Hat jemand inzwischen tiefer hineingeschaut
Gerade getan. Hier mein Eindruck, ohne die über 50 vorgehenden Posts genau studiert oder das System am Spieltisch getestet zu haben:
1. Das Layout saugt tatsächlich.
2. Der Rest kann was:
SIFRP ist eine Maßanfertigung für die Romanserie. Die Regeln sind darauf ausgelegt, alles zu simulieren, was die Protagonisten in den Büchern so tun. Auf alles weitere - zum Beispiel konkrete Regeln für Magie - wird verzichtet. Der Abstraktionsgrad variiert stark - dazu unten mehr. Die Verteilung der Erzählrechte zwischen Spielern und Spielleiter ist grundsätzlich sehr klassisch, allerdings dürfen die Spieler für ihr Haus NPCe erschaffen, indem sie die entsprechenden Ressourcen des Hauses investieren.
Das Spiel geht standardmäßig davon aus, dass alle Charaktere demselben Haus angehören, sei es durch Blutsverwandschaft, Lehnseid, Dienstverhältnis oder sonst ein Bündnis. Andere Varianten und die dafür nötigen Modifikationen des Systems werden hinten im Buch kurz angerissen.
Noch bevor die Charaktere erschaffen werden, erschaffen die Spieler zusammen ihr Haus. Dabei bietet das Buch einige Hilfsmittel, um dem Haus Farbe zu verleihen, zum Beispiel gibt es Unterkapitel über die Gestaltung von Wappen und Motto des Hauses. Außerdem werden durch eine Art sehr abstraktes Lifepath-System und abhängig von der geographischen Herkunft des Hauses dessen spielrelevante Eigenschaften (Ressourcen) festgelegt. Diese sind zum Teil abstrakte Zahlen, die sich später nur innerhalb der Ressourcenverwaltung des Hauses auswirken werden (z. B. Law, Population), andere werden genauer definiert, indem sie investiert werden - z. B. Defenses in Befestigungen, Lands in Domänen mit bestimmten Terrain-Eigenschaften, Power in Truppen, Influence in Thronerben und Vasallenhäuser. Diese Investitionen spielen vor allem für die Kriegsregeln eine Rolle. Influence kann auch im Rahmen des Intrigensystems für Bonuswürfel ausgegeben werden.
Die Hausregeln (no pun intended) wissen zu gefallen. Sie sind da einfach und abstrakt, wo wenig Berührung mit den übrigen Regelmechanismen besteht, und gehen dort ins Detail, wo es nötig ist. Das Wichtigste: Sie machen Lust auf Anwendung!
Danach geht es an die Charaktere. Die Spieler müssen sich darauf einigen, welcher Charakter welche Rolle innerhalb des Hauses verkörpern wird. Der Lord ist zu Beginn standardmäßig ein NPC, damit der SL die Spieler anfangs mit Hilfe dieser Figur an die Hand nehmen und die Geschichte ins Rollen bringen kann. Zwingend vorgeschrieben ist das aber nicht.
Die Charaktererschaffung funktioniert über verschiedene Punktepools. Die Werte stellen dar, wie gut der Charakter kämpfen, spionieren, intrigieren, Hausressourcen verwalten und Armeen führen kann. Auf eine Zweiteilung in Attribute und Fertigkeiten wurde verzichtet. Es gibt breit angelegte Fertigkeiten, für die es Spezialisierungen gibt. Außerdem gibt es noch Vorteile. Je höher die Alterskategorie (z. B. Young Adult oder Middle Age) des Charakters, desto mehr Punkte hat er auszugeben, aber desto mehr Nachteile muss er in Kauf nehmen, und desto weniger Destiny Points bekommt er. Destiny Points sind ein Pool an Gummipunkten, die fest in Vorteile investiert oder im Pool belassen werden können. Für ein bisschen Erzählrecht oder die Abwendung des Charaktertods kann man sie auch permanent opfern. Motivationen, Begierden und sonstige innere Eigenschaften darf man auf die dafür vorgesehenen Zeilen des Charakterblatts schreiben, wo sie dann stehen - irgendwelche für das System relevanten Auswirkungen haben sie nicht.
Die Charaktererschaffung ist gut crunchig. Mir gefällt, dass sie ein gewisses Balancing zwischen Charakteren verschiedener Altersgruppen schafft, ohne aus zwanghafter Fairness ein Kind mit einem erfahrenen Kämpfer gleichzustellen. Mir gefällt der Verzicht auf überflüssige Eigenschaften. Mir gefällt gar nicht, dass Motivationen und Ziele sich nicht regeltechnisch auswirken. Das können andere Systeme, die für das SIF-Setting auch in Frage kämen (z. B. Reign oder Burning Wheel), besser. Wiederum positiv: Eine Handvoll Archetypen, die Charakteren aus der Buchreihe nachempfunden sind.
Würfelsystem: So viele d6 werfen, wie man Fertigkeitswert hat, aufaddieren und mit einer Schwierigkeit vergleichen. Spezialisierungen bringen Bonuswürfel, die gewürfelt werden, aber nicht die Zahl der gezählten Würfel erhöhen. Mit 4 in Fight und +2B in Sword werden beim Schwertangriff also 6 Würfel gewürfelt, die besten 4 Würfel zählen.
