnis" zu "Geschichte im globalen Sinne" hat, sondern verschiedene Facetten und Anforderungen, die Geschichte zeitweilig zugeschrieben bekommt, entweder nicht priorisiert oder gar im Konflikt mit seinem Spielstil sieht.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Crimson King

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #79 am: 14.11.2007 | 20:14 »
Bliebe dann noch unterschiedliche Qualitäten von Geschichte zu diskutieren - wobei das wegen dem hohen Geschmacksanteil einer solchen Wertung ebenfalls nahe an sinnfrei ist.

Das ist wirklich vollkommen falsch. Es gibt durchaus brauchbare Kriterien, um eine Geschichte zu bewerten. Glaubwürdigkeit, Dramaturgie, Umsetzung von Subtexten z.B.

Es gibt eine Menge Geschichten, die ich objektiv als gut bewerten kann, obwohl sie mir nicht gefallen. Aber ich kann z.B. Anhängern des entsprechenden Genres zu diesen Geschichten raten.

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #80 am: 14.11.2007 | 20:45 »
Ich habe eher den Eindruck (und jetzt lieber Rabe wird es vielleicht doch psychoanalytisch), dass die Abwesenheitserklärung eines Erzählstils mehr oder weniger eine Flucht nach vorne ist.

Ich habe eher den Eindruck, dass die Abwesenheitserklärung eines Erzählstils oder der passenden Dramaturgie vom Raben nie getroffen wurde. Er hat lediglich gesagt, dass ihm alle diese egal sind. Er spielt nicht, um einen Erzählstil oder eine Storystruktur zu verwenden. Wenn er so etwas verwendet (was er zwangsläufig tut), dann nur zufällig, weil es sich halt nicht vermeiden lässt, irgend etwas in irgend einer Art und Weise zu tun.

D.h. er wendet nicht explizit bestimmte Geschichtenerzähl-Techniken an, um das Spiel im Sinne der Story voran zu treiben. Er spielt einfach drauf los. Setup, Spielercharaktere, los geht's.

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Offline Boba Fett

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #81 am: 14.11.2007 | 20:56 »
@Turning Wheel:
Es geht nicht darum, ob Rabe Geschichten mag. Das kann durchaus zutreffen, spielt aber keine Rolle.
Es geht nicht darum, ob Rabe Geschichten während der Rollenspiels erzeugt. Das kann durchaus zutreffen, spielt aber keine Rolle.

Es geht darum, mit welcher Prämisse der Rabe an ein Rollenspiel herangeht.
Und die Prämisse ist nicht, dass er mit dem Ziel herangeht, eine möglichst gute Geschichte zu entwickeln,
die dramaturgisch möglichst gut ist, eine gute Struktur hat, Stimmungsbogen, Finale etc pp - alles eben was eine gute Geschichte besizt.
Rabe geht es nicht darum. Bei ihm kann der Hauptgegner gleich am Anfang sterben, weil es eben so sein kann.
Bei ihm kann der Täter nach 10 Minuten entlarvt werden, was sonst eben im Finale geschieht.
Bei ihm kann der Protagonist auf einer Bananenschale ausrutschen und den Abend über im Krankenhaus liegen - wenn dies plausibel ist, dann kann das passieren - für eine Geschichte wäre das äußerst dumm, weil die Hauptfigur aus der Story raus wäre.
Und wenn sich ein Charakter verfährt, dann geht die Kneipenschlägerei ohne ihn von statten.

Kurz: All das, worauf ein Story-orientierter Spieler oder Spielleiter wert legt, ist dem Raben egal.
Natürlich kann es auch vorkommen, dass das Finale am Ende stattfindet, ein Happy-End zustande kommt, der Mörder erst am Schluß entlarvt wird und dass das erspielte als erzähltes eine unheimlich tolle Story abgibt - nur legt er da keinen Wert drauf - es ist ihm wurstegal.

