Autor Thema: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.  (Gelesen 6258 mal)

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Offline Joerg.D

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Eine der Sachen die mir bei der wieder aufflammenden Diskussion über Sinn und Unsinn von Theorie oder den verschiedenen Stilen zu leiten immer wieder in den Kopf schießt ist, wie sich moderne Systeme im Zusammenhang mit der doch oft knapper werdenden Zeit einfacher leiten lassen.

Im Gegensatz zu früher, wo der SL immer recht hatte und die Spieler ganz seinem Gutdünken ausgeliefert waren, sehen die meisten Rollenspieler die ich kenne die SL Allmacht Heute etwas kritischer. Man will sich nicht wie in der Schule oder bei den Eltern von A bis Z erklären lassen, was man wie zu machen hat und was richtig oder falsch ist. Der SL kann also eine schlechte Vorbereitung oder Phantasielosigkeit nicht mehr durch Railroding und Willkür kaschieren.

Der moderne SL hat inzwischen eine Menge Hilfsmittel zur Hand um sich die Arbeit zu erleichtern. Es kann zwar nicht jeder Mensch immer mit allen Hilfsmittel arbeiten, doch da der Großteil der Spieler und Spielleiter nicht mehr zur Schule geht oder super viel Freizeit hat, drückt die Vorbereitung oft auf die Spaßbremse.

Ich persönlich schwöre beim Vorbereiten einer Kampagne auf eine Mind Map und kann diese auch jedem SL empfehlen, der schnell seine Gedanken zu Papier bringen möchte. Zusätzlich kann ich mit dieser Methode meine Ideen für den Spieltag schnell und präzise zu Papier bringen und muss nicht stundenlang planen. Wer also sagt: "Ich kann damit nicht anfangen und es ist auch gut so wie es ist." Der betrügt sich selber um seine kostbare Freizeit und Energie. Ich vergleiche es gerne mit dem Bauen. Klar kann man ein Haus auch ohne Schubkarren bauen, doch mit der Schubkarre geht es nun einmal schneller. Vielleicht macht es am Anfang ein paar Schwierigkeiten, doch mit ein bisschen Übung geht es dann gut von der Hand.

Der moderne SL sollte also nach meiner Ansicht neugierig und aufgeschlossen genug sein um sich der Hilfsmittel zu bedienen, die ihm die Vorbereitung einfacher machen. So kann sich der SL dann besser auf das konzentrieren, was ihm Spaß macht.

Eine weitere Möglichkeit die sich dem SL bietet ist die Einbeziehung seiner Spieler in die Entwicklung der Welt oder des Plots. Klar ist es für viele SLs schwierig, das Heft aus der Hand zu geben und auch andere an seinem Traumhaus basteln zu lassen, doch die Kreativität der anderen kann einem extrem viel Arbeit abnehmen und sorgt auch dafür, das die Identifikation mit dem Spiel stärker ist. Außerdem kann man ja auch Ideen, die einem vollkommen gegen den Strich gehen diskutieren oder einfach ablehnen.

Der moderne SL sollte sich also nicht nur Hilfsmittel, sondern auch Hilfskräfte holen, die ihm beim Kampagnen oder Weltenbau helfen. Das wird bei vielen Spielern auf Ablehnung stoßen, weil sie es gewohnt sind, das der SL kommt und die Spieler-Belustigung übernimmt. Aber ist das auch gerecht gegenüber dem SL? Ich lese viel über den Dienstleistungs SL und das er für seine Spieler das perfekte Ergebnis liefern soll, doch wo bleibt die Dienstleistung der Spieler? In Zeiten, in denen alle berufstätig sind, sollten die Spieler ihren SL ernst genug nehmen um ihm bei seinen Aufgaben zu helfen und sich nicht von vorne bis hinten bedienen lassen. Sonst könnte der SL sich auch hinsetzen und sagen, das er 20 Euro die Stunde bekommt und die Vorbereitung bezahlt haben will. Schließlich ist er dann der Dienstleister und wer eine Dienstleistung haben will, dar bezahlt im Allgemeinen dafür. Fragt mal nach, was so eine Meisterstunde im Handwerk so kostet.

Wenn die Spieler also ihrem SL bei der Vorbereitung helfen, dann hat er mehr Zeit für Extras oder zum leiten selber, denn was man nicht vergessen darf, ist die Tatsache, das das Leiten immer noch die absolute Kernkompetenz des SLs ist.

Ich denke die Spieler sind Heute anspruchsvoller als früher. Sie haben mehr Bücher gelesen, mehr Filme gesehen und sich öfter über das Unterhalten, was sie mögen und was nicht. Der SL wird also auf einer breiteren Ebene gefordert als früher. Dieser Qualitätsforderung kann man sich verweigern oder stellen. Ich empfehle jedem SL, der sich beim Leiten nicht auf die reine Herrausforderungsebene beschränkt (Dungeons ausrauben und Gegner metzeln), sondern der auch noch eine gute Geschichte erzählen will sich mal mit der Theorie des Drehbuchschreibens auseinander zu setzen. Dabei kommt es nicht auf die Perfektion eines Theaterstückes an, sondern auf die Art und weise, wie eine Geschichte aufgebaut ist. Je besser man das weiß, um so leichter fällt einem das entwerfen von guten Geschichten.

Wenn man das ganz gut kann, dann kommt der nächste Schritt. Aufgrund der Struktur vom Rollenspiel ist eine Geschichte ganz anders als ein Film oder Theaterstück. Die Protagonisten müssen nicht bis zum Ende überleben und der Bösewicht kann auch schon zur Mitte des Abenteuers gestellt werden. Klar ist es toll, wenn der Aufbau so klappt, das es wie im Film passiert, doch der schönste Plan überlebt für gewöhnlich den Kontakt mit den Spielern nicht. Dabei ist es dann wichtig das der SL kreativ bleibt und seine Aktionen den Spielern logisch erscheinen. Hier kann der SL von heute auf Erfahrungen aus dem Impro Theater zurückgreifen und den Plott so logisch und für die Spieler trotzdem spannend halten.

