Autor Thema: Gibt es eine Trennung zwischen den Zielen des Spielers und des Charakters?  (Gelesen 8517 mal)

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Chiungalla

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Um eine Hintergrundgeschichte kann man wunderbar Plots schmieden, welche die Charaktere direkt motivieren.

Will man das nicht, (oder auch zusätzlich), wäre ein grober Abriss der Persönlichkeit des Charakters eigentlich viel nützlicher fürs Rollenspiel, als die klassische Hintergrundgeschichte.

Offline Drudenfusz

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Finde Hintergrundgeschichten oder eine Darlegung der Persönlichkeit des Charakters meist beide gleich nutzlos. Frage lieber was die Spieler mit dem Charakter eigentlich wollen, statt zu hoffen das meine Menschenkenntnis mich nicht trügt. Wenn mir Spieler einen Hintergrund zum Charakter liefern (mir reicht da ein Satz, so wie oliof es gezeigt hat auch aus), dann wird immer noch mal nachgefragt ob die Dinge darin auch in der Kampagne vorkommen sollen (in oliofs Beispiel die Mine, ansonsten häufig Bezugspersonen, wie Familie oder Mentoren).

Ansonsten spielt bei mir in meinen Runden die Meta-Ebene immer mit, frage die Spieler warum sie glauben das ihr Charakter überhaupt in diese Kampagne gehört und was sie eigentlich von der Kampagne erwarten. Gebe gerne auch einen thematischen Rahmen für die Kampagne an. Der Charakter ist also letztendlich nur ein Spielstein, und mich interessiert immer wesentlich mehr was die Spieler denken als das was der Charakter denkt (auch wenn man in meinen Runden gerne auch die Gedanken des Charakters im Spiel preisgeben kann, damit die Mitspieler durch diese Transparenz den Charakter besser verstehen können).
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Offline Haukrinn

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Wenn ihr Drudenfusz' Posting um die ganzen fehlenden Pronomen ergänzt, dann stimme ich seiner Meinung vorbehaltlos zu. Ich sehe den Weg über die Charakterziele die Spielerziele zu ermitteln auch als relativ nutzlos an.

Das liegt aber vielleicht auch daran, dass irgendwer uns allen über Jahre hinweg eingebläut hat, Spieler- und Charakterwissen und -verhalten zu trennen und sich alle deshalb immer bemühen, ihre Charakterziele möglichst kryptisch und metaphernreich auszudrücken, damit man die Spielerziele nicht mehr erkennt...  :P
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Offline Johannes

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Ich sehe es auch so, dass die Ziele getrennt sind - jedenfalls bei mir und in der großen Mehrzahl alles Fälle.
Ich als Spieler möchte spannende und fesselnde Geschichten erleben, während meine Charaktere meistens eigentlich nur ihre Ruhe haben wollen.

Der Charakter will das Ziel, der Spieler will den Weg zum Ziel. Oder so ähnlich.

Viele Grüße
Johannes

Offline Arbo

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Beides ist konstruiert, d.h. der Spieler konstruiert sich seine eigenen Ziele und die des Charakters. Qualitativ mag es einen Unterschied geben, völlig sicher kann aber niemand sagen, ob die Ziele des Charakters unterbewusst durch die Ziele des Spielers gefärbt sind. Ich vermute, dass die Ziele des Chars aber auf jeden Fall auf den Spieler bezogen "subjekt-typisch" sind - es gibt m.E. keinen "objektiven Charakter".

Daher: Es mögen zwar Unterschiede zwischen Spieler- und Charzielen empfunden werden, beide sind aber trotzdem nicht unabhängig von einander.

Arbo
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Offline Drudenfusz

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Beides ist konstruiert, d.h. der Spieler konstruiert sich seine eigenen Ziele und die des Charakters. Qualitativ mag es einen Unterschied geben, völlig sicher kann aber niemand sagen, ob die Ziele des Charakters unterbewusst durch die Ziele des Spielers gefärbt sind. Ich vermute, dass die Ziele des Chars aber auf jeden Fall auf den Spieler bezogen "subjekt-typisch" sind - es gibt m.E. keinen "objektiven Charakter".

Daher: Es mögen zwar Unterschiede zwischen Spieler- und Charzielen empfunden werden, beide sind aber trotzdem nicht unabhängig von einander.
Sicher läßt sich sich das wirklich nicht voneinander trennen, aber dennoch sind gewisse Dinge einfach nur Deteils die im Spiel aber keine Rolle spielen, zum Beispiel hat die Lieblingsfarbe meines Charakters meist überhaupt keine Auswirkungen aus das Abenteuer, wenn jetzt eine Situation entsteht in welcher der Spielleiter damit spielen will (zum Beispiel welche farbe hat der Draht den man durchschneiden muß um die Bombe zu entschärfen), dem Spieler das aber völlig egal ist was die Lieblingsfarbe des Charakters in dieser Situation ist, dann kann man sich auch gleich knicken diese irgendwie ins Abenteuer einzubauen. Das ist natürlich nur ein Beispiel, aber letztendlich gilt das für alles was ein Spieler zu seinem Charakter angibt. Will Sagen die Ziele können deckungsgleich sein, müssen es aber nicht, deshalb immer nachfragen, statt einfach zu machen...
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Offline Joerg.D

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Hm, zur Persönlichkeit des Charakters will ich eigentlich nie etwas wissen, wenn wir anfangen zu spielen, da sich diese nach meiner Erfahrung erst im Spiel wirklich entwickelt. Ich erlebe ziemlich oft, das sich Charaktere deutlich von dem entfernen, was sie zum Anfang sein sollten, weil der Spieler aus den erlebten Abenteuern Motivationen und Charakteränderungen ableitet.

