Meine Herren, was werden hier Märchen erzählt!
Darf ich mir einige Richtigstellungen erlauben?
Die Römer verwandten nie Lederpanzer, sondern von Anfang an Bronzekürasse und später die von den Kelten übernommenen Kettenhemden - letztere hielten sich bei der Reiterei besonders lang.
Die Reiter Karl Martells trugen allenfalls kurzärmelige Ketten- oder Schuppenbrünnen, ihre Pferde waren ungepanzert, obgleich es in Byzanz und im Sassanidenreich längst vollständig gepanzerte Reiter und Roßpanzer gab.
Ein mittelalterliches Einhandschwert wog nicht um die 2500, sondern durchschnittlich 1200 Gramm.
Die Armbrust wurde im 11. oder 12. Jahrhundert geächtet, die Schweizergarde erst im 16. angeworben, da besteht keine Beziehung.
Saladins Sarazenen trugen zum Teil ebenso schwere Panzer wie die Kreuzritter. Letztere scheiterten nicht an ihrer unangepaßten Ausrüstung, vielmehr wurden sie für ihre schwere Bewaffnung gefürchtet und respektiert. Der Verlust Outremers ist dem inneren Zwist und der mangelnden Unterstützung aus der Heimat zuzuschreiben: Das bißchen Palästina bot einfach keine ökonomische Grundlage, um gegen Ägypten, Arabien und die Türkei auszuhalten.
Die Ritterrüstung entwickelte sich in mehreren Stadien:
Bis Mitte des 13. Jahrhunderts trug man den vollständigen Kettenpanzer mit Topfhelm. Diese Rüstung bot ausreichenden Schutz gegen Schwerthiebe (weshalb langsam Äxte und Streitkolben in Gebrauch kamen) und die Pfeile des gewöhnlichen und des orientalischen Reiterbogens. Die Kreuzritter waren oft dicht bedeckt von qälenden, aber ungefährlichen, kleinen, punktförmigen Wunden, weil die schmalen Pfeilspitzen wenige Millimeter durch die Ringe drangen, sie aber nicht zerbrechen konnten.
Ab etwa 1260 kamen dann die ersten Körperpanzer nach Art der römischen lorica segmentata und die Kniebuckel auf. Das war eine Reaktion auf den walisischen Langbogen, die Lanze und die Armbrust, die die italienischen Bürgerwehren erfolgreich in der offenen Feldschlacht gebrauchten.
Im folgenden Jahrhundert wurde die Rüstung um immer mehr und immer besser an den Körper angepaßte Platten ergänzt, bis man Ende des 14. Jahrhundert Gambeson, Kettenhemd und fast ganz geschlossenen Plattenpanzer übereinander trug. Allerdings verzichtete man damals schon unter Diechlingen (Oberschekelschutz) und Beinröhren auf Stepp- und Kettenpanzer. Es war dies die schwerste Rüstungskombination, die je getragen wurde. Sie schützte zuverlässsig gegen Langbogenpfeile und Schwerthiebe. Zu Fuß trug der Ritter eine schwere Axt oder ein anderthalbhändiges Schwert, mit dem er meist, eine Hand am Griff, die andere zum besseren Zielen an der Klinge, wuchtige Stiche ausführte.
Pfeile waren gegen dies Panzer wirkungslos. Die englischen Langbogenschützen vermochten nicht mehr, als die typischen, undisziplinierten Frontalangriffe der Franzosen durcheinanderzubringen, das Gros der Franzosen fiel bei Poitiers und Crecy von den Händen der englischen Ritter oder der schweren Fußsoldaten. Bei Azincourt sind sogar die meisten französischen Opfer erst nach ihrer Gefangennahme ermordet worden. Nicht selten mußten die Bogenschützen steil in die Luft schießen, damit die Pfeile senkrecht auf die ungepanzerten Hinterteile der Pferde hinabfallen konnten, die einzigen verwundbaren Ziele.
Die berühmten gotischen Harnische des mittleren und späten 15. Jahrhunderts sind es wohl, an die die meisten bei dem Wort Ritterrüstung denken. Sie waren so dicht geschlossen und verteilten die Wucht eines Treffers so gut, daß man auf Gambeson und Kettenhemd verzichten konnte. Man trug nur noch ein leichtgepolstertes Unterwams gegen das Scheuern der Rüstung, das unter den Achseln und in den Ellbogenbeugen, wo der Harnisch noch Lücken aufwies, mit Kettengeflecht besetzt war. Es gab auch Kettenshorts.
Gegen diese Rüstungen halfen Musketenkugeln, Bolzen nur auf kurze Entfernung, schwere Äxte und Hellebarden, zweihändige Stiche in die Panzerlücken, wo nur Kettengeflecht zu überwinden war und Dolchstiche durch das Visier. Die Harnische wogen etwa 20 Kilogramm, so viel wie ein Bundeswehrrucksack. Man konnte darin ein Rad schlagen oder einen Handstand machen. Die englischen Rosenkriege wurde fast ausschließlich von vollgepanzerten, abgesessenen Rittern ausgefochten, denen die großen Kontingente von Langbogenschützen nichts anhaben konnten.
Noch im Dreißigjähigen Krieg gab es von Kopf bis Knie gepanzerte Reiter, deren Hauptwaffe allerdings die Pistole war - es gab nach den endlosen Kriegen nicht mehr genug starke, schnelle Pferde für den Angriff mit der Lanze. In Polen kannte man diesen Mangel nicht und behielt auch die Lanze bei. Zu dieser Zeit waren die Panzer soweit entwickelt, daß man sie auch ohne Unterwams tragen konnte, die besseren wiesen durch Dellen von Probeschüssen ihre Kugelfestigkeit nach.
Es erwies sich aber als wesentlich effizienter, für das gleiche Geld ein schlechter gepanzertes, dafür größeres Heer aufzustellen - ökonomische Gründe, die schon zum Niedergang des Rittertums geführt hatten, ließen jetzt auch die Rüstung außer Gebrauch geraten.