Autor Thema: Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?  (Gelesen 39996 mal)

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Ritterrüstungen - wie gut schützten sie eigentlich?
Selbst ansonsten sehr realsitische Systeme wie Harnmaster suggerieren, dass Plattenrüstungen kaum von Wuchtwaffen durchschlagen werden konnten -
Wisst ihr, wie es eigentlich war?
War ein normaler Schwertstreich überhaupt in der Lage, die Rüstung zu durchschlagen? Wie sieht es mit Stichen von Speer, wie mit Dolchstößen aus?

thx  ;D

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #1 am: 5.02.2003 | 13:05 »
Schon damals gab es gegen die massiven Harnsiche und Plattenpanzer "panzerbrechende" Waffen. Diese waren dann Pfeil- oder Speerspitzen, welche einen soliden Dolch statt einem Klingenblatt hatten. Normale Blattspitzen knickten ab und konnten die harte Platte nicht durchdringen.

Wuchtwaffen hingegen, etwa Äxte und Streitkolben verbeulten die Rüstung, drückten sie nach innen wodurch der Ritter an inneren Blutungen, Quetschungen und Brüchen zu Grunde ging.
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Offline Althalus

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #2 am: 5.02.2003 | 13:15 »
Grundsätzlich Zustimmung an TheWastedOne. Aber Ergänzung:
Panzerung wurde weniger durchschlagen, als daß man die Schwachstellen anvisierte. Gelenke waren kaum geschützt, da die Beweglichkeit ja irgendwie gegeben sein mußte.
Außerdem waren diese Rüstungen nur zu Pferd zu verwenden. Die Schweizer Söldnerheere klopften die Typen mit Zweihändern von den Pferden - und am Boden waren sie wie Schildkröten. Ein Dolch zwischen Helm und Halsberge war dann schon das Ende des stolzen Ritters.
Abgesehen davon, daß eine solche Rüstung nur in der offenen Feldschlacht angelegt wurde - und das möglichst kurz. Die Dinger sind heiß, kratzen, und sind sauschwer.
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Samael

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #3 am: 5.02.2003 | 14:05 »
@Althalus:

Das ist ein weitverbreiteter Irrglaube...
siehe mein Posting hier.
« Letzte Änderung: 5.02.2003 | 14:05 von Samael »

Gast

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #4 am: 5.02.2003 | 14:15 »
Europäische Rüstungen waren auschließlich Verteidigungsrüstungen für die Benutzung zu Pferde gedacht. Die Beweglichkeit am Boden war durch das Gewicht drastisch eingeschränkt, dafür konnten aber normale Waffen solche eine Rüstung nur schwer durchschlagen.
Die Japaner dagegen entwickelten schon frühzeitig echte Angriffsrüstungen, mit denen sich ein Samurai effektiv in die Schlacht stürzen konnte, auch wenn er sein Pferd verloren hatte. Diese Rüstungen aus Leder, Holz und Metallplatten waren flexibel und dennoch hart genug.

Samael

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #5 am: 5.02.2003 | 14:29 »
Diese Rüstungen aus Leder, Holz und Metallplatten waren flexibel und dennoch hart genug.

Weil sie keinen Schutz gegen Armbrustbolzen, Langbögen und Musketen bieten mussten....  

Offline Alrik

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #6 am: 5.02.2003 | 15:54 »
Also ich war mal bei einer Waffenvorstellung eines Ex-Militärs im William Wallace Monument in Stirling (n halbes Jahr ists her). Der war unter anderem Hobby forscher in Sachen mittelalterliche Waffen und Rüstungen. Der, ich schätze mal 60 jährige, Schotte erklärte dann auf sehr anschauliche Weise, welche Waffen man in der Schlacht einsetzte und wie man Rüstungen knackte.
Eine Variante waren die mit soliden Dolchen bespickten Pfeile, geschossen aus Schrittlangen Bögen.
zudem hatten sie noch eine Art Spitzhacken, mit denen sich die Schotten sich in die Rüstungen der Engländer eingebohrt hatten und sie wie Dosenkonserven auf gerissen hatten. mit der Stielseite des "Dosenöffners", an dem eine Spitze befestigt war, gab man dem Ritter dann den Rest...
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Offline Yerho

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #7 am: 5.02.2003 | 16:09 »
Rüstungen waren zur Abwehr geradlinig auftreffender Hieb- und Stichwaffen, sowie gegen Geschosse geeignet. Im Spätmittelalter waren die Rüstungen innen verstrebt und wattiert, um auch gegen stumpfe Hiebwaffen zu schützen.