Aber ich bin für mich zu einem Fazit gekommen:

Die Ziele vom Charakter und dessen Spieler können sehr unterschiedlich sein und man muss als SL versuchen, die Ziele des Spielers zu zu erkennen, damit dieser langfristig Spaß am Spiel hat. Der Charakter als Konstrukt muss Ziele haben aufgrund derer sein Spieler dessen Verhalten abwägen oder sich in ihn hinein versetzen kann. Deshalb ist es notwendig, diese Charakter-Ziele mit den Vorlieben des Spielers zu harmonisieren um einen langfristig attraktiven Charakter zu erhalten.

Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Chiungalla

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Zitat
Die Ziele vom Charakter und dessen Spieler können sehr unterschiedlich sein und man muss als SL versuchen, die Ziele des Spielers zu zu erkennen, damit dieser langfristig Spaß am Spiel hat. Der Charakter als Konstrukt muss Ziele haben aufgrund derer sein Spieler dessen Verhalten abwägen oder sich in ihn hinein versetzen kann.

Bis hierhin stimme ich Dir zu, und finde das es eine gute Zusammenfassung ist.

Ab hier widersprechen wir uns dann wieder:
Zitat
Deshalb ist es notwendig, diese Charakter-Ziele mit den Vorlieben des Spielers zu harmonisieren um einen langfristig attraktiven Charakter zu erhalten.

Die Ziele des Charakters können diametral entgegengesetzt zu denen des Spielers sein.

Problematisch für den Spielspaß wird so etwas erst dann, wenn der Charakter Ziele erreicht, die der Motivation des Spielers nicht entsprechen.

Deshalb ist es ja auch sehr wichtig, da die Motivation des Charakters massiv von der Motivation des Spielers zu trennen als Spielleiter. Denn nur so weis man, wo man dem Spielspaß des Spielers hilft, wenn man ihm Stolpersteine in den Weg legt, und wo nicht.

Wie gesagt, ein gutes Beispiel ist dafür Shadowrun und das liebe Geld:

Mein Charakter mag allen anderen Charakteren und deren Spielern tierisch auf den Geist gehen und ihnen den letzten Nerv rauben, während er davon schwadroniert das er gerne stein reich wäre, und irgendwo in seinem Privatsee in Seatle Bellvue von seiner Privatyacht aus fischen möchte.

Ich mag den Charakter sogar so spielen, dass er alles daran setzt reich zu werden.
Mir Tricks und Schliche ausdenken die Gruppenmitglieder und Mr. Johnson zu übertölpeln, keine Gelegenheit für einen Bonus oder eine Nebeneinnahme verstreichen lassen, u.s.w.

Aber ich als Spieler möchte nicht, dass der Charakter wirklich schweine reich wird, und hoffe das mir der Spielleiter so viele Stolpersteine in den Weg legt, dass mein Charakter niemals reich wird.
Denn wenn er erst einmal reich ist, ist er als Charakter relativ uninteressant.

Als Fazit würde ich sagen:
Wenn Motivation von Charakter und Spieler auseinander gehen, ist es wichtig das der Spielleiter auf die Wünsche des Spielers achtet, und die Wünsche des Charakters nötigenfalls torpediert.

Wenn Motivation von Charakter und Spieler in die gleiche Richtung laufen, dann sollte man es als Spielleiter zwar auch schwierig gestalten, damit es eine Herausforderung gibt, aber am Ende sollten Charakter und Spieler ihr Ziel erreichen können.

Offline Arbo

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Motivation von Charakter und Spieler MASSIV trennen? Charaktere, deren Wünsche torpediert werden müssen? Also "Charaktere" mit Eigenleben?

Sagt mal, haben wir es hier mit Schizophrenen zu tun oder was?

Nochmal: Eine Spielpartei konstruiert und interpretiert die Ziele und Wünsche ihres Charakters, daher sind die "Charakterwünsche" immer subjektiv gefärbt von den Zielen, Ideen und Wünschen der SpielerInnen. Es gibt keine "eigenständigen Charakterwünsche", sondern nur das, was eine Spielerinn als Charakterwünsche kreiert, interpretiert oder einschätzt. Mit anderen Worten: Eine Spielerinn mag zwar der Meinung sein, dass ihr Charakter bestimmten eigenen Motivationen folgt, aber dennoch ist sie es, die diese Wünsche und Motivationen "festlegt".

Wenn diese Charakterwünsche nicht unbedingt bewusst bestimmten eigenen Motivationen folgen (Rollenspiel ist ja eine Tätigkeit, die aus einer bestimmten Motivation heraus betrieben wird!), dann sind diese doch zumindest durch sämtliche Einflüsse, die auf eine Spielerinn wirken, mit beeinflusst. Wenn jemand schlecht drauf ist, wird sich der Charakter ganz anders darstellen als zu Zeiten, in denen eine Spielerinn - aus welcher Motivation heraus auch immer - regelrecht danach dürstet, ihren Char zu spielen.