Schon wieder lesen?

Tja, man kann es auch durch ausprobieren regeln, aber wenn man sich wirklich verbessern will sollte man die Hilfsmittel die einem geboten werden nicht ausschlagen. Eine Verbesserung der Fähigkeiten als SL bedeuten meist nicht nur mehr Spaß am leiten, sondern auch weniger Arbeit, gerade die Kunst der Improvisation, kann einem die Arbeit als SL erheblich erleichtern, wenn man sie gut beherrscht. Mit einer besseren Technik, baut man das Haus halt schneller. Die kann man durch ausprobieren, oder durch Tips von Leuten lernen, die da Erfahrung mit haben. Ein weiterer Vorteil ist, das man sich auf das Verhalten der Gruppe konzentriert, ohne Angst um den Plot zu haben und gute Vorlagen der Spieler sofort umsetzen kann (Dann kommt die gute Idee für diesen Tag halt beim nächsten Mal).

Eine andere gute Möglichkeit sich die Arbeit zu erleichtern sind immer noch fertige Abenteuer. Mein ehemaliger Artesia SL hat sich fertige Abenteuer für DSA, D&D und Warhammer genommen und diese mit etwas Aufwand auf das Artesia System umgearbeitet. Damit hat er eine Menge Zeit gespart, die er in die Erstellung von Handouts stecken konnte um uns das Einfühlen in die Welt zu erleichtern. Ich bin schwer am Überlegen, ob ich so etwas für meine Gruppe auch mache, wenn ich im nächsten Jahr noch weniger Freizeit habe, oder es mal kreativ nicht bei mir läuft (Ich glaube jeder SL hat mal einen Hänger).

Ein andere Technik, die ich ab und an zur Arbeitserleichterung ausprobiere ist, das übergeben von NSCs an Spieler, welche diese dann für mich darstellen. So kann ich mich um andere Spieler kümmern, etwas nachlesen oder auch mal nur einen Moment abschalten und die Spieler quatschen nicht so viel OT, weil sie beschäftigt sind.

Was für Techniken außer Railroading und Illusionismus kennt ihr, die einem SL das Leiten heute einfacher machen? Ich bin ja willens dazu zu lernen.
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Offline Drudenfusz

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #1 am: 9.07.2008 | 18:56 »
Finde das man aus Hörspielen (also der Theorie dazu, und nein es sind keine Hörbücher gemeint, sondern echte Hörspiele) lernen kann wie man mit seiner Stimme und Sprache besser Atmosphäre aufbauen kann, wie man Beschreibungen gestallten kann und nebenbei wie Musik im Rollenspiel eleganter eingesetzt werden kann.
« Letzte Änderung: 9.07.2008 | 19:01 von Drudenfusz »
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Offline Joerg.D

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #2 am: 9.07.2008 | 19:22 »
Ja, die Stimme ist ein wirklich gutes Instrument und schon die Veränderung von der Körperhaltung sorgt für erstaunliche Änderungen der Sprache, ohne das man Akzente benutzen muss. Da sollte ich vielleicht mal wieder Hörspiele hören um was draus zu lernen.

Hintergrund Geräusche würde ich zum Beispiel gerne einsetzen, um gezielt Stimmungen zu erzeugen. Aber ich bin zu faul, die gezielt für die Situation zu suchen, da ich keine fixen Punkte in meinen Abenteuern vorsehe.
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Offline Falcon

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #3 am: 9.07.2008 | 21:42 »
Gut Tips und ich sehe das genausp (was die angebotenen Hilfen betrifft). Allerdings würde ich immer vermeiden absolute Aussagen zu machen.

- Damit geht es schneller, wer das anders sieht als ich betrügt sich selbst.

bringt Leute in seltenen Fällen dazu zuzuhören.

—————
@Topic:

Mir sind konsistente NPCs wichtig, daß man also darauf achtet das derselbe PC immer gleich rüber kommt. Ob ich das so hinkriege vage ich zu bezweifeln aber ich benutze ein Tableau vor meinem SL Platz um mir NSCpersönlichkeiten schnell zusammen zu bauen (oder auszuwürfeln) und mich per Stichpunkte immer wieder an bestimmte Rollenspielaspekte selbst zu erinnern wenn mein Blick drüber fährt. Habe ihn so gestaltet, daß die wichtigen Dinge ins Auge fallen. Nur eine kleine Spielhilfe für Savage Worlds.
Wenn's mal jemand geschickt haben will, schickt ne PM. 
« Letzte Änderung: 9.07.2008 | 21:51 von Falcon »
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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #4 am: 10.07.2008 | 00:34 »
Hi,
vielleicht ist das zu offensichtlich, aber ein sehr gutes Hilfsmittel haben wir direkt vor der Nase: Über das Internet, also diverse Websites und Foren gibt es ja Material, z.B. fertige NSC's, Baupläne, Plot-Ideen u.v.m., das man für seine Abenteuer nutzen kann. Das sollte man zwar nicht ganz kritiklos berachten, und man will natürlich auch keni 08/15-Abenteuer haben, sondern ein ganz individuelles, aber als Spielhilfen für Standard-Situationen taugen diese Dinge allemal. Und auch wenn man mal ne Blockade hat und die Ideen fehlen, kann man sich über so ein Forum.