Es kommt nicht drauf an, ob er automatisch eine Geschichte erspielt, weil die erspielte Handlungsabfolge logischerweise eine Geschichte darstellt.
Es kommt darauf an, dass die Dinge, auf die jemand achtet, der eine Geschichte erzeugen möchte, und auf die dann auch Rücksicht genommen wird - also hinter denen dann andere Kriterien zurückstecken müssen, dass diese Komponenten den Raben nicht kümmern. Wenn trotzdem eine (wertvolle) Geschichte erzeugt wird, ist das ein unwichtiges Nebenprodukt.
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Offline Falcon

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #82 am: 14.11.2007 | 23:20 »
TW schrieb:
Zitat
Sind dann die selbsternannten Simulationisten glücklich und lehnen sich am Ende des Spielabends
zurück mit den Worten:"Ah toller Simulationsabend. Wir haben wie immer nichts
auf die Reihe bekommen, aber alles war wenigstens herrlich plausibel."
Ob du's glaubst oder nicht. Ja, genauso ist das. Ich habe es sehr oft erlebt. Der Wortlaut ist auch so ähnlich.
Ich habe Spielabende mitgemacht, da würde Rabe sicher noch mal seine Präferenzen überdenken.

was Rabe beschreibt sind die gegensätzlichsten Spielstile, die ich mir vorstellen kann. Solche Spieler haben mir schon viele Spielabende kaputt gemacht und ich ihnen. Aber nicht aus Absicht, ich sitze auf der Storyseite und kann die Gegenseite auch nicht verstehen, da gehts mir änhlich wie dir.

« Letzte Änderung: 14.11.2007 | 23:26 von Falcon »
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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #83 am: 14.11.2007 | 23:21 »
@Turning Wheel:
Du diskutierst gerade komplett an der Position des Rabens vorbei.

Er hat mit seinem Charakter eine bestimmte Rolle vor Augen. Und dieser Charakter soll sich für ihn vollkommen glaubwürdig verhalten. Er würde das Verhalten dieses Charakters nie an die Geschichte anpassen. (ausser es passt zu seinem Charakter) Sein Charakter würde also keine Handlungen aus dramaturgischen Gründen machen. Er würde es auch nicht wollen, dass die anderen Charaktere und auch die NSCs und sogar die komplette Spielwelt Handlungen nur durchführen, weil sie für die Geschichte notwendig wären oder sie verbessern würden. Das würde aus seiner Sicht das Spielerlebnis zerstören.

Mal ein Beispiel was den Raben (aus meiner Sicht) ärgern würde: Die Charaktere sind gefangen genommen und stehen gefesselt vor dem Obermotz. Damit die Charaktere genug Zeit haben sich zu befreien, lässt der SL den Obermotz seine komplette Planung bis ins kleinste Detail erzählen. Der SL lässt den NSC nur aus dramaturgischen Gründen handeln.

Deine komplette Argumentation hat also nichts mit dem Raben zu tun.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #84 am: 15.11.2007 | 07:47 »
@Turning Wheel:
Ich persönlich habe schon sowohl einen Rechtsanwalt, als auch einen Taxifahrer, als auch eine Sekretärin gespielt. Alle drei Charaktere hatten ihre Abenteuer erlebt, die vollständig ausserhalb ihrer normalen Berufslaufbahn standen.
Der eine Charakter musste sich mit seinen eigenen Handlungen auseinandersetzen. Der zweite Charakter trieb Geister aus und die dritte Charakterin prügelte sich mit Kultisten.
Nein. In der Wahl des Charakters liegt nicht unbedingt der Grundstein einer Geschichte. (zumindest bedeutet es nicht, dass Du damit automatisch eine Vielzahl von Handlungen zu Beginn der Geschichte ausschliesst)

Die Plausibilität liegt immer im Auge des Betrachters. Darüber brauchen wir nicht reden. Das bedeutet aber noch lange nicht automatisch, dass die Plausibilität dem Erlebnis einer Geschichte untergeordnet ist.

btw. vergiss den Begriff "Simulationist". Nimm lieber den Begriff "Wegspieler". (siehe Thread im Rollenspieltheoriechannel. Da wird das Thema meiner Meinung nach besser erklärt.)

EDIT:
Ich glaube jetzt weiss ich wo der Knackpunkt liegt: Der Standard-Vampir-Spieler ist Zielspieler (oder Genresimulant wie es der Elch bezeichnet hat) und der Rabe ist Wegspieler (oder Experimentalsimulant). Das heisst, wenn Du versuchst den Raben zu verstehen, dann lass die Vampirkiddies aussen vor. Die sind eine ganz andere Baustelle. :)
« Letzte Änderung: 15.11.2007 | 08:14 von Christian 'TPK' Preuss »
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Offline Hr. Rabe

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #85 am: 15.11.2007 | 09:11 »
Moin,

Es wurde zwar schon des Öfteren angeführt, daß der Begriff 'Geschichte' für eine Diskussion hier absolut sinnentlehrt ist, da jeder hineinlegt, was er gerne darin sehen würde.
Da er aber Essenziel zu sein scheint — Bzw. meine Interpretation des Geschichts-Begriffs essenziel zu sein schein, versuche ich mich hier erst einmal an einer Definition, die für den Rest dieses Threads gelten soll, da sie meiner Interpretation des Begriffs entspricht (und um die ging es ja ;) ).


