1. Char: Jelena, Solar der Nacht Kaste
Eine ziemlich klischeehaft mit Fähigkeiten ausgestattete Nacht-Kaste. Ihre Motivation ist es, die Herrschenden lächerlich zu machen.
Einführung:
Jelena stürzt. Sie spürt wie sich winzige Gesteinssplitter in ihre Hände drücken und ein stechender Schmerz fährt durch ihr linkes Knie. Eine Sekunde lang bleibt sie liegen, erschöpft, schmerzerfüllt. Aber sie gibt sich nicht auf, nicht jetzt und auch nicht so schnell. Sie tastet sich an der Wand des Ganges entlang nach oben, dann geht sie weiter, so schnell es eben weiter geht, weiter in diesem lichtlosen und engen Labyrinth von Gängen und Schächten tief unter der Erde. Eiserne Stiefelschritte hallen hin und her zwischen den engen Wänden, man kann nicht sagen wie nah sie sind und wie viele oder woher. Jelena hat sie schon oft gehört, die eiligen Schritte von Verfolgern, doch diesmal kommen sie, um Jelena zu töten.
Die Verfolger trugen damals grobe Ledersandalen; damals vor zwei Tagen oder damals vor tausend Jahren, in der Dunkelheit folgt die Zeit nicht ihrem üblichen Lauf. Es waren Leute aus ihrem Dorf gewesen, Brüder oder Tanten oder Cousins. Jelena war aber stets geschickter als sie, sie versteckte sich zwischen den rauen Felsen oder im kühlen Schatten ausgedörrter Olivenbäume, bis die Verfolger samt Staubwolke verschwunden waren.
Erst abends kehrte sie heim. Ihre Mutter sah sie dann so traurig an, dass sie es fast einen Moment bereute, wieder fortgelaufen zu sein. Ihre Mutter fragte sie, warum sie nicht bei den Ziegen geblieben ist? Wieso sie nicht ein großes, vernünftiges Mädchen werden will? Ob sie wolle, dass sie die Eisenmänner sie holen? Die Mutter erwartete aber keine Antwort, sondern seufzte nur leise und strich über den schmalen eisernen Ring um Jelenas Hals. Sie solle nie vergessen, dass sie wie ihre Mutter und ihr Dorf und ihr ganzes Volk Sklaven seien. Aber Jelena dachte nicht daran, eine Sklavin zu sein und hatte auch keine Angst vor den Eisenmännern. So kletterte sie lieber jeden Tag an den Felshängen an den Rändern des Drachentals oder badete in einem der Ausläufer des gelben Flusses, anstatt jeden Tag mit den Ziegen zu verbringen, die sowieso nichts interessantes sagen oder tun konnte. Die Eisenmänner kannte sie damals nur aus der Ferne. Es kam manchmal einer in das Dorf, in dem sie wohnte. Er ließ alles Getreide, alle Schinken, alle Milch auf den Dorfplatz tragen und machte zwei Haufen. Der kleine blieb im Dorf, der große wurde mit einem eisenbeschlagenen Karren weggeschafft.
Doch das letzte mal, als sie kamen, war es anders. Sie kamen in der Abenddämmerung, und es waren viel mehr als sonst. Jelena konnte nun zum ersten mal sehen, warum sie Eisenleute hießen: Sie waren in Rüstungen gezwängt wie die Krebse des gelben Flusses in ihre Schale. Die Eisenleute gingen sofort in die Scheunen und schafften alles heraus. Doch anstatt zwei Haufen zu machen machten sie nur einen und begannen sofort, die Schinken zu braten und den Wein in Hörnen zu füllen. Jelena und ihre Schwestern und Cousinen wurden von ihrer Mutter auf den Heuboden einer Scheune getrieben, wo sie sich verstecken sollten.