Zitat
Ich denke die Spieler sind Heute anspruchsvoller als früher


Das denke ich auch, möchte aber ergänzen, dass gleichzeitig (hoffentlich...) auch die Qualität des Charakter-Rollenspiels und auch die Ansprüche an die Spieler gestiegen sind - was ja durchaus legitim ist. Wenn zum Beispiel Charaktere einen gut ausgearbeiteten Hintergrund haben sollen oder die Spieler aufgefordert werden, Flags zu erstellen, dann erfordert das auch Einsatz der Spieler. Ich habe also auch die Spieler, ihr Feedback, ihre Wünsche usw. als Hilfsmittel zur Verfügung.

Ansonsten fällt mir noch eine Sache ein, die nicht wirklich Arbeitserleichterung ist - im Gegenteil Arbeit macht. Ist aber unter dem Thema modernes Leiten eine Anregung, die ich gern weitergeben möchte:

Musikuntermalung an sich ist ja ein alter Hut. Ich persönlich lasse nicht nebenbei Musik laufen, weil ich es eher nervig finde, wenn den ganzen Abend der Herr der Ringe-Soundtrack dudelt, weil Filmmusik eben sekundengenau auf die Bilder im Film abgestimmt ist. Ich mach es deshalb so: Pro Spielabend gibt es bei mir in der Regel ein bis zwei Szenen, die ich gern atmosphärisch verpacken möchte. Z.B. wenn die Gruppe auf dem Hügel steht und zum ersten  Mal einen Blick auf Minas Tirith wirft, oder wenn eine Traumsequenz vorkommt, oder wenn sie in das Ritual zur Beschwörung eines Erzdämonen hereinplatzen. Dafür schreibe ich einen Text zum Vorlesen, der die Szene beschreibt - entweder nur Sinneswahrnehmungen, vielleicht aber auch Gefühle, die in den Spielern hervorgerufen werden. Für diese ca. 2 Minuten suche ich mir dann ein Musikstück, dass exakt die Stimmung vermitteln soll. Wenn es soweit ist, sag ich in der Runde an, dass eine Beschreibung folgt, dass alle sich zurücklehnen und kurz entspannt lauschen sollen.

Effekt dieser Technik: Man erschafft eine Zäsur, kriegt die Spieler zur Ruhe und kann ganz gut Stimmung erzeugen. Diese zwei Minuten wirken dann auch länger nach, so dass es leichter ist, die Stimmung auch die nächste halbe Stunde aufrecht zu erhalten.

Zitat
Eine andere gute Möglichkeit sich die Arbeit zu erleichtern sind immer noch fertige Abenteuer.

Das kann ich nur bedingt bestätigen: Ich habe ein- oder zweimal fertige Abentuer geleitet. Das hat mich aber in der Vorbereitung fast mehr Zeit gekostet haben als meine selbst geschriebenen. Liegt vielleicht aber daran, dass als SL nicht dazu tendiere, jede Kleinigkeit vorzubereiten, sondern ziemlich viel improvisiere.   
Ich leide nicht an Realitätsverlust. Ich genieße ihn.

Offline Drudenfusz

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #5 am: 10.07.2008 | 01:08 »
Ansonsten fällt mir noch eine Sache ein, die nicht wirklich Arbeitserleichterung ist - im Gegenteil Arbeit macht. Ist aber unter dem Thema modernes Leiten eine Anregung, die ich gern weitergeben möchte:

Musikuntermalung an sich ist ja ein alter Hut. Ich persönlich lasse nicht nebenbei Musik laufen, weil ich es eher nervig finde, wenn den ganzen Abend der Herr der Ringe-Soundtrack dudelt, weil Filmmusik eben sekundengenau auf die Bilder im Film abgestimmt ist. Ich mach es deshalb so: Pro Spielabend gibt es bei mir in der Regel ein bis zwei Szenen, die ich gern atmosphärisch verpacken möchte. Z.B. wenn die Gruppe auf dem Hügel steht und zum ersten  Mal einen Blick auf Minas Tirith wirft, oder wenn eine Traumsequenz vorkommt, oder wenn sie in das Ritual zur Beschwörung eines Erzdämonen hereinplatzen. Dafür schreibe ich einen Text zum Vorlesen, der die Szene beschreibt - entweder nur Sinneswahrnehmungen, vielleicht aber auch Gefühle, die in den Spielern hervorgerufen werden. Für diese ca. 2 Minuten suche ich mir dann ein Musikstück, dass exakt die Stimmung vermitteln soll. Wenn es soweit ist, sag ich in der Runde an, dass eine Beschreibung folgt, dass alle sich zurücklehnen und kurz entspannt lauschen sollen.

Effekt dieser Technik: Man erschafft eine Zäsur, kriegt die Spieler zur Ruhe und kann ganz gut Stimmung erzeugen. Diese zwei Minuten wirken dann auch länger nach, so dass es leichter ist, die Stimmung auch die nächste halbe Stunde aufrecht zu erhalten.
Das ist effektiv genau das was meine Person sich von Hörspielen auch angeeignet hat, da wird so etwas nämlich auch gemacht.
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Offline TerraNova

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #6 am: 10.07.2008 | 09:34 »
Ich antworte dann mal auf den Modernen SL mit dem Realen SL... zumindest so wie ich ihn bisher immer erlebt habe:

Der Moderne SL ist ein pseudodemokratischer nicht-Herrscher. Der Reale SL existiert entweder als Herr von Gruppenvertrags Gnaden, oder als recht armseeliges Blatt im Winde, das von dem wahren Rundenherrscher dazu benutzt wird, die Früchte der Arbeit zu ernten, ohne etwas zurück zu geben. Railroading und Willkür sind sicher nicht schön - aber manchmal muß man eier zerbrechen um ein Omlett zu machen, oder eben hungrig ins Bett gehen. Überstrapazierte Metaphern beiseite, ist es meiner Ansicht nach kein Privileg zu leiten, und schon gar keine Pflicht.

