Eine "brauchbare Regelung" immerhin, die "selbständige Gedanken" auf Seiten der Spieler fördert - und dann doch nur zum "erzählerischen Abwickeln" rät, statt es handfest zu machen.
Das erzählerische Abwickeln war meine Formulierung, nicht die des Regelwerkes. Tatsächlich ist es aber auch genau das, was ich bei Rollenspielen suche: eine Mechanik, die es ermöglicht, verschiedene Herausforderungen in ein Würfelsystem zu übertragen und Erfolgsaussichten anhand eines Wurfes zu ermitteln. Wenn sowas noch der Kreativität der Spieler entgegenkommt, ist das spitze - ich will ja als SL auch überraschende Storys und Ideen hören, ich will ja auch von der gemeinsamen "Geschichte" unterhalten werden.
Die Regelung ist im Vergleich zum Kampfsystem von D&D4 leider nur brauchbar. Einige Verbesserungen und Umgestaltungen eröffnen neue Möglichkeiten, aber an Qualität ist das Kampfsystem von D&D 4 einfach besser als das Skillchallenge-System. Da aber die meisten Rollenspiel, die ich kenne, grad so noch ein "Erfolge zählen" oder "Bauchentscheid" als Lösungsmöglichkeit für nichtkämpferische Herausforderungen hinbekommen, ist das schon beachtlich im RSP-Sektor. Torg hat eine Mechanik, die cleverer ist, aber der Spielerkreativität keinen Raum lässt. SW bietet ein paar Lösungen an (Chase, Massenkampfsystem und eben "Erfolge zählen"), leistet aber auch nicht viel mehr.
Kurzum, "brauchbar" ist hier nur im Vergleich gesehen. Viele Systeme, die ich kenne, bieten WENIGER an, nämlich nur lange,
unbrauchbare Skill-Listen.
Wie gesagt bedient D&D das herausforderungsorientierte Spiel mit starkem Würfelentscheid im
Abenteuer und kreativer Eigenleistung. Fertigkeiten, die nur zum simulieren nicht-abenteuerrelevanter Tätigkeiten dienen, gibt es nicht. Aber die brauche ich auch nicht, die würden mich bloß Spielzeit kosten. Ich mag es nicht, zu würfeln, wenn es nicht wichtig ist und habe keinen Spaß an Systemen, bei denen Flairfertigkeiten mit Abenteuerfertigkeiten vermischt werden.
Ehrlich gesagt frage ich mich auch, was für Spielleiter einen Spieler im Ausspielen seiner Rolle unterbrechen, um auf belanglose Flairfertigkeiten würfeln zu lassen. Ich hasse es als Spieler, für Lächerlichkeiten würfeln zu müssen, und wenn das auch noch mit Regelwerkwühlerei und ausgedehntem Charakterblattstudium einhergeht, wünsche ich mir meistens, dass der Meister mal einen Basiskurs im Spielleiten mitmacht und das Wort "Ja" lernt. Aber angesichts einiger Posts im anderen Thread über "Schuhe binden" und "Treppensteigen" ist mir da nichts menschliches mehr fremd.
Klingt jetzt härter, als es gemeint ist, sorry, war auch nicht an dich persönlich
Der Unterschied zu tatsächlichen Regeln, die eine plausible Gesamtheit bieten und über "verpacken Sie Ihr Handgewedel doch in eine nette Erzählung" hinausgehen, muß da kaum noch weiter betont werden, oder? Es geht ja nicht nur um "nichtkämpferische" Momente, die kann es zur Kampfvorbereitung und Kampfnachbereitung tatsächlich in "fast jedem Standard-RPG" geben, sondern um Regeln, die sich damit befassen, wenn Kampf von Anfang bis Ende keine Option ist. Klar, man kann versuchen, solche Regeln summarisch verächtlich zu machen und ihnen den Sinn abzusprechen; aber damit verlieren nicht die Regeln an Sinn...
Ja, es stimmt, dass D&D4 im DMG rät, Nichtkampfszenen
nicht über den Ausgang eines Abenteuers entscheiden zu lassen.
Der DMG empfiehlt hinsichtlich der Skillchallenges eine "the show must go on"-Haltung. Wenn die SCs bei einer Skillchallenge komplett versagen, sollen sie Nachteile erleiden, Ressourcen entzogen bekommen, Zeit verlieren etc., aber der Erfolg der Mission soll nicht allein deswegen scheitern.
Ich finde das ziemlich ehrlich, und bei D&D4 halte ich mich auch an diese Empfehlung. Nach meinem Eindruck scheitern Missionen aber auch in anderen Spielen nicht daran, dass die SCs bei einer Konversation Patzer gewürfelt und den ganzen Hofstaat beleidigt haben. Ich habe selbst als SL bisher nur zwei oder dreimal den Erfolg eines Abenteuer davon abhängig gemacht, dass SCs ausführliche (aber schaffbare) Nichtkampfproben bestehen (bei Earthdawn), und das hat die Spieler total verwundert und geärgert. Die Lösung von D&D 4, Misserfolge bei solchen Proben auf die Ressourcen der Charaktere anzurechnen, halte ich für eine kluge Lösung.
In LoA/SW o.ä. (PDQ, SoIaF, Reign...) würde ich wahrscheinlich anders an die Sache herangehen und auch das Scheitern von Abenteuerzielen wegen einem verhauenen Social Conflict oder einer erfolglosen Chase akzeptieren. Bei SW hat man Bennys, die man einsetzen kann, wenn der BBEG sonst entkommt, da muss ich als SL nicht planen, wie die Spieler trotzdem weiterkommen. Bei FATE ist ein Social Conflict vom Regelwerk her gleichbedeutend zu einem Physical Conflict, da darf er auch im Abenteuer die gleiche Bedeutung haben, sonst sind die Sozialcharaktere geleimt.
Wenn bei DSA alle Fertigkeiten genauso für Konflikte im Spiel einsetzbar sind, wie die Kampffähigkeiten, bietet es mehr als D&D 4. Bislang ist das aber nicht mein Eindruck.