Die ganze Nacht war aus dem Dorf singen und lachen zu hören, aber auch Frauen die um Gnade schrieen und Männer die vor Schmerzen brüllten. Plötzlich konnte man den Geruch von Rauch wahrnehmen. Bevor jemand etwas sagen konnte gab es einen Schlag, etwas brach durchs Dach und der Heuboden stand in Flammen. Ohne zu zögern sprang Jelena, landete in einem Heuhaufen, sprang über ein brennendes Brett das vor ihr auf den Lehmboden stürzte und rannte aus der lodernden Scheune. Jelena schlug eine Welle aus Hitze entgegen. Das ganze Dorf stand in Flammen. Wie böse Geister torkelten die Eisenmänner durch die Gegend und warfen zuckende Schatten. Plötzlich wurde Jelena von starken Armen gepackt und hochgehoben. Sie roch Wein und schaute in das unrasierte und grinsende Gesicht eines Eisenmannes. „Was haben wir den hier aus dem Bau getrieben?“ fragte er mit schwerer Zunge und einem unangenehm harten Eisenmännerakzent. Jelena biss ihm als Antwort in die Hand, wurde zu Boden geworfen und spuckte dem Mann ins Gesicht. Dieser sprang nach vorne wollte sie packen. Doch plötzlich hielt er inne, und sein Blick wanderte zu seinem eigenen Dolch, der ihm plötzlich im Bauch steckte. Langsam nahm Jelena die Hand vom Griff und trieb ihn mit einem festen Tritt bis zum Heft ins Fleisch des Eisenmannes. Als die anderen schrieen „Sie hat den Kommandanten getötet“, war sie schon auf den Beinen und auf der Flucht, zuerst über die Felder, dann die Felshänge hinauf und in eine enge Felsspalte, die sich immer wieder verzweigte, links, rechts, rechts, links, immer tiefer bis es kein Licht mehr gab und sie nicht mehr wusste woher sie kam und wohin sie geht.
Plötzlich ertasten ihre Finger etwas Kaltes, Metallisches. Die Oberfläche ist zerfurcht oder mit Ornamenten überseht, Jelena drückt zu. Der riesige Torflügel schwingt nach innen, und plötzlich ist da ein angenehm blaues Dämmerlicht, das aus keiner bestimmten Quelle zu kommen scheint.
Ein Saal liegt da, ein Saal so groß, dass er Jelenas ganzes Dorf aufnehmen könnte. Die Decke wölbt sich wie der Nachthimmel über dem Saal. Die Wände sind aus schwarzem, blank poliert spiegelndem Stein, ebenso der wie ein stiller schwarzer See da liegende Boden. Auch die Stufen in der Mitte des Saales sind schwarz wie die zwei großen Eulenstatuen links und rechts der Stufen. Auf dem schwarzen Thron auf der höchsten Stufe aber sitzt eine Frau aus sanftem blauem Licht, und irgendwie weiß Jelena, dass sie lächelt. Mit langsamen Schritten geht Jelena an den misstrauisch schauenden Eulen vorbei die schwarzen Stufen hinauf bis sie vor der blauen Frau steht und sich ganz unbedeutend und klein fühlt. Die Frau aber lächelt und legt Jelena ein blaues Gewand über die Schultern. Sie lächelt und gibt Jelena einen Bogen in die Hände, der aus Silber zu sein scheint und in den in der Mitte ein hellblauer Stein eingearbeitet ist. Jelena hebt den Bogen und sieht in der Spieglung des Steins eine Mann hinter ihr durch das Portal treten. Die Stimme der Frau ist sanft und warm als sie sagt: „Töte ihn.“ Obwohl Jelena nie eine Bogen in der Hand hatte, fährt sie herum und lässt den Bogen eine surrenden Pfeil verschießen. In jenem Moment, als er die Sehne verlässt, spürt Jelena eine unglaubliche Kraft durch ihren ganzen Körper branden und ihn ganz ausfüllen. Der eiserne Sklavenring fällt geborsten zu Boden.
(Ende der Lesung)
Der Pfeil surrt auf einen hochgewachsenen Mann in silberner Rüstung und silbernen Haaren zu, der allerdings ausweichen kann. Jelena will sofort einen zweiten Pfeil in die Sehne legen und wieder schießen, doch der Mann signalisiert, dass er reden will. (die blaue Frau ist übrigens verschwunden)
Er stellt sich als Serafin vor und sagt, dass diese Hallen durch starke Magie geschützt seien und selbst er Schwierigkeiten hatte, sie zu betreten. Er macht Jelena mit ihrem Schicksal als Auserwählte vertraut und behauptet, sie könne nur dauerhaft überleben wenn sie ihm traue. Jelena ist zuerst zwischen den Anweisungen der blauen Frau und dem Rat Serafins hin- und hergerissen, sie besteht darauf, dass der Fremde zunächst seine Waffe ablegt und sich so (anscheinend) wehrlos macht.
Schließlich lässt sie es zu, dass Serafin einen Teleportationszauber anwendet und beide aus der Höhle bringt.
Cut
Sehr riskant war hier, zuerst die Anweisung zu geben, den Plothook zu töten. Der Mann konnte jedoch Jelena samt Spieler doch von seinen guten Absichten überzeugen und sie zum Mitkommen bewegen. Der Konflikt zwischen Serafin und der blauen Frau (natürlich einer früheren Reinkarnation Jelenas) soll noch eine gewichtige Rolle spielen.