Autor Thema: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel  (Gelesen 29518 mal)

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #25 am: 25.01.2008 | 11:17 »
Zitat
Man merkt nichts von Stimmungen, Angst, Mut.
Das nennt sich Schauspielern und Pulp-Helden zeigen nie Angst. ;)

Offline Sephiron

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #26 am: 27.01.2008 | 03:49 »
Die Problemursache liegt mMn darin, dass in einigen Spielsituationen der Fokus auf eine einzige Regelmechanik verschoben wird, z.B. das Senken von Lebenspunkten. Dadurch wechselt man von Grundsatz "Regeln sagen, was nicht erlaubt ist" zu "Regeln sagen, was erlaubt ist" (wie bei Brettspielen o.Ä.) - und nimmt dem Rollenspiel so seine größte Stärke gegenüber anderen Spielen.
Daher würde ich als Lösungsansatz ein Regelkonzept wählen, das möglichst viel Freiraum lässt und sich nicht auf eine zentrale Mechanik (Senken von Lebenspunkten) konzentriert. Kurz gesagt: Weg mit den Lebenspunkten (jedenfalls in ihrer konventionellen Auslegung... "Battlepoints", die sowohl taktische als auch vitale Ressourcen darstellen o.Ä. sind mMn in Ordnung), statt dessen weitgefächerte Anwendungsmöglichkeiten verschiedener Fähigkeiten, z.B. um dem Gegner auf den Rücken springen, einen Kistenstapel auf ihn kippen, auf einen höhergelegenen Fels springen, etc.. Um zu gewährleisten, dass auch tatsächlich verschiedene Fertigkeiten benutzt werden, muss man diese Vorgehensweise natürlich belohnen (z.B. ein Extra-Battlepoint für den Wechsel der im Wettstreit benutzten Fähigkeit).
Soweit jedenfalls meine Idee hierzu.
Reife des Mannes: das heißt den Ernst wiedergefunden haben, den man als Kind hatte, beim Spiel.

Offline Dom

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #27 am: 27.01.2008 | 08:11 »
Zitat von: Sephiron
"Regeln sagen, was nicht erlaubt ist" zu "Regeln sagen, was erlaubt ist" (wie bei Brettspielen o.Ä.) - und nimmt dem Rollenspiel so seine größte Stärke gegenüber anderen Spielen.
Ich würde das nicht als größte Stärke von RPG gegenüber von anderen Spielen sehen, denn diese Aussage stimmt so nicht ganz. Regeln sagen immer, was erlaubt ist. Beim Rollenspiel ist der Unterschied jedoch, dass man meist keine Pöppels anfasst, sondern dass die Regeln eben bestimmen, wer was erzählen darf, d.h. der Gegenstand, mit dem sich die "normalen" Regeln im Rollenspiel beschäftigen, ist ein ganz anderer und benötigt eine andere Art von Regeln als ein Brettspiel. Tatsächlich ist der Spielraum, was die Spieler erzählen dürfen, oft sogar sehr eingeschränkt (Stichwort Trailblazing).

Auch dein Ruf nach Weg mit den Lebenspunkten beleuchtet Rollenspiele sehr einseitig; der alte Streit role-play vs. roll-play. Das ist auch keine zwingende "Lösung" des "Problems". Es kommt immer drauf an, was man möchte. Denn an die Regeln halten sich eigentlich praktisch alle Rollenspieler – die Frage ist nur, an welche und was die einzelnen Spieler für Vorlieben haben.

Zwei mögliche Ursachen für das Phänomen, dass sich die Gewichtung im Kampf von erzählerischem Spiel weg und hin zu mechanischem Spiel verschiebt:

1. Die Spieler lieben erzählerisches oder schauspielerisches Spiel, aber auch taktisches Brettspiel. Ein Rollenspiel, dass also im Kampf taktisches Spiel erlaubt, kommt ihnen entgegen und bringt Abwechselung mit. Dann tritt das Erzählen der Geschichte und Darstellen der Figuren in den Hintergrund, weil das "Spiel im Spiel" ansteht. Das Ergebnis dieses Spiels ("Wir haben die Orks besiegt") und einige bemerkenswerte Geschehnisse ("Weißt du noch, als ich letztes Jahr den Typen mit einem bestätigten Crit vom Dach geholt habe?") werden dann wieder innerhalb des Gesamtrahmens "Rollenspiel" interpretiert und in die Geschichte eingefügt.

2. Die Spieler spüren, dass ihre Spielfigur gefährdet wird, wenn sie die Würfel in die Hand nehmen. Dann gibt es eine unabhängige Macht, die über den Fortschritt, Leben und Tod ihrer Charaktere entscheidet. Kein wohlwollender Spielleiter ist mehr da, der sonst so wortgewandte Spieler kann nicht durch geschickte Verhandlung den Spieß umdrehen (obwohl er vielleicht einen tumben Barbaren spielt). Dann bemühen sie sich, die unbestechlichen Würfel zu überreden, ihnen wohlwollend zu sein. Das gelingt nicht mit Worten, aber mit Feats, Sonderfertigkeiten, Spezialregeln, Taktik und vielleicht auch dem Glücks-Würfelbecher.

Will man die erste Ursache bekämpfen? Wohl kaum. Vielmehr wird in solchen Gruppen wahrscheinlich auch im Kampf erzählt und dargestellt, gezittert und gehofft. Ein Bekannter hat mir erzählt, dass in seiner DSA-Runde vor allem während langer Kämpfe mindestens zwei Rollen Toilettenpapier verbraucht werden, weil die Gruppe im Kampf so mitfiebert.

Der zweiten Ursache kann man auf zwei Arten begegnen: Erstens durch konsequente Anwendung der Regeln auch außerhalb eines Kampfes. Denn es ist ja so, dass die meisten ("klassischen") Rollenspiele auch mechanische Regeln für Verhandlungen und anderes bieten, was oft schauspielerisch durch Ausspielen gelöst wird. Dann ist der unbestechliche Würfel immer dabei, er wird zur Normalität, man spielt mit ihm Rollenspiel. Fragt mal die ARS-Fraktion.
Zweitens kann man ihr begegnen, indem man auch im Kampf die unbestechlichen Würfel entfernt und ihn darstellerisch löst. Dann landet man konsequenterweise bei Engel oder anderen Rollenspielen, die rein auf Darstellung setzen.

Wie sieht es mit weiteren Ursachen aus? Wahrscheinlich gibt es welche, mit Sicherheit lassen die sich auch bekämpfen. Ob man sie bekämpfen will, hängt vom Einzelfall ab.
« Letzte Änderung: 27.01.2008 | 10:01 von Dom »

Offline Arkam

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #28 am: 27.01.2008 | 16:29 »
Hallo zusammen,

die Sonderstellung des Kampfes kommt aus meiner Sicht daraus das hier zwei Dinge zusammen kommen.

1) Der Charakter ist direkt gefährdet bzw. eine Recource ist gefährdet die nicht beliebig zu regenerieren ist.
Wenn ich beim Händler den Feilschenwurf nicht schaffe gebe ich zwar mehr Geld aus aber ich werde als Spieler doch normalerweise innerhalb eines gegebenen Rahmens so rechnen das ich auch dann bezahlen kann.
Zudem gehe ich davon aus das ein Abenteuer eben auch mit reduzierten oder nicht optimierten Recourcen zu schaffen ist.
Magie und Lebenspunkte sind da anders.
Erst Mal gibt es einen Punkt andem ich den Charakter verliere. Das heißt ich kann nicht in die Miesen gehen.
Zweitens Mal ist die Recourcenmenge eigentlich immer begrenzt das heißt ich habe einen Maximalwert der nicht so häufig oder gar nicht steigt und selbst das erreichen dieses Maximalwerts ist meistens eingeschränkt.
Die Recource ist nicht beliebig verschiebbar so das jeder Teilnehmen einzeln seine Rechnung aufmacht. Wo ich einem befreundeten Charakter leicht etwa 10 Goldstücke geben kann wird dam mit 10 Lebenspunkten wahrscheinlich nicht klappen.
Die Herausforderungen werden klassischer weise nicht dem Stand der Recource angepaßt. Wo der Spielleiter auf der Suche nach einer Information schon Mal die Information auch an einer anderen Stelle auftauchen läßt wird dei Wache des Schatzes wahrscheinlich nicht reduziert wenn die Gruppe nur wenig Lebenpunkte hat.