Was Hilfsmittel angeht, ist der Moderne SL natürlich ein Gott, der ganze Scharen wertvoller Werkzeuge kommandiert - der Reale SL dagegen steht all zu häufig vor "SuperTool XYZ", weiß das er noch exakt 2 Stunden Zeit hat, die Spielrunde vorzubereiten, und skizziert lieber dann doch einen von der Stange plot den er aber in der Zeit zusammenschreiben kann, anstelle anzufangen, sich in SuperTool XYZ einzuarbeiten, und mit leeren Händen vor den Spielern zu stehen. Vom wert insbesondere einer Mindmap oder eines Relationship Diagram abgesehen. Spielerfiguren ändern gern mal in 3 Sekunden  (4 Wochen realizeit) komplett ihre Meinung über NPCs, und gehen von abgöttischer Liebe auf bedingungslosen Hass über.

Der Moderne SL gewinnt durch jedes neue Werkzeug wertvolle Zeit. Der Reale SL verliehrt mehr Zeit als er gewinnt, und grämt sich all zu oft, das er den dadurch selbst gesteckten Ansprüchen im Spiel nicht mehr gerecht werden kann.

Der Moderne SL bezieht seine Spieler in jeden Aspekt der Welt mit ein. Der Reale SL versucht es, und sieht wie der eine Spieler seine masturbatorischen Phantasien auf biegen und brechen durchsetzt (kann er gerne machen, aber kommt mir in Anwesenheit von 6 anderen dann "etwas" seltsam vor), der zweite zuckt mit den Achseln und meint "zu viel Arbeit, ich will hier spass haben" und der Dritte versucht es, aber schafft es 2/3 miss zu verstehen, und das letzte drittel genau orthogonal zur intention des Realen SL zu organisieren, so das bald der Reale SL sein "Baby" nicht mehr wieder erkennt, und obwohl er noch 90% der Arbeit hat, nicht mehr behaupten kann das das fertige Spiel irgendwas mit seinem Plan zu tun hat.

Der Moderne SL hat die Idealen Spieler zur Verfügung. Der Reale SL weiß, das Termine dünn gesäht sind, und häufiger als nicht "Catpiss Man" und "Captain Munchkin" die einzigen Optionen sind, auf eine relevante Zahl an Spielern zu kommen. Ich stimme mit dem OP überein (oho!) das der SL auch nur ein Mensch ist, ein realer Mensch, von dem eben nicht irgendwelche transzendenten Leistungen erwartet werden sollten. Gleiches Recht für die Spielerschaft.

Die Realen Spieler sind genau so "sophisticated" wie früher. Sicher, es gibt mehr schlechte Fantasy-Bücher, aber im Grunde ist es recht egal, wie viel Literatur jemand studiert hat - Mühle macht einem auch dann Spass, wenn man grade mal die Regeln kennt, ohne Historie des Spiels. Man kann einen "Wow, Titten!" Spieler genau so wenig zum Method Acting bekehren, wie einen Vampire-Fag zum Dungeon Crawl. Entweder sie kommen dahin, oder nicht. Der Reale Spielleiter kann sich bis in die Neurose reden, indem er versucht, Blut aus drei Steinen zu pressen.

Ach ja, der Moderne SL ist natürlich auch noch begabter Impro-Actor. Er kann die Zeit dafür mühelos aus der Ersparnis durch Tools und seine Idealen Spieler beziehen. Der Reale SL benötigt dagegen Schlaf, hat einen Beruf und andere Hobbies jenseits des Rollenspiels. Evtl sogar *gasp* eine Beziehung, Kinder und andere Pflichten.

Ok, zurück in den Konstruktiven Modus:

Was mir das Leben und den Spass als SL ganz ganz massiv gesteigert haben war es, böse zu werden. Ja. Böse. Spieler dürfen gerne Vorschläge machen. Entscheidung über das ob und wie der Umsetzung liegen ganz und gar bei mir, und "hatte keine Lust mir darüber gedanken zu machen" reicht für eine Ablehnung. Ich verwende momentan ausschließlich Konserven, und bin so froh, das ich nur noch vorbereiten muß, wenn ich auch Lust dazu habe, es ist kaum in Worte zu fassen.

Spieler haben eine Figur, die sie nach Gutdünken führen. Das ist ihr Einfluss, und alles darüber hinaus kommt dem Beten in der Realen Welt gleich. Man kann hoffen und glauben, das es etwas bringt, aber wissen wird man es zumindest in diesem Leben nicht. Damit hat dann der Spielleiter die Freiheit, sein Szenario so auszugestalten wie er will. Wenn die Spieler daran keinen Spass haben... dann ist es primär ihr eigenes Problem. Sicher, man muß es nicht drauf anlegen, und kann versuchen auf sie einzugehen - aber sollte es niemals zu lasten des eigenen Spasses tun.

Ansprüche, seid geknechtet! Ich werde weder benotet noch bezahlt. Insofern ist ein Abend mit Gossenhumor, clichees und einem Hektoliter Blut ein gelungener Abend, wenn die Leute denn Spass haben. Jeder Spielt wie er es möchte, und wenn der Prinz dann eben ein Abziehbild, die Maid ein dünnes Wunschdenken und der Plan des bösen Magiers aus dem letzten Film stammt - solang alle ihren Spass haben ist das Ziel erreicht.

