Evil DM fragte:
Wie sehen denn so viel reizvollere Spielmechanismen aus, um soziale Begegnungen abzuhandeln?
Muss ich mal ein bisschen ausholen. Kampf ist eine Konfliktart, der in Rollenspielen traditionell viel Platz (auch durch die Regeln verschiedener Systeme) eingeräumt wird. Eine gute D&D-Gruppe z.B. ist so eingestellt, dass sie Kampfsituationen durch gute Zusammenarbeit und die richtige Kombination von Fertigkeiten meistern kann. Dagegen werden soziale Konflikte meist so abgehandelt, dass sie entweder "frei Schnauze" ausgespielt werden, d.h. ohne die Würfel zur Hand zu nehmen, oder beiläufig mit einem einzelnen Würfelwurf.
Beide Methoden haben Nachteile:
"Frei Schnauze" benachteiligt Spieler, die nicht so wortgewandt sind, und kann zu Unzufriedenheit führen, da der SL ja recht willkürlich entscheidet, wie das Ganze ausgeht. Bei einem guten SL kein Problem, aber schließlich hat jeder mal 'nen schlechten Tag.
Ein Würfelwurf ist da schon neutraler, kann aber Spieler, die gerne "soziale Akteure" darstellen wollen, wahrscheinlich auch nicht so richtig zufrieden stellen. Man vergleiche die Länge des Zeitraums, die ein solcher einzelner Wurf in Anspruch nimmt, mit dem länger dauernden taktischen Geplänkel, das selbst verhältnismäßig kurze Kämpfe erfordern.
Ich persönlich finde daher Systeme befriedigender, in denen auch soziale Konflikte wie Kämpfe behandelt werden:
Die Spieler treffen mehrere taktische Entscheidungen, reagieren auf Aktionen des Gegners, umgehen seine Verteidigung, rauben ihm "soziale Trefferpunkte". So kann auch ein Verhandlungsmarathon für eine Gruppe Diplomaten spannend werden.
Aber Evil DM wollte auch ein paar konkrete Beispiele für solche Systeme:
Dying Earth RPG (Persuade/Rebuff Mechanismus)
Spirit of the Century (Die Charaktere haben "soziale Trefferpunkte", genannt Composure, und zu den sozialen Fertigkeiten gesellen sich Stunts, so etwas wie Feats bei D&D, die einem außergewöhnliche Aktionen erlauben.)
Risus (da ist schlichtweg alles ein Konflikt
)
Wohlgemerkt, ob einem das gefällt ist eine andere Sache. Ich habe beobachtet, dass viele Spieler bereitwillig die Konsequenzen aus einem verlorenen Kampf (Verstümmelung, Tod) akzeptieren, aber nur sehr ungern die Konsequenzen aus einem sozialen Konflikt (Gesichtsverlust, Demütigung). Warum das so ist, gehört aber wohl in einen anderen Strang.
Was wichtig ist, ist folgendes: es gibt Alternativen für Interessierte, gerade im so genannten Indie- oder Small Press-Bereich, Turning Wheel hat ja noch Lace & Steel genannt. Wie man soziale Aktionen letztendlich regelt, ist wie alles eine Frage des Geschmacks und des Gruppenkonsens.
There's no wrong way to play!
Volker