Die Kampfregeln gehen ins Detail - viele Vorteile sind auf die Kampfregeln zugeschnitten, Waffen haben massig Sondereigenschaften. Battle Map und Miniaturen werden empfohlen, und einige der Regeln machen ohne wenig Sinn (z. B. Reichweiten von Nahkampfwaffen). Charaktere handeln in Reihenfolge ihrer Initiative, Angriffe werden gegen eine feste Verteidigung gewürfelt. Der Schaden wird ohne separaten Würfelwurf aus Erfolgsgrad, Waffenschaden und Rüstung berechnet. Die Abwicklung dürfte daher trotz aller Komplexität recht zügig gehen.
Eine Besonderheit: Ein Hauch von Conflict Resolution im Kampf. Wer soviel Damage kassiert, wie er Health hat, ist besiegt. Dann darf der Sieger entscheiden, was er mit dem Unterlegenen macht (Töten, verstümmeln, gefangen nehmen und Lösegeld verlangen, Bewusstlos den Wölfen zum Fraß überlassen, u. s. w.). Charaktere können den erlittenen Damage reduzieren, indem sie eine "Injury" in Kauf nehmen. Eine Injury gibt -1 auf alle Würfe für den Rest des Kampfes, heilt aber einigermaßen zügig. Macht der Gegner mit einem Angriff mehr Schaden, als man verkraften kann, kann man den Schaden aus diesem Angriff ignorieren und statt dessen eine Wunde erleiden. Jede Wunde gibt -1d (also einen ganzen Würfel Abzug!), heilt elendig langsam, und eine zu hohe Anzahl an Wunden kann zum Tod führen. Als Spieler habe ich also die Kontrolle darüber, wie übel mein Charakter verwundet wird, muss aber mit allen Konsequenzen einer Niederlage leben. Es spielt also eine Rolle, ob ich den Gegner für ehrenhaft halte, oder nicht - wenn zu befürchten ist, dass der Gegner einen gefallenen Feind einfach erschlagen würde, gilt es, buchstäblich bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Geht es um weniger, kann man mit weniger Einsatz, dafür mit heiler Haut unterliegen - und hoffen, dass man sich in seinem Gegner nicht getäuscht hat (man denke an einen Turnierkampf mit fatalem Ende gegen Clegane). Finde ich schön, das passt zu SIF!
Für meinen Geschmack sind die Regeln zu sehr auf das Spiel mit Miniaturen zugeschnitten, aber sie scheinen gut gemacht.
Intrigen funktionieren ähnlich wie der Kampf, nur weniger verregelt. Statt Health gibt es Will, statt Damage gibt es Influence, statt Injuries kann man Frustrations erleiden. Je nachdem, wozu man den Gegner bringen will, wählt man eine "Technik", die wiederum bestimmt, welche Fertigkeiten man einsetzen kann. Jede Runde kann man eine neue Technik zum Einsatz bringen. Die Wahl der passenden Technik ergibt sich mehr aus der Erzählung, als aus regeltaktischen Entscheidungen. Bringt man dem Gegner soviel "Influence" bei, wie er Will hat, hat man gewonnen und erreicht sein - anders als beim Kampf - vorher festgelegtes Ziel. Komplexe Ränke mit globalen Konsequenzen bestehen aus mehreren einzelnen Intrigen, wobei man durch Obsiegen "Victory Points" sammeln muss, bis man sein übergeordnetes Ziel erreicht hat.
Meine Meinung dazu: Sehr gut! Ähnliche Mechanismen wie im Kampf, ohne zwanghaft Kampfmanöver in soziale Äquivalente umzudeuten.
Das Kriegssystem ist ein Tabletop-System im System, das aber weitgehend dieselben Mechaniken verwendet, wie der Kampf auf Charakterebene. Es ist eng mit den Hausressourcen verzahnt, die vorab in Geländeeigenschaften, Anzahl, Qualität und Ausrüstung von Truppen, Belagerungsgerät, Verteidigungsanlagen etc. investiert wurden. Charaktere können in zentraler Rolle als Heerführer fungieren, zur Verstärkung zu einzelnen Einheiten verbunden werden oder als "Heroes" eigenständig agieren. Zweikämpfe zwischen Helden werden nach dem normalen Kampfsystem abgewickelt. Martialisch ausreichend begabte Charaktere können sich aber auch als Ein-Mann-Armee behandeln lassen und alleine auf ganze Einheiten losgehen. Schön: Die Kriegsregeln sind in Grundregeln und Advanced Rules aufgeteilt, was den Einstieg erleichtert. Nach der Schlacht wird bestimmt, wie sich Sieg und Niederlage auf die Hausressourcen auswirken, wie mitgenommen die einzelnen Einheiten sind, und ob sie an Qualität gewonnen oder verloren haben.
Was die Kriegsregeln taugen, kann ich schwer beurteilen, mangels Erfahrung mit Wargames. In Verbindung mit den "Hausregeln" ist ein bisschen Buchführung erforderlich, weil nach der Schlacht das Spiel nicht vorbei ist, sondern dieselben Einheiten desselben Hauses auch die nächsten Schlachten schlagen werden.
Insgesamt: SIFRP trifft nicht ganz meinen Geschmack, aber jenseits von Geschmacksfragen bin ich einigermaßen begeistert und spreche eine Kaufempfehlung aus.