Hallo! Danke für die bisherigen Antworten.
Ich fühle mich schon wesentlich weiser und informierter, ... ehrlich.
Zunächst einmal eine klare Antwort von mir: ich weiß es nicht.
Aber ich habe Vermutungen, woran es liegen könnte:
- Pen-and-Paper-Rollenspiele sind in Japan kein Renner. Es gibt sie, aber sie sind wohl nicht so erfolgreich, dass die japanophilen X-chans das nachmachen müssten
Das habe ich auch schon mal gehört.
Es ist wahrscheinlicher, dass sie Modepüppchen Kleider schneidern oder mit Hello-Kitty-Täschchen herumlaufen oder J-Pop-Gruppen gut finden ...
Ja, ja, ich weiß schon, Klischee auf Klischee, aber irgendwo muss es ja herkommen.
- Kaum zu glauben, aber kommerzielle Manga-Rollenspiele gibt es kaum. Und mir fällt kein einziges deutschsprachiges ein. Das sind schlechte Voraussetzungen für eine Vermarktung.
Sailor Moon gab es mal kurzfristig auf Deutsch, aber unter der irreführenden Betitelung,
"Das Sailor Moon Kompendium", da es an eine Klientel gerichtet war, die das Wort "Rollenspiel" mit großer Wahrscheinlichkeit noch gar nicht kannte. Dieses Buch verstaubte in den Comicläden, soweit ich weiß.
Die meisten anderen Spiele, die ich oben aufgezählt habe, sind ja auch "olle Kamelle" und werden nicht mehr nachgedruckt, siehe alle die R. Talsorian- und GoO-Bücher.
Die serienspezifischen Bücher wie El-Hazard, Tenchi Muyo und Project A-Ko habe ich auch im Prinzip für Verirrungen der Verlage gehalten, da sie von vornherein schon mal nicht zum Publizieren von Abenteuern und Kampagnenbänden geeignet waren (im Vergleich mit den ganzen DSA-Produkten), sondern im Prinzip Merchandising-Produkte speziell für die Fans der einen bestimmten Serie.
Ich habe mehrere dieser Bücher, mehr oder weniger als Liebhaberprodukte gekauft damals, aber ich habe nie ein Abenteuer damit gespielt. Ich schätze sie eher als eine Form von "Artbooks".
El Hazard war mein erstes RPG-Buch, das komplett in Farbe erschien.
- Tatsächlich ist Manga kein rollenspielgeeignetes Genre. Es ist überhaupt kein Genre. Manga ist ein Sammelbegriff für eine Pop-Kultur, die so breit gefächert ist, dass man darunter alles und nichts verstehen kann. De facto könnten Warhammer, D&D, etc. auch als Manga-Rollenspiele gelten
Hmm, ja, irgendwie schon.
Ich hatte auch nicht gesagt, dass ich Manga als Genre sehe. Interessanterweise sagen die oben genannten RPGs immer über sich selbst, sie seien Rollenspiele zum
Anime, also zum Zeichentrickfilm, behaupten also, ihre Regeln seien auf die Action, die Klischees u.a. aus Zeichentrickserien zugeschnitten. Das stimmt in manchen Fällen, in anderen auch wieder nicht.
Armored Trooper Votoms und Bubblegum Crisis verwendeten die ganz normalen damiligen Fuzion-Regeln (eher ein Universal-Regelwerk wie GURPS).
Bei einer Con im letzten September, bei der auch sehr viele Anime-Kiddies anwesend waren, fragte mich ein erwachsener Rollenspieler, warum ich ein Anime RPG anbieten wolle. Was sei denn der Grund, ein Anime RPG spielen zu wollen?
Wenn man z.B. einen Cyberpunk-Anime mag und als Kampagneninspiration nehmen möchte, reichte denn dafür nicht ein bereits existierendes Cyberpunk-Rollenspiel?
Wenn man einen Science-Fiction-Anime mag, gibt es doch schließlich auch schon SciFi-Rollenspiele, für Fantasy-Anime gibt es Fantasy-Rollenspiele, usw.
Konkret war seine Frage, soweit ich mich erinnern kann, was praktisch das Besondere an einem Anime RPG sei.