Offline Blizzard

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #7 am: 10.07.2008 | 09:41 »
Was für Techniken außer Railroading und Illusionismus kennt ihr, die einem SL das Leiten heute einfacher machen? Ich bin ja willens dazu zu lernen.
Ich habe ganz gute Erfahrungen damit gemacht, "das Heft auch mal aus der Hand zu geben" bzw. die "Führung" abzugeben an die Spieler, Stichwort: Playerempowerment. Einfach mal die Spieler machen lassen, auch wenn es der SL ist, der die meiste Zeit erzählt. Denn dadurch kommen Spieler oftmals mit ungewöhnlichen Aktionen oder Ideen daher, die man als SL dankend aufnehmen und für den Plot weiterverarbeiten kann.

Das kann man natürlich nur dann machen, wenn man als SL bereit ist, sich darauf einzulassen, dass evtl. eine völlig andere Geschichte entstehen kann, oder man seine Geschichte eben an entsprechenden abändern oder anpassen muss. Und das wiederum geht auch nur, wenn man sich zutraut zu improvisieren oder aber weiss, dass man gut improvisieren kann.

So gesehen ist Improvisation ein gutes Hilfsmittel gegen Railroading. Man sollte aber nicht den Fehler machen, in Abenteuern nur noch zu improvisieren.
Das kann sehr gut klappen, das kann aber auch ziemlich in die Hose gehen. Etwas Vorbereitung sollte man zumindest schon für das Abenteuer investieren.

Und: Man sollte Spaß&Freude am Leiten haben. Wenn man nur leitet "weil es ja kein anderer macht" dann kann das nicht gehen.
"Wir leben nach den Regeln, wir sterben nach den Regeln!"

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Offline Crimson King

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #8 am: 10.07.2008 | 10:06 »
Die zentrale Technik für mich ist Flag Framing. Anstatt mir lange Gedanken über ein Abenteuer zu machen, schaue ich, was die Spieler mir für Futter geben und stecke mir das Abenteuer aus den Einzelteilen einfach zusammen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die größte Hürde beim Abenteuerschreiben für mich der Anfang ist. Mit Flags habe ich den Anfang gegeben, von da ab wird es einfach.

Mind Maps sind ein tolles Tool zum Strukturieren von Gedanken, was für einen Wirrkopf wie mich essenziell ist.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #9 am: 10.07.2008 | 10:40 »
Das größte Hilfsmittel für einen SL ist es sich genug Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten anzueignen. Wenn man mit ruhigen Gewissen nur mit einem leeren Blatt zur Sitzung erscheinen kann, dann hat man es geschafft.

Joe Dizzy

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #10 am: 10.07.2008 | 10:44 »
Das größte Hilfsmittel für einen SL ist es sich genug Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten anzueignen. Wenn man mit ruhigen Gewissen nur mit einem leeren Blatt zur Sitzung erscheinen kann, dann hat man es geschafft.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht reicht sich dafür nur Selbstvertrauen anzueignen.

Ein

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #11 am: 10.07.2008 | 11:06 »
Nee, natürlich sollte man sein Handwerk auch beherrschen. ;)

Ich habe aber schon oft erlebt, dass gute SLs sich all zu oft im Vorbereitungssumpf verheddern, anstatt einfach zu spielleiten.

Offline Celdorad

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #12 am: 10.07.2008 | 11:43 »
Okay, also ich bin ja das absolute Impro-Schwein. Ich erscheine mit einem College-Block und einem Bleistift zur Sitzung und mach noch mal schnell Notizen in der Bahn. Ich fahre die Tour, dass was ich vergesse die Spieler sicher auch vergessen und was nicht... na darum wird sich das Spiel in diesem Abend halt drehen.

Es kommt was Neues? Rein damit, mein Plot ist sowieso bis zum Mond aufgespannt und kommt nicht wieder zurück.
Meine Spieler erinnern sich an was, oder wollen etwas einbauen? Ich lasse mich kurz informieren und wandere halt Richtung Mars.
Und am Ende? Naja, offenes Ende halt und alles Spieler erzählen kurz, was mit ihren Charakter noch passiert.
Alle haben Spaß, ich habe keine Vorbereitungszeit verbraucht und das Beste: ICH HABE ALLE REGEL MISSHANDELT!

Denn so ist es doch. Ich weiß nicht wie ihr es macht, aber je mehr ich auf Spieler eingehe, Improvisiere usw. desto weniger kümmere ich mich um Würfel und Schwierigkeiten und so. Durch Improvisieren bin ich also sofort auch ein "Railraudy", weil ich mir halt lieber überlege, was jetzt passt, als einen Wurf mit einer Schwierigkeit anzupassen. Frei nach dem Moto: Wen es die Geschichte weiterbringt, so schaffst du es auch.

Deswegen, meine Meinung: Der moderne SL ist hinter Improvisation, Mind-Map's usw. immer noch der Alte. Er hat nicht mehr eine Geschichte im Kopf, dafür viele kleine. Und er nutzt heute seine Macht einfach subtiler um diese kleinen Schnippsel irgendwie in eine Geschichte zu kleben.
Bestes Filmzitat:
"Ja, das ist vielleicht deine Meinung, Mann." (Der Dude, The Big Lebowski)

Bestes Literaturzitat:
"Wohin verschwindet dieser ganze fertige Haufen tagsüber?" (Zeit der Geister von Esther Kaufmann)

Bestes RPG-Zitat:
"Meine Kinder kamen nie in das Alter, in dem sie das Vertrauen darin verloren, dass ich genauso für gutes Wetter wie für einen gefüllten Magen zuständig bin..." (Jao in Welcome to the Jungle (PtA))

Ein

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #13 am: 10.07.2008 | 11:46 »
Jo, genauso handhabe ich das auch. Geboren aus Faulheit, aufgestiegen zu Perfektion. ;)

Offline Joerg.D

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #14 am: 10.07.2008 | 11:59 »
Flag Framing ist ein gutes Mittel um einen Plott zu bauen, besonders wenn der SL mal kein genaues Bild hat das er dieses Abenteuer abbilden will.