Insofern halte ich es auch für an den Haaren herbei gezogen, hier so zu tun, als ob der Charakter ein Eigenleben bekäme, welches sich der Spielerpartei entzöge. Praktisch wird es doch eher so laufen, dass eine Spielerpartei die Charakterwünsche und -motivationen - im Zweifel - an den eigenen Befindlichkeiten ausrichtet. Da kommt höchstens ein "inkonsequentes Spiel" heraus, aber nichts, was dem Spieler oder der Spielerin nicht in den Kram passt. Es sei denn, es wird eine ausgeprägte Neigung zum mentalen Masochismus unterstellt. ;)

Analytisch mag es zwar sinnvoll sein, zwischen dem zu trennen, was eine Spielerin möchte und dem, von dem mensch (SL oder Spielerin) meint, was den Charakter motiviert. Allerdings darf nicht aus dem Blickfeld geraten, dass dieser Charakter in gewisser Hinsicht ein "Instrument" / Werkzeug für die Spielerinnen darstellt. Insofern ist es vielleicht nicht verkehrt, wenn sich Mitspielerinnen und Spielleiter fragen, was eine Spielerin über die Motivationen ihres Charakters denkt - wie der Charakter durch sie also motiviert ist und im Spiel handelt. Gleichwohl spielen dabei sicher auch persönliche Faktoren eine Rolle, so dass es immer zu kurz greift, sich nur (!) auf das zu stürzten, von dem mensch meint (!), dass es einen bestimmten Charakter motiviert.

Während sich also allgemein von einer Motivation der Spielerinnen sprechen lässt, ist eine "Charaktermotivation" nie ohne just die Spielerinnenmotivation zu betrachten. Alles andere wäre bevormundend oder autistisch.

Arbo
« Letzte Änderung: 26.07.2008 | 02:04 von Arbo »
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Chiungalla

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Und was glaubst Du jetzt zu dieser Diskussion beigetragen zu haben, was nicht eh schon jedem bewusst war?

Natürlich legt der Spieler die Motivation des Charakters fest.
Und natürlich gibt es Varianzen wie ein Spieler den Charakter spielt, abhängig von seinen Stimmungen.

Darum geht es allerdings nicht in dieser Diskussion.

Vielmehr geht es darum, dass die Motivation die sich ein Spieler für seinen Charakter ausgedacht haben kann, massiv davon abweichen kann, was ein Spieler im Spiel tatsächlich erleben möchte, was also seiner eigenen Motivation entspricht.

Natürlich könnte man jedes mal alles was Du da schreibst als Disclaimer an seine Posts ranhängen, aber wozu wäre das gut?

Und es ist überhaupt nicht Schizophren einen Charakter spielen zu wollen, der von seinem Spieler andere Motivationen bekommt, als der Spieler selbst besitzt.

Sondern das resultiert nicht selten aus der Motivation des Spielers einen interessanten und glaubwürdigen Charakter zu spielen, welcher sich von den den letzten zwanzig Charaktern unterscheidet.

Offline Drudenfusz

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@ Arbo: hältst du eigentlich deine Mitmenschen immer für dumm?

Meine Charaktere haben sehr häufig mehrere teils sich widersprechende Motivationen (so wie das auch im Wahren leben ist, man will Dinge die sich nicht unbedingt vereinen lassen, zum Beispiel Kariere machen und gleichzeitig ein guter Vater sein) und das hat noch nicht mal was mit mir als Spieler zu tun. Nehmen wir zum Beispiel mal den Film Die Hard, John MacLain will seine Familie zu Weihnachten besuchen, aber der Zuschauer will ihn barfuß durch Glasscherben laufen sehen, und genau so ist das auch im Rollenspiel, nur das da die Zuschauer die Spieler sind. Diese Diskrepanz kann für innere Konflikte sorgen, welche das Spielerlebnis am Tisch fördern können. Mich macht das zumindest an, während mich es eher langweilt wenn mein Charakter alles bekommt was meine Wenigkeit für ihn haben will (solange man nur darauf warten muß). Wenn mir ein Spielleiter also ständig versucht meinen Charakter zu beglücken, dann geht für mich der Reitz verloren ihn zu spielen, für mich sind Konflikte das Mittel um mich als Spieler bei Laune zu halten, den nur wenn Entscheidungen getroffen werden müssen entwickelt sich etwas (und das ist, zumindest für mich, der springende Punkt bei jeglicher Charakterentwicklung).
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Offline Arbo

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@ Chiungalla:

Ob das nicht schon  bewusst ist, mag ich ernsthaft zu bezweifeln! Deine vorherigen Posings lasen sich nämlich wie, als ob da ein Charakter auf einmal ein "mysteriöses Eigenleben" entgegen (!) der Spieler entwickeln könnte.

Das ein bestimmtes Charakterkonzept eventuell nicht das geeignete "Instrument" / der geeignete Weg ist, mit dem eine Spielerin oder eine Spieler ihre eigenen Motivationen gerecht werden, das klang hier nicht sonderlich stark an. Und DAS ist ein wesentlicher Unterschied zu diesen verkürzten Verallgemeinerungen a la "Trennung von Spielerwünschen und Charakterwünschen".

Davon abgesehen hat es schon etwas Eigenartiges, in fast schon paternalistischer Weise für sich in Anspruch nehmen zu wollen, dass ein Spieler oder eine Spielerin den "falschen" Charakter bzw. mit den "falschen" Motivationen spielt. Da könnte ja auch gleich den SpielerInnen klar gemacht werden, wie sie ihren Char spielen sollen!