2) Wo etwa bei einem Feilschenwurf die meisten Spieler dem Spielleiter eine weite Spanne zugestehen was eventuelle Aufschläge angeht ist das im Kampf etwas anderes. Denn hier geht es um eine besondere Recource, siehe oben.
Also wird hier eher auf eine klare Regel bestanden. Ob das jetzt eine wirkliche Spielregel ist oder eine Hausregel ist hier eigentlich erst Mal egal.
Spielleiter die keine ausufernden Regeln wollen tendieren dazu Sonderaktionen entweder zu verbieten oder wenigstens durch Zuschläge ineffektiv zu machen.
Das ist natürlich auch umgekehrt der Fall. Auch ein Abweichen oder nur ein Ändern der Regeln zum Kampf wird von vielen Spielern sehr mißtrauisch gesehen.

3) Bei vielen Systemen hat der Kampf eine herausgehobene Stellung weil mit dem Kampf mehr Erfahrungspunkte als mit anderen Handlungen zu bekommen sind.
Gerade bei D&D fällt mir das in unserer Runde immer wieder auf. Für etwa 1-2 Stunden Spielzeit erhält man einen extrem hohen Anteil an Erfahrungspunkten.
Hier kann man als Spielleiter eigentlich gut eingreifen. Indem man jede Handlung direkt mit Erfahrungspunkten verbindet. Das bereitet zwar etwas mehr Arbeit aber die Sonderstellung des Kampfes ist ein wenig aufgehoben und eventuell werden im Kampf auch wieder einzelne besondere Aktionen interessanter.

Das paßt ja nun nicht zum Erzählen. Denn beim freien Erzählen ist man ja nicht an Regeln gebunden und kann auch noch mitten in der Erzählung Dinge umbiegen. Das kann in einem Kampf zu einem ernsthaften Problem werden.
Ich würde versuchen für Standardsituationen auch Standardboni, Dinge mit Mali nutzen die Spieler nicht, ausstatten.
Sinnvoll ist es auch wenn sich alle Seiten daran gewöhnen anzusagen was sie mit ihrer Aktion erreichen wollen. Ich springe auf den Tisch um besser zuschlagen zu können ist ja was ganz anderes als ich springe auf den Tisch um besser parieren zu können. Je flexibler die einzelne Situation aber gehandhabt werden kann destso eher wird man verschiedene Aktionen auch nutzen. So kommt man wahrscheinlich, der Tip ist nicht praxisgetestet, zu einem erzählenden Kampf.

Gruß Jochen
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Offline Nth-Metal Justice

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #29 am: 28.01.2008 | 10:12 »
Zitat
Zudem gehe ich davon aus das ein Abenteuer eben auch mit reduzierten oder nicht optimierten Recourcen zu schaffen ist.
Magie und Lebenspunkte sind da anders.

Da kann ich mir eine kleine Randbemerkung nicht verkneifen.
Ich kenne mindestens einen D&D Adventure Path, bei dem nicht optimierte Resourcen (Spieler hängen vom Ausrüstungsstand ~2 Level hinterher) es durchaus sein kann, dass ein Abenteuer nicht zu schaffen ist. (Zumindest Out-Of-The-Box). Das kann zu komischen Effekten führen bei Gruppen mit mehr Helden als die "Standardgruppe".

...wie gesagt ich konnte es mir nicht verkneifen, es tut eigentlich nicht direkt was zum Thema.

Offline Nth-Metal Justice

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #30 am: 28.01.2008 | 11:24 »
Hmm,

interessant. Der KAmpf als herausgehobenes Element - ich glaube da kann ich mich dranhängen. Was ich im Prinzip beschrieben habe ist ja eben dieser Bruch von "sonstigen Situationen", insbesondere Konflikten, gegenüber dem Kampf.

Es ist in der Tat so, dass auch ausserhalb des Kampfes gewürfelt wird. Warum auch nicht? Wenn man feilscht, wenn man Schlösser knackt, Informationen sucht oder jagen geht, immer wird gewürfelt. Insofern sehe ich da auch nicht unbedingt einen Widerspruch zwischen "Role-play" und "Roll-play". Das geht ja. Aber im Kampf geht es eben nicht mehr, weil auf einmal der Stil der gesamten Gruppe wechselt (was heisst Stil? Es wird eben nur noch gewürfelt). Klar fiebert man mit. Das tue ich in langen Kämpfen auch, zumindest wenn ich mich gut beteiligen kann.

Der Punkt war aber eben, dass sich der Stil ändert. Ich empfinde das als Bruch, und das ist eben unschön. Die Konzentration auf eine Resource, die Optimierung des Spiels auf eben den Erhalt oder das Rauben dieser einen Resource, die eben nciht gleich anderen Resourcen ist, kann da durchaus sehr wichtig sein.

Relativiert kann sowas in der Tat durch Belohnungen werden. Schöne Aktionen im akmpf und Beschreibungn werden bei Exalted gefördert und schon läuft es runder.

Offline Nth-Metal Justice

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #31 am: 11.02.2008 | 12:25 »
Hmm.

Ich habe mit dem ersten Rise of the Runelords Abenteuer gesehen, wie anders das auch gehen kann. Es erfordert Konzentration, ein gutes Stück Selbstkontrolle von Spielern und Spielleiter. Wenn man sich am Riehmen reisst, kann man sich nämlcih durchaus gegenseitig dazu anstacheln, hier bessere Leistungen zu erbringen.

Ich zumindest bin nicht gewillt dermassen "platt" zu erscheinen, wenn uns schon eine Horde Goblins in den Schatten stellt... SO geht das nicht.

Also gibt es neben Belohnung noch einen anderen Weg, der zu mehr Rollenspiel führen kann. Mal schauen, wie das funktioniert.

Offline Dom

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #32 am: 11.02.2008 | 20:59 »
Also ich mache nur Dinge, die ich tun muss oder für die ich belohnt werde.

Was ich damit sagen will: Wo ziehst du die Grenze? Ist der Spaß, den du bei einer Sache hast, nicht auch eine Belohnung? Wenn du jetzt gerne A machst, weil es B nach sich zieht (da du eigentlich B gut findest) wird dadurch nicht A aufgewertet? A ist schließlich der Weg, um B zu erreichen!

Offline Haukrinn

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #33 am: 12.02.2008 | 09:36 »
Natürlich kann man Spieler zu viel bekommen, wenn man sie kräftig dafür belohnt, aber erstens will ich die Spieler nicht zu Tanzbärchen erziehen, die etwas machen weil sie belohnt werden.

Ich empfinde oberlehrerhaftes Anhalten zum "Besseren Rollenspiel" durch den SL als wesentlich enervierender. Aber da haben wir halt einfach verschiedene Geschmäcker.

Und zweitens ist diese Belohnung ja eigentlich immer eine unnatürliche Zusatzregel.

In den meisten Spielen die ich kenne sind Belohnungsregeln essentielle Spielmechanismen. Ich wüßte nicht, warum man das nicht auch in diesem Falle so regeln könnte. Nee, halt, kann man sogar und macht man sogar: Siehe PtA, siehe Western City, siehe F.I.R.E.

Eine Belohnung muss immer etwas sein, das nicht unmittelbar mit der realen Tat zusammenhängt. Das ist kein gutes Konzept.