Ich versuche die Flags aus dem Hintergrund meiner Spieler zu lesen und aktiv im Spiel zu erkennen und schmeiße gerne mal den geplanten Plot des Tages über den Haufen, wenn ich sehe, das das Interesse der Gruppe in eine andere Richtung geht. Dabei ist es mir aber wichtig, das diese Entwicklung im Spiel stattfindet und nicht OT.

Ich bin übrigens der Meinung, das ein gutes Schneiden einer Szenen und das Springen zum nächsten relevanten Punkt eine gute Technik ist um den Plott aktiv zu manipulieren. Solange man die Spieler dabei nicht blamiert oder übergeht, kann man auf Illusionismuss und Railroading verzichten.

R-Maps und C-Webs sind auch gute Hilfsmittel, die aber IMHO nicht für jeden SL geeignet sind. Um mit diesen Mitteln zu arbeiten muss man schon eine Komplexität im Planen haben, die vielen SLs einfach nicht vorhanden ist oder auch nicht gewünscht wird. Ich habe selber jahrelang völlig ohne Vorbereitung geleitet und mache das auf Treffen oder Cons auch immer noch. Dennoch ist in mir inzwischen der Wille vorhanden etwas größeres zu bauen als nur ein Tages Impro Abenteuer. Ich möchte eine große Geschichte (MSch sagt deshalb ich bin als SL eine Dranma Queen).
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Offline TerraNova

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #15 am: 10.07.2008 | 15:06 »
R-Maps und C-Webs sind auch gute Hilfsmittel, die aber IMHO nicht für jeden SL geeignet sind. Um mit diesen Mitteln zu arbeiten muss man schon eine Komplexität im Planen haben, die vielen SLs einfach nicht vorhanden ist oder auch nicht gewünscht wird. Ich habe selber jahrelang völlig ohne Vorbereitung geleitet und mache das auf Treffen oder Cons auch immer noch. Dennoch ist in mir inzwischen der Wille vorhanden etwas größeres zu bauen als nur ein Tages Impro Abenteuer. Ich möchte eine große Geschichte (MSch sagt deshalb ich bin als SL eine Dranma Queen).

Hier muß ich wiedersprechen. Diese Mittel nicht zu verwenden heißt nicht, das der andere SL zwangsläufig nur "Planungsarm" arbeitet, oder Improvisiert. Es kann auch einfach sein, das der Overhead in keinem Verhältnis zum Gewinn steht. Ich habe im Berufsleben öfters schon mal gesehen, das "Erstellen der Mindmap" mehr Zeit als die eigentliche Diskussion in Anspruch nahm, und das dumme teil nie wieder angesehen wurde.

Insofern: Nur weil jemand das Mittel deiner Wahl nicht verwendet heißt das nicht, das er zwangsläufig dazu nicht in der Lage ist. Es kann auch einfach sein das Kosten / Nutzen für ihn nicht stimmen. Ich persönlich halte z.B. garnichts von dieser Methodik, da dadurch a) Zeit verlohren geht und b) künstlerische Freiheit verlohren geht.

Offline Joerg.D

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #16 am: 10.07.2008 | 15:19 »
Beschreibe doch bitte genauer, warum oder wie in Deinen Augen die künstlerische Freiheit verloren geht, wenn man eine Mind Map benutzt und wie ein komplexer Plott der nicht nur und Dungeon Crawling oder gegen einen fixen Gegner (wir Gruppe a die Gruppe B als Gegner) ohne die jeweiligen Beziehungen untereinander dargestellt werden kann.
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Offline TerraNova

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #17 am: 10.07.2008 | 15:31 »
Weil damit bereits in frühen Phasen der Planung dinge Fixiert werden, die am Ende möglicherweise bestenfalls Irrelevant sind, schlimmstenfalls aber kontraproduktiv. Anders als beim Schreiben sitzt du nicht am Spieltisch allein (und das von mir, wow...), sondern hast ja etliche Leute, denen das Beziehungsgeflecht etwas sagen muß.

Daher ist es meiner Meinung nach extrem wichtig, sehr flexibel zu sein, was motivationen, Hintergründe und Geschichten angeht. Da frühzeitig zu fixieren, wer wie genau zu wem steht, und warum, ist hinderlich, wenn mal wieder Himmel und Hölle in bewegung gesetzt werden müßen, damit auch ja jeder sein Zückerchen bekommt (siehe auch, wieso ich mir keine besonderen Beine mehr ausreisse...)

Offline der.hobbit

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #18 am: 10.07.2008 | 17:29 »
Ein Abenteuer vorzubereiten heißt für mich auch immer, das unerwartete zu erwarten. Normalerweise habe ich nicht nur relevante NSCs, sondern minimalistische Rahmen für irrelevante Figuren, die meist mit Klischee mit einem Twist beschrieben werden können. Falls die Spieler dann der Meinung sind, dass sie sich mit der lokalen Yakuza in Verbindung setzen wollen, dann habe ich einen generischen Verbrechertypus in der Hinterhand, denn ich spielen kann.
Das minimalistischste und absolut notwendige Hilfsmittel dieser Art ist eine Namensliste.

Andere Hilfsmittel sind Abenteuerideen. Kaufabenteuer finde ich eingeschränkt hilfreich, weil die Zeit zu lesen zu lang ist und man doch noch einiges anpassen und verändern möchte. Aber kurze, prägnante Abenteuerideen, die man dann selbst nach eigenem Gusto mit Fleisch versehen kann, sind gute Inspirationen. Dazu zähle ich auch Hintergrund in der Spielwelt, also z.B. den verrückten Magier in seinem Turm, die alte Kultur der Krk'nsk'blkblk usw. Wenn diese mit guten Haken versehen sind, sind sie Gold wert.