Definition:
Eine Geschichte im Sinne dieses Threads ist eine Erzählung zusammenhängender fiktiver Ereignisse, welche einer bestimmten absichtlichen Erzählstruktur folgt, um dem Leser/Zuschauer/Zuhöhrer zu gefallen.
Sie besteht sowohl aus einer fiktionalen, als auch einer narrativen Ebene. Diese beiden Ebenen beeinflußen sich Gegenseitig. Hierbei umfasst die fiktionale Ebene die Ereignisse und Elemente der vorgestellten Wirklichkeit, während die narrative Ebene den geregelten Informationsaustausch vom Erzähler zum Zuhöhrer, also die Präsentation der Fiktion umfasst.


Wenn man diese Definition einer Geschichte anlegt, kommt man zu dem Schluß, daß der Inhalt eines RPG-Abends zwingend immer genügt, um die fiktionale Ebene mindestens einer Geschichte zu füllen.
Sobald die Erzählung dieser Inhalte eine beabsichtigte Strucktur aufweist, kann man —im Sinne der Definition— tatsächlich von 'Geschichten erzählen' reden.

Um meinen Standpunkt zu verstehen, müßen wir noch etwas tiefer gehen. Wenn ich eine solche Geschichte zu einer 'guten' (lies: interresanten) Geschichte machen will, so fallen mir zwei Ebenen auf, auf denen ich ein paar Schalter drehen kann, um Interresse zu wecken:
  • Auf der fiktionalen Ebene kann ein interresanter Inhalt geschaffen werden. Ich kann Personen, Gegenstände und Beziehungen darstellen. Starke Beziehungen, unterschiedliche Machtverhältnisse, interresante Gegenstände und vielschichtige Personen machen diese Ebene interressant.
  • Auf der narrativen Ebene kann ich eine möglichst interresante Erzählstruktur schaffen. Ich kann durch das bewuste Ordnen und Priorisieren von Informationen, so wie durch das bewusste Verschweigen oder Zurückhalten wichtiger Fakten genauso Interesse erzeugen, wie z.B. durch eine gute oder wortgewandte Erzählung oder bewust den Blickwinkel des Zuschauers/Zuhöhrers lenkende Beschreibungen.

Ein Erzähler kann sich also zu jedem Zeitpunkt entscheiden, welcher der beiden Ebenen er Aufmerksamkeit widmet, um seine Geschichte interresant zu machen.
Legt er mehr wert auf die narrative Ebene, kommt es häufig zu dem Effekt, das Inhalte der fiktionalen Ebene verändert oder angepasst werden, um eine bessere narrative Strucktur zu ermöglichen.
Die veränderte Situation in der Fiktion ist hierbei nicht aus der Fiktion selbst motiviert (kein direkter kausaler Zusammenhang), sondern aus der narrativen Ebene.
Wenn wir von einer durch das Rollenspiel erzählten Geschichte ausgehen, ist das der Punkt, an dem mein Spielerlebniss (wenn nicht vorher eindeutig 'Storymode ON' vereinbahrt wurde) die Waffen streckt. In meiner Hausrunde ist dieser Eingriff von der narrativen auf die fiktionale Ebene eine ultimative Sünde und mit Tod durch Steinigung zu ahnden.

Bemerkbarer Weise, passieren solche Durchgriffe aber immer, wenn eine Geschichte erzählt wird, den ein Geschichte (laut meiner obrigen Definition) zeichnet sich nunmal dadurch aus, einer bestimmten absichtlichen Erzählstruktur zu folgen.

Also umgehe ich in Situationen, in denen ein solcher Durchgriff (narrativ->fiktional) von Nöten wäre um der Erzählstruktur Rechnung zu tragen bewußt die Absichtlichkeit der Narration, um der puren, aus ebeneneigener Kausalität motivierten Fiktion Rechnung zu tragen.
Ab diesem Moment, wird die Struktur der Narration beliebig und die Gesammte Erzählung ist daher nicht mehr als Geschichte zu betrachten.

