Autor Thema: Cliffhanger - Ja oder nein?  (Gelesen 7298 mal)

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Offline ragnar

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Re: Cliffhanger - Ja oder nein?
« Antwort #25 am: 29.08.2008 | 19:08 »
Man kann sie sicherlich auch falsch einsetzten, aber auch von mir ein "Ja" zu Cliffhangern. (Nicht an jedem, aber) besonders am Ende einer Spielsitzung. Umso besser wenn Systeme soetwas aktiv unterstützen: Wenn man bei Savage Worlds "beim nächsten mal" weitermacht, sieht es durchaus so aus das die Helden (passend zu Cliffhangern) in dem Moment "nochmal ihre Kräfte sammeln" um über sich hinaus zu wachsen (Neue Bennies und mit etwas Glück auch ein "Level-Up").

Klar bekommt man am Anfang der nächsten Spielsitzung nicht wieder genauso hin (aber das ist bei Cliffhangern auch nicht gefordert), und auch das Spannungsniveau wird ein anderes sein, aber auch das ist für Cliffhanger ja normal und reinweg fürs Spannnungniveau würde ich den Cliffhanger auch nicht aufbauen, sondern "einfach" um beim nächsten mal einen schnellen Einstieg zu haben, den man nicht großartig erklären muss, denn über einen Cliffhanger und dessen Folgen philosophiert man (im Gegensatz zu einem aalglatten Ende) auch unter der Woche mal, so das man den Spielern die Situation gar nicht mehr neu auftischen muss.
« Letzte Änderung: 29.08.2008 | 19:19 von ragnar »

ClemLOR

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Re: Cliffhanger - Ja oder nein?
« Antwort #26 am: 14.09.2008 | 18:05 »
Mich würde jetzt interessieren:
Grundsatzfrage: Wer hat Recht? Berger oder Pinnacle? Stilmittel oder Jugendsünde?
Pragmatisch: Wann macht ein Cliffhanger Sinn und wann nicht? "Je nach Gruppe, blubb" gilt nicht als Antwort. Konkreter bitte. ;)

Servus.

Ohne den Thread (wegen Zeitnot) jetzt gelesen zu haben:
Frage 1 und 2: Beide haben und keiner von beiden hat Recht.
Frage 3: Stilmittel, wenn der Spielleiter sich darauf versteht, es gut einzusetzen.
Frage 4: Cliffhanger verwende ich sehr gerne innerhalb einer Spielsitzung (sogar mehrfach), wenn sich die Spieler getrennt haben. Zum einen hält es die Spieler bei Laune; zum anderen können die Spieler auch etwas durchatmen, ggf. Dinge nachlesen und so die Situation besser meistern. Gerade dieses pragmatische Element ist mMn nicht zu unterschätzen, da niemals vergessen werden darf: Im idealfall kennt jemand seinen Charakter, wie dieser auf dem Papier steht; aber niemand lebt seinen Charakter wirklich und kann daher latuernich auch nicht ähnlich intuitiv und spontan alle Fähigkeiten des Charakters so abrufen, wie er/sie es im richtigen und eigenen Leben tun würde.
Ferner verwende ich auch sehr gerne Cliffhanger, um eine Spielsitzung zu beenden. Ähnliche Gründe wie oben dazu kommt, dass der Wiedereinstieg beim folgenden Spieltermin deutlich leichter geht. Nicht die Fragen "Was geht und wie geht es los?" beherrschen den Einstieg; vielmehr ist jedem/r sofort klar, in welcher konkreten Situation wir  uns befinden.
Trotzdem muss ich sagen: es kommt trotzdem schlussendlich auf die Gruppe an. Jo, ist 'ne Pauschalantwort'. Aber die Frage/ das Thema hier ist ähnlich komplex wie etwa die Frage nach der richtigen Spielweise, Roadmapping, Spielleiterspielräume, Spielstile etc.