Bzgl. Player Empowerment schließe ich mich an - mit den richtigen Spieler funktioniert es gut, mit den falschen Spielern überhaupt nicht. Bei mir unbekannten würde ich wohl erst mal eine rigorose diktatorische Leitung übernehmen.
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Offline Joerg.D

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #19 am: 10.07.2008 | 18:07 »
@ TerraNova

So wie ich das lese lässt Du deine Welt sich komplett um die Spieler drehen und gibst ihnen ihr Zückerchen oder Spotlight fast in Unabhängigkeit von der Umwelt. Das bedeutet für mich aber das die Spieler sich zu leicht in ihrem Schneckenhaus verkriechen können und der Plot sich nicht selbständig weiterentwickelt.

Dann kann man auf eine so eine Art der Vorbereitung verzichten.

Bei mir ist es aber so, das die Welt lebendig ist und sich selbständig weiterentwickelt. Das Problem, das die Gruppe lösen sollte wird vielleicht dominanter, wenn sie es ignoriert oder wer Anders löst es und heimst dafür die Lorbeeren ein. Die verschiedenen Fraktionen agieren untereinander und schaffen so eine Umgebung in der die Taten Relevanz haben. Es ist eine lebendige Welt, die zwar durch die Spieler beeinflusst werden kann, aber sich auch ohne sie eigenständig weiter entwickelt. Genau wie in der Realität treffen die Spieler auf bestehende Strukturen und lebendige Verbindungen zwischen den NSCs. Ich ziehe also einen viel weiteren Ramen um meine Handlung und benötige dafür Krücken um nicht jedes Abenteuer bis in Detail vorzubereiten. Mit der R-Map und dem C-Web baue ich mir also zusammen mit meiner dreiteiligen Timeline eine Hilfe, wie die Umwelt aussieht und untereinander agiert. Dann kann ich jederzeit total flexibel auf die Ideen und den Bockmist den die Spieler bauen eingehen und muss nicht die Welt um die Spieler bauen, nur damit diese ihren Spaß haben.
                                                       
Das Abenteuer selber entwerfe ich indem ich die 3 Plothooks aus der Timeline nehme und zusätzlich eine Flag einbaue, die meine Spieler im letzten Abenteuer erzeugt haben. Dann schreibe ich zu den Charakteren ihre Sachen auf die ihnen passieren können und trage ein, wie oder mit welchen Fertigkeiten sie ihre Spotlights bekommen. Ein paar mögliche NSCs, die mit den jeweiligen Hooks und Flags zu tun haben und fertig ist die Vorbereitung.
« Letzte Änderung: 10.07.2008 | 18:17 von Jörg.D »
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Offline TerraNova

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #20 am: 10.07.2008 | 23:53 »
@ TerraNova

So wie ich das lese lässt Du deine Welt sich komplett um die Spieler drehen und gibst ihnen ihr Zückerchen oder Spotlight fast in Unabhängigkeit von der Umwelt. Das bedeutet für mich aber das die Spieler sich zu leicht in ihrem Schneckenhaus verkriechen können und der Plot sich nicht selbständig weiterentwickelt.

Jein. Der Plot dreht sich definitiv um die Charaktere. Oder ich sollte sagen, er tat es. Ich habe das allerdings vor einiger Zeit dann aufgegeben. Es war einfach zu viel Arbeit, und wurde nicht honoriert.

Bei mir ist es aber so, das die Welt lebendig ist und sich selbständig weiterentwickelt. Das Problem, das die Gruppe lösen sollte wird vielleicht dominanter, wenn sie es ignoriert oder wer Anders löst es und heimst dafür die Lorbeeren ein. Die verschiedenen Fraktionen agieren untereinander und schaffen so eine Umgebung in der die Taten Relevanz haben. Es ist eine lebendige Welt, die zwar durch die Spieler beeinflusst werden kann, aber sich auch ohne sie eigenständig weiter entwickelt. Genau wie in der Realität treffen die Spieler auf bestehende Strukturen und lebendige Verbindungen zwischen den NSCs. Ich ziehe also einen viel weiteren Ramen um meine Handlung und benötige dafür Krücken um nicht jedes Abenteuer bis in Detail vorzubereiten. Mit der R-Map und dem C-Web baue ich mir also zusammen mit meiner dreiteiligen Timeline eine Hilfe, wie die Umwelt aussieht und untereinander agiert. Dann kann ich jederzeit total flexibel auf die Ideen und den Bockmist den die Spieler bauen eingehen und muss nicht die Welt um die Spieler bauen, nur damit diese ihren Spaß haben.

Klingt nach einer tollen theorie-situation. Ich habe es allerdings niemals erfolgreich in Aktion gesehen, nicht mal Ansatzweise. Zu schnell ist da irgendwessen Ego verletzt, der Vorwurf des "NPC favorism" kommt schneller als man denkt, und generell kommt damit keine Gruppe die ich näher kenne wirklich gut klar.
                                                       
Zitat
Das Abenteuer selber entwerfe ich indem ich die 3 Plothooks aus der Timeline nehme und zusätzlich eine Flag einbaue, die meine Spieler im letzten Abenteuer erzeugt haben. Dann schreibe ich zu den Charakteren ihre Sachen auf die ihnen passieren können und trage ein, wie oder mit welchen Fertigkeiten sie ihre Spotlights bekommen. Ein paar mögliche NSCs, die mit den jeweiligen Hooks und Flags zu tun haben und fertig ist die Vorbereitung.

Ah, da war es. "Flag"... mal wieder Jargon der mir einfach nur unverständlich ist. Ich habs jetzt nachgeschlagen und komme auf "Ansatz" als allgemeinverständlicher Ausdruck. Gibt es einen Grund für diesen Ausdruck, oder dient er mal wieder als Ausdruck des Geheimwissens der besseren Rollenspieler? ;)

Offline Joerg.D

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #21 am: 11.07.2008 | 01:11 »
Das mit dem nicht honorieren ist ein Problem und die Arbeit hält sich dank meiner Hilfsmittel während der Kampagne in Grenzen. Aber ich muss einen Guten Teil an Vorarbeit leisten, das ist richtig.

Es ist eine Praxis Situation, ich leite seit langer Zeit so und das Feedback für meine Runden ist im Groben und Ganzen positiv. Wichtig ist, das man keine Scheu hat seine Marry Sues (ich habe eine Vorliebe für starke NSCs, die ich nicht unter Kontrolle bekomme) auch umbringen zu lassen und das die Gruppe immer Vertrauen zu einem hat. Tatsächlich hatte ich in meiner Letzten Kampagne ein Abenteuer wo die Spieler alle scheiße drauf waren und ich den Charaktere ziemlich übel mitgespielt habe. Da kam die Beschwerde mit einem Nasenring auf, an dem ich die Gruppe vorgeführt hätte. Aber sowie die Gruppe als auch ich haben unsere Lehren daraus gezogen und es lief danach wieder super.

Eine Flag (Flagge) steht für ein Ziel, das man erreichen will. Wenn man am Ziel ist ist die Flagge erreicht oder wird geschwenkt. Ich glaube das hat nicht mit Geheimwissen zu tun.
Es gibt nun mal eine Menge Fremdworte in diesen Bereich weil der Großteil dieser Thesen und Techniken aus dem Englischen Sprachraum kommen. Wer sich ernsthafter mit solchen Themen beschäftigt, der lernt die Begriffe früher oder später kennen oder fragt einfach nach, wofür sie stehen.
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Offline TerraNova

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #22 am: 11.07.2008 | 06:25 »
Hmm, möglich das du einfach andere Spieler hast. Will ich ja gar nicht ausschließen, da meine Testmenge sicher nicht annähernd representativ ist. Kann aber trotzdem absolut nicht deine Ergebnisse bestätigen. Da kommen die Forderungen und Drohungen eher als erstes als als letztes Mittel (nicht von allen Spielern, aber von manchen).

Was Flaggen, Kupferringe und ähnliches angeht. Ich habe nichts gegen Fachbegriffe, ich bin Informatiker. Was mich aber sowohl beruflich als auch privat sehr ärgert, und meine Meinung vom ganzen Indy-Sektor maßgeblich eintrübt ist "Fachsprache als Geheimwissen". Wenn ich durch einen Fachausdruck entweder präzision oder entscheidend an kürze gewinne, dann soll es eben so sein. "Adaptive Radiation" ist z.B. meiner Ansicht nach ein sehr guter Fachausdruck aus der Biologie. Etliche CS- oder RPG Fachausdrücke dagegen haben als primärziel nicht, informationen zu vermitteln, sondern sie zu limitieren, und dem eingeweihten Kreis vorzubehalten. Erst mit Initiation (hinreichend langer Beschäftigung in den "richtigen" Zirkeln) wird einem die Bedeutung offenbart. Sorry, aber das Zeitalter der mittelalterlichen Alchemisten haben wir hinter uns. Insofern: "Hit Points" statt "Abstraktes Maß für die Fähigkeit des Charakters, Angriffen zu wiederstehen", ok. "Flag" anstelle von "Motivierendes Ziel" nicht ok. IMHO natürlich.

So, aber mehr darüber wäre zumindest in diesem Thread offtopic. Falls gewünscht, bitte eröffne ein neues Thema.

Offline Crimson King

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #23 am: 11.07.2008 | 09:56 »
Es ist logisch, dass guter Leitstil von den Spielern abhängt, für die man leitet. Aber Jörg sagt auch ganz klar, dass Werkzeuge, die er benutzt, bei anderen Leitstilen unter Umständen nicht mehr passen.

Ich arbeite auch mit Metaplot. Allerdings improvisiere ich den aus einer Ideensammlung, anstatt ihn vorab zu notieren.

Ich arbeite auch mit R-Maps. Allerdings nur zu Hause. Meine R-Map umfasst alle relevanten Charaktere und ist damit zu groß, um in der Spielsitzung verwendet werden zu können. Weil die Spieler die Map nicht kennen, kann ich sie nach Belieben abändern, wenn mir im Nachhinein gute Ideen kommen.

Kleine R-Maps, die sich auf Gruppen bis zu 10 Personen beziehen, sind für mich im Übrigen bedeutungslos. Was da drauf steht, kann ich mir auch so merken. Ich kenne meine relevanten NSCs und ihre Motivationen den anderen Personen gegenüber. Da ist aber jeder anders.

Improvisation sehe ich im Übrigen nicht als Tool zur Arbeitserleichterung an. Improvisation ist eine Methode, die ein SL beherrschen muss. Selbst ein Railroader wird hin und wieder feststellen, dass er eine Lücke in der Planung hat und einen NSC oder ggf. eine ganze Szene improvisieren. Zum Glück wächst das Improvisationsvermögen mit Erfahrung. Wenn ein SL in eine nichtvorbereitete Szene gerät, aber vorher im Laufe der Jahre bereits 10 ähnliche Szenen geleitet hat, wird er keine Mühe haben, die Szene mit Leben zu füllen.

Und Flag Framing ist ein perfekter Fachausdruck.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Ein

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Re: Modernes leiten und Arbeitserleichterungen für den SL.
« Antwort #24 am: 11.07.2008 | 10:30 »
Jede Methode muss erst beherrscht werden.