Warum muss das so sein. Warum darf die Belohnung nicht direkt mit dem zusammenhängen, was ich getan habe. Wenn mein Charakter, um mal ein anderes Beispiel aufzugreifen, den Oger erschlägt und danach besser kämpfen kann hängt doch auch beides direkt zusammen. Wenn meine Mitspieler mich jetzt für eine coole Darstellung belohnen, dann erhalte ich dafür Ressourcen, die ich regeltechnisch einsetzen kann, um weitere unterhaltsame Szenen generieren zu können. Ist doch eigentlich genau dasselbe.

Lieber habe ich, wenn Spieler etwas machen, weil sie von der Güte überzeugt sind.

Natürlich bin ich mir da nicht sicher, aber ich würde mal vermuten, dass das einfache Appellieren an ein besseres Verhalten nicht funktioniert. Erst einmal ist nicht klar, was "besseres Verhalten" überhaupt ist, andererseits spiele ich in meiner Freizeit, und da bin ich gerne faul. Wenn ich also nichts davon habe, dann strenge ich mich auch nicht an.

Immerhin ist ja Rollenspiel auch eine Tätigkeit, die freiwillig und lustvoll sein soll. Mache ich etwas, für das ich belohhnt werde wirklich aus Lust an der Tat oder mache ich es nur weil ich Spaß an der Belohnung habe?

Ist die Motivation, warum ich etwas tue tatsächlich relevant wenn alle davon profitieren?
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Offline Nth-Metal Justice

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #34 am: 12.02.2008 | 16:00 »
Umm, das klingt ja teilweise schon so, als müsse die Belohnung der Spieler und der Spielspass an sich in einem Widerspruch stehen. Das tuen sie aber doch garnicht. Und es ist auch keineswegs so, dass Belohnugnsysteme zum Ziel führen MÜSSEN.

Es funktioniert aber einfach BESSER, wenn man zum Beispiel für eine gute Beshcreibung Bonuswürfel bekommt und dadurch die Situation leichter bestehen kann. Das muss und soll ja garnicht auf den Kampf beschränkt sein, The Pool macht das ja auch nicht. Da verbindet sich doch das Angenehme mit dem nützlichen: Die Spieler wollen xyz erreichen, dazu müssen sie b erledigen. Die Chance XYZ zu erreichen steigt also signifikant, wenn sie b auch schaffen. B ist wesentlich einfacher zu schaffen, wenn sie dann auch ncoh ein wenig Aufwand in die Beschreibung stecken. Das Resultat ist eine bestandene Herausforderung und die meisten Spieler mögen bestandene Herausforderungen echt wirklich gerne.

Das hat IMO nichts erzieherisches. Erzieherisch wird es doch eher, wenn man anstelle von einem Belohnungs- ein Bestrafungsystem hat. Sei es nun durch Ermanung durch den Spielleiter oder durch Mali.

Und wieso sind Belohnung unnatürliche Zusatzregeln? Bei Exalted waren Stunts wunderbar integriert. Das System wollte "flashy" sein, die Helden sind "Larger than Life" also belohnt folgerichtig das System auch Aktionen, die genau in den Stil passen. Ich sehe da nichts unnatürliches drin.

Durch ein Belohnungssystem kann der Spielspass steigen, wenn man dann erstmal weis, wie man es benutzt.

Interessant wo wir gelandet sind. Vom "systemzentrischen Rollenspiel" zu Belohnungssystemen. Ich hab auch jetzt schon wieder eine Menge gelernt.
« Letzte Änderung: 12.02.2008 | 16:03 von aya_aschmahr »

Eulenspiegel

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #35 am: 12.02.2008 | 16:12 »
Die Spieler wollen xyz erreichen, dazu müssen sie b erledigen. Die Chance XYZ zu erreichen steigt also signifikant, wenn sie b auch schaffen. B ist wesentlich einfacher zu schaffen, wenn sie dann auch ncoh ein wenig Aufwand in die Beschreibung stecken. Das Resultat ist eine bestandene Herausforderung und die meisten Spieler mögen bestandene Herausforderungen echt wirklich gerne.
Bonuswürfel sind ja an sich nicht schlechtes, wenn man ein hohes Powerniveau habenw ill.
Das erzieherische liegt aber darin, dass du Leuten, die eine schlechte Beschreibung abliefern, diese Bonuswürfel entziehst.

Wenn du also sagst: "Bonuwürfel für alle.", dann ist das in Ordnung.
Wenn du aber sagst: "Bonuwürfel nur für Leute, die gut beschreiben, die anderen haben Pech.", dann ist das Erziehung.

Zitat
Das hat IMO nichts erzieherisches. Erzieherisch wird es doch eher, wenn man anstelle von einem Belohnungs- ein Bestrafungsystem hat. Sei es nun durch Ermanung durch den Spielleiter oder durch Mali.
Falsch.
Belohnung und Bestrafung ist im Prinzip das gleiche. - Ob du etwas Belohnung oder Bestrafung hnennst, hängt nur davon ab, wo du den Normalfall siehst.

Wenn für dich der Normalfall "Es gibt eine schlechte Erzählung und somit keine Bonuswürfel" sind, dann ist "Es gibt Bonuswürfel für gute Erzählung" eine Belohnung.

Wenn für dich jedoch der Normalfall "Du lieferst eine gute Erzählung und erhälst Bonuswürfel" ist, dann ist: "Für schlechte Erzählung gibt es keine Bonuswürfel" eine Bestrafung.

Ob ich also sage: "Standardmäßig hat jeder Char 6 Punkte und wer gut erzählt, bekommt 2 Zusatzpunkte." oder ob ich sage: "Standardmäßig hat jeder Char 8 Punkte und wer schlecht erzählt, dem werden 2 Punkte abgezogen.", ist letztendlich egal. - Beides ist quasi äquivalent.

Offline Haukrinn

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #36 am: 12.02.2008 | 16:25 »
Ob ich also sage: "Standardmäßig hat jeder Char 6 Punkte und wer gut erzählt, bekommt 2 Zusatzpunkte." oder ob ich sage: "Standardmäßig hat jeder Char 8 Punkte und wer schlecht erzählt, dem werden 2 Punkte abgezogen.", ist letztendlich egal. - Beides ist quasi äquivalent.

Logisch - ja.

Psychologisch - nein.

Und das ist auch der zentrale Unterschied. Gewolltes Verhalten belohnen wird immer besser aufgenommen als ungewolltes Verhalten zu bestrafen. Ist nun einmal einfach so.  ;)
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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #37 am: 12.02.2008 | 21:38 »
Beispiel: Es gibt eine Sprossenwand, ein Kind und einen Erzieher.
Das Kind klettert bis ganz oben auf die Sprossenwand und ruft "Schau mal, was ich gemacht habe".
Du vergisst dabei aber, das die allermeisten Menschen nach Prinzip A oder B erzogen wurden, und deshalb belohnt werden wollen. Version C wird einen solchen Menschen schnell entmutigen. (Mal ganz abgesehen davib das das Kind gelobt werden will, wenn es dir obigen Satz entgegenruft. Da erzeugt Konzept C nur Unsicherheit.)
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #38 am: 13.02.2008 | 00:17 »
Wäre es nicht toll, wenn wir uns von der Beurteilung anderer befreien könnten?
Da bin ich bei  dir, aber ich halte es für den falschen weg das durch Streichung der Anerkennung zu erreichen. Aber das ist wohl eher ein soziologisches Problem, als ein Rollenspieltheoretisches.
Auf daas Thema bezogen würde ich sagen kann man systemunabhängigkeit nur dadurch erreichen inddem man das system eben aus dem zentrum rausnimmt. Wenn  man das System austauschbar und nur als Mittel zum zweck einsetzt, da wird es auch nicht zu dominant.
Ein System durch sich selbst, also durch regeln aus dem zentrum zu halten ist ja an sich schon ein Paradoxon. Nur durch ein konstrukt wie die Goldene Regel werden systeme "auskoppelbar" und das hilft dabei sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Da liegt doch auch das Hauptproblem. Man konzentriert sich ja vor allem auf das, auf das man sich verlassen kann und in aller Regel ist das das System.
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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #39 am: 13.02.2008 | 14:09 »
Zitat
Erziehungskonzept C
Der Erzieher antwortet: "Ich sehe Dich, Du bist bis ganz nach oben geklettert." = Besseres Konzept

Ich kann meinen Vorpostern da nur zustimmen. Natürlich wäre es schön, wenn man sich von der Beurteilung anderer nicht so abhängig machen könnte und vielleicht gibt es auch Menschen, die das in verschiedenen Freiheitsgraden erreichen, aber die Mehrheit tickt eben nicht so.