Und was ist das überhaupt für ein Blödsinn, den Du oben behauptest, dass sich ein Charakter "entgegen" dem Spielerwunsch entwickelt? Dass Charakterwünsche die Spielerwünsche torpedieren kam ja nicht aus meiner Feder. "Aua, aua. Mein Charakter schlägt mich!" ... DAS wäre schizophren!

Denn nochmal: In der Praxis wird eine Spielerpartei nicht unbedingt so spielen, dass es ihr "unangenehm" ist, sprich, der Charakter wird doch nicht "gegen sich selbst" ausgelegt. Es wird wohl höchstens inkonsequent gespielt (der ehrliche Dieb, der dann doch ein hinterhältiger Abzocker ist). "Ausnahmen" sind Fälle, in denen einem vom SL etwas auf's Auge gedrückt wird. Ausnahmen in Anführungsstrichen, weil hier möglicherweise ein solch wohlwollender SL vorliegt, der natürlich schon immer alles das kapiert hat, was Du so in Deinen (!) Charakter hinzulegen gedenkst.

Es ist irgendwie schon ziemlich anmaßend, sich hinzustellen, und so zu tun, als wisse mensch ganz genau, was die Wünsche des Charakters sind. Das kann im Grunde nur die Spielerin oder der Spieler selbst wissen. Das ist banal. Offenbar dämmert's aber vielen nicht wirklich. Sonst würde sich viel mehr mit den Motivationen der SpielerInnen beschäftigt werden. Als ob DAS nicht schon schwierig genug wäre. Insofern machen auch solche Regeln wie "Im Zweifel für die Spieler!" Sinn. Diese setzt sich nämlich - im Zweifel - über das vom SL interpretierte Charakterbild hinweg.

Gerade weil ich als SL nicht wirklich wissen kann, wie die Wünsche des Charakters vom Spieler oder der Spielerin zum jeweiligen Zeitpunkt und in der jeweiligen Situation "konstruiert" werden, sollte ich mich doch eher an der Motivation der echten SpielerInnen orientieren. Da bediene ich nicht das omionöse - und von mir interpretierte - Eigeneleben eines (fremden) Charakters, ich bediene die Motivationen der Spielerpartei.

[Edit]

@ Drudenfusz:

In dem speziellen Fall sollte ich Dir lieber keine Antwort geben, insb. nach meinem obigen Text nicht. ;)

Nein, im Ernst. Der Punkt ist, dass, wenn Du einen Charakter "leiden" sehen möchtest, das auch irgendwie speziellen Vorstellungen Deinerseits entspringt. Soll der Charakter McLain durch Glasscherben laufen, kein Problem, dann macht der das ... wenn Du das cool findest. Soll McLain das alles machen, obwohl er lieber zu Weihnachten @home sein möchte ... dann wirft er sich halt in Abenteuer, weil das Deine Vorstellung von "Heldentum" verstärkt und Du Dich bei diesen Vorstellungen gut fühlst.

Außerdem solltest Du beachten: Dass McLain bspw. lieber @home sein möchte, ist DEINE Interpretation. Vielleicht gibt es aber auch andere: Seine Frau hatte gerade eine Affaire, seine Kinder sind - in "seinen" Augen - undankbare Gören, die nur Geld verschlingen, McLain ist ggf. suicid-gefährdet ... Alles das mögen auch Interpretationen sein, die alle die von Dir genannten Punkte ebenfalls begründen können, aber die das alles in einem ganz anderen Licht darstellen.

Nun will ich nicht leugnen, dass es "Konflikte" gibt, die das Spiel beflügeln können. Ich halte es aber für eine dumme Angewohnheit, davon auszugehen, ich als SL wüsste immer, wie ein Charakter "funktioniert" und müsste ihn damit auf den "rechten Weg" bringen. Sicher ist es vielleicht auch nicht förderlich, den Spielerinnen immer "alles" zu bieten. Aber das hängt auch wieder mit der Spielermotivation zusammen. SpielerInnen, die gerne "Konflikte" austragen wollen, sind halt dadurch motiviert. Insofern kann ein SL versuchen, dies entsprechend im Spiel zu bedienen.

Es ist m.E. aber nicht ganz "clever", dabei die Motivation der Spieler außen vor zu lassen und so zu tun, als ob einzig etwas im Spiel - im (Er-) Leben des Charakters - geändert werden müsse, um das Spiel in Schub zu bringen. Was heute funktioniert, funktioniert morgen nicht mehr. Trotz aller "Spielweltlogik".

Und selbst bei allem Konfliktreichtum, wirst Du es sicher als negativ empfinden, wenn der SL Deinen Charakter "demontiert". Dies deutet meiner Meinung nach mehr auf eine Störung der allgemeinen Spielermotivation hin, bei der ich bezweifle, ob sich ein Spieler freiwillig in der eigenen Motivation ähnlich stark "stören" würde. Insoweit gehen Charakter und Spieler immer Hand hin Hand. (Meinem Gefühl nach muss es da zumindest gewisse Grenzen (no gos) geben, in der bestimmte Konflikte nicht akzeptiert werden.)
« Letzte Änderung: 26.07.2008 | 12:23 von Arbo »
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Offline Drudenfusz

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    • Also schrieb Drudenfusz
@ Arbo: Habe dich vielleicht mißverstanden gehabt (du drückst dich ja auch etwas umständlich aus).

