Dazu hab ich übrigens im Ulisses-Forum ne verspätete Antwort gegeben (falls Du die nicht schon gesehen haben solltest. Ansonsten stell ichs dann eben doch hier rein:
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Bevor ich auf deinen eigentlichen Post eingehe, möchte ich gern auf den von Greifenklaue hier eingestellten
Blogeintrag verweisen, der einige Antworten darüber gibt, welche Ziele Paizo mit dem Setting eigentlich verbindet.
Ein paar Stichworte aus diesem Blogeintrag:
Erik Mona:
Der Codename, den wir fürs Entwickeln der Welt jenseits (und natürlich einschließlich) von Varisia haben, ist „Planet des Abenteuers“, weil es ein Ort ist, der für großartige Kampagnen geschaffen ist. Wir hoffen, dass eine davon die eure ist.
James Jacobs:
"Ich denke, dass die Hauptsache für unsere Kampagnenwelt darin liegt, dass wir im Gegensatz zu den meisten Welten nicht mit einer Reihe von Büchern über die Welt beginnen, die die Regionen, Glaubensrichtungen, Städte und die Geschichte der Welt genauer beschreiben. Sondern wir entwickeln unsere Welt hauptsächlich durch Abenteuer, die von den besten Autoren geschrieben werden, die wir finden können.
James Sutter:
"Mein größtes Problem bei den meisten Kampagnenwelten ist der Kanon. Obwohl ich als Autor die Freude daran gut nachvollziehen kann, dass deine Ideen in Stein gemeißelt sind, dass man sieht, wie Leute das nehmen, was du geschrieben hast, und es als „So Und Nicht Anders Ist Es“ verehren, finde ich es beim Spiel schlussendlich ein dekadentes und selbstherrliches Vergnügen, und wenn man damit anfängt, ist es schwer, sehr schwer damit aufzuhören.
...
Dies ist unsere Welt, aber es ist auch die Welt der Spieler, und jedes Mal, wenn man einem Spielleiter oder Spieler sagen muss „Das kannst du nicht machen“, hat man einen Abend voller Spaß und Spannung ruiniert. Es ist für eine Kampagnenwelt zu einfach einen Punkt zu erreichen, wo sie durch Jahre des Schaffens und Quellenmaterial bis auf den letzten einfachen Mann detailliert ist, ohne Raum zu lassen, was zu erfinden, zu erforschen oder gar zu erneuern.
...
Das Motto bei unseren Meetings die Welt zu gestalten war „Sag niemals Nie!“. Wir haben alle viel Arbeit investiert, um die Welt so interessant wie möglich zu machen, und es wird zweifellos auch eines Tages offizielle Ergänzungsbände geben, um die Abenteuer zu unterstützen, denn die sind die treibende Kraft dieser Welt. Aber ihr könnt euch sicher sein, dass es uns bei unserer Arbeit klar ist, dass dies nicht nur unser Sandkasten ist – es ist der Sandkasten für jeden, der uns die Ehre erweist, darin zu spielen. Und mit einer solchen Ehre kommt auch eine gewisse Verantwortung.
Ich denke, dass diese Beiträge recht gut die Grundgedanken hinter dem Schaffen Paizos wiedergeben:
1. Material ist abenteuerfokussiert.
2. Die Welt funktioniert nach dem Sandbox-Prinzip.
3. Die Welt soll soviele Spielstile wie möglich einschließen (mehrere Kampagnenwelten in einer).
Das gilt eben nicht nur für die Abenteuer selbst, sondern auch für das Begleitmaterial wie z.B. das von mir persönlich hochgeschätzte Korvosa-Buch. Als strukturierte Stadtbeschreibung gesehen hat es sicher seine Schwächen. Für mich ist es v.a. ein Sammelsurium interessanter Orte, NSC und Abenteuerideen, mit denen ich meine laufende Crimson Throne-Kampagne anfüttern kann, an denen ich mich aber auch einfach für andere Kampagnen/-welten) bedienen kann, wenn ich das möchte. Darüber hinaus verschafft mir das Buch aber durchaus einen intuitiven Eindruck in den Aufbau und das Leben der Stadt, ohne mich mit (für mich oft wenig interessanten) Details zu erschlagen.