Alle Klarheiten beseitigt?

Gruß,
Hr. Rabe
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Offline Vanis

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #86 am: 15.11.2007 | 09:25 »
Alle Klarheiten beseitigt?

Ja, mein Kaffee ist auch leer *gehtsichneuenholen*. Was mich interessieren würde: Wie klappt das so bei euch in der Runde, so ganz ohne Handlungsstruktur, Spannungsbogen? Ich kenn das halt von mir als SL, dass ich mich echt hinsetzte und mir je nach Akt oder Szene überlege, womit ich die Spieler konfrontieren kann bzw. was sie wohl als nächstes planen. Da setzte ich dann bewusst am Anfang noch keine Spitzen, sondern heb mir die eher für den Schluss auf.
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Offline Hr. Rabe

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #87 am: 15.11.2007 | 09:37 »
Ja, mein Kaffee ist auch leer *gehtsichneuenholen*. Was mich interessieren würde: Wie klappt das so bei euch in der Runde, so ganz ohne Handlungsstruktur, Spannungsbogen? Ich kenn das halt von mir als SL, dass ich mich echt hinsetzte und mir je nach Akt oder Szene überlege, womit ich die Spieler konfrontieren kann bzw. was sie wohl als nächstes planen. Da setzte ich dann bewusst am Anfang noch keine Spitzen, sondern heb mir die eher für den Schluss auf.

Naja, da auf der narrativen Ebene per Definition bei uns keine Spannungstragenden Elemente geschaffen werden können, muß die fiktionale Ebene eben zwangsläufig gehaltvoller sein.

Das ist auch einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen narrativ orientiertem [NOS] und fiktional orientiertem Spiel [FOS].
Einem NOS Spieler kann eine einfach strukturierte Fiktion mit vieleicht einem Fiesling und ein oder zwei anderen Hauptbeziehungen ausreichen, denn er hat ja genügend narrative Motivatoren, aus denen er neue Elemente entstehen lassen kann.
Einem FOS Spieler stehen diese narrativen Motivatoren nicht zur Verfügung, daher muß die Fiktion selbst genügend Motivatoren bereithalten, um ein interresantes Spiel zu ermöglichen. D.h. es sollten eben schon ein paar mehr Parteien beteiligt sein, die selbst auch etwas klarer definiert sind, um dem SL zu erlauben genügend Reaktionen auf Aktionen der Spieler aus der fiktionalen Ebene herzuleiten.
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Offline Purzel

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #88 am: 15.11.2007 | 09:40 »
@ Rabe:

Sprich, statt einer ausgearbeiteten Geschichte habt ihr besonders gründlich vorbereitete NSCs?

Sonst noch ein Unterschied zu einer narrativ orientierten Runde?

Offline Hr. Rabe

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #89 am: 15.11.2007 | 09:52 »
@Purzel

Wenn du NSCs durch Spielwelt ersetzt (da auch ein besonders tolles Artefakt ein guter Motivator sein kann) stimmt das so.

Ein weiterer Unterschied ist, daß in einer fiktional orrientierten Runde der SL keine Richtung vorgeben wird. Die Spieler wissen vor dem Spiel (meistens machen wir große Schmierblätter) in etwa was Sache ist und müßen sich selbst um die Motivation ihrerer Charas kümmern.
Wenn das nicht passiert, werden sie vieleicht von den Ereignissen überrollt, die bereits vor Spielbeginn in Gang gesetzt worden sind, aber die Spielwelt wird sonst keine Notiz von ihnen nehmen.
Sprich: Die Spieler haben eine wesentlich erhöhte Eigenverantwortung, als beim narrativ orientierten Spiel.
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Mann ohne Zähne

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #90 am: 15.11.2007 | 10:47 »
Herr Rabe,

lass mich mal zusammenfassen:
Du definierst folgendermaßen:

fiktional = gerichtet auf die Erschaffung eines interessanten Inhalts; Personen, Dinge und Beziehungen darstellen.

narrativ = gerichtet auf eine interessante Erzählstruktur. Organisierung von Informationen und Darstellungen, um ein im literaturwissenschaftlichen Sinne "dramatische" Geschichte zu erzählen. Das kann dazu führen, dass "logische" oder "realistische" Geschehnisse übergangen werden, um eine gute Geschichte zu erzählen.


Ist das korrekt?