Und es ist auch so, dass die allermeisten Menschen gerne positives Feedback hören. Neutrales Feedback erzeugt halt garnichts (zu lange neutrales Feedback erzeugt sogar eine negative Haltung), negatives Feedback kann schnell Frust und Unwillen steigern.

Klar ist es logisch gesehen schon eine BEstrafung, wenn ich für schelchte Erzählung KEINE Bonuswürfel gebe.

Zitat
Ob ich also sage: "Standardmäßig hat jeder Char 6 Punkte und wer gut erzählt, bekommt 2 Zusatzpunkte." oder ob ich sage: "Standardmäßig hat jeder Char 8 Punkte und wer schlecht erzählt, dem werden 2 Punkte abgezogen.", ist letztendlich egal. - Beides ist quasi äquivalent.

Ich kenne keine Gruppe, bei der in jede Aktion, in jede Handlung oder auch nur in jede Handlung, wo gewürfelt wird, wirklich Erzählkraft hereingesteckt wird. Wenn ich für schlechtes erzählen bestrafe, dann gibt es sehr oft abzüge und selten den Wert (Würfelzahl, ...), der auf dem Papier steht. Es entsteht ein sehr negativer gesamteindruck. Die Highlights werden gar nicht als solche Wahrgenommen.

Wenn aber nun doch vor allem die Aktionen besonders gut erzählt werden, die den Spielern besonders viel Spass machen und ich dafür eben Boni geben entsteht ein anderer Eindruck. Man hat ein klares, positives Feedback und ausserdem noch eine grössere Chance, in den Aktionen, Konflikten oder Szenen, in denen man glänzen will, das auch wirklich zu tuen.

Nicht zuletzt ist die obige herangehensweise für alle Transparenter. Der Normafall ist ja: Es wird nicht besonders toll erzählt. Dann habe ich die WErte die auf dem Papier stehen. Die ergeben für den Spieler gewisse Wahrscheinlichkeiten, eine Aktion zu schaffen und für den Spielleiter richtwerte, an denen er die Herausforderungen ausrichten kann. Wenn ich aber schlechtes erzählen bestrafe, dann wäre der Grundwert ja nicht mehr was auf dem Papiersteht, sondern Wert-Standardstrafe. Das ist nicht besonders intuitiv.

Ich persönlcih finde es auch leichter in einem System, was mit Boni arbeitet, Spieler die etwas scheu sind, zum erzählen zu motivieren. Da gibt man dann auch für Ansätze einer Erzählung mal einen Bonuswürfel und beim Spieler kommt die Nachricht an "Hey, das war gut." Und genau da wollen wir hin.

Ich sehe das auch nicht als erhobenen Zeigefinger - zwar steure ich bin beiden Fällen (eblohnung und Strafe) die Spieler, aber eben nicht mit dem Erhobenen Zeigefingern, sondern mit Ermunterungen.

Offline Haukrinn

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #40 am: 14.02.2008 | 08:37 »
Wirfst Du da nicht Belohnung der Charaktere und Belohnung der Spieler in einen Topf? Ich möchte als Spieler für das belohnt werden, was ich als Spieler tue.
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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #41 am: 14.02.2008 | 11:00 »
Wenn ich eine Karawane begleite und auftauchende Räuber besiege, dann bekomme ich vielleicht eine Belohnung von der Karawane in Form klingender Münze, und den Dank des Karawanenführers für die kämpferischen Dienste. Das ist eine reale Belohnung, weil sie innerhalb der Handlung passiert.

ja. Das ist ja aich swoeit korrekt. Aber das ist nicht die Ebene, auf der ich grade denke. Natürlich sollten die Charactere belohnt werden für eine Erfolgreiche Handlung, für eine gute Idee, für einen guten Plan. Aber dann wirst du gleichermassen für die Rettung der Karawane mittels:
Okay, 5-foot-step. Jetzt flanke ich ja. Und druff. *würfel*belohnt, wie auch für
Ich weiche einem Stoss des Gegners mit einem geschickten Schritt zur Seite an. "Da war du wohl nicht schnell genug." Baffe ich ihn gehässig an, bevor ich ihm meine Klinge in die Seite bohre.Ich finde aber zweiteres wesentlich besser als ersteres und dafür sollte der Spieler belohnt werden. Und er sollte nicht mit XP belohnt werden, sondern die Belohnung sollte in einem direkten Zusammenhang mit der durchgeführten Aktion stehen. Also: Bonuswürfel, Erleichterungen.

Zitat
Wenn ich so lange im Wald umherstreife, bis ich eine Räuberbande treffe und sie dann umkloppe, weil ich EP dafür bekomme, dann bin ich Opfer eines Pseudobelohnungssystems geworden, das ich persönlich inzwischen fragwürdig finde, weil es die Spieler in ihrer freien Zielsetzung bevormundet.

Hier geht es IMO um Belohnungen auf wieder einer anderen Ebene. Mit XP sollte IMO der Storyfortschritt bewertet werden. Okay, D&D bewertet das Bestehen von Herausforderungen. Von mir aus. Solche Belohnungen finden aber auf einer anderen Ebene statt als die Belohnungen für gute Aktionen. Sie KÖNNEN auf der selben Ebene stehen, wie die von dir beschriebene Belohnung durch den Karawenenführer.

Zitat
Kann man nicht (weil Rollenspiel eigentlich eine freiwillige Veranstaltung ist) davon ausgehen, dass jeder so viel ins Spiel investiert wie er kann - und hat dann nicht jeder eine Anerkennung verdient, obwohl er vielleicht in der Kompetition gescheitert ist?

Also von eresterem kann man nciht immer ausgehen. Aber durch Motivation der Spieler kann man erreichen, dass jeder mehr investiert, als er Anfangs wollte. Das kann, wie in unserer Rise of the Runelords Runde einfach dadurch geschehen, dass man sich gegenseitig zu gutem Spiel anstachelt. Das kann man aber auch direkt im System verankern.
Die Fähigkeiten der einzelnen Spieler kann man ja als SL trotzdem berücksichtigen. Der zurückhaltende, scheue Spieler kriegt vielleicht eher mal nen Bonuswürfel als der Spieler, der eh schon mit Erzählungen glänzt. So lockt man und belohnt man auch zaghafte Versuche. Und da man ja einzelaktionen belohnt, steht das in keinem Zusammenhang damit, ob man am Ende scheitert, oder erfolg hat.

Ich will die von die vorgeschlagenen Alternative der Belohnung im Spiel mit meiner Aussage garnicht heurnterspielen. Man kann ruhig auf mehreren Ebenen eine Belohnung verteilen. Man sollte nur immer schauen für was man wie belohnt:

  • Gut beschriebene Aktionen -> Spieler, indem er Boni bekommt
  • Wichtiges Storyelement -> Spieler/Character, durch XP
  • Character war im Abenteuer Erfolgreich -> Charakter durch Belohnung (Gold, Gegenstände, Status)

Diese Dinge stehen nicht im Wettstreit zueinander.

Offline Maarzan

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #42 am: 14.02.2008 | 18:01 »
Belohnungen sind vom Spielkern her eigentlich so notwendig wie ein Kropf. Ein passendes Spiel sollte alleine durch seine Ausübung zu den entsprechenden positiven Reaktionen bei den Spielern führen.
Problem ist nur, dass es oft schwer ist eine wirklich homogene Gruppe zu finden und so wirken die Belohnungen/Bezahlungen (z.B. Ausgleich für gewählte Nachteile) für die Spieler eben als Methode des Autors oder ggf. auch des Spielleiters hier die Mitspieler in die gewünschte Richtung zu manipulieren.

