Ich habe mir in den letzten Tagen ein paar Gedanken darüber gemacht, wie man neue Spieler in bestehende Gruppen am besten einbindet, und würde das gern mal mit euch durchsprechen. Es geht insbesondere darum, wie neue Charaktere powermäßig eingestuft werden. Herrje, wie fange ich an?
In unserer aktuellen D&D-Runde zum Beispiel - in die ich erst kürzlich eingestiegen bin - ist es Usus, dass neue Charaktere auf Stufe 3 beginnen. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt noch machbar, die aktuellen Charlevel sind 6, 5, 5, 3 - letzterer eben erst vor einer Woche eingestiegen. Der SL meint, durch die XP-Progression würde sich das automatisch relativ schnell angleichen, gibt aber allen Spielern immer die gleiche XP, sodass sie (die Neue) uns effektiv niemals ganz einholen wird, vorausgesetzt dass alle immer regelmäßig mitspielen. Genauer gesagt wird es bis Level 11 dauern, bis sie uns vielleicht mal kurzzeitig einholen kann.
Das wiederum hat mich an eine andere Runde erinnert, die ich vor einigen Monaten mal ausprobiert habe, nämlich die Runequest-Runde "unseres" Jed Clayton, mit dem ich auch schon über das Thema gesprochen habe. Er macht das nämlich so, dass neue Charaktere absolut blitzeblank quasi auf Stufe 1 in seine seit bereits zwei Jahren laufende, wöchentliche Runde einsteigen - man kann sich ausmalen, wie fortgeschritten die anderen Chars da sind. Damit bin ich nun überhaupt nicht glücklich geworden. Insbesondere war der Effekt, dass mein Charakter sogar in seiner zentralen Kernfähigkeit (Jäger -> Spurenlesen) von mindestens einem, wenn nicht allen anderen Charakteren ausgestochen wurde (die alle völlig andere "Klassen" hatten). Ich konnte also eigentlich nur dumm rumstehen und den Stammspielern beim Abwickeln der Aufgaben zusehen. Es war, um es mal mit D&D zu vergleichen, als ob man einen Erststufer in eine Level-15-Runde werfen würde. Ich habe mir während meiner reichlich bemessenen Idle-Zeit an diesem Nachmittag nebenbei das Buch angeschaut und festgestellt, selbst wenn ich einen Zauberer erstellt hätte, könnte der schlechter zaubern als der alteingesessene Barbar.
Mich erinnert das ein wenig an
Farador, wo Tom zu seiner alten Gruppe dazustößt ("Paladin, Stufe 66" - "Erzmagier, Stufe 57") und dafür einen neuen Charakter erstellt hat - "Stufe 1 will ich hoffen?" (wer's noch nicht kennt, schaut's euch an, es ist zum schießen)
Nunja, sei es wie es sei, ich bin absolut kein Freund davon, neue Spieler dem Rest der Gruppe so weit hinterherhinken zu lassen. In meine Runden steigen neue Spieler entweder auf dem gleichen Level ein wie der Rest, oder vielleicht einen Level niedriger. (Und bei stufenlosen Systemen freilich analog, z.B. mit einer bestimmten Reputation bei Shadowrun usw.) Bzw. wenn es absolut notwendig ist - warum auch immer - dass der Neuzugang weiter unten anfängt, würde ich diesem entsprechend mehr XP geben, damit er in absehbarer Zeit zum Rest der Gruppe aufschließt.
Warum dann überhaupt einen Level niedriger? In D&D, weil auch Raise Dead bzw. Resurrection mit Levelverlust verbunden sind, und man einen neu erstellten Charakter nicht einem wiedererweckten gegenüber bevorzugen will/sollte. Davon abgesehen, weil es vielleicht den Stammspielern nicht so das Gefühl gibt, dass "der Neue" all das geschenkt bekommt, was sie sich hart erarbeiten mussten; auf der anderen Seite aber der Neuzugang nicht so wesentlich schwächer ist als die alten Hasen, und im Spiel gut mithalten können dürfte.
Das ist jdf. imho wesentlich besser als weit zurückliegende Neueinsteiger, die in der Gruppe nichts reißen - oder maximal einmal alle zwei Sitzungen den einen Wurf machen können, wo sie evtl besser sind als die Veteranen - und sich also nur mitschleppen lassen können, was die Veteranen nervt, weil der Neue nichts beiträgt, und den Neuen noch viel mehr nervt, weil er nichts beiträgt.
Wie seht ihr das?