Weiter möchte ich AlexW danken, dass er sich in seiner Mittagspause soviel Mühe gegeben hat, um einen wirklich hilfreichen Beitrag zu schreiben... und ich hoffe, dass wir weiter Kontakt halten können;D
Kein Problem. Ist spannender als das leise Weinen der Banker.
Wie ist das Thema überhaupt entstanden? Nachdem ich meiner Meinung nach viel gelesen habe(wobei es Leute geben mag, die das vieleicht auf der nächsten Mallorca-Reise innerhalb von 1 Woche all inclusive verschlingen ), kamen mir immer wieder eigene Gedanken zu den Storys oder zu eigenen Geschichten. Naja und nun ist die Idee gekommen, einfach selber anzufangen.
So haben vieler angefangen. James Fenimoore Cooper ("Der letzte Mohikaner" usw) war so genervt von der "Qualitaet" der Autoren, die er seiner Frau abends im Bett vorgelesen hat, dass er das selbst gemacht hat. Aehnlich ging's mir - "DSA-Romane sind so schlecht, das kann ich auch." (Ich trete hier nicht auf alle Kollegen ein, die fuer DSA geschrieben haben, sondern nur auf die Handvoll, die ich um die Jahrtausendwende second hand gelesen hatte.
Man kommt durch's Lesen zum Schreiben.
Ich muss dazu sagen, dass ich von Null anfange, jedoch hoffe, dass meine Fantasie und meine Kreativität alles Weitere erledigen. Ich weiss, so zu starten wird nicht einfach, doch gibt es mir auch die Möglichkeit zu lernen und nicht zu stark von Vorgaben beeinflusst zu sein. Darum kann ich mich auch kümmern, wenn ich ne Weile geschrieben habe.
Ich hab das oft gehoert: "Regeln/Theorie interessiert mich nicht, das mache ich mit Kreativitaet wett." Das *kann* funktionieren. Die wesentliche Faehigkeit eines Autors ist naemlich Sitzfleisch und Geduld (altmodisch: Disziplin). Ich kenne eine Autorin, die sprichwoertlich regalweise Mist geschrieben hat, bis sie - durch Abschleifen und Fleiss - zu dem Punkt kam, dass sie veroeffentlichungsfaehig wurde. Es heisst, erst muss man eine Million Woerter Mist schreiben, bis der eigene Output brauchbar wird. Das stimmt, in vielen Faellen, sicher. Buecher, die man am Ende verkauft sind im allgemeinen *keine* Erstlinge. Die (wenigen) Erstlinge, die verkauft werden (Benjamin Lebert: "Crazy") werden von professionellen Autoren/Lektoren im Lektorat bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben (oder: betreut).
Also: Disziplin kommt zuerst, keine Frage, und auch der Mut zur Peinlichkeit, zum Fehler, und zum Selbsthass (Angst, sich zu entbloessen, ist eine der ganz grossen Schreiblockaden).
Autoren muessen sich auch "freischreiben" - die ersten Ideen sind oft Muell, oder man hat schlicht nicht die technischen Moeglichkeiten, Dinge lesbar umzusetzen. Technische Schulung bekommt man entweder durch viel Lesen ("learning by reading/watching"), durch viel Schreiben ("learning by doing") oder durch Theorie ("learning by studying"). Ganz ehrlich; der dreifache Ansatz, lesen, schreiben und Theorie, ist fuer meine Begriffe am besten.
Es gibt einfach Techniken und Wissen, das Lektoren bei Autoren voraussetzen; wenn einer ganz offentlich keine Ahnung hat, was eine Perspektive ist, zum Beispiel, der bekommt Formschreiben als Absagen. Der Lektor wird (mehr oder weniger zu recht) davon ausgehen, dass dem Jungautor das "Handwerkszeug" fehlt. Das macht keine Kreativitaet der Welt wett, denn eine Story ist zum ueberwaeltigenden Teil nicht, *was* du erzaehlst, sondern *wie* du es erzaehlst.
Von daher halte ich es mit einem abgeaenderten Zen-Koan: Erst ist die Regel, dann ist keine Regel, und dann "ist", was ich verstehe als: Lerne die Regeln, dann vergiss die Regeln, und dann *sei* (Autor).
Gerade aus diesem Grunde ist auch dieses Thema entstanden. Die Idee Anderen meine Geschichte vorzustellen, sie in die Rollen meiner Charaktere schlüpfen zu lassen und zu beobachten was dabei rauskommmt, finde ich ein spannendes Experiment unter dem großen Dächlein des viel größeren Experiments der Schreiberei. So finden sich am schnellsten Fehler und vielleicht ergeben sich auch Neuerungen die man einfließen lassen kann. Ich will das aber nicht zu oft machen, es soll mir halt ab und zu die Möglichkeit geben, eine neue nicht zu beschränkte Sicht auf meine eigene Geschichte zu bekommen. Naja mal sehen wo das Ganze hinführt.
