Die fiktiven Zusammenhänge müssen nicht vom Regelwerk beschrieben werden. Wie du schon sagtest: Sie sind Teil der Fiktion. Und die Beschreibung der Fiktion ist ja wohl eindeutig Aufgabe der Settingbeschreibung und nicht des Regelwerkes.
Und die Motivation des Handelnden ist ja wohl ebenfalls primär Aufgabe des Settings. (Ob es Aufgabe des Regelwerkes ist, Motivationen zu regeln, darüber herrscht häufiger eine Diskussion. Tatsache ist: "Ein Regelwerk
kann Motivationen regeln." Ob es jedoch sinnvoll ist, eine Settingmotivation auch durchzuregeln, oder ob es evtl. besser ist, Motivationen ungeregelt zu belassen, das ist abhängig vom gewünschten Spielstil. Aber das Regelwerk kann beides leisten.)
Und genau auf ein solches "es kann doch egal sein" laufen alle Versuche hinaus, "Universal-Regelwerke" zu schaffen.
Es ist für das
Regelwerk ja auch irrelevant. Es ist nunmal nur für das
Quellenband von Relevanz.
Sie enden mit einem Einheitsbrei, in dem jede Welt zu einem gesichtslosen "Egal" wird, das sich dem, "wie es vom Regelwerk her sein muß", zu unterwerfen hat (schon von den Bennenungen her).
Du gehst hier mit einer gehörigen Prise an Vorurteilen an die Sache heran.
Das Gegenteil ist der Fall:
Gerade dadurch, dass sich der Settingschreiber eben keine Gedanken um die Regeln macht, sondern munter ein Setting schreibt, kann er zur vollen Blüte auffahren. Er muss sich nur Gedanken machen, wie ein cooles Setting aussieht. Um den Rest kümmern sich dann andere.
Mal ein paar Beispiele für coole und imho sehr originelle Settings:
- Terry Pratchetts Scheibenwelt
- Transhuman Space
- Perry Rhodan
- Firefly
- Babylon 5
- Dawning Star
- Engel
Ich wüsste jetzt nicht, was an diesen Settings Einheitsbrei ist. Also wenn es Einheitsbrei gibt, dann wird es ja wohl eher von Systemen wie DSA, Shadowrun, Arcane Codex geliefert.
Die Unterschiede außerhalb des Kontingenzspielraums (also des Bereichs, in dem nicht schiere Notwendigkeit bestimmt, wie es sein muß, sondern "Zufälligkeiten" als Ausformungen mit hineinspielen können) werden vernichtet - und müssen es auch, weil sie ja nicht in den Raum des Regelwerks passen.
Also wenn es settingmäßig einen Unterschied gibt, dann wird dieser Unterschied durch das Regelwerk nicht vernichtet.
Und wenn es settingmäßig keinen Unterschied gibt, sehe ich keinen Nutzen dafür, regeltechnisch künstlich einen Unterschied einzuarbeiten.
Für einen Spieler, dem die Welt prinzipiell erst einmal egal ist, weil es nur darauf ankommt, irgendwas machen zu können, ist das zweifellos belanglos, und er mag sich wohl damit fühlen. Für jemand, der Welten um ihrer Unterschiedlichkeit willen schätzt, ist es nicht egal.
Was hat das Regelwerk bitteschön mit dem Setting zu tun?
Mir ist die Welt, auf der ich spiele, extrem wichtig und ich achte darauf, wie das Setting beschaffen ist und inwiefern es sich vom "Einheitsbrei" unterscheidet.
Aber was hat das bitteschön mit dem Regelwerk zu tun?
Es ist ja schließlich nicht das Regelwerk, das bestimmt, ob sich das Setting vom Einheitsbrei unterscheidet, sondern es ist das Setting selber. (Ich dachte bisher eigentlich, das wäre tautologisch.)
Womit es letzlich wiederum keinen Unterschied mehr zwischen beiden gibt. Wenn nicht Hintergrund und Regeln nicht übereinstimmen und zueinander passen, gibt es immer Widersprüche, denn sonst würden sie vollständig übereinstimmen.
Ich verrate dir mal ein Geheimnis:
Setting1 steht nicht im Widerspruch zu Regelwerk1. Und Regelwerk1 steht nicht im Widerspruch zu Setting2.
Aber Setting1 steht im Widerspruch zu Setting2.
Klingt komisch. Ist aber so.
Und falls du mir nicht glaubst, vergleiche einfach mal Gurps:Scheibenwelt und Gurps:Aventurien
Beide benutzen das gleiche Regelwerk, nämlich Gurps.
Und beide Settings sind Fantasy.
Und trotzdem unterscheiden sich die Settings drastisch. - Und es gibt auch keinen Widerspruch zwischen Regelwerk und Setting.
Falls du mir nicht glaubst, lies dir die beiden Regelwerke mal durch.
Allerdings: Wenn der Hintergrund dem Spieler wie dem Regelwerk egal sein kann, macht das auch nichts, weil dann der Hintergrund ja eigentlich nur so etwas wie nebensächliches Beiwerk ist und man es nur braucht, weil "Gattung A" nicht so schön klingt wie "Yaoviandri" - die Bezüge, in denen "Yaoviandri" steht, sind dann tatsächlich bedeutungslos, "dem Regelwerk egal".
1) Wie kommst du darauf, dass der Hintergrund dem Universalregelwerk-Spieler egal ist?
Die freundliche Interpretation besagt, dass du mich total missverstehst. Die unfreundliche Interpretation ist, dass du hier einen Strohmann konstruierst.
2) Dem Regelwerk ist nicht der gesamte Hintergrund egal. Es gibt Teile des Hintergrundes, die für die Regeln extrem wichtig sind. Aber die Frage, ob die Wesenheit nun "Gattung A" heißt oder "Yaoviandri" sind dem Regelwerk tatsächlich egal.
Und die Frage, ob die Yaoviandri jetzt seit 100 Jahren oder seit 200 Jahren Raumfahrt besitzen, ist dem Regelwerk ebenfalls egal.
Die Frage allerdings, ob die Yaoviandri fliegen können oder im Dunkeln sehen können, ist dem Regelwerk nicht egal.
Es ist dem Regelwerk egal, ob die Yaoviandri die Laserpistole erfunden haben. Es ist dem Regelwerk aber nicht egal, ob die Yaoviandri eine Laserpistole bedienen können.
Daher bitte etwas differenzierter an die Sache herangehen:
Es gibt Teile des Hintergrundes, die sind für das Regelwerk egal. Und es gibt Teile des Hintergrundes, die sind für das Regelwerk relevant.
Das ist nur nichts für mich.
Das wäre auch nichts für mich.
Aber das, was du beschreibst, hat nichts mit Universalregelwerken zu tun.