EP sollten meiner Meinung nach rein an den Char gebunden bleiben und was dieser in der Spielwelt gemacht hat. Der Spieler spielt auf einer anderen Ebene (Wie wärs mit einer Held des Würfels-Medaillie oder Dramakönigplakette ;) ). 
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Nth-Metal Justice

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #43 am: 18.02.2008 | 10:13 »
Zitat
Problem ist nur, dass es oft schwer ist eine wirklich homogene Gruppe zu finden und so wirken die Belohnungen/Bezahlungen (z.B. Ausgleich für gewählte Nachteile) für die Spieler eben als Methode des Autors oder ggf. auch des Spielleiters hier die Mitspieler in die gewünschte Richtung zu manipulieren.

Stimmt. Das sind aber auch ziemlich hohe Ansprüche. Wie man aus meinen Spielberichten ja ersehen kann, können sich mannigfaltige Probleme ergeben. Diese müssen nciht im Spiel begründet sein und müssen auch nicht unbedingt willentlich herbeigeführt sein.
Ich (als Spieler) zum Beispiel hasse es, wenn ich in Character auf einmal allein im Rampenlicht stehe, reden muss, andere Überzeugen oder von meiner Handlugn das Schicksal vieler abhängt. Jetzt kann mich natürlich der SL motivieren über meinen Schatten zu springen indem er mir ab und an nicht die Möglichkeit gibt, einer solchen Situation zu entkommen. Das ganze funktioniert aber eben noch besser, wenn ich weis, dass ich für den Versuch guter Aktionen sowieso belohnt werde. Für den Spielkern ist das in der Tat nicht relevant.

Ob die Wahl negativer Eigenschaften für Charaktere ausgeglichen werden sollte hängt natürlich zum Teil davon ab, wie viel Arbeit man sich dadurch einhandelt. ... Ich glaube das Thema "Vergleiche von Charakteren und Spielspass" ist aber einen eigenen Diskussionsthread Wert.

Zitat
EP sollten meiner Meinung nach rein an den Char gebunden bleiben und was dieser in der Spielwelt gemacht hat. Der Spieler spielt auf einer anderen Ebene

Im Prinzip ja. Sie sind ja an den Char gebunden, an das, was er erreicht. Trotzdem freut sich der Spieler, weil er seinen Char dadurch ausbauen kann.

Offline scrandy

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #44 am: 28.11.2008 | 02:05 »
Hallo Leute,

ich weiß, dass dieses Thema schon recht alt ist, aber ich kann einfach nicht widerstehen zu antworten, denn der Gedankenwechsel, den aya_aschmahr hier beschreibt ist exakt das, was ich in meinem System seit einer ganzen Weile umsetze: Nicht Systemzentrierte Kämpfe.

Mein Spielsystem heißt Mystix und ist unter www.mystix-rpg.de zu erreichen.
Wie mein Spiel dein Problem löst:

Mystix besitzt keine Belohnungssystem für Erzählungen wie bei Wushu, weil ich festgestellt habe das Belohnungen für gute Beschreibungen schlicht unfair sind, da gewisse Spieler entweder zu schüchtern oder zu sprachbegabt sind (mit Germanisten und Nicht-Studenten in der Gruppe ist das eben nicht fair).

Was stattdessen im Zentrum stehen sollte ist Kreativität und das Gespür für die Situation. Ich erreiche dies durch zwei Stilmittel: Herausforderungen und Eindrücke. Sprich der Spielleiter beschreibt die aktuelle Herausforderung der Szene und die Eindrücke die der Charakter in der Situation sammelt. Daraufhin ist es die Aufgabe des Spielers zu entscheiden mit welchen Mitteln er die Herausforderungen bewältigt.

Warum hat sich eigentlich noch nie jemand gefragt warum die einzige Herausforderung in einem Kampf sein muss, dass alle Gegner sterben. Das ist doch aus spielerischer Sicht total langweilig. Es ist natürlich klar, dass es Cool sein kann einen Tabletop-Modus im Kampf zu haben, aber was ist wenn man das eben nicht will? Was ist denn dann ein Kampf? Nur eine Situation in der das Erzählen aufhört?

Die erste Idee die ich bei meinem Kampfsystem hatte, war die, dass man sich von einem Einheitsstandardkampf verabschieden muss: Ein Überfall von Räubern, eine zu überwältigende Wache, die Verteidigung einer Brücke oder das einfangen eines unbesiegbaren Monsters haben völlig verschiedene Ziele, verschiedene Herausforderungen und Höhepunkte. Hat man das verstanden, dann kann man als Spielleiter anfangen zu überlegen was denn an der Kampfszene interessant ist, welche Veränderungen innerhalb der Szene eintreten können und was dann die Herausforderungen der Szene sind.

Ist es Beispielsweise der Überfall der Räuberbande, dann ist erstes Ziel überhaupt den Überraschungsangriff zu überleben und sich zu formieren, zu orientieren und überhaupt die Waffen zu zücken. Hier wäre es Aufgabe des Spielleiters die Überraschung und Wehrlosigkeit zu präsentieren und den Spielern die taktische Situation des Ortes erst langsam zu offenbaren. Dann liegt es an den Spielern kreativ zu werden: durch geschickte Ausweichmanöver, Improvisierte Kampfaktionen wie: wir kippen den Wagen um um neue Deckung zu haben oder ich packe den anspringenden Gegner und lass ihn hinter mir fallen. Ist die Gruppe wieder Herr ihrer Lage, dann beschreibt der Spielleiter einen Gegner mit einer Schnellschussarmbrust, die in der Ferne wie wild Pfeile verteilt und ein freies Kämpfen unmöglich macht(neue Herausforderung). Der Schütze muss weg! Wie? Das entscheiden die Spieler. Ob mit einem gezielten Schuss aus der Deckung des Wagens oder über eine geworfene Blitzbombe die natürlich zur Folge hat, dass der geblendete Schütze seine eigenen Leute trifft oder was auch immer.

Man kann diese Herausforderungskette jetzt noch deutlich weiter führen, aber das wichtigste daran ist die Erkenntnis das das benutzen von Waffen noch keine Szene spannend macht. Betrachtet man zum Beispiel Kampfszenen in Filmen dann gibt es eigentlich immer zusätzliche Dinge als nur das Schwerterklingen.

Um das jedoch so hinzubekommen muss das System folgendes bereitstellen: situationsverändernde Kampfregeln, eine freie Komponente die die Einschätzung der Wirkungsfähigkeite einer Aktion bei der Gruppe läßt und nicht durch Punkte abreißt und ein Belohnsystem, dass eben die wirkungsvolleren, kreativeren Aktionen belohnt und taktische Vorteile fördert und berücksichtigt.

Zunächst einmal Situationsverändernde Kampfregeln: Warum sollte ich zum Beispiel eine Lebensenergie haben? Sie lenkt den Fokus auf eine Zahl und nicht auf die Auswirkungen. Sprich: Treffer müssen selten sein, aber wenn sie Stattfinden müssen sie nicht einfach nur lästig sein(LE), sondern die Kampfsituation verändern. Folgendes Beispiel: Der Barde der eh nicht viel wegstecken kann, kann den Angriffen seines Verfolgers nicht entfliehen und wird schwer verwundet. (In anderen Spielen hätte sich dadurch nichts geändert, lediglich weniger LE, in Mystix aber:) Der Barde bekommt vom Spielleiter die Information: "Die Stichwunde in deiner Seite lässt dich kaum noch klar denken und die Schmerzen sind unerträglich. Außerdem scheint deine Situation absolut verfahren, du kannst ihm weder entkommen noch kannst du ihn besiegen". Das ändert die Situation: Der Barde beginnt wie am Spieß zu Brüllen: "Ich krepiere gleich. Dieser Bastard reißt mich gleich in Stücke". Sofort reagiert die Gruppe: Der Barde muss um jeden Preis geschützt werden(neue Herausforderung durch Wunde). Der Hammerit läßt seinen Gegner links liegen und springt hinüber zum Barden und schirmt ihn mit seinem Schild ab, während die Schamanin eine Dornenwand hinter ihm erschafft und sich dann um seine Wunden kümmert. Haufenweise Gegner strömen auf das Nadelör zu und der schwer gerüstete Hammerit bringt einen nach dem andern zu Fall. Bis schließlich der Anführer der Gruppe, ein geübter Elementarist, den Raum betritt. Situationsänderung: Rückzug.