Viel Glueck.
Und, egal was ich sage, nichts davon ist als Dogma gemeint.
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Mich persönlich würde es sehr freuen, wenn man diesen Bereich ein wenig mehr beleben könnte.
Klar. Ich betreu's auch. Leider habe ich nicht die Zeit, hier ne richtige Werkstatt zu machen, aber ich schaue, dass ich vielleicht die Aktivitaeten etwas ausweite ...
Ich schreibe selber im Moment an meiner ersten "reiferen" Geschichte und könnte mir vorstellen gegen Lektorat auch bei jemand anderem reinzuschauen und meine völlig unreflektierte ätzende destruktive und demotivierende Kritik loszuwerden. Wer Interesse hat ...
Genau. Man koennte eine "Boerse" machen, oder das per Mailingliste organisieren ... Mein "ProjektPhoenix" hat sich auch so organisiert. Eine geschlossene Mauilingliste hat den Vorteil, dass da nicht "jeder" mitlesen kann.
So eine Mentoring-Geschichte klingt ziemlich spannend. Wie läuft das dann genau - geht das gegen ein Honorar oder muss man einfach durch Fähigkeit und Durchhaltewille überzeugen, um so jemanden zu finden?
Das ist ein bisschen wie die Suche nach dem "Sensei" oder dem "besten Freund" - eine richtige Antwort gibt's nicht. In meinem Fall hat, in einem Fall, alles damit angefangen, dass mir jemand eine sehr nette Rezension (bzw Feedback) zu meinem zweiten Roman schrieb; man kam ins Gespraech, irgendwann erwaehnte mein Padawan, dass er auch schreibt, und weil ich ihn mittlerweile als lustigen und kreativen Kopf kannte, der mir sympathisch war, habe ich mir das angesehen. Der Text war richtig schlecht, deshalb habe ich erstmal angeklopft, wie ernst ihm die Schreiberei ist, habe ihn mehrfach gewarnt, dass "Autor werden" jahrelange, sehr harte Arbeit ist, habe ihm eine Buchliste gegeben, und den Ratschlag, wiederzukommen, wenn er die Grundlagen hat (ja, fieser Trick - Tatsache ist, ich verstehe, warum viele "Lehrer" Schueler erstmal abweisen - denn die Wankelmuetigen lassen's sein und man kann auf die Hartnaeckigen konzentrieren, schliesslich investiert man selbst sehr viel Zeit und Nerven in einen "Schueler"). Er hat sich nicht abschrecken lassen, sondern hat dann erstmal seine Million Woerter geschrieben, sich mit der Theorie auseinandergesetzt. Wir blieben im losen Kontakt, und irgendwann schickte er mir wieder was - und der Unterschied war wie Tag und Nacht; die Story war gedanklich okay, und die technischen Macken waren reparabel, und das habe ich gemacht: repariert und erklaert, was, warum, wie nicht funktioniert und wie's verbessert wird. Und danach hat er mir immer wieder Stories geschickt, bis zu einer, die, bis auf 1-2 Saetze perfekt war, und die hat er dann auch fuer gutes Geld an die c't verkauft.
(Vorerst letzter Akt: Wir werden naechstes Jahr einen Roman gemeinsam schreiben.)
Zu dem anderen Punkt: Natuerlich kann der Schueler dafuer bezahlen - in einem Fall habe ich mich fuer Lektorate in so einer Beziehung bezahlen lassen, oder aus bezahlten Lektoraten (die ich auch mache) ergeben sich engere Beziehungen. Das kann man nicht verallgemeinern. In gewisser Weise ist man im Rahmen einer Werkstatt oder eines Workshops schon "bezahlter Mentor".
Achja, um mal direkt beim Topic zu bleiben: Für einen Anfänger fände ich das extrem schwierig, ich würde mir, obwohl ich schon recht viel geschrieben habe (aber nicht vorrangig Stories, sondern Settingbeschreibungen), nur ungern von jemandem "reinpfuschen" lassen. Da muss man glaube ich eine ganz andere Coolness entwickeln und daran glauben können, dass sich die Geschichte mit Fremdeinfluss auch toll entwickeln kann - nicht, dass ich das nicht könnte, aber das wäre auf ziemlich lange Dauer konsequent nötig. Und sowas kann sehr anstrengend sein.
Ja. Fuer mich waere das ein bisschen so, als duerfte jeder an *meinem* Mamorblock herumfuhrwerken. Aber ich bin auch ein Kontrollfreak und habe meist eine sehr genaue Vorstellung, wie meine Statue am Ende aussehen soll.