Im Grunde glaube ich, dass Du Dich mit fünf zentralen Fragen rumschlagen musst:
a) (Wie) Können die Spieler die Katastrophe verhindern (oder mildern) ?
b) Wie Können die Spieler die Katastrophe überleben ?
c) Können die Spieler in der Katastrophe etwas/jemanden verlieren ?
d) Können die Spieler jemanden für die Katastrophe zur Verantwortung ziehen ?
e) (Wie) Können die Spieler beim Wiederaufbau helfen ?
Nehmen wir ein Beispiel: Fantasysetting, Hafenstadt, der Zorn des Meeresgottes ist geweckt, er schickt ein paar Flutwellen, ein Sturm braut auf...
a) Können die Spieler den Zorn besänftigen, ehe die Stadt im Meer versinkt, z.B., indem sie rechtzeitig die richtigen Opfer bringen oder die geraubte Gottesstatue sicherstellen ?
b) Wenn die Flut kommt, welche Fertigkeiten können die Spieler zum nackten Überleben der eigenen Charaktere anwenden ? Vom System/der Mechanik her sollte ein ausgeklügeltes Fertigkeitensystem bereitgestellt werden: (Schwimmen, Klettern, Geländelauf usw.)
c) Auf der emotionalen Ebene: Hängen die Spieler an der Stadt oder jemandem in der Stadt oder an einzelnen Orten in der Stadt ? Haben die Spieler schon etwas investiert, das durch die Katastrophe zerrstört werden könnte (z.B. Kontakt zur Diebesgilde geschlossen, deren HQ jetzt überschwemmt werden könnte) ? Aus diesen Gründen würde ich ein paar Abenteuer in diesem Setting zeitlich vor der Katastrophe ansetzen.
Wenn emotionale Bindung besteht, dann weiter auf der mechanischen Ebene: auf welche Art können die Spieler retten, was zu retten ist ? Das führt wieder zum Fertigkeitssystem. Für die Narrativisten unter den Spielern ist es außerdem interessant, wenn sie von mehreren Personen oder Orten nur eine Auswahl retten können und sich entscheiden müssen, wem sie helfen (wobei mir in so einem Fall manche Spielerin aufs Dach steigen würde).
d) Jemanden beschuldigen zu können halte ich für ganz wichtig, damit die Spieler sich nicht völlig ohnmächtig vorkommen. Im obigen Meeresgott-Beispiel wären das Kultisten, die den Zorn des Gottes erregt haben. In einem modernen setting wäre das der korrupte Industrielle/Politiker, der einen Deich nicht richtig ausgebaut oder Gebäude mit minderwertigem Material errichtet hat. Hier kann dann ein weiterführendes Abenteuer anknüpfen.
(PS: gemeine Spielleiter können die Katastrophe als Konsequenz aus Spielerentscheidungen entwickeln, aber ich würde davon in der Regel abraten, denn es entmutigt Spieler, waghalsige Entscheidungen zu treffen.)
e) Wenn die Spieler ausreichend emotional in das Setting investiert haben (Unsere Heimatstadt wurde von den Wellen verschlungen!), dann kann der Wiederaufbau in einer Reihe von Abenteuern geschehen. Erstmal muss wieder Ordnung in der Anarchie geschaffen werden, kriminelle Banden müssen am Plündern gehindert werden, Vorräte unter Gefahr organisiert und verteidigt werden etc. Das reicht für längere Abenteuerserien, wenn nicht gar für eine ganze Kampagne.
Soweit,
der Tümpelritter