Nebenbei habe es schon mehrfach erlebt, daß sich ein Charakter entgegen den Wünschen des Spielers entwickelt hat, meist durch eine Entscheidung die er im nachhinein gerne rückgängig gemacht hätte, egal ob zu der Gruppe zu liebe oder weil die Situation blöde war (hatte zum Beispiel mein einen Charakter welcher mit Schußwaffen schlechte Erfahrungen gemacht hat gebaut, nur um dann gleich am ersten Spielabend in einer Situation zu stecken die sich nur mit einer Schußwaffe lösen lies und diese war auch in Reichweite, ansonsten wäre mein Charakter gestorben, daß hat mir irgendwie den Charakter verdorben). Will also sagen, egal was der Spieler über seinen Charakter schreibt oder sagt was dieser will, es geht immer nur darum was der Spieler eigentlich will (und das läßt sich einfach nicht immer erkennen, nicht mal bei Leuten die man glaubt zu kennen). Aber glaube das dies inzwischen hier den meisten klar ist, auch wenn man manchmal etwas aneinander vorbeiredet...
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Eulenspiegel

  • Gast
Und was ist das überhaupt für ein Blödsinn, den Du oben behauptest, dass sich ein Charakter "entgegen" dem Spielerwunsch entwickelt?
Der Charakter entwickelt sich ja nur entgegen den Spielerwunsch, wenn der SL etwas falsch interpretiert.

Am Beispiel "Die Hard":
Der Charakter möchte seine Familie zu Weihnachten besuchen.
Der Spieler möchte, dass sein SCs barfuß durch Glasscherben wetzt und ein mörderisches Abenteuer am Flughafen erlebt.

Wenn der SL in der lage ist, diese beiden Wünsche zu unterscheiden, ist der Spieler am Tisch glücklich. - Wenn der SL jedoch den Fehler macht und denkt, der SL möchte, dass sein SC die Weihnachten bei seiner Familie verbringt, dann führt das zu Unzufriedenheit bei dem Spieler.

Zitat
Denn nochmal: In der Praxis wird eine Spielerpartei nicht unbedingt so spielen, dass es ihr "unangenehm" ist, sprich, der Charakter wird doch nicht "gegen sich selbst" ausgelegt.
Das behauptet doch auch keiner!

Zitat
Es ist irgendwie schon ziemlich anmaßend, sich hinzustellen, und so zu tun, als wisse mensch ganz genau, was die Wünsche des Charakters sind. Das kann im Grunde nur die Spielerin oder der Spieler selbst wissen. Das ist banal.
1) Genau! 1005 getroffen:
Der Spieler weiß, was die Wünsche seines Chars sind. Und der Spieler weiß auch, was seine eigenen Wünsche sind.
Und die Kunst des SLs ist es jetzt, diese beiden Wünsche auseinanderhalten zu können.

2) Ja, das ist tatsächlich banal. Um so mehr wundere ich mich, dass du ein ganzes Post damit verschwendet hast, diese Banalität niederzuschreiben.

Zitat
Gerade weil ich als SL nicht wirklich wissen kann, wie die Wünsche des Charakters vom Spieler oder der Spielerin zum jeweiligen Zeitpunkt und in der jeweiligen Situation "konstruiert" werden, sollte ich mich doch eher an der Motivation der echten SpielerInnen orientieren.
Richtig. Das wird doch schon die ganze Zeit über behauptet.

Zitat
Außerdem solltest Du beachten: Dass McLain bspw. lieber @home sein möchte, ist DEINE Interpretation.
Genau. Das ist aber keine Interpretation, sondern dass ist meine Festlegung. ICH als Spieler darf schließlich entscheiden, was meinen Char motiviert. Das heißt, ich interpretiere nicht, ich lege fest.
Und ich lege hiermit fest, dass mein Char eine andere Motivation hat als ich.

Chiungalla

  • Gast
Das ein bestimmtes Charakterkonzept eventuell nicht das geeignete "Instrument" / der geeignete Weg ist, mit dem eine Spielerin oder eine Spieler ihre eigenen Motivationen gerecht werden, das klang hier nicht sonderlich stark an. Und DAS ist ein wesentlicher Unterschied zu diesen verkürzten Verallgemeinerungen a la "Trennung von Spielerwünschen und Charakterwünschen".

Das klingt hier nicht sonderlich stark an, weil es eine komplett andere Thematik ist.

Hier geht es darum, dass ein Charakter eine andere Motivation haben kann, als der Spieler welcher ihn spielt. Und das ganz ausdrücklich ohne daraus ableiten zu wollen, dass das dann der falsche Charakter für den Spieler ist.

Davon abgesehen hat es schon etwas Eigenartiges, in fast schon paternalistischer Weise für sich in Anspruch nehmen zu wollen, dass ein Spieler oder eine Spielerin den "falschen" Charakter bzw. mit den "falschen" Motivationen spielt. Da könnte ja auch gleich den SpielerInnen klar gemacht werden, wie sie ihren Char spielen sollen!

Tue ich nicht im geringsten. Das interpretierst Du nur in meine Aussagen rein.
Ich finde es vollkommen okay, wenn jemand einen Charakter spielt, dessen Motivationen stark von denen seines Spielers abweicht.

Und was ist das überhaupt für ein Blödsinn, den Du oben behauptest, dass sich ein Charakter "entgegen" dem Spielerwunsch entwickelt? Dass Charakterwünsche die Spielerwünsche torpedieren kam ja nicht aus meiner Feder. "Aua, aua. Mein Charakter schlägt mich!" ... DAS wäre schizophren!

