The Witcher - Extended Edition ist ein sehr gutes 3D Solo Charakter RPG.
Betonung liegt auf Extended Edtion, da Perfomanz, Bugs, Skriptfehlerchen etc zum Grössten teil behoben wurden und die starken Spielelemente so stärker hervorstechen können. Auch wurden für die Zwischensequenzen netterweise mehr Gestiken hineingemocapt.
Leidigerweise kann man sich seit einigen Jahren durch "Fachmagazine" (lach!) wegen diverser Gründe längst kein Urteil mehr erlauben. Ich will einige Ecken und Kanten hier kurz erläutern und auch die Glanzseiten betonen, falls jemand mit dem Kaufgedanken spielt und auch ein paar Vergleiche zum Schluss mit dem eher durchwachsenen Oblivion bemühen.
Ecken,Kanten, die wichtigsten:
>Das Spiel führt einen recht gut ein, trotz des eigentlich sehr desasteranfälligen Kaltstarts - eine Kampfsituation als Eröffnung am Anfang ist fast immer Scheisse (zB Gothic 3, gilt aber auch für genreentferntere Spiele wie Prince of Persia 2)
ABER: es kann dauern , bis man merkt, wie das Kampfsystem wirklich tickt. Das kann frusten.
Ein sauberes Tutorial wäre die bessere Lösung gewesen.
>man merkt, das die Produktion holprig verlief. Ein dicker AAA Titel, gerade in so einem schwierigem Genre ist riskant und hochkomplex.
An einigen, wenigen Stellen wirkt das Spiel zusammengekittet. Story- und Spielfluss kommen ins Stocken, die Designer lassen den Spieler eine Minute agieren, unterbrochen von Cutscenes, Spielchen wiederholt sich, derweil verfällt die Geschichte in den Gallopp.
An zwei Stellen ist das wirklich bitter, (Ende Akt 3, und besonders Anfang Akt 5), dafür entschädigt das komplette Finale des Spiels, das wirklich spektakulär ist.
>Ein paar Quests sind (zu?) gut versteckt, das interface beherscht geheime Kniffe (zB ctrl für quick loot), ein paar Fähigkeiten sind unzureichend erklärt etc. Der allerletzte Schliff eben.
divers diskutierte Features:
>Inventar ist fuzzlig, aber insgesamt OK, Spieler kann aber den Fehler machen zu früh zu viel über Kräuter zu pauken, in dem er zB jedes entspr. Buch sofort kauft. Dadurch füllt sich das Alchemiesäckchen zu stark und man kommt ins Sortieren. Man kommt problemlos durchs Spiel ohne jedes Kräutchen beim Vornamen zu kennen. Wer allerdings immer die passende Droge dabeihaben will und stets high kämpfen will muss ein bischen sortieren.
>Waffenslots sind im Grunde Makulatur und auch ein wenig am Ziel vorbei designt. Zusatzwaffen (Axt, Dolch) Taugen nur für Hardcore-Experimentierfreudige, und warscheinlich höchstens bis zur Mitte des Spiels.
Sonnenseiten:
> Ohne Übertreibung: Es gibt kein ähnliches Spiel mit so einer packenden wie schnörkellosen, in-your-face Atmosphäre. Die Gothic Reihe (rede eher von 1+2), die eben diese gewisse kaltschnäutzige Attitüde besass, die schliesslich so erfrischend war, hat endlich (!) einen würdigen Erben gefunden.
Wer nicht versteht worauf ich hinauswill: wer damals Neverwinter Nights installierte und nach der Einleitung/Tutorial erstmal gefrustet war, weil der Stuss erzählerisch und atmosphärisch so konsistent war wie ein wie ein Kellogg's Cornflakes Comic, der weiss, was ich meine.
Viele Erwachsene Zocker haben nichts gegen die xte Iteration eines "Kleiner Hosenmatz zieht in die Welt hinaus um den Bösen Lord Xyzok zu bestrafen, er lernt dabei viele Disney-konforme Abenteuer und Freunde kennen und gemeinsam retten sie die Welt".
Für einige ist das eben die Form von Eskapismus, die sie suchen.
