Das ganze hier ist eine Denkübung, ein nicht unbedingt ernsthafter Versuch, Managementaufgaben oder Praktiken zur Unternehmensführung als Inspiration zu nutzen um Runden zu organisieren oder besser gesagt ihre Organisation zu verbessern. Diese Überlegungen sollen eine Grundlage für eine Diskussion schaffen, welche dann hoffentlich echte Resultate bringt. Ich lese im Tanelorn in letzter Zeit öfter mal die Aussage, das Leute die sich nicht mit gewissen Themen auskennen, bei diesen auch nicht mit diskutieren sollten.
Ich bin der Meinung das ein fundiertes Wissen nur erlangt werden kann, wenn man sich mit der Materie auseinandersetzt und gebe meine Gedanken daher für jeden zur Diskussion frei.
Wer der Meinung ist, das ich oder andere sich nicht zu so etwas äußern sollten, der braucht diesen Text also einfach nicht zu lesen.
Zum Thema
Wenn man sich die typischen Managementaufgaben ansieht, dann heißt es dort:
Analysieren, entscheiden, Ziele setzen, durchführen und kontrollieren.Das ist natürlich nicht alles auf das Rollenspiel und den Spielleiter zu übertragen, aber es finden sich nach meiner Meinung doch gewissen Ähnlichkeiten.
Der SL setzt für gewöhnlich die Ziele, analysiert die Runde, kontrolliert die Einhaltung der Regeln und trifft Entscheidungen, welche für den Fortlauf der Kampagne oder der Runde entscheidend sind.
In der Wirtschaft gibt es die vom Staat vorgegebene Wirtschaftsordnung, in Deutschland die sogenannte soziale Marktwirtschaft. Sie gibt die Rahmenbedingungen vor, die ein Unternehmen einzuhalten hat. Natürlich ist es in einer Runde nicht wichtig, dass der Wettbewerb im Sinne vom Geldverdienen aufrecht erhalten wird, denn sie hat in der Regel ja keine Gewinnabsichten im monetären Sinne. Der Wettbewerb ist aber trotzdem nicht zu vernachlässigen und die Gewinnabsichten aller Beteiligten sind in der Regel recht hoch angesetzt. Sie wollen Spaß haben, was eigentlich ein adäquates Produkt oder Zahlungsmittel ist. Als "Manager" der Runde darf der Spielleiter also nie aus den Augen verlieren, den Spaß zu liefern, denn sonst suchen sich seine besten Mitarbeiter eine anderen Spielleiter.
Bei der "Firma Rollenspielrunde" ist der Kunde also Produzent und Kunde zugleich und der Gewinn wird durch Eigenverbrauch des Spaßes konsumiert. Der angestrebte Gewinn ist also der Spielspaß und die Langfristigkeit soll gilt dort ebenso wie im Geschäftsleben.
Folglich sollte es auch für Runden so etwas wie Rahmenbedingungen geben, welche für eine Gleichbehandlung aller Spieler und Runden sorgen.
Hier ein paar Punkte, die mir auf Anhieb einfallen:
Gleichbehandlung aller Spieler (Gerechtigkeit des SL),
Schutz von schwächeren Spielern (z.B. Förderung der Anteile von schwachen Spieler),
Schutz der Gesundheit (Zigarettenrauch und Rücksichtnahme auf Allergien)
Schutz der Wohnung des Gastgebers (seinen Müll wieder mitnehmen, beim Aufräumen helfen)
Gleichmäßige Verteilung der Arbeit (der SL darf Aufgaben delegieren und muss nicht alles alleine machen)
Sicher sind das Sachen, die einem der gesunde Menschenverstand nahe legt, aber ich sehe eigentlich ständig, das gegen gewisse Punkte verstoßen wird. Gesetze sind eigentlich auch unnötig und trotzdem werden sie erlassen. Außerdem nutzt es nichts, wenn man z.B. einen Gruppenvertrag hat, sei es nun ausformuliert oder nur aus Macht der Gewohnheit, wenn sich einige Leute nicht daran halten. Die oben stehenden Punkte sollten also von allen Mitgliedern einer Runde bedacht werden.
Aber zurück zum Thema.
Das System der integrierten RundenführungIn der Unternehmensführung gibt es das sogenannte System der integrierten Unternehmensführung, dass alle Methoden und Instrumente zur Unternehmensführung aus verschiedenen Bereichen in einer einheitlichen Struktur bündelt, die der Überwachung und Organisation eines Unternehmens dienen. Durch die Bündelung von Ressourcen und das ausnutzen von Synergien ist es möglich ein effizienteres Management zu erreichen.
Auch beim Rollenspiel kann man sich in diesem Fall überlegen, wie man vorhandene Ressourcen und Instrumente bündelt, sei es im einfachen Sinne von Fahrgemeinschaften oder im Sinne der gemeinsamen Erarbeitung von Welten über Google Docs und die Runden Orga über Internetforen um die Informationen allen gleichmäßig zur Verfügung zu stellen. So hat Chaos Aptom seine Regeländerungen für Reign Artesia ins Tanelorn gestellt und wer sie wollte konnte sie sich runterladen. So spart sich der SL oder der Spieler das Ausdrucken der Sachen und auch Regeländerungen sind sofort für alle Spieler und den SL verfügbar.