In diesem Fall konnte ich noch recht gut darauf antworten, denn das Spiel, das ich dabei hatte, enthält eben Regeln, die auf den Humor, die Rollenklischees und die typischen Fähigkeiten von Anime-Charakteren eingehen. Auch bevorzuge ich ja sowieso "cinematic" Regeln ... jemand kann von einem Hochhausdach auf einen fahrenden LKW springen oder allein gegen zwanzig bewaffnete Gangster kämpfen und überlebt das in der Regel auch. Aber ich gestehe jederzeit ein, dass auch das keine Sache ist, die Anime RPGs allein für sich gepachtet haben.
- Mangas sind eine Pop-Kultur, in der die Fans 99 Prozent ihrer Zeit damit aufwenden, Bilder zu zeichnen, pseudojapanisch zu lernen und sich Kostüme zu nähen. Da bleibt keine Zeit mehr für ein weiteres Hobby.
Sehr gut beobachtet. Das mag stimmen.
- Rollenspieler wollen neben den Goths (Wod), den LARPern usw. keine weitere freakige Nerd-Randgruppe haben , mit denen sie in einen Topf geworfen werden und wehren sich nach Kräften, um anschließend heimlich auf der Toilette versaute Manga-Comics zu lesen.
Das habe ich konkret in dieser Form noch gar nicht so wahrgenommen.
In meiner jetzigen 5-köpfigen Spielgruppe gibt es zwei Mädels, die zumindest Gothic-mäßig angehaucht sind, einen intellektuellen Fantasy-Leser, der aber lange Romanzyklen hasst und mit Manga gar nichts zu tun hat, dafür "Lanfeust von Troy" super findet; dann gibt es da noch eine Doktorandin in Nordistik, die auch nicht gerade in die Comic-Nerd-Ecke passt und sich viel mehr für Skandinavien interessiert als für Japan, und einen weiteren Spieler, den ich überhaupt nicht subkulturmäßig einordnen kann. Ich bin der einzige Comic-Nerd in meiner Gruppe, dazu bin ich aber außerdem noch der Spielleiter.
Auf der Toilette lese ich übrigens sowieso nix... Aber es mag solche Fälle geben.
- Manga ist vielleicht gar nicht so der große Bringer sondern nach wie vor ein Nischenprodukt. Der Hype könnte ein künstlicher sein, der den Verkauf ankurbeln soll. Zwar verkaufen sich Animes und Mangas inzwischen recht ordentlich, aber wir haben mit den Franzosen, Spaniern und Italienern starke Konkurrenz in Sachen Comic-Kultur direkt vor der Haustür. Moebius und Segrelle machen anspruchsvolle Comic-Kunst ganz ohne Glubschaugen.
Das ist auch ein durchaus interessanter Punkt.
Manche Manga-Medien wurden in jüngster Zeit eingestellt, z.B. die schöne Zeitschrift "MangasZene", und andere Illustrierte wie seinerzeit "AniCrush" kamen über 2 Ausgaben erst gar nicht hinaus. Und ein Manga-Fachgeschäft, dass 2000 oder 2001 in meiner Stadt eröffnet wurde, ist letztes Jahr vom Boden verschwunden (pleite gegangen).
Tokyopop, Carlsen und Konsorten werfen zwar weiterhin massenweise Serien auf den Markt, aber irgendwann wird der ausgereizt sein. Man kann den Pegel vielleicht gerade beim Mädchen-Manga/Romantik/Shonen Ai-Zeug weiterhin weit oben halten, aber man wird wohl nicht immer weiter expandieren können, sondern nur das jetzige Niveau halten. Es kommen im Moment zweistellige Zahlen von neuen Romantik-Schulmädchen-Serien heraus, aber die Zahl der Fantasy-, SciFi-, und Superagenten-Serien bleibt recht überschaubar. Ab und an gibt es dann noch eine gehypte Serie auf RTL II, wie im Moment Naruto, und die Kartensammler-Serien wie Pokemon (die ich jetzt aber fast als eigenes Popkultur-Phänomen werten würde).
Manche Manga-Serien, die ich vor 6, 7 Jahren noch als heiße Neuheiten präsentiert bekam, liegen heute quasi auf dem Rammschtisch oder keiner kennt sie mehr.
Ähnliches gilt neben den Comic-Taschenbüchern auch für die Anime, würde ich jetzt mal ganz subjektiv sagen.