Sollte dem so sein, dann kann ich höchstens erahnen, wo du den Unterschied siehst.
Was du als "fiktional" bezeichnest, kommt dem Lawschen "Method Acting" ziemlich nahe, während dein "narrativ" dem Lawschen "Storytelling" ähnelt.

Kurz: "fiktional" meint eine "realistische", logische und innerlich zusammenhängende Darstellung von Charakteren und deren Umwelt. "Narrativ" meint ein an bekannten Erzählstrukturen angepaßtes Spiel (Einführung, Höhepunkt, Epilog).

Was mir bis jetzt verborgen bleibt, ist das: Warum haben deiner Meinung nach "fiktional" orientierte Spieler eine wesentlich höhere Eigenverantwortung als "narrative"?



Offline Hr. Rabe

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #91 am: 15.11.2007 | 11:02 »
Hallo Norbert,

Dein Verständniss ist soweit richtig.

Eine höhere Verantwortung haben fiktional orrientierte Spieler meiner Meinung nach, weil der SL im rein fiktional orientierten Spiel eine klarer umrissene Rolle hat.

Während er sich im narrativen Spiel z.B. darum kümmert, daß bestimmte Szenen angefahren werden und den Spielern Richtungen aufzeigt, wirft er sie im fiktional orientierten Spiel einfach ins kalte Wasser.
Ich werde als fiktional spielender SL NIE meinen Spielern irgendeine Richtung aufzeigen. Jeder kennt die Fiktion ausreichend, alle wissen was passiert, wenn sie nichts tun, aber was jetzt getan wird, liegt ausschließlich in der Hand der Spieler.
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Tybalt

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #92 am: 15.11.2007 | 12:23 »
Das ist auch einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen narrativ orientiertem [NOS] und fiktional orientiertem Spiel [FOS].
Einem NOS Spieler kann eine einfach strukturierte Fiktion mit vieleicht einem Fiesling und ein oder zwei anderen Hauptbeziehungen ausreichen, denn er hat ja genügend narrative Motivatoren, aus denen er neue Elemente entstehen lassen kann.
Einem FOS Spieler stehen diese narrativen Motivatoren nicht zur Verfügung, daher muß die Fiktion selbst genügend Motivatoren bereithalten, um ein interresantes Spiel zu ermöglichen. D.h. es sollten eben schon ein paar mehr Parteien beteiligt sein, die selbst auch etwas klarer definiert sind, um dem SL zu erlauben genügend Reaktionen auf Aktionen der Spieler aus der fiktionalen Ebene herzuleiten.

Sehe ich überhaupt nicht so. Ich bin als SL (und als Spieler) ganz klar Story-orientiert, aber mir reichen ein "Fiesling und ein oder zwei anderen Hauptbeziehungen" eben nicht. Ich bereite ebenfalls einen Schwung NSCs vor, mit verschiedenen Motivationen, meist mehr als ich brauche. Auch narrativ orientiertes Spiel kann sehr NSC-lastig sein, das ist also kein sinnvolles Unterscheidungskriterium.

Und auch Handlungsfreiheit der SC taugt nicht, denn auch bei mir können die Spieler machen, was sie wollen, ich werde halt irgendwie sinnvoll reagieren. Und da bei mir die Lösung nicht feststeht (oft habe ich mir keine überlegt, das sollen die Spieler machen) habe ich auch keine Weg, auf dem ich die Spieler festnageln will.

Ich denke, ein wichtiges Kriterium ist die schon angesprochene narrative Kausalität. Dinge passieren so, daß es eine Interessante Geschichte(tm) gibt. Mir ist das wichtig, einem fiktional orientiertem SL nicht. Bei mir gibt es schonmal unglaubliche Zufälle, damit die Geschichte am laufen bleibt.


Tybalt

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #93 am: 15.11.2007 | 15:37 »
Der Rabe jat ja eindeutig von bewussten Entscheidungen im Sinne der Story gesprochen.

Ich handhabe das im Übrigen so, dass ich jegliche Planung bzgl. des Plots außerhalb der Sitzungen durchführe. Während des Spiels würde mir niemals in den Sinn kommen, Handlungen der SCs unter dramaturgischem Vorwand nicht zu ermöglichen bzw. die Konsistenz zugunsten von Storystruktur zu ruinieren. Allerdings liegt das vor allem daran, dass ich Konsistenz, also den vom Raben anvisierten Simulationseffekt, als grundlegend für Drama ansehe. Ein Drama, das keiner glaubt, hat auch keinen Wert. Wenn die Spieler durch ihre Handlungen den vorbereiteten Raum verlassen, muss ich halt improvisieren. Gute Improvisation beruht allerdings meines Erachtens auch auf guter Vorbereitung, nur nicht Vorbereitung im Sinne von Plot, sondern im Sinne von gut ausgearbeiteten NSCs, Räumlichkeiten, Gegenständen.