Von Charakteren die Spielerwünsche torpedieren, wurde in diesem Thread nicht ein einziges mal geschrieben. Lese das bitte noch mal richtig!

Es war nur die Rede davon, dass ein Spielleiter in bestimmten Konstellationen die Wünsche eines Charakters torpedieren muss/sollte, wenn das den Wünschen des Spielers dient.

Das ist etwas sehr anderes, als ein Charakter der Spielerwünsche torpediert, glaubst Du nicht auch?

Denn nochmal: In der Praxis wird eine Spielerpartei nicht unbedingt so spielen, dass es ihr "unangenehm" ist, sprich, der Charakter wird doch nicht "gegen sich selbst" ausgelegt.

Natürlich wird er das.
Das kommt immer wieder in jeder Form von Fiktion vor.

Am Ende der Geschichte kriegt der Charakter vielleicht was er möchte.
Bis dahin allerdings bekommt der Leser/Zuschauer/Spieler was er möchte, und das läuft oft genug diametral entgegengesetzt zu dem was der Charakter möchte.

John Rambo möchte mit dem ganzen Militärscheiß gar nichts zu tun haben.
Aber der Zuschauer und der Regisseur haben eine ganz andere Motivation, sie wollen Rambo die Eingeweide von bösen Burschen über die halbe Welt verstreuen lassen.

Hätte John Rambo ein tief sitzendes Bedürfnis zum Massenmord, wäre die Geschichte eine ganz andere (und würde vermutlich aus einer anderen Perspektive als der von John Rambo erzählt werden).

Deshalb wählt der Drehbuchautor das Verhalten von John Rambo und seinem Umfeld eben genau so, dass er sich möglichst glaubwürdig lange ziert, und dann doch loszieht zum Massaker.

Im Rollenspiel wäre das Äquivalent dazu, dass der Spieler ingame versuchen würde, dass sein Charakter sich im glaubwürdigen Maße ziert, aber der Spielleiter dann halt genügend starke Ingame-Argumente schafft, damit John Rambo letztendlich doch auf den Kriegspfad zieht.

Wie z.B. durch den entführten Freund in einem der Teile.

Es ist irgendwie schon ziemlich anmaßend, sich hinzustellen, und so zu tun, als wisse mensch ganz genau, was die Wünsche des Charakters sind. Das kann im Grunde nur die Spielerin oder der Spieler selbst wissen.

Und wo habe ich das bestritten?

Offenbar dämmert's aber vielen nicht wirklich. Sonst würde sich viel mehr mit den Motivationen der SpielerInnen beschäftigt werden. Als ob DAS nicht schon schwierig genug wäre. Insofern machen auch solche Regeln wie "Im Zweifel für die Spieler!" Sinn. Diese setzt sich nämlich - im Zweifel - über das vom SL interpretierte Charakterbild hinweg.

Und offenbar dämmert Dir immer noch nicht im geringsten worum es in diesem Thread geht.

Es geht ja im Grunde gerade darum, dass man sich als Spielleiter um die Motivation und Wünsche seiner Spieler kümmern soll.

Und dabei muss man eben bedenken, dass die Motivation der Spieler nicht immer die selbe sein muss, wie die des Charakters.

Wenn der "Spieler" von John Rambo in seine Charakterbeschreibung reingeschrieben hat, dass John Rambo in Frieden alt werden möchte, dann tut der Spielleiter ihm nun einmal keinen Gefallen, wenn er diesen Wunsch in Erfüllung gehen lässt.

Man macht einfach einen riesigen Fehler, wenn man aus den Wünschen und Motivationen eines Charakters auf die Wünsche und Motivationen eines Spielers schließen möchte.
Um mehr ging es hier nie.

Offline Merlin Emrys

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In der Praxis wird eine Spielerpartei nicht unbedingt so spielen, dass es ihr "unangenehm" ist, sprich, der Charakter wird doch nicht "gegen sich selbst" ausgelegt.
Natürlich wird er das.
In der Tat! Wenn man miteinander spielt und die Einflüsse, die andere Spieler (einschließlich des Spielleiters) nehmen, ist der Gedanke gar nicht so fernliegend. Man kann sicher auch unbeeinflußt spielen, aber - ich muß zugeben, daß mich Runden, in denen ich auch für den von mir gespielten Charakter Einflüsse aus der gespielten Handlung und Umgebung zulasse und aufnehme, mehr gepackt haben (was für mich ein positives Spielerlebnis darstellt).
Ein guter Spielleiter, eine geeignete Gruppe und gute Laune bei mir können auch für eine ganze Weile eine stabile Diskrepanz zwischen den Charakterzielen und meinen eigenen aufbauen. Das funktioniert nur, wenn ich den anderen vertraue, und dann deshalb, weil ich die Plausibilität der fiktiven welt als ein sehr hohes Gut einschätze, der ich andere Wünsche unterordne. Wenn also die Plausibilität der inneren Welt gewahrt werden muß, indem ich meinem Charakter Ziele zuweise, die er plausibel in so einem Moment haben muß, dann bin ich dazu durchaus bereit (eben weil mein Ziel, die Spielwelt unbeschädigt zu wahren, mir wichtiger ist als das Ziel, meinen Charakter in jedem Moment nach meinem Wunsch steuern zu können). Wer immer mir diese Diskrepanz zumutet, muß allerdings wissen, "wann es gut ist", und mir Rückwege offenhalten, für den Fall, daß sich meine Laune verschlechtert - und ich muß das schon wissen, deshalb geht es nicht ohne Vertrauen.
Aber wenn mein Charakter (wenn auch auf meine Entscheidung hin) ein Ziel als sein eigenes übernimmt, auf das ich nie gekommen wäre, wenn es mir nicht jemand aus der Runde auf dem Silberteller serviert hätte: Ja, dann hat er für mich ein "Eigenleben", dann ist er zwar immer noch ganz und gar der von mir gespielte Charakter, aber nicht mehr einer, der nur von mir definiert worden wäre.
Dem Charakter, den ich spiele, auch mal 'Freiheit von mir zu geben', bereichert das Spiel und mich. Wenn ich ihm dazu gedanklich etwas zugestehen muß (Eigenständigkeit), das er in irgendeiner allzu formal-rationalen Betrachtung ja gar nicht haben kann, dann kümmert mich das auch nicht weiter; die Freiheit habe dann wiederum ich, zu sagen: Es ist eine Betrachtungsweise, die in dieser Situation von echtem Vorteil ist, also nehme ich sie für diese Fälle.

