Das klassische Rollenspiel hat ja keinen besonders guten Ruf an Board, dennoch scheint es wohl so, dass ein Großteil der Rollenspieler genau dieses bevorzugen. Ich möchte hier kurz meine Gedanken dazu zur Diskussion stellen.
Achtung: Ich habe diesen Thread bewusst nicht in die Theorie gestellt. Ich würde mich freuen, wenn er auch hier bleiben würde. Keine Theoriebegriffe, möglichst keine Fremdwörter. Danke.
Anfangen möchte ich mit einer Definition.
Nu, stellen wir uns mal ganz dumm, und fragen uns was isse ne Klassisches Rollenspiel?
Klassisches Rollenspiel (KR) steht in einer langen Tradition, die zu den Anfängen unserer Hobbies zurück geht. KR ist damit eine organisch gewachsene Kategorie von Spielen, die nur im Zusammenhang mit ihrer Geschichte zu sehen ist. Viel Grundannahmen und Regelmechanismen werden beim KR direkt aus anderen Rollenspielen (RSP) entlehnt, anstatt auf ein bestimmtes Spielziel hin ausgerichtet und designt zu werden. In diesem Sinn ist KR kein Designer/Autorenspiel.
Dennoch weiß KR zu begeistern, dafür gibt es mM eine Reihe von Gründen:
KR ist in ein Spieltradition eingebettet, die es Spielern leicht macht verschiedene KR zu spielen, ohne immer erst wieder die Art des Spielens neu zuerlernen müssen. Hat man einmal KR gelernt kann man jedes KR spielen. Designspiele müssen dagegen jedes für sich erlernt werden. Dies bringt enorme Vorteile beim Betreiben des Hobbies, da Mitspieler so leichter zu finden sind.
KR unterstützt mehrere Spielstile dadurch, dass es keinen exklusiv bedient. Je nach Geschmack der Runde kann daher ein KR für unterschiedlichste Zwecke genutzt werden. Designspiele sind dagegen auf einen bestimmten Spielstil zu geschnitten und lassen sich nur mit Schwierigkeiten missbrauchen.
KR setzt sich aus einer Vielzahl von Mechanik- und Settinghäppchen zusammen, die austauschbar sind. Da diese nicht designt wurden, kann man mit ihnen herumspielen und das KR so an den eigenen Geschmack anpassen. Bei Designspielen ist dies nicht ohne weiteres möglich. Ein Regeländerung bricht Designspiele sicher, aber kann KR ohne weiteres für den Geschmack der Gruppe optimieren. Wichtig ist dabei auch, dass KR immer nur ein Spielangebot sind, während Desingspiele eher zur Spielanleitung neigen.
Anders als Designspiele ist es im KR, aufgrund der klassischen Aufgabenverteilung (SL macht Story) möglich sich kreativ zusammenzutun. Abenteuer, Settinghäppchen, Regelmechanismen, Crunch und Fluff können von SLs ausgetauscht werden. Ebenso können Spieler Charakterideen untereinander austuaschen. Bei Designspielen ist dies nur bedingt möglich, da oft keine klassische Aufgabenverteilung vorliegt und die Story meist erst im Spiel entsteht.
KR widmen sich recht stark Style-over-Substance. Es ist also weniger wichtig, wie man etwas macht, sondern wichtig, wie es das Resultat wirkt. KR können sich Realismus, Cinematik, Phantastischen Realismus etc. auf die Fahne schreiben, welche aber weniger in den Regeln festgesetzt wird, wie es für Designspiele typisch wäre, sondern vielmehr in der Summe aus Regeln, Setting und Abenteuern.
KR besitzen aufgrund ihrer Tradition Schnittstellen zu anderen Künsten. So können sich RSPler auch kreativ auslassen, wenn sie nicht zum Spielen kommen, in dem sie Geschichten schreiben, Bilder malen etc. die auf ihr Rollenspiel bezogen sind.
Wie man zusammenfassend sagen kann, begeistert KR nicht durch seine Form, sondern gerade durch seine Formlosigkeit. KR setzen nur einen vagen Rahmen, der von den Spielern beliebig ausgefüllt werden kann. KR ist der Legokasten mit dem man seinen eigene Phantasien ohne Zielrichtung bauen kann.