Würdest Du es machen?
Grandiose Replik.
Ich glaube, darauf kann man die Antwort wirklich reduzieren.
Wenn all die Nörgler und Kritiker am gegenwärtigen System
selbst das tun würden, was sie von anderen erwarten, und statt stundenlang in Foren zu spekulieren die gleiche Zeit nutzen würden, um ein Abenteuer in der örtlichen Bibliothek oder einem Jugendclub anzubieten, würde genau das passieren, was sie sich wünschen. Ganz ohne Dachverband mit unvermeidlichen internen Interessenkonflikten, Verwaltungs-Wasserkopf, Bedingungen und Schuldzuweisungen.
"Put your money (or your Arbeitskraft) where your mouth is!"
Ich habe selbst jahrelang öffentlich genörgelt, dass es kein breitentaugliches Einsteigersystem mehr gibt, dass die Verlage (teilweise aus Blindheit und Bequemlichkeit, teilweise aus wirtschaftlichen Zwängen heraus) die nächste Generation aus den Augen verloren haben.
"But warum?" um die Worte eines meiner ehemaligen Ladenangestellten zu verwenden. Als Ladeninhaber hatte ich selbst noch ein handfestes wirtschaftliches Interesse daran, dass das Rollenspiel floriert. Damals gehörte die Nachwuchsförderung ganz klar in den Verantwortungsbereich der Verlage, mir Handwerkszeug an die Hand zu geben, um Nachwuchs zu schaffen und mit Produkten zu versorgen. Glücklicherweise gab es damals noch Einsteigerboxen der drei Systeme AD&D (Amigo), DSA (Schmidt/FanPro) und Midgard (Klee/Pegasus), aber die Komplexitätszunahme der Systeme zeichnete sich schon ab.
Seit ich Abstand vom Markt gewonnen habe, habe ich erkannt, dass mir am Erfolg und Fortbestand des Hobbys Rollenspiel immer noch einiges liegt, dass es jetzt aber nicht mehr an mir liegt, zu nörgeln. "Die Verlage" oder "der Markt" sind mir nichts schuldig, ich bin nicht mehr von ihnen abhängig, sollen sie machen, was sie wollen. Ich kann immer noch beobachten und analysieren, aber fordern werde ich nichts mehr.
Stattdessen setze ich meine Zeit und meine Möglichkeiten ein, das Hobby auf die Weise zu fördern, die ich für nötig halte und zu der ich Zugang habe. Das sind sicherlich nur Nadelstiche, aber es sind die gleichen Nadelstiche, die ein Dachverband mit erheblich mehr Verwaltungsaufwand und Streuverlusten erreichen würde. Aber ich füge die Nadelstiche bereits
heute zu und nicht erst in einem Jahr, wenn dieser noch nicht einmal im Planungsstadium befindliche Verband anfängt zu arbeiten.
Es wird niemand davon abgehalten, das gleiche zu tun - und durch positives Beispiel andere zu motivieren.
Und es gibt heute mehr Leute als je zuvor, die genau in diesem Geist handeln. Dom mit seinem
BASIS- Einsteigerspiel, Moritz mit der
Labyrinth Lord-Übersetzung (eine Gruppenaktion, die sich so schnell vollzogen hat, dass mir heute noch die Kinnlade runterhängt), Christians
Dungeonslayers, und noch mehr. Auch die Verlage sind rührig wie schon lange nicht mehr -
Freelancer Hexxagon von Ulisses,
Quest von Pegasus, und ich würde mich nicht wundern, wenn Truant/Ulisses auch bei Thomas Denmarks
Dungeoneer "Gewehr bei Fuß" stehen...
Zu der Skandalpresse:
In den Neunzigern haben sich zwei Vereine durchaus als Sprachrohr der Szene gesehen und teilweise kooperiert: GFR e.V. und 252 e.V. Sie waren in gewisser Weise eine Keimzelle einer Interessenvertretung, und es waren auch Leute aus der Laden- und Verlagsszene (jeweils als Privatpersonen) Mitglieder (auch in den führenden Gremien).
Beide Vereine haben sich auch als Bollwerk
gegen negative Presse verstanden; 252 hat eine umfangreiche Materialsammlung zu dem Themenkomplex gehabt.
Das
absichtliche Herbeiführen von Skandalmeldungen in Explosiv (oder heute eher SAM, taff oder Akte 09) wäre schon der erste Tagesordnungspunkt, der einen neuen Verband entzweien und für Monate lähmen würde.
Wer allerdings der Meinung ist, dass so ein Vorgehen der Sache dienlich wäre, kann es ja versuchen.
"Put your money (or your Ansehen) where your mouth is..."