Offline Bad Horse

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Gerade wegen dieses Plausibilitätswunsches kommt es häufig zu Konflikten in den Zielen eines einzelnen Spielers.

Typischer Fall: Paladin kriegt mit, dass Dieb eine Maid meuchelt. Der Spieler des Paladins hat jetzt einen Konflikt in seinen eigenen Zielen: Er würde a) gerne eine harmonische Spielrunde haben, was leider ausschliesst, dass der Paladin den Dieb einfach der Wache übergibt, b) will er aber auch einen plausiblen Charakter mit festen Moralvorstellungen spielen, was ausschliesst, dass der Paladin das Ganze einfach ignoriert.

Diese Vorstellung eines plausiblen Charakters führt dann häufig zu der Aussage "Mein Charakter würde aber nie...". Streng genommen müsste es hier dann wohl heißen: "Wenn mein Charakter für mich plausibel bleiben soll, was ich als Spieler möchte, dann kann er nicht..."

Mag banal sein, finde ich aber eine interessante Erkenntnis. Schließlich ist der Wunsch eines Spielers nach einem plausiblen Charakter ja durchaus legitim.

Zum Thema Trennung: Klar gibt es die. Es gibt ja auch eine Trennung zwischen den Zielen des SL und der NSCs (hoffentlich zumindest).  ;)
Mein Charakter beim Großen wollte eigentlich nur seine Ruhe und hat auch bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit versucht, die Gruppe zu verlassen und bloß abzuhauen. Ich als Spieler wollte das nun ganz und gar nicht, und meine lieben Mitspieler haben auch sehr schön reagiert und ihn nicht gelassen.  ;)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Pyromancer

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Gerade wegen dieses Plausibilitätswunsches kommt es häufig zu Konflikten in den Zielen eines einzelnen Spielers.

Typischer Fall: Paladin kriegt mit, dass Dieb eine Maid meuchelt. Der Spieler des Paladins hat jetzt einen Konflikt in seinen eigenen Zielen: Er würde a) gerne eine harmonische Spielrunde haben, was leider ausschliesst, dass der Paladin den Dieb einfach der Wache übergibt, b) will er aber auch einen plausiblen Charakter mit festen Moralvorstellungen spielen, was ausschliesst, dass der Paladin das Ganze einfach ignoriert.

Man kann als Spieler aber auch aktiv dafür sorgen, dass der eigene Charakter bestimmte Dinge einfach nicht mitkriegt.
Wir hatten mal einen Spieler, der hat einen Ghul gespielt. Da war klar: Sobald das rauskommt, ist der Charakter tot. Nun gut, war er am Ende dann auch (und es war auch jedem klar, dass diese Konstellation nicht ewig gutgeht), aber es ist schon erstaunlich, wie lange man das mit ein bisschen gutem Willen durchziehen kann, ohne den eigenen Charakter zu sehr zu verbiegen.

Offline Bad Horse

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Klar geht das. Dafür muss man sich als Spieler aber auch klar sein, dass "Plausibilität" und "Gruppenharmonie" zwei Ziele sind, die man gerne unter einem Hut hätte. Und den Mitspielern am besten auch.  ;)
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Offline Joerg.D

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Nun ja, in dieser Diskussion geht es ja eher darum, was der SL dem Spieler und seinem Charakter für Ziele gibt. Das hat Chiungalla schön mit dem John Rambo Beispiel gesagt.

Der Charakter will das ganze Metzeln nicht, aber der Spieler hätte es gerne. Also muss der SL dafür sorgen, dass der Charakter die nötige Motivation bekommt in den Krieg zu ziehen und der Spieler so seinen Wunsch erfüllt bekommt.

Das Beispiel mit dem Paladin oder dem Ghoul ist eine Frage, wie der Spieler-Wunsch nach Harmonie die Handlungen des Charakters beeinflusst. Dazu könnte man quasi einen eigenen Tread aufmachen.
Wer schweigt stimmt nicht immer zu.
Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline reinecke

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Das Beispiel mit dem Paladin oder dem Ghoul ist eine Frage, wie der Spieler-Wunsch nach Harmonie die Handlungen des Charakters beeinflusst. Dazu könnte man quasi einen eigenen Tread aufmachen
Da muss man glaub ich gar nicht zwingend diskutieren.