Ich kann deine Kritikpunkte also durchaus nachvollziehen, sofern ich deinen Blickwinkel richtig verstanden habe. Aus der Gesamtsicht heraus ist das Setting in großen Teilen unfertig, und tatsächlich verfolgt Paizo meines Erachtens weniger das Ziel, sich von alten Klischees zu befreien, als diese Klischees aufzunehmen und in neuem (hoffentlich interessanteren) Gewand neu zu präsentieren. Das Setting verfolgt in vielerlei Hinsicht den traditionellen Greyhawk-Ansatz, der sicher nicht jedermanns Geschmack sein muss. Man will dem Spieler nicht die Möglichkeit nehmen, sich das Setting zu eigen zu machen, man hat auch glaube ich gar nicht die Absicht, das ganze Setting für jeden Spieler zum verbindlichen Kanon zu machen. Ich leite z.B. aktuell die ersten drei Abenteuerpfade und bin tatsächlich noch gar nicht über die Grenzen Varisias hinaus vorgestoßen. Varisia als isoliertes Setting betrachtet empfinde ich als durchaus reiches und interessantes Setting, an dem ich auf Jahre hinaus Spaß haben könnte, ohne mich auch nur das geringste bißchen um den Rest der Welt zu kümmern. Andere werden sich vielleicht auf ähnliche Weise mit dem Darkmoon Vale auseinandersetzen.
Meine Hoffnung (und Erwartung) ist, dass sukkzessive auch andere Gebiete in den Genuss derselben Behandlung wie diese beiden Lokalitäten kommen und dadurch für mich gleichermaßen interessant werden
"Lieblos" und "Unkreativ" oder gar "schablonenhaft" finde ich das Setting allerdings gar nicht. Was mich an Paizo so beeindruckt sind (eigentlich über alle Produkte hinweg), die vielen kleinen Details, die mich ständig zu neuen Abenteuerideen inspirieren. Ich kann auch überhaupt nichts unkreatives in der Art finden, wie Paizo altbekannte und "langweilige" Monster wie die Goblins oder die Steinriesen hernimmt und ihnen neue, interessante Facetten abgewinnt (von den Drow ganz zu schweigen). Auch sehe ich nichts "schablonenhaftes" in der Art und Weise, wie z.B. Anleihen bei Lovecraft, der Science Fiction oder auch historischen Epochen der realen Welt genommen und ins Setting integriert werden. Und während ich noch kaum etwas über das Asien-Äquivalent "Tian Xia" oder das Afrika-Äquivalent "Garund" und die Planeten des golarianischen Sonnensystems weiß, lässt mich allein ihre Anwesenheit jubeln, weil ich gerade das als Abwendung von alten ausgefahrenen Pfaden betrachte.
Ich habe schon vor der vierten Edition den Kontakt zu DSA verloren (entdecke das gerade wieder ein bissl für mich selbst), habe aber durchaus sehr positive Erinnerungen an die zugrundeliegende Kampagnenwelt Dere zurückbehalten. Ich erinnere mich aber auch noch sehr gut daran, dass wir für das praktische Spiel den in den Regionalbänden enthaltenen Kanon weitestgehend ignoriert haben, (durchaus zu meinem heimlichen Leidwesen), und uns lieber mit dem eigentlichen Abenteuer beschäftigt haben. Paizo geht da einen ganz anderen Weg, und (bisher zumindest) hatte ich nicht den Eindruck, dass sich einer der Spieler in meinen Kampagne über den Mangel an Hintergrunddetails beschwert hätte.
Hoffe, das klingt jetzt nicht zu sehr nach unkritischem Fanboy, ich wäre durchaus an konkreten Beispielen interessiert, was Du denn aus deiner Perspektive als "lieblos, uninspiriert und schablonenhaft" empfindest.
Und einen Post weiter als Nachtrag:
Ich möchte noch eine Sache nachtragen und das ganze mit einer konkreten Bitte an KB abschließen:
1. Persönlich betrachte ich den Guide to Korvosa weniger als eigenständigen Regioonalband, denn als Addendum zum parallel erschienenen "Curse of the Crimson Throne"-AP. Was dazu führt, dass viele der im AP enthaltenen Settinginformationen im Korvosa-Buch gar nicht auftauchen. Ich habs selbst nie so gesehen, ich kann mir aber vorstellen, dass das Buch isoliert betrachtet ein paar Wünsche offenlässt, die sich mir nach Lektüre der Abenteuerpfade gar nicht mehr stellten.
2. würde ich dich,
KinshasaKara Ben Beatboy, im Sinne besseren Verständnisses deiner Position bitten, dochmal ein paar Worte dazu zu verlieren, was Du an konkreten Lokalitäten wie der Acadamae oder den Shingles zu kritisieren findest.