Es ist natürlich klar, dass ich hier nicht alle Details meines Systems ausbreiten kann und auch nicht sollte, aber ich denke dass mit dieser Methode sehr kreativ gekämpft werden kann. Und da meine Spieler mittlerweile meine Kämpfe in Mystix deutlich interessanter finden als die Würfelorgien beim letzten DSA-Abend und das obwohl sie zuerst sehr skeptisch waren, finde ich einen kleinen Erfolg für narrative Kämpfe. Mystix ist jedoch leider noch nicht fertig und wird möglicherweise auch erst nächstes Jahr einen ersten fremd-meisterbaren Zustand bekommen.

Was mich nun interessieren würde, ob du aya_aschmahr mit deinen Plänen ein eigenes System zu schreiben seid Anfang des Jahres weitergekommen bist, und ob es beim "narrativen Kämpfen", wie ich es einfach mal nenne, neue Erkentnisse gibt. Außerdem würde ich dich gerne einladen doch mal auf unserer System-Seite (www.mystix-rpg.de) vorbeizuschauen und dort im Forum ein paar Details zum narrativen Kämpfen zu diskutieren.

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #45 am: 28.11.2008 | 14:00 »
Zitat
zunächst einmal: Ich erkenne weder im Ziel nach kreativeren Kämpfen noch in der Umsetzung etwas Neues.
Mit dem Wischi-Waschi-Arkana-System von Engel kann man so etwas machen. Mit dem simulativen, systemzentrischen Kampfsystem von Trauma auch. Die beschworene Neuerung sehe ich hier nicht.
Mit Sicherheit kann man diesen Spielstil mit einigen Systemen umsetzen. Ich habe im Grunde mit DSA auch lange schon narrativ gespielt bevor ich durch GNS erfahren habe, warum mir die Regeln mehr im Weg waren als sonst was. Es ist jedoch ein guter Tipp und ich werde mir die beiden Systeme auf jeden Fall mal ansehen. Was ich jedoch mit Mystix schaffen will ist ein System, was diesen Stil direkt fördert indem entsprechende Anleitungsabschnitte im Regelwerk stehen und die Regeln eben kreatives Handeln ermöglichen. Deswegen besteht meine Waffenliste zum Beispiel kaum aus Werten sondern aus Beschreibungen der Vor und Nachteile der Waffen und der direkten Einsatzgebiete. So hat der Waffenunkundige Spieler nach dem Leser die Chance diese Mittel im Spiel zu nutzen. Ob die spezielle Aktion gelingt ist natürlich wieder Wertesache/Glückssache modifiziert um einen Bonus für die entsprechende Idee. Aber ich kann so statt einer Reihe von Sonderfertigkeiten und Waffenwerten den Fokus auf die Inhalte lenken und immer die selbe Kampfprobe würfeln lassen.

Zitat
Wenn Du Dir jetzt noch Regeln ausdenkst mit dem man komplexe Bedrohungssituationen erschaffen kann, ohne dass die Situation unbedingt mit Kampf gelöst werden muss, bin ich begeistert.
Ich weiß nicht ob ich dich richtig verstehe (also korrigiere mich bitte wenn ich am Thema vorbei rede): Eine Bedrohungssituation muss in Mystix nicht zwangsläufig mit Klassischem Kampf gelöst werden: Sprich alle Gegner müssen sterben. Sondern Dinge wie verteidigter Rückzug, Aufgabe, überrumpeln, Geiseln nehmen, sich verschanzen usw. können ebenfalls eintreten.

Das gilt übrigens auch im kleinen: Nicht jeder Erfolg einer Kampfprobe muss ein Treffer sein. Man kann den Gegner genauso gut aus dem weg schubsen wenn das Kampfziel Flucht ist oder man kann ihn niederschlagen, in seine Gewalt bringen oder wenn man sich anschleicht, bewusstlos schlagen. Diese Unterschiede erzeugen viele unterschiedliche Kampfsituationen bzw. Kampftypen, die den Spielern viel Freiheit lassen. Andererseits müssen die Spieler aber auch vorsichtiger sein, denn überraschungsangriffe sind deutlich mächtiger als in anderen Spielen ebenso wie ablenkungsmanöver oder die Benutzung der Umgebung.

Warum: prinzipiell gibt es keine Lebensenergie, sondern einen Wert namens Schutz, der angibt wie gut man sich noch den Angriffen erwehren kann, dieser Schutz wird unter anderem von der tatsächlich verwendeten Rüstung und Deckungslage abhängig gemacht und wird durch erfolgreiche Angriffe des Gegners vermindert. Sinkt er einmal auf 0, so hat der Gegner die Deckung durchbrochen und kann diese Situation nutzen um Schaden zu machen, den Gegner zu Packen oder sonst irgendetwas mit ihm zu machen,was ihm an ihm stört. Hat man sich jedoch angeschlichen oder macht einen Überrschungsangriff, dann ist sowohl der Schutz niedrig, da kein Angriff erwartet wurde und außerdem bekommt der Verteidiger keine Verteidigungsprobe zuerkannt, also ist die Differenz der Proben deutlich höher und somit auch der Abzug vom Schutz sehr hoch, oft so hoch, dass der erste Treffe den Schutz auf 0 bringt. Dadurch ergeben sich schon folgende Konsequenzen: Bedeutung von Überrschung/Stealth-Angriffen, Verletzungen nur selten aber dann von Bedeutung, Es macht Sinn zu fliehen sich neu zu formieren um den Schutz wieder aufzubauen und man kann taktische Vorteile und Inhaltliche Gegebenheiten sowohl im Schutz als auch als Probenbonus sehr schön verarbeiten.

Dadurch kann man eine ganze Reihe von Bedrohungssituationen spielen, die zum Beispiel zusätzlich zum klassischen Schwerterschwingen auch Stealtheinlagen, nutzung der Umgebung und Nutzung der übrigen Charaktereigenschaften enthällt.
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Offline Merlin Emrys

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #46 am: 28.11.2008 | 14:10 »
Ich glaube, die Frage zielte eher in die Richtung: Muß es denn immer gleich einen Kampf geben? Wie gut unterstützt Dein System eine Spielweise, die auf eine generelle Vermeidung von Kämpfen abzielt?

Heretic

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #47 am: 28.11.2008 | 14:31 »
Ich kann mich an ein Abenteuer erinnern wo die Macher des Abenteuers vorschlugen, dass die Helden doch an Ketten aus einer Grube klettern mögen um zu entkommen.
Dabei wurden sie von gegnerischen Rogues beharkt.
Die Idee ist schön dramatisch und hätte sich für wirklich tolle Beschreibungen geeignet. Leider, LEIDER weis eigentlich jeder, was es bedeutet wenn man bei D&D Klettert und die Angreifer Rogues sind (kein Dex Bonus, Sneak attacks...). Also macht man es nicht, egal wie schön dramatisch es wäre. (oder man ignoriert das System - das geht natürlich immer, ist aber ein Problemumgehung, keine Lösung)

Äh, ganz ehrlich: Die Situation, die du beschreibst würde ich in RL auch vermeiden, denn man gibt beim Klettern eben ein leichtes ziel ab, ist einfach so. Und ganz ehrlich: Ich finde als Spieler eine solche Situation einfach behämmert, das hat mMn nichts mit Dramatik zu tun. (Ab gesehn davon können Ropues nur bis 30ft weit sneaken, mal davon abgesehn...) Und ja, einer meiner Charaktere war bereits in einer solchen Situation, und ich bin NICHT das Seil hochgeklettert.
Und wenn man beim Kampf nicht beschreibt, liegt das mMn am Mindset der Gruppe und des SLs, und nicht am System.
Aber das nur als Einwurf am Rande, mich würde interessieren, warum du das erzwingen willst, also das Beschreiben.
 


Offline Zornhau

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #48 am: 28.11.2008 | 15:02 »
Eine Bedrohungssituation muss in Mystix nicht zwangsläufig mit Klassischem Kampf gelöst werden: Sprich alle Gegner müssen sterben. Sondern Dinge wie verteidigter Rückzug, Aufgabe, überrumpeln, Geiseln nehmen, sich verschanzen usw. können ebenfalls eintreten.
Du erzählst mit "verteidigter Rückzug", "Überumpeln", "Geiseln Nehmen", "Sich Verschanzen" usw. absolut KLASSISCHE Kampfverläufe bzw. Kampf-Beendigungssituationen. Die sind WIRKLICH klassisch, da ich sie schon bei BECMI-D&D erlebt habe!

Wenn Du meinst, daß "klassisch" einfach das Töten der Gegner bedeutet, dann ist DEIN "klassisch" ausgesprochen eingeschränkt und nach meinem nicht gerade kurzen Rollenspielerfahrungshintergrund schlichtweg unzutreffend.

Was Du beschreibst ist ein VORURTEIL, daß es in "klassischen" Kampfsystemen nur darum ginge, die Gegner zu töten. Ich weiß nicht, was Dich zu diesem Vorurteil bewogen hat - ist letztlich auch egal.

Du schilderst NICHTS NEUES. - Du präsentierst hier KEINEN NEUEN Ansatz, wie man Kampfszenen gestalten und durchführen kann.

Auch Deine vorhergehenden Beiträge gehen von der nicht-haltbaren Vorurteilsposition aus. Nur und ausschließlich aus dieser "verlorenen" Position des Glaubens daran, daß das Vorurteil des "Immer töten Müssens" korrekt wäre, zeichnen sich Deine Äußerungen als unterschiedlich ab.

Aber gegenüber praktisch ALLEN Rollenspielen, die ich so gespielt habe, stellen sie KEINE Neuerungen, sondern die normale Spielpraxis mit nahezu jedem Kampfsystem dar - egal ob hochgradig detailliert und simulationsorientiert oder eher an der Gesamtgeschichte und den mit dem Kampf auf dem Spiel stehenden Konfliktgegenständen orientiert.

Das gilt übrigens auch im kleinen: Nicht jeder Erfolg einer Kampfprobe muss ein Treffer sein. Man kann den Gegner genauso gut aus dem weg schubsen wenn das Kampfziel Flucht ist oder man kann ihn niederschlagen, in seine Gewalt bringen oder wenn man sich anschleicht, bewusstlos schlagen. Diese Unterschiede erzeugen viele unterschiedliche Kampfsituationen bzw. Kampftypen, die den Spielern viel Freiheit lassen. Andererseits müssen die Spieler aber auch vorsichtiger sein, denn überraschungsangriffe sind deutlich mächtiger als in anderen Spielen ebenso wie ablenkungsmanöver oder die Benutzung der Umgebung.
Kennst Du Regelsysteme, die Schleichen oder Heimlichkeit als Fertigkeit haben? Kennst Du solche, die Nicht-Tödliche Angriffe kennen? Kennst Du Regelsysteme mit Regeln für Ringen, Bewußtlos Schlagen, Fesseln? Kennst Du Regelsysteme mit Regeln für Überraschungsangriffe (The Drop, Meucheln, Assassination Attempts, Sneak Attacks)?

Was ist Dein bisheriger Rollenspielsystemhorizont?

Diese Frage stellt sich mir nicht nur, nein, sie DRÄNGT sich förmlich AUF, wenn ich Deine Beiträge lese.

Als ob Du die letzten bald 35 Jahre Rollenspielprodukte irgendwie nicht mitbekommen hast.

Handlungsvielfalt jenseits von "Ich hau halt drauf, bis er platt ist", ist KEINE Neuerung, sondern die gibt es seit über 30 Jahren im Rollenspiel.

Überraschungsangriffe, Austricksen, Ausmanövrieren, Entwaffnen, Ringen, Würgen, Fesseln, Zu Fall Bringen, Wegstoßen, Einschüchtern, Verspotten, Provozieren, Ablenken, In Die Zange Nehmen, Angesagte Ziele Angreifen, Rüstung Umgehen, Weglaufen, In die Flucht Schlagen, Den Kampfgeist Brechen, Sich Zusammenreißen und Weiterkämpfen, Deckung Nutzen, Mobiliar und sonstige Einrichtungsgegenstände Einsetzen, Den Gegner zu einer Leichtsinnsattacke Verleiten, Eine Schwäche im Kampfstil des Gegners Nutzen, Dem Gegner die Sicht Nehmen, Den Gegner mit einer bedrohten Geisel Erpressen seine Waffe fallen zu lassen, den Geiselnehmer mit einem gezielten, überraschenden Schuß töten ohne die Geisel zu verletzen, usw.

Alles ALTE, KLASSISCHE Kampf-Elemente, zu finden in so gut wie jedem Rollenspiel, das Kampfregeln kennt, und in jedem Rollenspiel, das allgemeine Konfliktauflösungsregeln kennt.

Warum: prinzipiell gibt es keine Lebensenergie, sondern einen Wert namens Schutz, der angibt wie gut man sich noch den Angriffen erwehren kann, dieser Schutz wird unter anderem von der tatsächlich verwendeten Rüstung und Deckungslage abhängig gemacht und wird durch erfolgreiche Angriffe des Gegners vermindert.
Ist Dir nicht bewußt, daß Du damit ein geradezu "klassisches" Hitpoint-System beschreibst? - Hitpoints sind in den meisten Regelsystemen eben nicht (nur) "Lebensenergie", sondern der "Schutz", den der Charakter vor ERNSTEN Verletzungen hat. Das kann Glück sein, Erfahrung, Ausdauer, Schmerzresistenz, sich mit dem Schlag mitdrehen, anstrengende Ausweichbewegungen, oder einfach der Kampfgeist (wie z.B. in Sidewinder: Recoiled, einem D20 Modern-Rollenspiel in Western-Setting so für die Hitpoints als "Erklärung" geliefert).

Sinkt diese schwammige, wenig konkret definierte "Schutz"-Charakteristik weit genug ab, dann ist die Möglichkeit gegeben, mit einem Treffer den Charakter ernsthaft zu verletzen, daß er sofort aus dem Kampfgeschehen fällt.

Ich sehe - außer einer mäßig kreativen Umbenennung - bei Dir KEINEN konzeptuell unterschiedlichen Ansatz.

Hast Du Dich zu diesem Thema schon einmal mit den RPG-Design-Patterns auseinander gesetzt? Dort wird - auf etwas abstraktere, sich an Rollenspielregelsystemautoren wendende Art - genau solch ein Lösungsmuster für das "Verwundungsproblem" in Kampfsystemen erläutert, neben anderen Lösungsmöglichkeiten dafür.

Die RPG-Design-Patterns sind m.E. ein MUSS für Rollenspielregelsystementwickler, da hier wirklich viel Erfahrung und unterschiedlichste Ansätze in einer für praktischen Systementwurf nutzbaren Form verfügbar gemacht wurden.

Offline scrandy

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Re: Vermeidung von "systemzentrischen" Rollenspiel
« Antwort #49 am: 28.11.2008 | 19:42 »
@Zornhau:

Also zunächst einmal ist das natürlich ein echt dicker Post, und ich möchte zunächst einmal mich entschuldigen dafür, dass ich als Spielleiter mit dem Wunsch etwas zu verbessern nicht zuerst alle verfügbaren Systeme gelesen habe. Natürlich sind nicht immer alle Ideen neu, aber nur wenige neue gute Ideen schaffen es auch die Spieler zu erreichen. Und vieles was wir uns an Rollenspielkultur geschaffen haben wird nur durch Hausregeln oder gutes Spielen/Meistern aus Erfahrung umgesetzt und nicht weil das System es fördert. Wenn du aus D&D einen Spannenden Kampf zaubern kannst der nicht durch die Regel-Muster beschränkt ist, dann ist das eine tolle Sache. Die meisten Laien-Spieler sind einfach auf die Anleitung des Systems angewiesen.

