Es wurde zwar schon geschrieben, aber man kann es nicht oft genug sagen:
form follows function. Layout bedeutet
nicht Hochglanzpapier und Farbillustrationen. Layout bedeutet in erster Linie Strukturierung, Gestaltungsraster und Typografie. Ziel von Layout ist, eine optimale Lesbarkeit zu erreichen und die Verständlichkeit des Textes so weit wie möglich zu verbessern. Bevor auch nur in irgendeiner Form an Bebilderung oder Schmuckelemente gedacht werden darf, muss sich jeder, der Text layoutet, Gedanken über Gliederung des Textes durch Überschriften, Anreißertexte, Bildunterschriften, Fußnoten, Tabellen etc. machen. Ohne das geht
gar nix. Dann folgen Überlegungen zum Satzspiegel, dem Gestaltungsraster, Erscheinungsbild von Tabellen, Diagrammen, speziellen Auszeichnungen (z.B. Marginaltexten), Verwendung von Spalten usw.
Bücher müssen, wie jedes andere Produkt, in erster Linie funktionieren. Damit das gewährleistet ist, müssen sie gemäß ihrem Inhalt gelayoutet sein. Ein Kinderbuch funktioniert anders als ein Roman, ein Sachbuch anders als eine Enzyklopädie. Ein Rollenspielbuch ist in der Regel ein Hybrid aus einem Roman und einer Spielanleitung und muss entsprechend behandelt werden. Selbstverständlich kann man es nicht wie ein Lexikon layouten - das wäre Thema verfehlt, sechs, setzen. Genausowenig ist es ein Bilderbuch, das nur aus seitenfüllenden Vollfarb-Illustrationen bestehen darf.
Selbst ein Laie kann, wenn er gewillt ist, sich mit den absoluten typografischen und gestalterischen Basics vertraut zu machen, ein Regelwerk gut (im Sinne der Lesbarkeit) layouten. Das ist kein Hexenwerk. Das geht sogar mit Word.
Fakt ist, dass es fatal ist, keine Arbeit, Zeit und Mühe in gutes Layout zu investieren. Denn egal wie brillant der Text ist, wenn der Leser/das Zielpublikum ihn nicht unumständlich lesen und verstehen kann, taugt er allenfalls als Fischverpackung auf dem Wochenmarkt.
Stümperhaftes Layout verschmerzt der Leser in der Regel also weitaus schlechter, als einen Mangel an Illustrationen. Es ist jedoch auch Fakt, dass Bilder wesentlich schneller und präziser Dinge transportieren können, als Text. Bei Büchern, die Dinge erklären oder veranschaulichen sollen (und dazu gehören Rollenspielbücher nunmal), darf man nicht auf Illustrationen verzichten, vor allem, wenn man solche Bücher einem Publikum jenseits des Familien- oder Bekanntenkreises
verkaufen möchte.
Natürlich verstehe ich, dass wirtschaftliche Zwänge es vielen Autoren und Kleinstverlagen unmöglich machen hier große Budgets zur Verfügung zu stellen. Ich sehe das jeden Tag selbst in der Praxis. Aber es ist halt auch leider so, dass Illustrationen ein Regelwerk sehr stark aufwerten können und einen Leser eher dazu verleiten können, ein Buch zu lesen, als ein rein textbasiertes Werk.
Ich persönlich schätze Rollenspielbücher, die einen gesunden Mittelweg zwischen benutzerfreundlichem Layout und "eye candy", also Illustrationen und Schmuckgrafiken gehen. Das vielgenannte Degenesis z.B. finde ich zwar von den Illustrationen her erste Sahne (und gebe zu, es mir nur deswegen gekauft zu haben), allerdings muss ich sagen, dass es unter Aspekten der Lesbarkeit einfach nicht optimal gelayoutet ist. Ich habe durchaus Freude an minimalistisch gesetzen Regelwerken, die ohne viel Grafik auskommen - solange die Typografie überzeugend ist.
Leider bieten halt die meisten Hobby-Rollenspielautoren keines von beidem - weder gutes Layout, noch überzeugende Grafik. Um mich da hinter dem Ofen hervorzulocken und zum Lesen zu animieren, müsste die Spielidee, der Regelmechanismus oder das Setting schon atemberaubend neu und anders sein. Aber das ist halt leider auch nur ganz, ganz selten der Fall.