Andere, dazu zähle ich mich, winden sich vor Qual, weil sie wissen, das die Kinderkomponente rein aus traditionären und ökonomischen Gesichtspunkten gewählt wurde.
Bei Gothic 1kam man ziemlich am Anfang ins "Alte Lager" und benötigte ein Karte. Der Hanswurst, der sie hatte, wollte sie aber nicht rausrücken. In 99% aller Spiele müsste man diesem nun eine Mohrrübe kaufen, ihn überreden oä. In der abgeschotteten Gefängnismine von Gothic konnte man den Dialog "gib mir die Karte oder ich polier dir die Fresse" wählen, und das Ganze war auch noch sauber synchronisiert und präsentiert.
Das war grossartig, nicht wegen der offensichtlichen Gewalt, sondern wegen der Konsequenz und der Atmosphäre die durch so etwas heraufbeschworen wurde.
>Zweiter Punkt, nachgehakt:
Endlich ein RPG für Erwachsene! Von der Story und Atmosphäre tut es gut, ein gänzlich unkindisches Rollenspiel in den Händen zu halten. Die Konkurenten sind entweder kruezbrav und ignorieren Kinder, Sex, moralischen Relativismus, vulgäre Alltäglichkeiten, überhaupt alles was moralisch potentiell anrüchig oder missverstanden werden kann (Oblivion), oder sie gehen die Thematik von Anfang an kindlich an (Fable, praktisch alle japnischen Titel).
Trinken, Kneipenprügeln, Huren, Saufen, wunderbar.
Zum Thema Sex:
Ich kann kaum glauben, wie hier -mal wieder- die CSU Fömmler die Augen rollen.
Ja, das Spiel erlaubt es, mit praktisch jedem weiblichen NSC zu vögeln. Das ist auch gut so. Man spielt schliesslich nicht irgendwen, sondern eine Art Söldner und Abenteurer wider Willen, der seinen Hals regelmässig für ein paar Mücken riskiert. Die Schürzenjagd zeichnet die Atmosphäre und den Charakter definitv glaubwürdiger. Wers nicht mag, kann die Jagd nach den im Grunde recht stilvollen Bonus-Illustrationen (was die Karten spielerisch letzlich sind) auch weglassen. Puritaner kommen, glaube ich, ohne ihre Jungfräulichkeit verletzen zu müssen, durchs Spiel.
Ein Freund investierte 60-80 Stunden, um seinerzeit bei Final F 7 Chocobos (eine Art Laufhühner) zu züchten um dem Spiel die letzten Secrets herauszupressen. Denn nur mit dem schwarzen (?) Huhn kam man auf den Geheimen Berg/Insel (?, zu lange her) für die letzen Quests.
Das ist natürlich OK, aber Sexualität beim Witcher wird mal wieder kritisiert.
Ferner:
Da ich englisch und polnisch ganz gut verstehe, hab ich mal aus Spass (Extended Edition) die verschiedenen Sprach-Einstellungen durchprobiert, man kann nämlich sowohl alle Textedarstellungen (Inventar, Untertitel etc) als auch die Sprachausgabe im Spiel verstellen.
Die Unterschiede sind epochal.
Die Originalversion blässt ALLES weg, das meine Hände je bezocken durften.
Hier reden endlich mal Leute nicht nicht ihre Texte aneinander vorbei. Richtige Charaktere begegnen sich, die Welt wird lebendig.
Schlichtweg atemberaubend. Ruhig mal die Originalversion mit englischen Untertiteln ausprobieren.
Englische Version: Es wurde sie Schere angesetzt. Und zwar in mehr als einer Hinsicht. Dialogmenge wurde reduziert, Anzüglichkeiten wurden gemindert oder geändert (teilweise sehr inkonsistent und ohne Sinn). So hört man einen Kneipenschläger rufen: "deine Mutter lässt sich mit Zwergen ein", im Englischenruft er hingegen " deine Mutter lutscht Zwergenschwänze"!
Hmm. Ich weiss nicht , was ich von dieser Entscheidung halten soll, speziell da andere , witzigere Anzüglichkeiten (Stadtwache murmelt "mir tun die Füsse weh" statt "mir juckt der Sack") mehr Sinn haben, aber dennoch entfernt wurden.
Die Sprecher sind längst nicht so gut, wenn auch OK.
Aber die Hauptsache, nämlich das man das Gefühl, einem richtigen Dialog zu lauschen, ist, kommt nicht so recht auf, wie bei pracktisch allen Spielen mit sehr viel Dialog. Leider verschenkt.
Deutsche Version:
Absolute Katastrophe, die Zuständigen haben auf ganzer Linie versagt.
Zunächst, wie bei der englischen Version, Leute, die aneinander vorbeireden. Dabei ist die Stimme von Geralt gar nicht so mies. Aber eben die Dialogregie.
Andere Stimmen sind hingegen eine Katastrophe. Den Schwengel Rittersporn zB, der ein ausgesprochener Charmeur und Hallodrie ist, spricht ein unmotivierter Buchhalter der brav aus seinem Script vorliest. Sehr glaubhaft.
Insgesamt gibt es viele inhaltliche Fehler und geradezu idotische Entscheidungen, wie zB, dass die Leute sich im Plural anreden.
"Geralt, ich liebe euch". Ächz! Gerade Sapkowskis Stil repräsentiert eine Abkehr von solchen Klischees. Die haben zwar auch ihren Platz, aber bitte da wo's passt!
Es käme ja auch niemand auf die Idee, dass bei Deadwood die Charaktere nicht fluchen, oder bei einem Tarantino Film sich alle siezen.
Oblivion vs Witcher, gravierende Unterschiede:
Waffen und Rüstungsmanagment ignoriert Witcher praktisch. Oblivion kommt allen entgegen, die permanent ihren Charakter mit neuen Rüstungen barbiemässig austaffieren wollen, mal grün mal rot, montags die Platte, dienstags den goldenen Kettenpanzer mit den passenden Stiefeln.
Ebenso die Bewaffnung. Der Hexer wechselt vielleicht 3-4 mal die Klinge (er hat zwei verschieden Schwerter, insgesamt allerhöchstens ein Dutzend Wechsel im Spiel). Magischen Schnickschnack gibts so gut wie gar nicht nicht.
Itemverwaltung ist bei Oblivion klar grosses Element. Wenn das Interface nur nicht so mies wäre...
Die Welt von Witcher ist in thematische Abschnitte unterteilt. Der Friedhof, das Dorf mit Umgebung etc. Oblivion spielt auf einer gigantischen Wiese.
Wer ausgedehnte Spaziergänge a la Sacred, Two Worlds oder Gothic 3 für sein Spielheil benötigt, der wird Oblivion in dem Punkt klar überzeugender finden.
Kampf: Hat man beim Witcher langsam den Dreh mit dem Kampfsystem und den Skills heraus, läuft das Spiel im zweiten und dritten Akt zu Höchstform auf. Geralts Schwertfaxen sehen gut aus und laden zum Experimentieren ein.
Oblivions Kampfsystem unterscheidet sich kaum von Diablo 1. Seit jeher ziemlich schwach.
Charakterentwicklung-
Oblivions eigentliche Stärke; wem das System gefällt , kann sehr viel Zeit damit verplempern, sehr verschiedene Charaktere auszuprobieren.
Beim Witcher ist die grosse Frage, ob einem der Hauptcharakter gefällt. Skills gibt es genügend, wobei man erwähnen sollte, dass das Magiesystem sehr zart ausfiel. Es wird gefochten.
Story, Atmosphäre-
keine Diskussion, völlig unstrittig. Bei Bethesda seit jeher mehr ein Art Alibifunktion, der Hexer sucht vergebens seine Peers.
Extrafeatures und Spielereien:
Oblivion kann durch Mods schon fast eine Art festes Hobby werden. Die Community ist riesig. Hunderte Brimborien, Optionen, Monster können einen wochenlang fesseln , falls es einem zusagt, Mods ein und auszuchecken um Sandbox Gameplay zu erfahren.
Witcher ist dagegen sehr kompakt. Falls man auf die erwähnten Kernelemnte steht: -erwachsenes RPG, tolle Story und Atmosphäre, Schwertfuchtelei mit Rauhbeinheld- ist man bestens aufgehoben.