In diesem Sinne
ClemLOR

Offline Uthruban

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Re: Cliffhanger - Ja oder nein?
« Antwort #27 am: 17.09.2008 | 15:20 »
Zunächst einmal die wichtigen Zitate, welche das Thema zusammenfassen - dann ist es auch für Späteinsteiger leichter, das ganze zu überblicken:

Maarzan:
Zitat
Ich würde sagen, wenn Cliffhanger , dann sind eine überschaubare Zeit bis zur Handlungswiederaufnahme und offene Entscheidungen/Planungen von Relevanz, damit die Spieler auch in der Zwischenzeit etwas zu beißen, haben günstig.

Grimnir:
Zitat
Fazit: Cliffhanger eher nicht, wenn es mitten in einer Szene geschieht, aber sehr wohl, wenn er als Ankündigung der nächsten Szene dienen kann.

Eulenspiegel:
Zitat
Oder auch schöne Cliffhanger sind die letzten Szenen aus Zurück in die Zukunft Teil 1 und Teil 2:
Sie geben eine Vorausblick auf den nächsten Teil.

1of3:
Zitat
Neulich standen wir am Orte, drauf und dran DEN PLAN umzusetzen und haben dann Cut gemacht. Kein Problem.

ChristophDolge:
Zitat
Ich bin ein Fan von gut platzierten und wohldosierten Cliffhangern. Man sollte es nicht zum universellen Abschluss eines Spielabends machen, [...]

Tobias D.
Zitat
Gibt es einen besseren Beginn eines Spielabends als den, bei dem die SCs von einer gewaltigen Explosion durch die Gegend geschleudert werden?

Cassiopeia:
Zitat
Ich benutze Cliffhanger nicht um einen Spielabend besonders gut zu beenden, sondern um den nächsten gut zu eröffnen.

Eine klassische Szenenabfolge in Kampagnen bei mir ist: Showdown -> Nachwirkungen -> Planung
Showdown (selbsterklärend)
Nachwirkungen (Reflektion d. Charaktere, Belohungen erhalten, SCs werden gefeiert, etc.)
Planung (SCs überlegen wie es weitergehen soll, evtl. Hinweise aus Showdown werden verwertet)

Wenn der neue Abend mit der Planung beginnt, tun sich die Spieler besonders schwer in ihre Rollen zu kommen, denn es gibt wenig Emotionen, die Charaktere treten mehr in den Hintergrund und die Spieler als solche beraten, was zu tun ist.

Natürlich sollten SCs generell immer wissen was zu tun ist, aber wenn dieses Problem auftritt, dann bei nach dem großen Finale. Daher will ich einen Abend ungern direkt damit beginnen.
Mit den Nachwirkungen zu beginnen ist möglich, aber man ist eben aus dieser angespannten Stimmung schon raus, die man braucht um jetzt die Entspannung interessant zu finden.

Daher ist für mich der Sinn im Cliffhanger, dass man den nächsten Abend gleich mit Action starten kann, alle wissen worum es geht und sind voll dabei.
Daher muss nach dem Cliffhanger auch noch genug Szene zum Spielen übrig sein.

Ein:
Zitat
Wichtig ist nur, dass der Cliffhanger einprägsam ist und dass sich die Spieler eine Vorstellung der letzten Szene bilden können, bevor das Spiel unterbrochen wurde.

Reinecke:
Zitat
Cliffhanger - JA!
Cliffhanger sind ein gutes Mittel um einen Spielabend zu beenden oder zu unterbrechen (für eine Raucherpause z.B.). Allerdings ist es wichtig, den Schnitt, an der richtigen Stelle zu machen, wenn man in der nächsten Sitzung an dieser Stelle weiterspielen möchte:
- Nach dem Schnitt sollte noch ordentlich Spielerhandlung folgen.
- Es sollte nach dem Schnitt SPANNEND weiter gehen.
=> Schnitte am besten VOR einem spannenden Konflikt, als danach oder währenddessen!

Beral:
Zitat
Der Aufbau eines Spannungsbogens in einer Kampagne ist sicher besser geeignet für Cliffhänger als der Abbau. Ich postuliere also, dass es nicht nur auf das kurzfristige Auf und Ab der Spannung zwischen Szenen ankommt, sondern auch auf die langfristige Spannungsentwicklung.