Für einen SL, der mit der bisherigen Organisation der Runde unzufrieden ist, weil er zum Beispiel seiner Meinung nach zu viel arbeitet, bietet es sich an, mal ein komplett neues Konzept zu erstellen um die Runde anders zu organisieren. Die theoretischen Vorteile dieses von alten Strukturen unabhängigen Ansatzes sind eine recht radikale Auflösung von alten und oft verkrusteten Strukturen (das haben wir schon immer so gemacht). Das lässt sich aber in der Regel aufgrund des Widerstandes der Gruppe nicht durchführen.
Integriertes Management und LeadershipDieses System ist eher praxisorientiert und besteht aus 7 Grundsätzen, die sich meiner Meinung nach auch recht einfach auf Rollenspiel Runden übertragen lassen
1. Der SpielleiterIm Mittelpunkt steht der Spielleiter, der mit seinen Entscheidungen die Gruppenziele umsetzt. Ein Spielleiter muss sich darüber bewusst sein, dass er nicht delegierbare, autonome, richtungsweisende und risikoreiche Ganzheitsentscheidungen oft alleine treffen muss. Trotzdem ist zu betonen, dass diese Entscheidungen auf der Einbeziehung der weiteren sechs Elemente des integrierten Steuerungsansatzes basieren, denn der SL ist im Gegensatz zum Unternehmensführer keinen Eigentümer oder den Aktionären verpflichtet, sondern der Runde. Da aber ab und an Entscheidungen getroffen werden müssen, wenn Meinungsverschiedenheiten bestehen oder die Spieler sich nicht einbringen ist also der Wille zur Entscheidung gefragt.
2. Die SpielerDie oder der Spieler sind ein wichtiger oder sogar entscheidender Erfolgsfaktor um Spitzenleistungen zu erreichen. Seine oder ihre Motivation, der Einsatz eines Spielers am richtigen Platz und eine partnerschaftliche Rundenstruktur sind entscheidende Bausteine dafür. Dieses Ziel kann zum Beispiel mit gerechter Kritik, Anerkennung oder der Delegation von Aufgaben und Verantwortung erreicht werden. Um motivierte Mitspieler zu bekommen sind Gespräche oft ein erfolgreiches Werkzeug.
3. Die InformationenDer optimale Einsatz von Spielern kann nur gewährleistet werden, wenn ausreichende Informationen über ihre aktuelle Leistungsfähigkeit vorhanden sind [viele Leute werden anmerken, das man Spieler nicht einsetzt, aber ich denke schon das ein SL das irgendwie macht]. Hier besteht die Herausforderung, aus den Informationen die zur Verfügung stehen die „richtigen Informationen“ herauszufiltern, da man Leistung im Rollenspiel schlecht messen kann. Also muss man sich ab und an mal mit dem Spieler und der Runde unterhalten und so mehrere Einschätzungen der Situation zu bekommen. Wie schon beim Punkt 1. ist also das Gespräch der entscheidende Faktor.
[Edit: Falls jemand einen guten Auswertungsbogen fürs Rollenspiel kennt, dann schreibe er mich bitte an]
4. Die ZukunftssicherungDie Funktionsfähigkeit einer Runde kann nur dann gewährleistet werden, wenn ihre Zukunft gesichert ist. Dieses kann durch ein systematisches Gesprächsmanagement, also Gesprächen mit der Runde gesichert werden oder durch Innovationsmanagement. Innovationsmanagement steht in diesem Fall dafür Neuerungen und Verbesserungen der laufenden Prozesse stetig in die Arbeit einfließen zu lassen. Wenn ausreichend Informationen aus den Gesprächen vorliegen, kann man schnell auf Probleme reagieren und so die Zukunft als Spielleiter oder der Gruppe sichern.
5. Die optimale FunktionsfähigkeitUm beim Leiten die richtigen Entscheidungen treffen zu können, muss sich der SL den Rücken vom Nebensächlichkeiten freihalten. Dieses kann zum Beispiel durch Delegation von Aufgaben (Spieler als Blätteronkel auswählen oder sie Sachen entwickeln lassen) und einem transparenten Planungssystems (sie spieler sollen wissen, was auf sie zukommt) erreicht werden. Nur wenn die Spieler wissen, was der SL von ihnen will, können sie ihm entsprechend zuarbeiten. Unter diesem Aspekt ist das Supply Chain Management zu sehen, das in vielen Unternehmen erfolgreich eingesetzt wird. Es steht für die absolute Vernetzung aller Beteiligten an einem Prozess.
6. Die FlexibilitätFlexibilität im Denken und Handeln aller Gruppenmitglieder ist die Grundlage für eine erfolgreiche Runde. Nur wenn sowie den internen als auch den externen Einflüssen, welche auf die auf eine Runde einwirken mit Flexibilität begegnet wird, kann diese langfristig den sozialen Frieden aufrecht erhalten können.
7. Die GanzheitsbetrachtungEine besondere Schwierigkeit für den Spielleiter liegt darin, alle relevanten Erfahrungen in der Gruppe zu nutzen und in den Prozess der Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Bei jeder strategischen Entscheidung sollte der Spielleiter prüfen ob nicht einer der sieben Bereiche vergessen wurde. Die Herausforderung liegt darin, für jede Runde und alle Bereiche die individuellen Strukturen / Vorgehensweisen zu identifizieren, um langfristig erfolgreich agieren zu können.
Mit dem vorgestellten Modell kann dieses systematisch erarbeitet und umgesetzt werden.
Falls das Thema auf Interesse stößt gibt es mehr dazu.