Zitat
Wenn Du meinst, daß "klassisch" einfach das Töten der Gegner bedeutet, dann ist DEIN "klassisch" ausgesprochen eingeschränkt und nach meinem nicht gerade kurzen Rollenspielerfahrungshintergrund schlichtweg unzutreffend.
Klassisch ist natürlich ein extrem dehnbarer Begriff aber was ich wirklich damit gemeint habe ist, dass manche Systeme durch die Fokussierung auf die Kampfregeln und die daraus entstehenden Kampfverläufe viel Kreativität und Spannung wegnehmen und den Fokus vom Erleben des Kampfes auf das Gewinnen des Tabletops verlagern (Was wie gesagt nicht schlimm sein muss - wenn man sowas mag). Natürlich bedeutet das nicht, dass ich in gamistischen Spielen kein Niederschlagen, Umwerfen und co haben kann, sondern dass es nicht gefördert wird sich als Kämpfer zu fühlen sondern als Teil des Tabletops. Es ist natürlich klar dass ich in DSA auch ohnmächtig werden kann und diese Ohnmächtigen kann man auch gefangen nehmen, aber wenn mein Kollege im Kampf einen dicken Treffer abbekommt heißt es nicht "Ich kratze gleich ab, helft mir", sondern "Ich habe noch 12 Lebenspunkte". Es ist natürlich schwer ein in sich neues Konzept durch Regeldetails zu beschreiben, denn natürlich ist jeder Aspekt irgendwo schon mal angedacht oder sogar verwirklicht worden denn dafür gibt es zu viele Kreative in diesem Bereich.

Zitat
Kennst Du Regelsysteme, die Schleichen oder Heimlichkeit als Fertigkeit haben? Kennst Du solche, die Nicht-Tödliche Angriffe kennen? Kennst Du Regelsysteme mit Regeln für Ringen, Bewußtlos Schlagen, Fesseln? Kennst Du Regelsysteme mit Regeln für Überraschungsangriffe
Klar kenne ich Systeme mit Stealth-Aspekten. Quasi alle haben sowas. Aber in welchem Regelsystem steht denn, wie man eine Stealth Szene aufbaut und welche Dinge daran Spannend sein können. Gute Spielleiter kriegen das natürlich mit jedem System hin, vorausgesetzt sie wollen Narrativ spielen. Bei schlechten Spielleitern artet eine schleich Szene jedoch in einer Probenorgie aus, die den Spielern nicht ansatzweise das gefühl geben kann gerade zu schleichen. Es geht halt nicht um die möglichkeit etwas so umsetzen zu können sondern um die Förderung von kreativem narrativem Spiel.

Zitat
Überraschungsangriffe, Austricksen, Ausmanövrieren, Entwaffnen, Ringen, Würgen, Fesseln, Zu Fall Bringen, Wegstoßen, Einschüchtern, Verspotten, Provozieren, Ablenken, In Die Zange Nehmen, Angesagte Ziele Angreifen, Rüstung Umgehen, Weglaufen, In die Flucht Schlagen, Den Kampfgeist Brechen, Sich Zusammenreißen und Weiterkämpfen, Deckung Nutzen, Mobiliar und sonstige Einrichtungsgegenstände Einsetzen, Den Gegner zu einer Leichtsinnsattacke Verleiten, Eine Schwäche im Kampfstil des Gegners Nutzen, Dem Gegner die Sicht Nehmen, Den Gegner mit einer bedrohten Geisel Erpressen seine Waffe fallen zu lassen, den Geiselnehmer mit einem gezielten, überraschenden Schuß töten ohne die Geisel zu verletzen, usw.
Sehr nette Liste, aber welches Rollenspiel fördert explizit solch kreative Handlungen ohne jede einzelne Aktion mit mehreren individuellen Werten zu versehen und somit Systemzentriert zu werden.

Zitat
Ist Dir nicht bewußt, daß Du damit ein geradezu "klassisches" Hitpoint-System beschreibst?
Nein, ich beschreibe kein klassisches Hitpoint System, denn ein Hitpoint System geht von einer Punktzahl aus, die der Spieler bei Treffern abgezogen bekommt und von einer direkten Rückkopplung auf die Leistungsfähigkeit des Charakters. Der Schutz-Wert von Mystix hat eben die Aufgabe den Kampfverlauf vor einem Treffer zu bemessen. Die Treffer selbst sind dann vergleichsweise Fatal. Die neuerung beim Schutz ist jedoch, dass er Situationsabhängig ist (in Kampfbereitschaft, Unterwegs, je nach angelegter Rüstung) und auch während eines Kampfes wiedergewonnen werden kann ohne Heilzauber zu verwenden (die Mystix nicht hat). Auf diese weise wird ein Kampf bedrohlicher, es gibt keine regelmäßigen Heilungsorgien und eine Verwundung wird auch als solche gehandhabt und verändert die Kampfsituation.

Zum Abschluss: Natürlich ist mein System nicht Perfekt und viele Ideen sind durchaus bekannt, aber es hat bei mir ein ganz neues Spielgefühl erzeugt und ich glaube mit ein wenig balancing und detailarbeit wird das mit sicherheit was, was auch andere interessieren könnte. 08/15 ist es jedenfalls nicht, auch wenn du das so hinstellst. Das ich noch nicht alles bespielt habe und auch noch nicht alles gelesen habe ist auch klar, aber ich finde auch nicht das das nötig ist, denn man kann sich auch so ganz gut missverstehen und Gamistische-Systeme wild mit Narrativen vergleichen.

@Big Map
Zitat
Mit der Möglichkeit Bedrohungssituationen aufzubauen, meinte ich Situationen, die ein Versprechen für die Zukunft beinhalten
Die Möglichkeit Bedrohungssituationen aufzubauen wie du es meinst ist definitiv Teil des Spiels. Das ergibt sich allein aus der Tatsache, dass mindestens 50% der Spielgruppe nur sehr geringe bis keine Kampffähigkeiten haben (nicht wie bei D&D, wo praktisch jeder kämpfen kann). Außerdem sind die Gegner in der Regel normale NPCs, die nicht explizit als Gegner präsentiert werden. So ist ein Wachmann ein Ganz normaler Mensch mit Familie der lieber verhandeln möchte als möglicherweise zu sterben. Außerdem sind die Gegner in aller Regel in der Übermacht und ein reiner Kampf-Weg wird in der Regel ausgeschlossen. Erst wenn alles schief geht und man entdeckt wurde oder einfach nur pech hatte gerät man in offene Kämpfe und selbst dann hat man hoffentlich ein paar Minen gelegt oder Stolperdrähte verteilt. Aber auch die möglichkeit des Verhandelns oder Austricksens ist natürlich gegeben und ist hin und wieder sogar einzige Lösung.

Was die Systemzentriertheit betrifft:
Mystix ist trotz der taktischen Möglichkeiten nicht Systemzentriert, da es sich nicht als abgespecktes D&D versteht sondern eher als Daidalos-mit-Werten. Statt die taktischen Möglichkeiten mit Werten und Mechanismen künstlich nachzubilden versucht Mystix die taktischen Inhalte im System zu erklären und so den Spieler in die Lage zu versetzen im Spiel die richtigen Ideen zu haben. Kreative Spieler werden dann sehr schnell all diese Informationen zu kombinieren wissen. Das einzige was dann noch gewürfelt werden muss ist, ob der Charakter die angegebene Aktion überhaupt durchführen kann.

Einfach nach dem Motto: Keine komplexen Regeln sondern komplexe Inhalte.
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