Die eigentlichen Unterschiede liegen dann vermutlich vor allem darin, dass der Rabe andere Kriterien für Konsistenz und Glaubwürdigkeit hat als ich, sprich das Setting anders wählt. Und dass seine Vorbereitung den Plot ausklammert, während ich ihn sozusagen als wahrscheinlichste Handlungsfolge durchaus mitplane.

Ich stehe im Übrigen auch sehr auf verworrene Plots mit Wendepunkten und Aha-Effekten. Auftrag -> Schurke -> Belohnung ist mir allemal zu billig.

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #94 am: 15.11.2007 | 15:44 »
Die veränderte Situation in der Fiktion ist hierbei nicht aus der Fiktion selbst motiviert (kein direkter kausaler Zusammenhang), sondern aus der narrativen Ebene.
...
Also umgehe ich in Situationen, in denen ein solcher Durchgriff (narrativ->fiktional) von Nöten wäre um der Erzählstruktur Rechnung zu tragen bewußt die Absichtlichkeit der Narration, um der puren, aus ebeneneigener Kausalität motivierten Fiktion Rechnung zu tragen.
Das Problem damit ist folgendes: Es gibt keine eigene Kausalität der Fiktion! Es gibt nichts was "aus der Fiktion selbst" motiviert ist. Die einzigen die in einem Spiel zu irgendwas motiviert sein können sind die Spieler. Zusätzlich könnte man dem Autor des Spielsystems eine Motivation unterstellen, die er durch sein Regelwerk ausdrückt.

Das gleiche Problem gibt es mit der "Veränderung" der Fiktion durch einen "Eingriff" aus der narrativen Ebene. Diese Begriffe implizieren, dass an der Fiktion gegen eine Gegebenheit oder einen Widerstand irgendwie angekämpft werden würde, dass es aber ohne diesen Eingriff eine Art natürliche Entwicklung der Fiktion geben würde. Das kann aber nicht der Fall sein.

Ein weiteres Problem ist deine Definition von Geschichten über die Absicht und nicht über die Funktion oder die Struktur im Spiel. Um also deine Definition irgendwie auf die Praxis oder Beispiele zu übertragen müssten wir in die Köpfe von Spielern gucken und dort etwas finden was ihnen in dem Moment nicht einmal selbst ganz klar sein muss. Was zählt denn als "absichtliche Struktur"? Ist nicht eigentlich alles eine absichtliche Struktur?
Ansonsten müsste man den Spielern vorwerfen ziemlich dumm zu sein, wenn das was sie erzählen nicht absichtlich ist und nicht auch absichtlich dahin passt wo es eingebracht wird. Das was Spieler erzählen wird doch immer absichtlich dazu da sein, gewissen Anforderungen an das Spiel und die Mitspieler zu genügen, es erfüllt also immer deine Definition von der beabsichtigten Erzählstruktur um dem Zuhörer zu gefallen.
Beispielsweise ist das klassische, immersive Charakterspiel eine astreine beabsichtigte Erzählstruktur. Die Spieler achten darauf, mit ihren Charakteren so zu regieren, als sei das was der SL ihnen erzählt die Wahrnehmung der Charaktere. Die Charaktere handeln dann so, wie die Spieler denken, dass die Charaktere es in der gegebenen Situation tun würden. Wenn das mal keine spezielle Erzählstruktur ist.

