Gutes Spiel, führt das Grundkonzept des 1. Teils fort und führt viele neue (meist sinnvolle) Neuerungen ein, sowohl an Policies und deren Auswirkungen untereinander. Es gibt eine spielbare Demo, die aber auf so wenige Züge begrenzt ist, dass man sich wirklich nur einen _sehr_ groben Überblick von den Mechanismen verschaffen kann. Dafür ist die Vollversion mit 20 Euro relativ erschwinglich.
Wie in Teil 1 übernehmt ihr als Regierungschef das Ruder eines pluralistisch-demokratischen Staates, allerdings diesmal vollkommen fiktive Nationen, deren Wählerstruktur sich deutlich unterscheidet (es gibt z.B. einen Staat mit 70% Grünen und einen Staat mit 80% Liberalen etc). Zu Spielbeginn hat man quasi immer Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung, gleichzeitig einen Schwung dringende gesellschaftliche Probleme (z.B. Straßenkrawalle, Steuerflucht, Asthamepidemie, um nur einige zu nennen). Man muss nun _sowohl_ die Finanzen konsolidieren _als auch_ die ganzen Probleme lösen, wobei man die Symptome bekämpfen kann (Polizeieinsatz gegen Demonstranten) oder das Übel an der Wurzel packen (Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen), wobei letzteres natürlich länger dauert und mehr Denkarbeit erfordert -- in jedem Fall kostet alles Geld, aber langfristig geplante Konzepte zahlen sich aus (keine Arbeitslosigkeit -> hohe Steuereinnahmen).
Leider sind nicht alle Kreuzreferenzen ordentlich programmiert, z.B. kann man durch Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel die Zahl Autofahrer auf 0 reduzieren und trotzdem Proteste wegen hoher Benzinpreise bekommen. Aber trotzdem bleibt alles spielbar, auch ist man jetzt im Dem2 etwas flexibler bei der Gestaltung der Steuern, während in Dem1 noch jeder Steuersatz über "Very Fair" sofort gewaltige Steuerausfälle durch Hinterziehung oder Schwarzmarkt getriggert hat.
Ebenso gibt es wieder eine Anzahl Trophäen, die es zu gewinnen gilt - z.B. "Sozialistisches Utopia" oder "Grünes Paradies", wenn man z.B. Armut oder Umweltverschmutzung eliminiert.
Doch allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Euer Staatsvolk setzt sich aus den unterschiedlichsten Wählergruppen zusammen, deren Interessen oft diametral entgegengesetzt sind. Was den Sozialisten gefällt, stinkt den Kapitalisten, und umgekehrt. Es gibt nur sehr wenige Maßnahmen, die keiner Wählergruppe sauer aufstoßen.
Allerdings kann man vereinfachend sagen: Kapitalisten sind gegen alles, was gut für das Land ist. Selbst, wenn es der Wirtschaft nützt. Zum Beispiel steigert die Einrichtung von Kindertagesstätten die Produktivität und somit indirekt das BIP - und senkt eure Beliebtheit bei den Kapitalisten. Ebenso Umweltschutzauflagen, Gesundheitssystem, Renten, Sozialer Wohnungsbau, Regenerative Energien, und so weiter und so fort. Ein hartes Brot.
Man kann aber nicht einfach einzelnen Wählergruppen ungestraft ans Bein pissen, weil sich dann extremistische Gruppierungen formen, die irgendwann anfangen, Attentate auf einen selbst zu verüben. Was allerdings funktioniert ist, eine Wählergruppe (z.B. Religiöse) durch gezielte Politik (z.B. wissenschaftliche Bildung) auf 0 zu dezimieren - dann kann sie einem auch nicht mehr gefährlich werden.
Schön ist auch, dass die Maßnahmen zum Teil sehr komplexe Auswirkungen haben. Zum Beispiel hemmt die CO2-Steuer zunächst das Wirtschaftswachsum und senkt das BIP, bewirkt aber auch eine Steigerung der Energieeffizienz, die langfristig zu höherer Produktivität führt und somit wiederum das Wirtschaftswachstum erhöht. Kurios wird es aber, wenn man feststellt, dass es der Auflösung eines Bahnstreiks dienlich ist, die Einwanderungsbestimmungen zu verschärfen.
Wie bei anderen Spielen dieser Art auch ist ein vielversprechendes Erfolgsrezept der "Green Socialism", allerdings muss man hier aus o.g. Gründen behutsam vorgehen, da ein umfangreiches Sozialprogramm ein teurer Spaß ist. Umgekehrt ist es sehr schwierig und womöglich unmöglich, eine "Freie Marktwirtschaft" (ohne Soziales Netz oder Subventionen) zu errichten, die nicht in kürzester Zeit das Land gründlicher und endgültiger ruiniert als ein Atomkrieg.
Nach dem ersten Anspielen habe ich als besten Ansatz ausgemacht, zuerst die Staatsfinanzen ins Plus zu bringen und erst _dann_ die tagespolitischen Probleme anzugehen. Denn wer zu viele Schulden macht, wird mitunter von seinen eigenen Parteigenossen lange vor dem Wahltag an die frische Luft befördert.
Last not least sei angemerkt, dass das Spiel relativ leicht gemoddet werden kann, so kann man mit Excel oder Texteditor neue Maßnahmen und ihre Auswirkungen schreiben und implementieren.
Insgesamt empfehle ich dieses Spiel allen, die sich hier in Threads zu volkswirtschaftlichen Themen herumtreiben, was auch der Grund war, warum ich mir das Spiel zugelegt habe.