Aber wär schön, wenn das jemand zu nem Aufsatz zusammenfassen könnte. :D
Und wie man daraus Gewinn fürs Spiel ziehen kann.

ChristophDolge

  • Gast
So in etwa habe ich den Konsens verstanden:

Die Ziele der Spieler eines Rollenspiels liegen in der Regel im Ungleichgewicht, im Aus-der-Balance-Kommen einer Situation. Daraus entsteht Spannung und Spaß, denn Spannung kann überhaupt nur dort auftauchen, wo Dynamik entsteht. Frisst sich das Rollenspiel an einem bestimmten Punkt fest, an dem keine Fragen mehr offen sind, kann man davon ausgehen, dass die bestehende Konstellation nicht mehr lange für ein interessantes Rollenspiel verwendet werden kann.

Wo liegen nun die Interessen der Charaktere? Sicherlich gibt es die Draufgänger und Helden, die Schurken und dunklen Meister, die auch für sich die Motivation aus einem Ungleichgewicht heraus ziehen und eben ein solches am Bestehen halten wollen. In der Regel aber wird man sehen, dass die Spielercharaktere Ziele haben, die Interessantes für den Spieler nur auf dem Weg dorthin bieten können.
Sollte das ultimative Ziel des Charakters - eine kleine Familie und ein Bauernhof, Weltherrschaft, das Ende allen Bösen - schließlich erreicht sein, stellt sich eventuell sogar eine gewisse Zufriedenheit ein, doch das Ungleichgewicht, die Spannung besteht für den Spieler nicht mehr, wurde aufgelöst.
Dies führt nun entweder dazu, dass das betrachtete System wieder ausgelenkt werden muss (indem der Spielleiter oder andere Spieler/Charaktere Elemente in die Spielwelt einbringen, die den Zustand "Ziel erreicht" wieder durchbrechen) oder dass sogar ein neues System konstruiert werden muss, um wieder Spaß zu haben. Man sieht also deutlich, dass ein Unterschied zwischen den Zielen der Spieler und den Zielen der Charaktere besteht.

Wie kann man Gewinn für das Spiel aus dem Wissen ziehen, dass der Spieler nicht unbedingt die gleichen Ziele im Spiel verfolgen muss wie sein Charakter? Zum Ersten muss man sich diese banale Tatsache erst einmal bewusst machen.
Schwieriger ist der zweite Schritt. Die Spieler müssen ihre Spielziele kommunizieren, denn nicht immer geht es um die fundamentalen Motive, sondern auch um kleine Elemente: Wenn ein Charakter verzweifelt versucht, eine bestimmte Situation zu ändern (zum Beispiel, wenn er Schulden bei einem Mafiaboss hat), die dem Spieler allerdings Spielspaß verheißt, ist es ungünstig, dieses Ziel wirklich permanent eintreten zu lassen. Auch wenn es sich nicht um ein zentrales Ziel des Charakters handelt, verändert man bereits dadurch das Charakterkonzept.
Nun kann der Spielleiter bzw. die Mitspieler mit viel Erfahrung und Menschenkenntnis durchaus bestimmte Elemente der Motivation des Spielers ableiten (wenn dieser, um beim Beispiel zu bleiben, eben die Schulden seines Charakters für stimmungsvolles oder spannendes Rollenspiel nutzt), aber mitunter fällt es schwer, diese zu Erkennen. Dann hilft es, über die Spielziele zu sprechen also z.B. Fragen zu beantworten, die lauten: Was gefällt mir an meinem Charakter. Ein Spieler, der die knifflige Situation nennt, in der sich der Charakter befindet, wünscht keinesfalls, dass diese aufgelöst wird.

Was aber, wenn ein Charakterziel einem Spielerziel widerspricht - wenn also ein Charakter durch konsequentes Ausspielen seiner Motive den Spielspaß für den Charakter zerstört? Erwartet der Spieler das Zusammenspiel mit anderen Charakteren und ist der Charakter ein Einzelgänger oder harmoniert aus anderen Gründen nicht mit der Gruppe, so müssen die anderen Charaktere ihn eben drängen, sich der Gruppe anzuschließen oder es muss mit dem Spielleiter ein Grund konstruiert werden, warum der Charakter nicht allein weiterzieht. Immerhin hat der Spieler (sofern man von seinem guten Willen ausgeht) nicht im Hinterkopf, den Frieden der Gruppe zu stören, sondern erfreut sich einfach am Ungleichgewicht, an der Spannung, die entsteht, wenn sein Charakter mit der restlichen Gruppe wechselwirkt.

So schwierig das jetzt klang - kann die Antwort wirklich so einfach sein? "Nehmt mehr Rücksicht aufeinander?" Ich denke, wenn alle Spieler einer Runde diesen einfachen Satz beherzigen, kann man schon viel reißen und viel Quark verhindern.

Und für die Frage: "Was soll ein rechtschaffender Charakter mit einem Schurkencharakter anfangen?" gibt es einige interessante Antwortmöglichkeit, man denke an Order of the Stick, wo der gute Kämpfer Roy den (vermutlich) bösen Belkar in seiner Gruppe tolerierte, weil er dort besser auf ihn achten konnte (böse Taten verhindern) und weil er ihm eben doch nützlich war (auf seine eigene Art und Weise).
« Letzte Änderung: 18.08.2008 | 21:52 von ChristophDolge »