Was du eigentlich meinst ist deshalb hinter deiner Vorstellung von einer "eigenen Kausalität der Fiktion" verborgen und kann vieles sein.
Du könntest z.B. meinen, dass du dir vom System ungern narrative Regeln vorgeben lassen möchtest, weil du selbst ein Gefühl für die richtige Erzählstruktur hast oder entwickeln willst.
Es könnte auch einfach sein, dass dir nur bestimmte Erzählstrukturen einfach nicht gefallen, oder bestimmte viel besser als andere. Die einen würdest du akzeptieren, die anderen nicht (als "Eingriff" in die von dir empfundene Natürlichkeit der Fiktion). In diesem Fall wäre es interessant zu erfahren woran sich das genau fest macht (in der Erzählstruktur).
Vielleicht kommt es dir auch einfach "nur" auf die Fiktion selbst an. Es könnte sein, dass du etwas gegen bestimmte fiktionale Inhalte hast, die durch bestimmte Erzählstrukturen befördert oder nicht verhindert werden. Dabei könnten dann fiktionale Inhalte (aka Geschichten ;) ) entstehen, die dir einfach nicht gefallen, weil sie z.B. nicht realistsich, oder cinematisch oder heroisch oder fantastisch genug sind. Auch hier müsste man genauer nachsehen welche Art von Geschichten du haben möchtest und welche nicht.

Offline Hr. Rabe

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #95 am: 15.11.2007 | 16:11 »
Mein lieber Dr. Boomslang,

Mir ist schon klar, daß alles, was innerhalb des geteilten Vorstellungsraum während des Spiels passiert letztendlich fiktiv ist und die einzige reale Motivation von echten existierenden Menschen ausgehen kann.

Wenn du mich wirklich nicht verstehst und dich nicht einfach nur dumm stellst, dann versuche dir folgendes Vorzustellen:
1. Während des Spiels wird eine Art fiktive Realität herraufbeschworen, die darauf basiert, daß sich alle Spieler in etwa das selbe vorstellen.
2. Alle Spieler tun so, als sei diese fiktive Realität tatsächlich existent.
3. Alle Spieler tun weiterhin so, als habe diese fiktive Realität ihr innewohnende Regeln der Kausalität (z.B. daß ein fallengelassener Apfel nach unten fällt).
4. Um jetzt Dinge zu beschreiben, die in dieser fiktiven Realität vorgehen (ich tue so, als ob...) bedienen sich alle Spieler einer ominösen Technik namens Kommunikation.
5. Da die Kommunikation in einer allen Spielern verständlichen Mundart stattfindet, kann man auch von einer Erzählung reden, oder wenn man es abstrahiert betrachtet von einer narrativen Ebene, die dazu dient, die (nicht existente, aber wir tun so als ob...) Ebene der fiktiven Realität oder auch fiktive Ebene zu beschreiben.

Des weiteren habe ich nie behauptet, daß die Spieler nicht absichtlich erzählen, sondern lediglich, daß die Spieler ihre Erzählung nicht absichtlich struckturieren.
#define EVER ( ; ; )


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Offline Dr.Boomslang

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #96 am: 15.11.2007 | 17:47 »
Das hilft kein bisschen weiter. Du sagst nicht wirklich irgendwas darüber, was dir jetzt so speziell an deiner Art zu Spielen wichtig ist und warum. Das was du da aufzählst sind Aussagen die nichts mit dem zu tun haben wie das Spiel wie du es siehst tatsächlich im speziellen abläuft, oder warum. Du beschreibst nur ganz allgemein Rollenspiel selbst (falls dir das nicht aufgefallen sein sollte).

Was die Sache mit der Struktur angeht, weiß ich anscheinend nicht was du unter Struktur verstehst. Ich behaupte Spieler strukturieren ihre Erzählung immer absichtlich. Wie könnten sie das vermeiden und warum sollten sie es? (Ich wette hier kommen wir wieder in diese völlig sinnlose Diskussion über Vorher und Nachher, in der Struktur ein Ergebnis irgendwie "vorweg" nimmt, falls das so sein sollte, weiß ich Bescheid, dann brauche ich da gar nicht weiter zu bohren).

Offline Crimson King

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Re: Geschichten erzählen ist langweilig...
« Antwort #97 am: 15.11.2007 | 18:29 »
Was die Sache mit der Struktur angeht, weiß ich anscheinend nicht was du unter Struktur verstehst. Ich behaupte Spieler strukturieren ihre Erzählung immer absichtlich.

Nein, das glaube ich absolut nicht. Manche spielen einfach. Andere schauen z.B., dass das Erspielte in eine Szene/Kapitel/Akt/Epos-Struktur mit passendem Spannungsbogen und Tempo passt.

Es entsteht zwar Struktur, wenn man z.B. den Ort des Geschehens wechselt, so dass eine neue Szene entsteht. Aber die Struktur ist dann vollkommen von der Handlung abhängig, während ein Storyteller darauf achten würde, dass die Handlung sich in die gewünschte Struktur der Geschichte einfügt.

Stormbringer
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe