Vielen Dank bis hierin - insbesondere für die Anfragen und die Kritik. Ich werde versuchen, einige Dinge klarzustellen. Auf jeden einzelnen Aspekt der bisherigen Reaktionen werde ich nicht eingehen (können).
Im Folgenden bezeichnet ich mit SIS das, worauf man sich tatsächlich geeinigt hat, also nicht die (unbekannte) Schnittmenge der einzelnen IIS. @Gaukelmeister: Sag mal, welche Definition du in diesem Thread willst
Ich bin von der Schnittmengen-Definition ausgegangen.
(Am klarsten bei Valamir: "The Shared ImaginarySpace can then be seen as the theoretical construct which encompasses all of the elements that each Individual Imaginary Space has in common." Und: "Shared Imaginary Space shall be taken to mean all points of commonality between the Individual Imaginary Spaces of the participants." vgl.
http://indie-rpgs.com/forum/index.php?topic=12181.0) Also: SIS ist die Schnittmenge der einzelnen IIS.
Dein Definitionsvorschlag, Dom, erscheint mir einerseits restriktiver und andererseits liberaler: restriktiver ist er, weil viele Details, die man sonst problemlos im SIS ansiedeln könnte, herausfallen, wenn man eine explizite Einigung als Kriterium voraussetzt (z. B. die Farbe des Himmels oder der Umstand, dass der gerade von einem Schwerthieb verletzte, schreiende und blutende Mann Schmerzen hat ...). Liberaler ist sie, weil es möglich ist, dass der SIS Elemente enthält, die nicht mehr alle - und möglicherweise keiner - der Spieler sich vorstellen (z. B. hat man mit einem Bauern gesprochen, der sich als "Helwig" vorgestellt hatte; alle haben akzeptiert, dass sein Name Helwig ist; dieser Umstand würde auch dann Element des SIS bleiben, wenn einige oder alle Spieler sich nicht mehr an den Namen erinnern können ...). Mit der Restriktivität habe ich das Problem, dass wir dann einen Begriff bräuchten, der alle die Gemeinsamkeiten der individuellen Vorstellungen bezeichnet, die de facto von allen geteilt werden. Die Liberalität führt mMn zu einem kontraintuiven Gebrauch des Wortes "Shared". Denn wenn nicht alle oder vielleicht sogar keiner mehr ein bestimmtes Detail in seiner individuellen Vorstellung parat hat, würde ich ungerne davon sprechen, dass es sich hierbei gleichwohl um ein Element des geteilten Vorstellungsraumes handelt.
Bis auf Weiteres werde ich also bei der Schnittmengendefinition bleiben. Natürlich ändere ich das sofort ab, wenn (i) entweder gute inhaltliche Gründe dafür genannt werden oder wenn (ii) sich herausstellt, dass das Forge-Verständnis letztlich ein anderes ist. Bitte weist mich auf beides hin.
Im ersten Fall, ist der SiS ganz mathematisch der Schnitt über alle persönlichen Vorstellungsräume. Dann wäre dein (ii) per definitionem hinfällig.
Wie gesagt, ich gehe bis auf Weiteres von der Schnittmengen-Definition aus. (Ich würde mich freuen, wenn Du mir die Alternative erläutern würdest.) Was genau meinst Du dann damit, dass (ii) hinfällig wird? Der erste Teil von (ii) ist nur die Wiederholung der Definition (dieselben Vorstellungen sind natürlich kompatibel - zumindest nicht inkompatibel). Und der zweite Teil geht dann darüber hinaus, indem er feststellt, dass es auch Vorstellungen in den IIS der einzelnen Spieler geben kann, die sich nicht überschneiden, gleichwohl aber kompatibel miteinander sind (wenn ich mir beispielsweise als einziger vorstelle, dass auf der großen Wiese vor uns einige Gänseblümchen wachsen, dann ist dies zwar nicht Bestandteil des SIS, weil ich ja der einzige Spieler mit dieser Vorstellung bin - gleichwohl ist die Vorstellung eines Gänseblümchens nicht inkompatibel mit den Vorstellungen der anderen; eine inkompatible Vorstellung wäre bspw. die Vorstellung, dass vor uns nicht ein Wiese, sondern ein See liegt).
Punkt (v) halte ich für schwierig. Wie kann ich etwas abschätzen, dass ich nicht beobachten kann.
Mein Gedanke ist der, das der SIS als die Schnittmenge aller IIS nur genau dann dieselben Elemente haben kann wie die IIS, wenn alle Spieler sich exakt das Gleiche vorstellen - und nichts darüber hinaus. Das ist vielleicht nicht logisch ausgeschlossen. Ich halte es aber für extrem unwahrscheinlich (vielleicht auch empirisch nicht möglich), dass die Spieler keinerlei unterschiedliche Vorstellungen zu Dingen wie bspw. der Farbe des Kleides, den Motiven des Tyrannen etc. haben.
Deine Schlussfolgerung ist mit Sicherheit korrekt. Ähnlich argumentiert hat auch Victor Gijsbert [...] Das Beispiel mit den Baumstümpfen also das vielleicht etwas fiktional sein kann, was sich niemand vorstellt, find ich ganz besonders faszinierend.
Vielen Dank für den Link. Der Text deckt sich in seiner Fragestellung weitgehend, mit dem, was ich hier - weniger elaboriert - ins Rennen geschickt habe. Ich werde darauf jetzt nicht im Detail eingehen, nutze aber die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass ich letztlich auch mindestens eine Unterscheidung zwischen drei Elementen für notwendig erachte: (i) IIS als das, was de facto zur Vorstellungswelt eines Spielers gehört; (ii) SIS als die Schnittmenge der einzelnen IIS; (iii) die fiktive Welt, die noch über das hinausgeht, was de facto vorgestellt wird (beispielsweise aufgrund von Implikationsbeziehungen etc.). Gerade die genaue Konstituierung der fiktiven Welt bereitet mir noch Kopfschmerzen.
[...] Je mehr relevante Fakten der Vorstellungswelt geteilt werden, desto intensiver und besser wird das Rollenspielerlebnis.[...]
Ich habe nicht so sehr an Color gedacht - da stimme ich Dir sofort zu, dass es häufig eine Intensivierung mit sich bringt, wenn man Coloraspekte explizit in den Raum stellt. Aber bei der Interpretation verschiedener Ereignisse können inkompatible Vorstellungen durchaus reizvoll sein: bspw. ergreift ein Priester die Flucht, als ihn der Kneipenschläger angreifen will. Der Grund für seine Flucht, ist nicht offensichtlich - und deswegen entsteht ein Interpretationsspielraum - Spieler A denkt sich, der Priester ist geflohen, weil er feige ist; Spieler B denkt sich, der Priester ist geflohen, weil er besonnen ist; Spieler C denkt sich, der Priester ist aus religiösen Überzeugungen geflohen ... . Hier kann gerade durch die Abweichung eine interessante Spannung ins Rollenspiel kommen.
@ cmdlightning
Den Zusammenhang mit Normen verstehe ich nicht. Mir geht es darum, dass sich die Spieler etwas vorstellen und dass ein Teil dessen, was sie sich vorstellen, bei allen das Gleiche ist. Wieso sollten sich keine Inkompatiblitäten ergeben können? (z. B. rotes Kleid vs. blaues Kleid; Flucht aus Furcht vs. Flucht aus religiösen Überzeugungen)
Der SIS entsteht nicht als demokratischer oder diktatorischer Prozess, sondern ist zunächst einmal einfach die Schnittmenge der einzelnen IIS. Natürlich ist es möglich, dass jemand mit sehr viel Gestaltungskompetenzen ausgestattet ist und dementsprechend einen Großteil der Elemente, die sich jeder Spieler vorstellt und die dementsprechend zum SIS gehören, vorgibt. Aber das scheint mir ein angrenzendes Thema zu sein.
Auch nein. Wenn sich ein SIS ausgebildet hat, ersetzt diese üblicherweise die IIS.
Vielleicht erklärst Du mir noch einmal, was Du unter SIS und IIS verstehst. Natürlich können sich die individuellen Vorstellungen im Prozess des Spiels verändern (darum geht es ja irgendwie gerade). Aber worum es mir geht, ist die Überlegung, dass jeder Spieler seine individuelle Vorstellungswelt hat, die er nicht einfach nur in einem Gruppenkonsens aufgehen lassen will. Vielmehr ist es häufig so, dass er seine individuellen Vorstellungen ins Spiel einbringt und diese dadurch in den SIS integriert werden. In diesem Fall verändert sich seine IIS nicht.
Wenn ein Spieler aufgrund eines Faktums aus seinem IIS sich für irgendwas entscheidet, dieses Faktum aber vorher nicht im SIS gelandet ist, kann das zu Problemen führen.
Natürlich können inkompatible Vorstellungen in den IIS irgendwann zu Problemen führen. Mein Punkt ist, dass dies nicht notwendigerweise der Fall ist und dementsprechend häufig gar nicht auffällt. Sobald ein Element in den Fokus des Spielgeschehens (der Kommunikation) rügt, sind die Abweichungsmöglichkeiten natürlich begrenzt - oder auch gar nicht mehr vorhanden. Aber meine These ist, dass es jede Menge inkompatibler Vorstellungen gibt (rotes vs. blaues Kleid), die nicht auffallen und nicht weiter dramatisch sind. Und manchmal kann es vielleicht sogar gewünscht sein, einen Aspekt der fiktiven Welt nicht im Konsens festzulegen, sondern für konkurrierende Interpretationen offen zu halten.
Ich glaube, das Problem ist, dass der IIS nicht am gemeinsamen Spiel teilnimmt; man kann nur den SIS beobachten. Trotzdem ist er natürlich vorhanden und auch irgendwie relevant.
Ich glaube, dass man den SIS auch nicht "beobachten" kann. Die Rückschlüsse mögen einfacher sein, wobei ich mir dabei noch unsicher bin. Wenn ich einen Spieler danach frage, was er sich genau vorstellt, dann erfahre ich jede Menge über seinen IIS.
Aber ich gebe Dir zu, dass das Zusammenspiel von SIS und IIS mir noch nicht ganz klar ist - um Klärung bemühen wir uns ja gerade
So weit erst mal. Mir scheint, dass die Definition des SIS jetzt klarer ist – was natürlich nicht heißt, dass es eine sinnvolle oder Forge-angemessene Definition ist. Kritische Anmerkungen hierzu sind wie gesagt sehr willkommen. Doch selbst, wenn man an den Begrifflichkeiten schraubt, habe ich – hoffentlich! – die Phänomene, um die es mir geht, klarer beschrieben.
Über weiteres Mitdenken würde ich mich sehr freuen!