Ich glaube gar nicht, daß irgendwelche Regeln in bezug auf das Spielleiten "veralten" können. Bestimmte Spieler und Gruppen können einen anderen Geschmack haben und irgendwann feststellen, daß andere Regeln ihnen besser gefallen - aber das zu verabsolutieren, hieße doch, die eigene Bedeutung
merklich zu überschätzen.
Nicht, daß es nicht genug Leute gäbe, die genau dazu neigen... :-o
Zu Deinen Punkten:
1. Der Spielleiter tritt als Regisseur der Geschichte auf – er beschreibt die Kulisse, er „lebt“ die Figuren und Kreaturen, denen die Spielercharaktere begegnen.
Über den Begriff "Regisseur" mag man streiten, aber in der Regel ist das so. Meines Erachtens ist jedenfalls jedes Spiel, bei dem man diese Dinge anders handhabt, kein "P&P-Rollenspiel" mehr, obwohl es in diesem Punkt bekanntlich auch abweichende Meinungen gibt.
2. Der Spielleiter bestimmt den Umfang der verwendeten Regeln und ihre Anwendbarkeit. Eine detaillierte Regelkenntnis ist nicht nötig, wohl aber das Wissen um das Wo (die Regeln zu finden sind) sowie das Wie (sie in der Gesamtsystematik anzuwenden sind).
Im wesentlichen ja. Wenn für bestimmte Charaktere ausgedehnte Zusatzregeln gelten (Magiesysteme), kann er durchaus delegieren, die Regeln zu kennen, üblicherweise dann an den Spieler, der einen entsprechenden Charakter spielt. Aber über die generellen Regeln sollte sich zumindest der Spielleiter im Klaren sein.
3. Der Spielleiter behält die Gesamtübersicht über die erzählte Geschichte. Neben einer möglichen Rahmenhandlung entscheidet er über den Einsatz von Zufallsbegegnungen.
Ja.
Zumindest bei D&D. Es gibt Settings, in denen es anders gehandhabt werden mag, aber es gibt
eh für alles, was Rollenspiel betrifft, Ausnahmen und Sonderfälle... Also generell: Ja.
4. Es ist nicht die Aufgabe, etwas für die Spielercharaktere zu machen; wohl aber für die Spieler, also das erhaltene Feedback im Spiel umzusetzen. Entscheidend hierbei: da alle, auch der Spielleiter, Lust am Spiel haben möchten, ist vielleicht der Mittelweg zu finden?
Ja (wie oben).
5. Der Spielleiter ist jemand, der sich nicht erklären oder rechtfertigen muss. Als Herr über das System und das Setting bestimmt er. Latuernich muss er hierbei das Maß im Auge behalten, um die Spieler nicht unnötig zu verärgern …
Ja - wenn man den Satz nicht mutwillig über das hinaus versteht, was er sagen sollte. Der Spielleiter ist sehr wohl "Herr über etwas": Nämlich über das "So-Sein" des von ihm entworfenen Szenarios. Er muß sich nicht rechtfertigen, daß eine Hütte im Wald steht; er ist Herr über den Entwurf und bestimmt: "So ist es."
Und dann wieder: Natürlich nicht immer und für alle Fälle. Es gibt Regelsysteme, in denen dem Spielleiter nur bestimmte, begrenzte "Ressourcen" zur Verfügung gestellt sind, und dann müsste er ggfs. den Spielern vorrechnen, daß diese Hütte in seinen Ressourcen enthalten war. Bei D&D ist es aber ja nicht so.
1. Muss der Spielleiter bestimmter auftreten, um Offtopics abzuwürgen und das Rollenspiel mehr zu pushen?
Das sollte jeder, der mitspielt und den es nervt. Und alle sollten sich versuchen zusammenzunehmen (, wenn das Gruppenkonsens ist). Aber generell dürfte die Tatsache, daß der Spielleiter ja doch eine Verantwortungsposition innehat, zumindest einen gewissen Schub in diese Richtung geben...
2. Soll der Spielleiter für die überlegten Geschichten und angewandten Settings mehr Kenntnis über die Spielercharaktere haben? Und wo liegt dann der Schwerpunkt?
"Mehr" als wer oder was?
Es sollte jedenfalls alles wichtige wissen. Ich habe zuweilen Versuche erlebt, von Spielerseite aus Dinge vor dem Spielleiter geheimzuhalten, aber das hat sich nicht bewährt. Andere Spieler mögen bestimmte Dinge nicht wissen, aber der Spielleiter sollte die Charaktere seiner Spieler umfassen "kennen".
Ich halte es dann für "Ehrensache", darauf auch einzugehen - also gegebenfalls (Zufalls-)Elemente anzupassen. Allerdings sollte, wenn es ein Geheimnis eines Spielers vor anderen Spielern gibt, dies Geheimnis vom Spielleiter strikt vertraulich behandelt werden (was einschließt, bestimmte Dinge zu ändern, daß auch der Spieler nichts preisgeben muß, solange er nicht will). Aber das muß nicht
der Schwerpunkt sein - nur einer neben anderen.
3. Wie ist das mit einem ungezwungenen offenen Würfeln? Ist das sinnvoll? Oder sollte der Spielleiter „geheim“ Würfeln, um auf diese Weise mögliche Rückschlüsse auf die Fähigkeiten der Nichtspielerkreaturen zu verhindern?
Das würde ich von den Spielern abhängig machen, aber eher befürworten - mit dem Ausdrücklichen Hinweis, daß das eine Stilfrage ist, in der es kein "richtig" oder "falsch" gibt, nicht einmal ein verallgemeinerbares "besser" oder "schlechter". Wenn die Charaktere im Dunkeln tappen, kann es durchaus wünschenswert sein, wenn sie die Würfelergebnisse nicht als Anhaltspunkt haben.
4. Sollte der Spielleiter die von den Spielern erwürfelten Ergebnisse mehr oder verstärkt erzählerisch ausschmücken, wenn die Spieler selbst nichts oder nur sehr wenig beschreiben?
Auch das ist wieder eine Stilfrage. Es kann durchaus sein, daß der Spielleiter auf diese Weise den Charakter sehr stark mitgestaltet, und eventuell in einer Weise, die der Spieler nicht selbst gewählt hätte. Aber gerade die Spieler, die unsicher sind, werden ein solches Angebot bzw. einen solchen Vorgriff wohl auch nicht zurückweisen... Andererseits ist es für die ganze Gruppe auch nicht erfreulich, wenn ein Charakter zu "blaß" bleibt. Ich würde mit einer vorsichtigen Empfehlung kommen, aber vor allem dem Hinweis, auf die Körpersprache des Spielers zu achten, und zwar sowohl, wenn er handeln soll (aber noch nicht begonnen hat), selbst agiert und wenn er erlebt, daß der Spielleiter für ihn weiterredet.
5. Und überhaupt: Sollte der Spielleiter mehr auf die Spieltechniken und –regularien aufsetzen? Oder ist ein erzählspielerische Ansatz eher zu favorisieren?
Ich bin nicht sicher, ob ich die Alternativen verstehe. Wenn, dann würde es meinem Geschmack entsprechen, den "erzählspielerischen" Ansatz nur mit den Regeln zu unterfüttern, wenn sie nötig sind. Aber das ist nun ganz stark spielleiter-, spieler- und gruppenabhängig.