ClemLOR
Zitat
Cliffhanger verwende ich sehr gerne innerhalb einer Spielsitzung (sogar mehrfach), wenn sich die Spieler getrennt haben.


Meines Erachtens ist das keineswegs grundsätzlich ein billiger Trick, zumindest nicht im Rollenspiel. Gerade hier muss man bedenken, dass es sich beim Rollenspiel um ein anderes Medium handelt und bei anderen Medien andere Gesetze gelten. Keinen Bezug zum Cliffhanger zu haben ist inhaltlich sowohl im Film als auch Rollenspiel tatsächlich billig. Wenn aber ein Film dort fortgesetzt wird, vielleicht mit einem kurzen Vorspann, was bisher geschehen ist, dann ist es in Ordnung. Bei der Runde muss dies also bedeuten, vorher die Ereignisse der letzten Sitzung sachlich - außerhalb der Runde - zu rekapitulieren. Nur mit dieser Trennung ist ein unmittelbar stimmungsvoller Einstieg ins Spiel vollwertig möglich.
Wie wollen wir einen Cliffhanger definieren? Aus dem Gelesenen ist es ein Schnitt an einer spannenden Stelle. Und um den Einstieg wieder spannend zu gestalten, gibt es dramaturgische Mittel, die Spieler wieder in das Gefühl zur Vorrunde zu versetzen. Dies klappt mit dem Einsatz der selben Musik und Geräusche (z.B. mit Hilfe des RPG-Soundmixers), mit einer knappen Vorbeschreibung der kommenden Szene oder der Situation von Meisterseite in Form einer Vignette (vgl. http://www.wolkenturm.de/index.php?page=rst_vorbereitung), ähnlich einem Romanvorspann. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte - getrennte Gruppen, kurze Dauer zwischen den Runden, als Vorschau und nicht als Ungewissheit genutzt, nicht am Szenenende und mit Einbrennkraft zur Gedächtnisunterstützung - handelt es sich um keinen billigen Trick.

Was Berals Aussage zum Spannungsbogen betrifft, so deute ich das so: Das Gesamtkonzept des Abenteuers, dessen Aufbau, muss an sich bereits spannend gestaltet sein: Einleitung, Schürzung des Knotens, Höhepunkt und Umschlag, Verzögerung und Lösung des Konflikts (um sich an Gustav Freytag zu orientieren). Besonders zwischen den Teilen sind Cliffhanger möglich - und sei es nur zur Essenspause. Dabei müssen sie nicht unbedingt hochdramatisch sein: Was stets gut klappt, ist ein CH vor dem Kampf.
Und wer mit Metaplots spielt und nicht von AB zu AB hüpft, kann einen CH auch nach der Lösung machen; freilich zum neuen Plot als Aufhänger für die neue Runde.
Als SL muss man sich genau Gedanken machen und wenn man sich unschlüssig ist, ist es besser, eine Runde ohne Cliffhanger zu beenden. Sobald dem CH außer Effekthascherei eine dramaturgische Funktion zukommt, ist er stets gerechtfertigt, womit ich Florian nicht ganz Recht geben kann. Hingegen: Unerfahrene Meister können die Funktion oft genug nicht einschätzen; dann sollte man sich an die Vorschläge halten.

Ich hoffe, nichts übersehen zu haben.

Liebe Grüße
Uthruban
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Offline reinecke

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Re: Cliffhanger - Ja oder nein?
« Antwort #28 am: 18.09.2008 | 15:45 »
Uthruban, erstmal danke für deine Zusammenfassung.

Zitat
Bei der Runde muss dies also bedeuten, vorher die Ereignisse der letzten Sitzung sachlich - außerhalb der Runde - zu rekapitulieren. Nur mit dieser Trennung ist ein unmittelbar stimmungsvoller Einstieg ins Spiel vollwertig möglich.
[...] Und um den Einstieg wieder spannend zu gestalten, gibt es dramaturgische Mittel, die Spieler wieder in das Gefühl zur Vorrunde zu versetzen.
Naja, gerade hier sagt Florian Berger, dass es nicht möglich ist, nahtlos weiter zu machen, wie der Cliff Hanger das meistens fordert.
Du gehst dann auch darauf ein, nach dem Schnitt, nicht nahtlos weiter zu machen, sondern einen "Vorspann" zu geben. Das deckt sich mit Bergers Thesen.

