Charaktersterblichkeit hängt auch sehr stark von der Fähigkeit des SLs ab, zu seinen Entscheidungen zu stehen und konsequent zu sein. Ich finde es wichtig zu wissen, dass mein Charakter sterben kann. Gerade in DSA wird ja gerne heraufbeschworen, dass man doch nicht wegen eines schlechten Würfelwurfes im Kampf gegen ein paar Zufalls-Monster sterben soll. Niemand stirbt in DSA wegen
eines schlechten Würfelwurfes. DSA ist insofern ein tolles Beispiel, als dass die Charaktererschaffung Jahre dauert, man endlos langsam aufsteigt (12.000 AP in 4 Jahren fast wöchentlich DSA) und es keine Möglichkeiten der Wiederbelebung gibt, wenn man erstmal so richtig tot ist (wo es in Earthdawn noch die Wiederbelebungssalbe und ein oder zwei Zauber gibt und in D&D den Raise Dead und Konsorten). Ja, und gerade da ist es ziemlich offensichtlich, dass die SL sich bemühen, die Charaktere irgendwie am Leben zu halten, oder? Was für eine ausgequirlte Bullenscheiße. Wer nicht sterben können möchte, soll ein System benutzen, das darauf ausgelegt ist. Schiebt den Vinsalter Vaganten, Puniner Akademikern und auelfischen Legendensänger doch Drama Points, Karma oder meinetwegen Heldenpunkte oder was auch immer in den Allerwertesten, damit der
Spieler über Metagaming Einfluss auf die Sterblichkeit des Charakters hat, wenn die Story in DSA doch ach so wichtig im Vergleich zu Regeln, Werten und Würfeln ist. Aber ich komme vom Thema ab.
Unsterblichkeit ist lame, es langweilt mich zu Tode (was für eine Ironie) und spätestens dann, wenn der SL
offensichtlich versucht, einen Spielercharakter am Leben zu halten, der eigentlich hätte tot sein sollen, dann ist das Spiel für mich gelaufen.
Ich finde nicht, dass Charaktere oft sterben sollen. Im Gegenteil. Es soll selten geschehen. Im besten Fall passiert es sogar nie! Aber dann liegt es an der Fähigkeit des Spielleiters, Bedrohungen angemessen zu gestalten und der Spieler, in angemessener Weise damit umzugehen. Und vielleicht ist auch ein Quentchen Würfelglück dabei.
Dämlich finde ich "wenn der Spieler Scheiße baut, dann lasse ich ihn sterben" - meine Güte, da stellt sich doch die Frage, warum der Spieler Scheiße baut. Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass der Spieler keine Scheiße im Hirn hat und sich was bei seiner Aktion denkt. Vielleicht schätzt er die Lage völlig anders ein (da stellt sich die Frage, ob die Gruppe einer gemeinsamen CA folgt oder ob sie aneinander vorbeispielen) oder er ist ein Method Actor, dem niemand verraten hat, dass
er entscheidet, was sein Charakter tut und sein Charakter
kein eigenständiges Wesen ist und
niemals eine Entscheidung aus eigenen Stücken treffen wird
.
Aber das Allerschlimmste, was ich mal in Sachen Charaktersterblichkeit erlebt habe, war: Ich opfere mich mit meinem Charakter für eine ganze Stadt, ja, lasse mich mit einem potenten, magischen Super-Gift versetzen und begebe mich in die Fängen des Dämons, damit der mein Gehirn ausschlürft und am Dämonenkiller-Gift krepiert. Geschieht auch genau so, ich liege da mit offenem Schädel, bin als Spieler voll happy, klar, Charakter tot, aber hey, stylish selbst geopfert für die Kollegen und die Stadt! Was passiert? Ein NSC hat auf einmal eine Wiederbelebungssalbe und *zack* stehe ich da. Boooooah ne, das muss doch echt nicht sein, wenn ein Spieler sich opfert, soll das auch ein echtes Opfer sein! Wenn er es trotzdem schafft zu überleben, weil es meinetwegen einfach nur super riskant war, klasse. Aber wenn er eindeutig draufgehen müsste und dann sowas abgeht... Ne danke. Da hätte ich es stilvoller gefunden, die Sache mit der Wiederbelebungssalbe vorher aufzubringen als Teil des Plans aber es wäre dann ja ungewiss gewesen, ob es klappt...
Sooo aber ich komme vom Thema ab, weil es ja nicht um Charaktertode an sich geht, sondern um Charaktersterblichkeit und Spannung.
Falcon, du hast ein Beispiel gebracht von einem morschen Baum, der Schadenspunkte anrichtet, die aber keine Rolle spielen, weil man bis zum nächsten Ereignis wieder geheilt ist. Mir stellt sich da die Frage, was die Szene überhaupt sollte. Wenn da etwas besonderes demonstriert werden sollte - z.B. der magische Feenwald des ewigen Lebens fängt an zu verfaulen - dann finde ich es vollkommen richtig, hier auch mit Schadenspunkten zu arbeiten. Vielleicht kehren die Spieler ja z.B. noch mal zurück an diesen Ort und dann wäre es wichtig, die Bedrohung angemessen einschätzen zu können. War es aber nur einfach so ein "Zufallsereignis" (DSA lässt grüßen), stellt sich die Frage, ob man nicht nur den Schaden, sondern gleich die ganze Szene weglassen sollte. Umgekehrt, wenn man konsequent einen SIM-Stil betreibt, gehört der Schaden aber definitiv dazu. Nicht, weil er spannend wäre. Sondern weil er nun mal da ist.
Charaktersterblichkeit in Nicht-Kämpfen ist so eine Sache (ich glaube bezüglich Charaktersterblichkeit in Kämpfen müssen wir nicht viel diskutieren). Du hast Recht, es ist unfair, Spielercharaktere sterben zu lassen, wenn sie keinen Einfluss auf die Situation haben. Andererseits finde ich es aber wirklich übel, falls das im Extrem dazu führt, dass der SL sich wild herumwinden muss. Mit Schaden zu arbeiten ist eine Möglichkeit, kann aber ja dann auch zum Tod führen. (Ich denke an meinen letzten DSA-Abend, Damagers Krankheit und die Hexe im Sumpfloch.) Ich finde es wichtig, dass der SL die Spielercharaktere nicht einfach abschießt, aber auch außerhalb von Kämpfen muss der Tod möglich sein. Meiner Erfahrung nach wird in solchen Situationen aber von SLs auch viel abgeblockt ("ist da ein Vorsprung, den ich erreichen könnte" - "neee", "wachsen hier Heilkräuter?" - "nö").
P.S.: Wer sich an Fäkalsprache stößt, darf sich damit einreiben.