Autor Thema: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten  (Gelesen 4788 mal)

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Ein

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Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« am: 14.04.2009 | 18:48 »
Die irdische Geschichte kann dank ihres kulturen Reichtums als beste Inspirationsquelle für eine Fantasywelt dienen, doch war mir die Umsetzung solcher Inspirationen bisher immer etwas "stiefmütterlich" geraten.

Epochen werden wild gemischt und ganze Weltteile werden marginalisiert und meist gar ignoriert.

Daher:

Wie denkt ihr, müsste eine Fantasywelt aussehen, die sich umfassend bei der Menschheitsgeschichte bedient, und dennoch abenteuerbar ist?

Wie müssten Azteken, Zulu und Polynesier aussehen, damit sie als gleich berechtigte Charakterhintergründe dienen können?

Imago

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #1 am: 14.04.2009 | 19:11 »
Der Hauptgrund dafür wie die meisten Fantasywelten hierzulande aussehen ist sicher das sie meist auf dem aufbauen was 0815-Rollo im Geschichtsunterricht nunmal vermittelt bekommt. Sprich in der Geschichte der Region verwurzelt sind die einem am nächsten liegt.

Wenn man tatsächliche Zulu, Polynesier oder Atzteken wollte dann müsste man sich auch halbwegs mit denen auskennen, andererseits bleibt es halt ein Klischeebild was auch nicht verkehrt sein muss.

Ich finde die beste Herangehensweise (nach meinem Geschmack) an so etwas ist gerade Epochen und einzelne Kulturen wild zu vermischen, das zu nehmen was gefällt den Rest weglassen und mit eigenem Kram ergänzen. Am besten gefallen mir Fantasy-Kulturen die zwar einen geschichtlichen Background haben aber so verfremdet sind das man diesen nicht mehr wirklich zuordnen kann.
Vor allem Elemente die unsereins hier so eher nicht so geläufig sind finde ich da gut.

Wenn man jetzt tatsächlich einen "Atzteken" haben möchte ... well. Entweder das Klischeebild vom blutsaufenden Jaguarkrieger bedienen oder viel, viel recherchieren und das irgendwie so aufbereiten das der Spieler das ohne größere Fragen übernehmen und sich damit identifizieren kann. Für ein "umfassendes Bedienen" ist das letztere bestimmt nicht zu vernachlässigen. Aber eigentlich produziert man dann nur ein neues, "korrekteres" Klischee weil die Darstellung zwangsläufig nicht genau sein kann.
So ein Gonzo-Kulturenmischmasch hat da den Vorteil das es an sich nicht wirkliche Vorgaben geben muss außer einem bestimmten Flair. Macht weniger Arbeit, ist kreativer und auch gerade in Punkto Spielbarkeit nicht verkehrt.

Offline Beral

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #2 am: 14.04.2009 | 19:32 »
Wie denkt ihr, müsste eine Fantasywelt aussehen, die sich umfassend bei der Menschheitsgeschichte bedient, und dennoch abenteuerbar ist?
Vielleicht verstehe ich die Frage falsch, aber so wie ich sie verstehe, hat sie keinen Bezug mehr zu deiner anfänglich geäußerten Kritik. Das "abenteuerbar" ist irgendwie beliebig. Man nehme alles, was sich zu Abenteuern verwursten lässt. Genau das ist doch die gängige Vorgehensweise.

Vielleicht meinst du etwas bestimmtes, das sich noch hinter der Frage versteckt?
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Ein

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #3 am: 14.04.2009 | 19:39 »
Ich meine "abenteuerbar" hier als insoweit mit dem klassischen Rollenspiel und seinen Konzept (soziale Ungebundenheit der SCs, Heldenquesten, Kulturenmischmasch etc.) vereinbar, dass es spielbar und unterhaltsam ist.

Eben auf der einen Seite keine bluttrinkenden Aztekenkrieger, fremdartig-primitive "Neger" und ähnliches, und auf anderen Seite kein ethnologisches Professoren-Rollenspiel.
« Letzte Änderung: 14.04.2009 | 19:41 von Ein »

Eulenspiegel

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #4 am: 14.04.2009 | 19:43 »
Spiele doch in der realen Vergangenheit. Und wenn du willst, mische diese noch etwas mit Magie.

Das hat bei 'WoD - The Dark Age', 'Ars Magica' und 'Pirates of the Spanish Main' geklappt. Und das würde sicherlich auch mit zig anderen Epochen und Orten klappen.

Offline Skyrock

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #5 am: 14.04.2009 | 19:51 »
Ich habe Zulus und Polynesier in meinem Setting :) Beides sind aber eher oberflächliche und in pulpig-breiten Pinselstrichen skizzierte Schurkenvölker, als etwas worin man sich längerfristig rumtreiben will.

