Hm, wie es aussieht, hätte ich hier mal längst wieder reinschauen sollen.
Warum werden denn bei Midgard für den Fernkampf nur die halben EP vergeben im Vergleich zum Nahkampf?
Weil die Regelmacher das für eine gute Idee halten.
Müssten dann nicht auch weniger EP vergeben werden, wenn jemand durch die Fertigkeit Meucheln Schaden macht
Die Fertigkeit
Meucheln halte ich für einen Sonderfall und nicht mit den normalen Regeln Vergleichbar. Wenn man sich die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Meichelangriff anschaut, wird klar, was ich meine.
oder wenn er einen unterlegenen Gegner angreift?
Das wird in den Regeln nicht ausdrücklich gefordert, kann man aber ohne weiteres machen.
Müssten dann nicht auch weniger EP vergeben werden wenn 5 Abenteurer einen Ork fertig machen stt wenn es ein einzelner Abenteurer tut?
Das ist ja auch so. Das fällt unter das Stichwort "Überzahl".
Warum spielt bei der Vergabe der KEP überhaupt das Risiko eine Rolle?
Wie gesagt, weil der Regelgeber das für eine gute Idee hielt. Wenn man sich darauf einlässt, kann man sogar feststellen, dass es ganz gut funktioniert.
Meine Interpretation hierzu ist, dass der Kampf gegen einen gefährlicheren Gegner den Spielen bzw. deren Figuren mehr abverlangt und dass sie daher auch mehr Erfahrung daraus ziehen können. Schau die einen Boxer und seine Statistiken an. Zu seiner Erfahrung werden nur die Zahl der Profikämpfe gezählt, nicht die gegen die unzähligen Sparringspartner.
AEP erhält man ja auch ganz oft ohne jegliches Risiko, obwohl diese sogar universeller verwendbar sind.
AEP haben einen anderen Hintergrund.
Beim ZEP z. B. ist es sogar ganau andersherum (S. 268, re Sp.) da werden für Angriffszauber (die ja während eines risikoreichen Kampfes gezaubert werden) nur ein Drittel der ZEP vergeben wie für sonstige Zauber.
Das ist eine eigenwillige Interpretation. Die Basis zu Berechnung der ZEP ist im Kampf und bei sonstigen Zaubern ganz anders. Bei den sonsten Zaubern ist die Berechnungsbasis die Zahl der eingesetzten AP, bei den Kampf- bzw. Schadenszaubern die Zahl der dem Gegner geraubten AP.
Beispiel:
Du setzt eine Feuerkugel im Kampf gegen Gegner ein. Du erwischt drei Gegner mit der Feuerkugel und richtest insgesamt 28 AP Schaden an. Da es sich um einen Fernkampfangriff handelt (Kampfzauber werden die Fernkampfangriffe gewertet), bekommst du 14 EP. Da es sich bei den Gegnern nicht um Bauerntölpel sondern um Grad 2 Kämpfer handelte, wird das Ganze aber noch mal mit 2 multipliziert. Also kannst du dir 28 ZEP gutschreiben.
In einem anderen Fall musst du schnell durch eine verschlossene Tür gelangen. Du bist aber nur schwach auf der Brust und rechnest dir nur geringe Chancen aus, die Tür einschlagen zu können. Also nimmst du die Feuerkugel und zerdepperst damit die Tür. Mach 2 AP - nämlich die eingesetzten - multipliziert mit 3 macht also 6 EP.
Wo ist das jetzt ungerecht oder unlogisch?
Ich würde das alles gar nicht kritisieren, aber leider ist doch die Motivation für Handlungen unmittelbar damit verknüpft, und das ist für mich ein zentrales Spielelement.
Hier wird eine Wertung von Handlungen vorgenommen, die sich widerspricht und die Spieler in eine Vorgehensweise zwingt, die obendrein nicht nachvollziehbar sind.
Wenn ich z. B. die Möglichkeit habe einen Gegner risikolos im Fernkampf zu erledigen oder risikoreich im Nahkampf, dann belohnt mich das System dafür dass ich dumm und risikoreich agiere. Das kommt mir sehr fragwürdig vor.
Desweiteren werden Abenteurer, die sich auf Fernkampf spezialisiert haben vom System bestraft, indem sie nur halb so schnell aufsteigen wie ihre befreundeten Nahkämpfer. Warum?
Das ist eine stark vereinfachte Sicht, welche die Spielrealität nicht widerspiegelt. Zum Einen steigen auch auf Fernkampf spezialisierte Abenteurer nicht halb so schnell auf, weil die KEP nur einen Teil der Gesamt EP ausmachen. Zum Anderen stellen sich die Nahkämpfer auch oft gegen das "billige Kanonenfutter" währen die Fernkämpfer schon mal die gefährlicheren Gegner ins Visier nehmen.
Ganz abgesehen davon bekommst du auch EP, wenn du einen Kampf umgehst.
Ich weiß nicht ob jemand meine sinistre Logik nachvollziehen kann, aber ich sehe hier ein Spiel, dass eine ganz passable Simulation für Handlungen aller Art bietet und darauf aber ein Belohnungssystem aufgepfropft hat, dass diese Handlungen relativiert.
Mal ganz objektiv betrachtet: EP sind eine künstliche Schranke um die Lernmöglichkeiten einzuschränken. Das hat meiner Ansicht nach zwei Intentionen.
1. Aktives Spiel soll belohnt werden
Die Spieler sollen in ersten Linie dazu gebracht werden, sich aktiv ins Spiel einzubringen. Die Meinung, dass das EP-System zur Folge hat, dass sich alle Spieler blindlings in Nahkämpfe stürzen, weil es da mehr EP abzuräumen gibt, relativiert sich meiner Meinung nach in der Gefährlichkeit der Kämpfe auf Midgard. Schwere Verletzungen sind recht schnell passiert und der Charaktertod eines unvorsichtig agierenden Spielers nahezu unausweichlich.
2. Superhelden sind eher unerwünscht
Die Figuren müssen sich zu Beginn auf einige wenige Fertigkeiten konzentrieren, bevor sie in höheren Graden in die Breite gehen können. Außerdem sind sie zwar im Vergleich zur normalen Bevölkerung auf Midgard herausragend, aber dennoch keine Superhelden, die keinen Kratzer abbekommen. Es soll auch verhindert werden, dass ein Spieler sagt: so, ich lerne jetzt erst mal 5 Jahre etwas, und dann erst ziehe ich auf Abenteuer. (Es sei denn, so etwas ist explizit in der Gruppe erwünscht. Dann bekommen alle Figuren 18.000 FP, die sie verlernen können und dann geht es los.)
Was die Motivation der Spielfiguren angeht: die sollte in keinem Fall in EP liegen. Der Spieler ist dazu angehalten seine Figur so zu gestalten, dass die eine Motivation hat, auf Abenteuer auszuziehen. Ein Spieler, der dem Spielleiter sagt: "Sag du mir mal, warum meine Figur das machen sollte" ist beim Rollenspiel sowieso falsch.
Viele Grüße
Harry