Schwere Rüstungen waren überwiegend für den Reiterkampf vorgesehen, weshalb sie auch durch Langbögen - deren Wirksamkeit nur in großer Zahl und gegen stehende oder langsam bewegliche Ziele zur Geltung kam - kaum an Bedeutung verloren. Gleiches galt für die theoretische Bedrohung durch die Armbrust, die allerdings in der Praxis kaum zustande kam, da die Armbrust aufgrund ihrer mangelnden Reichweite in offenen Feldschlachten so gut wie nie eingesetzt wurde. Das endgültige Ende der schweren Rüstungen kam mit der Verbreitung von Hakenbüchsen und später Musketen.

Zu Pferd und im Ansturm war einer Ritter gegen Fußvolk sehr effizient, solange er nicht eingekeilt wurde: Es liegt in der Natur von Plattenrüstungen, daß sie große Lücken offenbaren, wenn Waffen eingesetzt werden, deren Wirkung nicht linear auftritt. Ein gut geführter Dolch hat schon machen Ritter die Nieren oder den Hals gekostet, wenn er sich einkesseln ließ.

Zu bedenken ist, daß der mittelalterliche Recke zwar gut durchtrainiert, im Schnitt aber nur 1,65 m groß war und nicht die Möglichkeit der heutigen Zeit hatte, durch eiweißreiche Nahrung Muskelaufbau in heutigen Kategorien durchzuführen. Wenn einzelne Ritter in schwerem Rüstzeug auch Beeindruckendes leisten konnten, war die Regel doch eher die, daß er bereits in den hochspezialisierten Heeren des späten Mittelalters keinen Platz mehr hatte. Er wurde durch Pikeniere und Lanzenträger aus dem Sattel gehoben und durch Schwertträger niedergemacht, und aufgrund dessen nach und nach durch leichte Reiterei abgelöst. Das schwer gerüstete Rittertum blieb auf den Turnierplätzen noch lange darüber hinaus erhalten.
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #8 am: 5.02.2003 | 16:59 »
Schaut Euch mal die nachgestellten Filmaufnahmen in der Royal Armoury an.
Ritter in Rüstung waren auch hochtrainierte Profis, die zwar nicht stundenlang in der Rüstung kämpfen konnten, aber für relativ kurze Zeit waren die sehr flott.
Das geht bis zur Rolle vorwärts. Andere Schilderung stammen von den Johanniter-Rittern auf Malta. Die trugen Vollrüstungen und haben trotzdem zu Fuß ganz vorne mitgekämpft ("In der Schlacht die ersten, beim Sterben die letzten").

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #9 am: 5.02.2003 | 17:06 »
Ich denke schon das eine Ritterrüstung einen ausgezeichneten Schutz bot, sonst wären sie ja auch kaum eine 'Schlachtenentscheidende'-Waffe gewesen.
Sie wurden halt irgendwann von der Offensiventwicklung abgelöst, aber Fakt ist, das der Ritter zu Pferde lange Zeit als nahezu unbesiegbar galt.
Meines Wissens nach galt die Entwicklung des englischen Langbogens als 'Ende'-dieser Unbesiegbarkeit.
 

 
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Offline Althalus

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #10 am: 5.02.2003 | 19:36 »
Zitat
Zitat von: Samael
Weil sie keinen Schutz gegen Armbrustbolzen, Langbögen und Musketen bieten mussten....  

Falsch. Die Chinesen hatten die Armbrust bereits lange vor den Europäern im Gebrauch, und ihre Rüstungen waren ebenso leicht wie die japanischen.
Musketen führten die Portugiesen nach Japan ein, und sie entschieden die Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600.
Der Yumi, der Langbogen hat eine ähnliche Zugkraft wie der europäische Langbogen, da meist aus zwei Holzarten gefertigt, und ein Reflexbogen.

Die Schweizer haben die Ritter von den Pferden geklopft, die Sarazenen sie mit ihren damaszierten Schwerter aufgeschlitzt, und mit Armbrüsten abgeschossen. Der Ritter ist eine Dose - man braucht nur den Dosenöffner.
Europäische Waffen waren stumpf, ihre Wirkung beruhte auf der Wucht - die fängt die Rüstung doch ab, zuätzlich mit der Polsterung darunter.
Gegen wirklich scharfe Waffen, die sich schnell führen lassen, oder sehr schwere ist sie jedoch ein Hindernis.

Und mir komme jetzt bitte keiner mit irgendwelchen Schaukämpfern. Stunts sind für den Film, der Kampf für das Schlachtfeld.
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #11 am: 5.02.2003 | 20:09 »
Meines Wissens nach galt die Entwicklung des englischen Langbogens als 'Ende'-dieser Unbesiegbarkeit.

Mit einem Langbogen jemandem gezielt vom Pferd zu holen, ist nahezu unmöglich. Man braucht zu lange zum Spannen und kann den Zug nicht lange halten (wenn man vorhat, mehr als einmal zu schießen). Man konnte damit eine Rüstung durchschlagen, aber dafür mußte man erst einmal treffen. Gegen bewegliche Reiterei ist der Bogen zu behäbig.

Eigentlich wurde er konzipiert, um den Schildwall des aufmarschierten Feindes zu knacken, und seine Truppen zu demoralisieren/dezimieren, bevor es zur eigentlichen Schlacht kam. Im Festungskampf wurden damit von Seiten der Angreifer die Zinnen unter Beschuß genommen, oder von den Zinnen die anrückenden Angreifer.

Wie gesagt, das Ende der Ritter wurde durch die "Arbeitsteilung" auf dem Schlachtfeld eingeleitet; für Heroen war kein Platz mehr. Feuerwaffen, die jede Rüstung knacken konnten, besiegelten diese Entwicklung.
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #12 am: 5.02.2003 | 20:54 »
@Althalus: Ich glaube die irrst dich, was die Schärfe der Waffen angeht. Scharfe Waffen werden nämlich auch sehr schnell stumpf. Das heißt, wenn jemand mit einem Säbel auf eine Rüstung draufkloppt, dann ist der Säbel sehr schnell stumpf oder noch schlimmer kaputt.. Schwerter können gegen Rüstungen praktisch nichts ausrichten(außer jemanden vom Pferde holen), deswegen trug man sie so gerne. Wuchtwaffen wie Pickel, Axt und Morgenstern sind dafür viel besser geeignet.
Die Rüstungen der Samurais sind gegen Katanas entwickelt worden. Diese haben kaum Wucht, sondern vor allem Schnittwirkung, deswegen konnten sie durchaus was leichter sein.
Willst du mit den Sarazenen die Geschehnisse bei den Kreuzzügen? Da sind imho Vollrüstungen eher die Ausnahme gewesen. Ich gehe eher von Kettenhemd und Gambeson bzw. nur Gambeson aus(Kettenhemden und Rüstungen sind verdammt teuer, auch für einen Ritter). Jetzt überlege man sich mal einen Ritter der in brüllender Hitze ein Kettenhemd oder sonstige Rüstung mit einem gefütterten Gambeson trägt. Der hält nicht lange durch im Kampf. Ganz im Gegensatz zu den wohl leichter gerüsteten Sarazenen.
Ambrüste galten übrigens eine ganze Zeit lang als geächtet.

kleiner Zusatz und ein wenig OT:
Wer gerne mal sehen möchte, wie das so aussieht, wenn jemand das Bogenschießen vom Pferd aus beherrscht:  
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Da merkt man, warum man sich in Europa vor Hunnen und Mongolen fürchten musste.
« Letzte Änderung: 5.02.2003 | 20:56 von Tarel »

Offline Althalus

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #13 am: 5.02.2003 | 22:47 »
Das mit dem stumpfwerden stimmt - für den minderwertigen Stahl der Europäer. Damaszenerklingen schneiden durch ein Kettenhemd wie Butter, und haben nicht mal ne Scharte.
Allerdings haut auch kein vernünftiger Mensche auf eine Rüstung. Vielmehr zielt man auf die Stellen, an denen die Platten zusammenstoßen, und es Öffnungen gibt.

Eine japanische Rüstung nützt gegen ein Katana genausowenig wie eine Plattenrüstung - wozu sich also belasten, wenn ausweichen sinnvoller ist?
Es werden heute noch Schnittests an Stahlhelmen aus dem 2. Weltkrieg durchgeführt. So ein Katana schneidet da durch.  ;D

Armbrüste galten als geächtet - von den Rittern, die damit unliebsame Bekanntschaft machten, und zwar in Jerusalem, wo man von den Mauern auf sie schoß.

Ritter kommt von Reiter - und da waren sie auch recht nützlich. Eine Einheit schwerer Kavallerie hatte nur ein echtes Problem - Pikeniere. ;)
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #14 am: 5.02.2003 | 23:16 »
Wo hast du denn das mit dem durch Kettenhemden -wie-Butter-Schneiden her? Bin da irgendwie der Meinung, dass das recht schwierig werden könnte, da die Kettenhemden noch eine "mollig-warme" Polsterung drunter haben.


Zitat
Eine japanische Rüstung nützt gegen ein Katana genausowenig wie eine Plattenrüstung - wozu sich also belasten, wenn ausweichen sinnvoller ist?
Ausweichen kostet mehr Zeit. aber da in aller Regel gleichzeitig ein Gegenschlag geführt wird, ist das eigentlich eh egal. §Entweder er oder ich-Mentalität"

Zitat
Es werden heute noch Schnittests an Stahlhelmen aus dem 2. Weltkrieg durchgeführt. So ein Katana schneidet da durch
Ja solche Schnittteste sind was feines. Nur ist halt die Frage wie das Schwert nach einem Schnitttest und nach einer Parade aussieht. Es dürfte dann nicht mehr gebrauchsfähig sein, da die Dinger im Gegensatz zu europäischen Schwertern nicht auf Elastizität geschmiedet werden.

Offline Althalus

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #15 am: 6.02.2003 | 00:11 »
Zitat
Ja solche Schnittteste sind was feines. Nur ist halt die Frage wie das Schwert nach einem Schnitttest und nach einer Parade aussieht. Es dürfte dann nicht mehr gebrauchsfähig sein, da die Dinger im Gegensatz zu europäischen Schwertern nicht auf Elastizität geschmiedet werden.

Bitte wie? Ich hab mich wohl verlesen!
Ein Katana könnte man (die nötige Kraft vorausgesetzt) biegen, und es würde zurückspringen.
Dazu gibts nämlich den weicheren Kernstahl, und den harten Oberflächenstahl. Außerdem die Härtung, bei der die Schneide höher erhitzt wird, als der Rücken. Die Schneide hält die Schärfe, während der Rücken elastisch bleibt.
Eine Parade wird übrigens mit der flachen Seite oder dem Rücken geführt, nie mit der Schneide. Scharten entstehen nur durch eine Kante.
Nach diesen Tests sind die Schwerter einwandfrei - außer der Hieb war schlecht durchgeführt.

Ich hab mal ne Abhandlung für die Uni über japanische Schwertschmiedekunst geschrieben - also erzähl mir nicht sowas, bitte.  :'(
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #16 am: 6.02.2003 | 00:19 »
Die unzerstörbaren Damaszenerklingen sind ebenso ein Mythos wie die unkaputtbaren japanischen Katana oder die unbrechbaren Degen aus Toledo. Sicher macht Qualität (nicht nur des Materials, sondern auch der Verarbeitung und des Designs der Waffe) etwas aus, aber jede Klinge wird durch intensiven Gebrauch schartig. Jede Klinge fänkt an zu korrodieren, wenn man sie nicht sorgfältig pflegt. Die Gebrauchsklingen der Samurai reichten bis zur Thsuba, die Klinge selbst wurde gelegentlich gewechselt.

Das Durchschlagen eines Stahlhelms ist ein optisch ansehnlicher Effekt, aber im Grunde eher ein Taschenspielertrick: Man kann sogar ein ganz gewöhnliches Messer durch die nur etwas über 1 mm Stahlblech stoßen, ohne dabei allzu kräftig sein zu müssen. Meine Großtante hat nach dem Krieg mit einem Eispickel einen Wehrmachtshelm zum Sieb umfunktioniert ...

Das Problem bei einer Katana wäre, daß es eine ziemlich leichte und keine regelrechte Stichwaffe ist. Eine normale Ritterrüstung konnte man ebenfalls mit einem Schwert europäischer Bauart durchstoßen; das Problem war dabei nur, daß sich der Träger normalerweise in auf einem Pferd und in Bewegung befand, wenn er auf den Gegner traf.

Rüstungen waren nicht so stabil, wie man meinen möchte; in der Regel mußten sie nach jedem Kampf ausgebeult und in anderer Weise ausgebessert werden. Zwischen den glänzenden Prunkrüstungen und den (oftmals mehrfach sichtbar geflickten) Gebrauchsrüstungen bestehen ebenfalls erhebliche Unterschiede. Unsere Altvorderen wußten schon, daß es keinen absoluten Schutz, sondern nur Optima für bestimmte Anwendungen gibt.
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Samael

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #17 am: 6.02.2003 | 00:33 »
Falsch. Die Chinesen hatten die Armbrust bereits lange vor den Europäern im Gebrauch,

Das hab ich noch nie gehört. Wie wäre es mit einer Quellenangabe? Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das stimmt.
Die Chinesen hatten fast alles als erste...

Zitat
Musketen führten die Portugiesen nach Japan ein, und sie entschieden die Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600.

Ja, ....und?

Zitat
Der Yumi, der Langbogen hat eine ähnliche Zugkraft wie der europäische Langbogen, da meist aus zwei Holzarten gefertigt, und ein Reflexbogen.

Halte ich für ein Gerücht.
Traditionelle japanische Bögen sind aus Bambus, und es würde mich sehr wundern, wenn sie auch nur annähernd die Durchschlagskraft eines der aus Wales stammenden spätmittelalterlichen Langbögen erreichen würden.

Zitat
Die Schweizer haben die Ritter von den Pferden geklopft, die Sarazenen sie mit ihren damaszierten Schwerter aufgeschlitzt, und mit Armbrüsten abgeschossen. Der Ritter ist eine Dose - man braucht nur den Dosenöffner.
Europäische Waffen waren stumpf, ihre Wirkung beruhte auf der Wucht - die fängt die Rüstung doch ab, zuätzlich mit der Polsterung darunter.
Gegen wirklich scharfe Waffen, die sich schnell führen lassen, oder sehr schwere ist sie jedoch ein Hindernis.

Die Saraszenen haben wohl kaum gegen Ritter in Vollplatte gekämpft. Zur Zeit der Kreuzzüge gab es so etwas noch gar nicht. Plattenrüstungen kamen erst im Spätmittelalter auf.
Und das ein Saraszenerschwert oder ein Katana durch eine solche vollplatte (Unterkleidung + Kette + Platte) schneiden würde ist Quatsch.

Man ist als typischer Westler etwas zusehr von den ganzen Martial Ars Filmen beeinflusst; ein Katana mag ein gutes Schwert gewesen sein, aber es ist ganz bestmmt nicht die Wunderwaffe als die es oft dargestellt wird.

mask

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #18 am: 6.02.2003 | 01:17 »
ähm... wer bei seinem Schwert mit der Klinge pariert ist wirklich selber Schuld...

@Yerho: Ja, sicher wird jede Klinge bei intensivem Gebrauch schartig... auch ein Katana. Allerdings brauchts länger. Hast du schon mal ein Katana in der Hand gehalten? Und gewichtsmäßig mal mit einem europäischen Schwert verglichen? Ziemlich leicht würd ich da nicht zu behaupten wagen. Außerdem kann man es sehr gut zum Stechen einsetzen, wenn man weiß wie. Wie schön, daß das alles rein hypothetisch ist...

mask

Offline Teethquest

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #19 am: 6.02.2003 | 01:39 »
Man muss das ganze mal im Zusammenhang betrachten:
Die besten Schwerter wurden im Mittelalter tatsächlich aus Damaszener-Stahl gefertigt. Mehrfach gefaltet und aufwendig bearbeitet ist die Waffe hart, flexibel und leicht. Allerdings war die Herstellung solchen Stahls schon in der Antike bekannt, sowohl in Europa, als auch in Asien. Der wirklich grosse Nachteil ist natürlich der grosse Aufwand der Herstellung. Eine solche Waffe war schon immer so gut wie unbezahlbar! Ausserdem verändert sich der Stahl mit der Zeit (physikalische Prozesse). Mit der Zeit trennen sich die zusammengeschmiedeten harten und weichen Bestandteile, so dass die Waffe spröde und weich, also unbrauchbar wird.

Von der Antike bis zum Mittelalter hat sich allerdings vieles weiter entwickelt. Unter anderem hat man in Europa eine Methode entwickelt relativ billigen Stahl herzustellen, der zugleich lange hält und gut als Waffe zu gebrauchen ist: der sogenannte Federstahl. Die Klinge ist weicher als Damastzener-Stahl und würde normalerweise schnell Macken bekommen. Jetzt aber der Trick: sobald das Schwert auf eine Rüstung trifft fängt es an zu wibrieren. Wenn es richtig schwingt prügelt es sich quasi durch die Rüstung. Sozagen viele kleine Hackschwingungen. Genauso ergeht es den Knochen eines Menschen. Die Waffen waren tatsächlich nicht besonders scharf, also keine Schneid- sondern Hiebwaffen- es wurde auf Kraft gesetzt.
Ein Vergleich von japanischen (damastzender Klingen) und den Federstahlklingen ist eindeutig: der Federstahl ist unterlegen (zu schwer, zu weich, zu stumpf). Deshalb ist der Stahl aber nicht minderwertig. Ganz im Gegenteil, er ist im Preis-Leistungsverhältinis sehr gut!

Dass man in Japan keine schweren Rüstungen trug, liegt vor allem daran, dass es auf der Insel kaum Eisen gibt. Eben aus solchen Gründen wurden Krieger selten mit Rüstungen ausgestattet. Auf diese Weise entstand auch das Samurai-Schwert. Warum sollte man teuren Stahl nicht auch aufwendig bearbeiten? Und, das sollte auch noch gesagt werden, nur sehr, sehr reiche Menschen hatten in Japan Metallwaffen!
In China gibt es zwar Eisen, nur war im Mittelalter erstens die Erzgewinnung nicht sehr weit entwickelt und die chinesischen Armeen waren sehr gross. Alle mit Metallwaffen und Rüsungen auszustatten war ganz einfach viel zu teuer. In Europa dagegen war ein Krieger sehr viel "mehr wert" und wurde deshalb entsprechend gut ausgestattet!

Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass erst die Kombination aller Möglichkeiten ein Heer erfolgreich macht. Der Vater von Karl dem Grossen hat mit schwerer Reiterei die bis dahin unbesiegbaren Sarazenheere im heutigen Frankreich geschlagen. Er hat nämlich schwer gepanzerte Reiterei eingesetzt: Das hat man sich in etwa so vorzustellen: Eine Reihe von schwer gepanzerten Streitrössern (hochgezüchtete Kaltblüter, wie es sie heute nicht mehr gibt). Darauf sitzt ein ebenso schwer gepanzerter Ritter mit einer Lanze. Wenn diese Front einmal in Bewegung war, konnte sie nichts mehr aufhalten. Allein durch die Grosse Masse waren Pferd und Reiter nicht zu stoppen. Es waren echte Panzer, die feindliche Reihen einfach niederritten. Tatsächlich gab es nur zwei Möglichkeiten die schwere Kavallerie aufzuahlten. Eine Möglichkeit war das Umgehen der Reihen und der Angriff von Hinten oder an den Flanken. Allerdings ritt man niemals nur mit schwerer Reiterei in den Kampf, sondern wusste seine Geheimwaffe zu schützen. Die zweite Möglichkeit ist ein Pfeilhagel. Die Pfeile müssen tatsächlich von oben kommen, sonst gleiten sie an der Rüstung ab. Die Musketen beendeten dann schliesslich die Ritterheere... aus bekannten Gründen.
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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #20 am: 6.02.2003 | 09:20 »
@mask:

Ein Katana wird sehr, sehr schnell unscharf und damit unbrauchbar. Es wird daher besonders gepflegt. So wird das Schwert z.B. in der Scheide immer mit der Klinge nach OBEN getragen und abgestellt, damit die empfindliche Schneide nicht am Innenrand der Schneide reibt. Pariert wird mit dem Rücken.

Ansonsten kann ich Teethquest nur Recht geben. Ergänzend möchte ich anmerken, dass selbst Damaszt-Stahl nicht scharf geschliffen wurde. Das wäre an den Rüstungen verschwendet gewesen. Ausserdem gefährdeten umherfliegende Splitter auch den Kämpfer. Europäische Waffen waren ziemlich stumpf.

Weit populärer übrigens als die Ritter-Rüstungen (die übrigens für den Kampf zu Pferd, nicht zu Fuß gedacht waren), waren die doppelten Lagen Kettenrüstung mit darunter liegendem Wams. Die Nachteile all dieser schweren Rüstungen wurden den Kreuzfahrern schnell bewusst: man ist nicht mobil und weite Reisen strengen an. Viele verkauften ihre Rüstung zu einem Spottpreis bevor sie in der Schlacht ankamen und sie wirklich hätten brauchen können.

Samael

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #21 am: 6.02.2003 | 10:48 »
Der Vater von Karl dem Grossen hat mit schwerer Reiterei die bis dahin unbesiegbaren Sarazenheere im heutigen Frankreich geschlagen. Er hat nämlich schwer gepanzerte Reiterei eingesetzt: Das hat man sich in etwa so vorzustellen: Eine Reihe von schwer gepanzerten Streitrössern (hochgezüchtete Kaltblüter, wie es sie heute nicht mehr gibt). Darauf sitzt ein ebenso schwer gepanzerter Ritter mit einer Lanze.

Nun, die "Ritter" in Zeiten des frühen Mittelalters hatten allenfalls Ringpanzer als Rüstung. Keine Kettenhemden, keine Plattenpanzer. Die Pferde waren zu dem Zeitpunkt sicher noch nicht zu diesem Zweck "hochgezüchtet", da diese Art der Streitkräfte gerade erst entstand. Und dass die Pferde gepanzert warenbei diesen frühen Lanzenreitern, as höre ich auch das erste mal...  

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #22 am: 6.02.2003 | 14:32 »
Hast du schon mal ein Katana in der Hand gehalten? Und gewichtsmäßig mal mit einem europäischen Schwert verglichen? Ziemlich leicht würd ich da nicht zu behaupten wagen. Außerdem kann man es sehr gut zum Stechen einsetzen, wenn man weiß wie.

Ich habe schon originale Daisho in der Hand gehalten und Gelegenheit, sie mit europäischen Schwertern gleicher Klingenlänge zu vergleichen. Schon die Gewichtsverteilung von Klinge und Griffstück ist eine ganz andere und wirkt sich aus.

Ansonsten durfte eine Katana maximal 1280 g wiegen, während bei europäischen Schwertern ein Gewicht von über 2500 g die Regel war.

"Wenn man weiß wie" ist übrigens aus meiner Sicht einer der unsinnigsten Floskeln in einer sachlichen Diskussion. Wenn man weiß wie, kann man sich auch den eigenen Ellbogen in den Hintern schieben. ;)

Als einschneidiges Schwert war die Katana zwar durchaus als Stichwaffe gegen weiche Ziele geeignet, aber man konnte damit nichts Festes durchstoßen. Der Eintrittsschliff des Katana ist nicht gleichmäßig und gleitet ab, wenn man versuchen würde, damit den Starrpanzer einer europäischen Rüstung zu durchstoßen.

@ Samael
Teethquests Ausführungen zu Pipin dem Jüngeren kann ich aus meinem Wissen heraus bestätigen. Später unter seinem Sohn Karl dem Großen begann das Zeitalter des "Ritters", wie er landläufig bekannt ist.

Den Ringpanzer (oder besser Lamellenpanzer) des frühen Mittelalters, der noch auf die Legionen der Römischen Kaiserzeit zurückgeht, war ein Kompromiß aus Festigkeit, Flexibilität und kostengünstiger Herstellbarkeit für gewaltige Legionen, die zu diesem Zeitpunkt bereits zentral ausgerüstet wurden, und nicht ihre eigenes Equipment in die Schlacht einbringen mußten. Römische Reiterei war übrigens - wenn überhaupt - nur mit Leder gepanzert. Im frühen Mittelalter wurde diese Form traditionell weiter verwendet und nur wenig verändert, bis schließlich (spätes 11. Jahrhundert) eine allgemeine Spezialisierung in der Rüstung einsetzte.
I never wanted to know / Never wanted to see
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Offline Minne

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #23 am: 6.02.2003 | 15:19 »
Zitat
Armbrüste galten als geächtet - von den Rittern, die damit unliebsame Bekanntschaft machten, und zwar in Jerusalem, wo man von den Mauern auf sie schoß.

Das ist bedauerlichweweise falsch ;)

Die Arbrust wurde meines wissens nach von der Kirche verdammt - soweit sich weiss - weil sie eine unmenschliche Waffe sei.
(gibt es eigentlich menschliche Waffen?  ;D)

Allerdings konnte dies wohl die Entwicklung nur verlangsamen, nicht aufhalten.

Offline Althalus

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Re:Ritterrüstungen - wie gut schützten sie wirklich?
« Antwort #24 am: 6.02.2003 | 15:48 »
@Samael: Die Quelle müßt ich nachsehen - allerdings werden Armbrüste bereits bei Sun Tzu erwähnt (den Schriftzeichen nach), und der datiert irgendwo vor Christus.

@Minneyar: Und auf welchen Druck hin hat die Kirche das wohl getan? Immerhin starben dort CHRISTEN. Gegen die Heiden wär´s ihnen wohl nicht unmenschlich vorgekommen.

@dailor: Das OBEN der Schneide hat prinzipiell nix mit einem Schutz zu tun - vielmehr soll das Öl, mit dem die Klinge eingelassen ist, nicht von Holzstaub verunreinigt werden. Das könnte Rost verursachen. Eine Klinge "schwebt" durch das Habaki fast in der Saya.
Schneide nach oben werden Katana getragen, Schneide nach unten Tachi. Letztere sind Reitersäbel, die vor dem Katana im Gebrauch waren. Vom Pferd aus zieht es sich Erde-Himmel mäßig einfacher.

@Yerho: Es gibt drei wesentliche Spitzenformen des japanischen Schwertes. Da wäre die abgerundete, die du beschreibst, die abfallende und die Meißelspitze. Letztere wurde z.B. von der US-Firma "Cold Steel" "wiederentdeckt", da man damit ohne Probleme durch eine Autotür stechen kann. So eine Spitze treibt man auch durch einen Brustpanzer.
Das "wenn man weiß wie" darf ich hier zurückgeben - denn auch ein europäisches Schwert bedarf eines geübten Kämpfers, ansonsten ist es ebenso nutzlos wie ein Löffel.

Übrigens nur mal ein Hinweis: Was man heute beim Kendô sieht, hat nichts mit der Führung des Schwertes zu tun, außer den Hieben. Ein Shinai ist nun mal kein Katana. Für Interessierte empfehle ich http://www.shinkendo.com/
Rocking the Rolls

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