Wir haben also Cliffhanger, als:
- Überblendung zwischen getrennten Spielergruppen/Schauplätzen
- Schnitt vor kurzen Pausen
- Ende von Spielabenden und Kampagnen

Techniken:
- Schnitt nicht auf dem Höhepunkt der Spannungskurve, sondern VOR dem Peak (ist das dann überhaupt ien Cliffhanger und nicht einfach nur ein spannender Schnitt?)
- Nach dem Schnitt nicht versuchen nahtlos weiter zu machen
-  - Den Cliff Hanger gar nicht direkt auflösen

deckt sich auch mit dem größten Widersacher des CH hier im Thread.

Offline Uthruban

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Re: Cliffhanger - Ja oder nein?
« Antwort #29 am: 18.09.2008 | 17:54 »
Gerne geschehen  ;)

Um das Thema ein wenig mehr zu fundieren, habe ich Cliffhanger bei Wikipedia eingegeben, und siehe da:

Zitat
Bei Experimenten im Bereich der gestaltpsychologischen Handlungstheorie nach Kurt Lewin fand Bljuma Wulfowna Zeigarnik, als sie in Berlin studierte, im Jahre 1927 heraus: unter bestimmten Bedingungen unerledigte Handlungen werden besser behalten als erledigte ("Zeigarnik-Effekt"). Als Ursachen gelten "Restspannungen" im Erinnerungsvermögen und eine nicht eingetretene Wunscherfüllung.
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Zeigarnik-Effekt

Als entscheidendes Moment kommt die Wunscherfüllung hinzu, die den Cliffhanger als individuelles dramaturgisches Mittel klassifiziert, also mit jenem unmittelbar auf die situativen Bedürfnisse der Gruppe eingegangen werden muss. Diese ergeben sich nicht allein aus der aktuellen Handlung, sondern können auch Ereignisse aus der Hintergrundgeschichte des Helden anspielen, so dass sich der Cilffhanger optimal dazu eignet, einzelne Helden und deren Spieler gezielt in Aufruhr zu versetzen. So wären auch mehrere individuelle CHs möglich, die jeden Helden auf diese oder jene Art schockieren oder motivieren und bspw. dazu dienen, die Gruppe zusammenzuführen. Unterschiedliche individuelle CHs halte ich für die eleganteste dramaturgische Strategie.

Wie es also immer bei der Gestaltung ist: Je durchdachter und komplexer die Anordnung der Handlungselemente, desto weniger billig geraten die Mittel. Oder, um mit unserem antiken Freund zu sprechen:
Zitat
"Was man beim Zusammenfügen der Fabeln erstreben und was man dabei vermeiden muß und was der Tragödie zu ihrer Wirkung verhilft, das soll nunmehr, im Anschluß an das bisher Gesagte, dargetan werden. Da nun die Zusammensetzung einer möglichst guten Tragödie nicht einfach, sondern kompliziert sein und da sie hierbei Schaudererregendes und Jammervolles nachahmen soll (dies ist ja die Eigentümlichkeit dieser Art von Nachahmung), ist folgendes klar [...]"
Quelle: http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik

Die nächste Frage ist, wenn ich mir mal erlauben darf, den Thread zu erweitern statt auszulagern:
Welche dramaturgischen Kniffe erachtet ihr denn noch als brauchbar? Was hat sich bewährt? Und welche Methoden schreien geradezu nach einem Cliffhanger?
Denn es drängt sich die Frage auf, ob ein CH eigentlich so eigenständig und plötzlich aus dem Nichts auftauchen kann, oder, ob bestimmte Voraussetzungen - abgesehen von der Gestaltung des Spannungsbogens, denn das braucht jedes gute AB - erfüllt werden müssen.

Liebe Grüße
Uthruban
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