Die Polynesier dienen in meinem tropischen Setting als plumper Wikingerersatz, die mit Segelkanus (statt Drachenbooten) schnell in kleinen Kommandogruppen an den Flüssen und Küsten zuschlagen können, mit einer Neigung zu Pyromanie im allgemeinen und Menschenopfern an Vulkane im speziellen. (Schließlich nimmt Pele im Pantheon des Vorbilds eine überragende Stellung ein und hat die Finger überall von Entstehung von Leben bis hin zu dessen Auslöschung im Spiel; da macht es nur Sinn, dass sich auch bei meinem Abziehbild da alles um Feuer und Lava dreht.)

Die Zulus haben hingegen mehr eine Rolle wie die Spartaner zur Zeit Lykurgs, mit hartem Drill und Militärdominanz à König Shaka und wenig Interesse an kultureller Verwässerung (obwohl diese durch Assimilierung von Polynesiern schon stattgefunden hat).
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Ein

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #6 am: 14.04.2009 | 19:56 »
@Euli
Ja, das war auch mein Ursprungsgedanke (vor gut 3 Jahren) nur wurde mir dann bald klar, dass das zwar ganz lustig ist, aber dass einige Punkte unter den Tisch beinahe zwangsläufig fallen werden.

Z.B. bewegen sich alle drei genannten Settings in einem engen eurozentristischen Rahmen. Zumindest habe ich z.B. noch keine aztekischen Schamanen bei Ars Magica gesehen. Selbst PotSM als transeuropäisches Setting konzentriert sich mW primär auf den nordatlantischen Raum.

Und wenn man diese Fremden dennoch als SC einführt, so steht man vor dem Moha-Problem bei DSA. Eben durch ihre Fremdheit sind sie nicht in den Handlungsraum eingebunden und stehen immer als Außenseiter am Rande.

Gefragt wäre also ein synkretisches Setting, dass die Kulturen entlehnt und so transformiert, dass sie zueinander in enger Verbindung und im Austausch stehen (wie bei der Globalisierung), dabei aber ihre Alleinstellungsmerkmale nicht verlieren (genau anders als bei der Globalisierung).

Für diesen Spagat fehlt mir aber bisher noch der Ansatz, daher auch dieser Thread.

@Skyrock
Stimmt, Kopikala, hatte ich schon wieder aus den Augen verloren. Hast du denn bereits Erfahrungen gesammelt, inwieweit diese Schwerpunktverschiebung auf Spielerakzeptanz stösst? (oder mit anderen Worten, mache ich mir mehr Kopf als nötig?)

Offline Skyrock

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #7 am: 14.04.2009 | 20:32 »
@Skyrock
Stimmt, Kopikala, hatte ich schon wieder aus den Augen verloren. Hast du denn bereits Erfahrungen gesammelt, inwieweit diese Schwerpunktverschiebung auf Spielerakzeptanz stösst? (oder mit anderen Worten, mache ich mir mehr Kopf als nötig?)
Kann ich noch nicht sagen, da der erste Einsatz wohl erst Anfang Mai bei einem Auswärtsspiel (sowie Mitte Mai mit dem Start der regulären Kampagne) stattfindet. Raumfindung für eine offene Kampagne ist kein Spaß, wenn der einzige FLGS der Stadt dicht macht und die eigene Bude weitab vom Schuss liegt :-\

Da setze ich die Spieler aber bewusst erst mal in einer der wenigen Regionen ab, wo eine pseudoeuropäische Kultur dominiert, alleine schon um die Einfindung erst mal zu erleichtern.
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Eulenspiegel

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #8 am: 14.04.2009 | 20:39 »
@ Ein
Das Problem könnte man dadurch umgehen, indem man bei Ars Magica den Schwerpunkt weg von Europa in Richtung Türkei verlegt:
Byzanz, bzw. das Osmanische Reich waren ja schon immer das Bindeglied zwischen Europa auf der einen Seite und dem Orient auf der anderen Seite.
Wenn man einige Abenteuer in Konstantinopel spielt (und die meisten SCs auch aus der Gegend kommen), dann ist es kein Problem, sowohl europäische als auch orientalische SCs in der Gruppe zu haben. Diese werden in Konstantinopel zwar als Fremde, aber nicht unbedingt als Exoten betrachtet.

Ein anderer Ort wäre das frühere Spanien:
Al-Andalus oder das Kalifat von Córdoba eignen sich auch sehr gut, um SCs aus Europa und dem Orient in eine gemeinsame Gruppe zu bringen.

Wenn du dich für indianische Kulturen interessierst, kannst du prinzipiell Pirates spielen, sagst aber vorher klipp und klar, dass es weder um Piraten noch um die Karibik geht, sondern der zentrale Ort stattdessen Zentralamerika und der südliche Teil Nordamerikas ist:
In Mexiko hast du folgende Situation: Die spanischen Kolonisten fühlen sich von der spanischen krone immer mehr unterdrückt. Daher kommt es zu einer Solidarisierung zwischen spanischen Kolonisten und Azteken. Die geht später sogar so weit, dass spanische Kolonisten und Azteken sich verbünden, um gemeinsam gegen die spanische Krone zu kämpfen.

Desweiteren sind immer mehr Mexikaner das Kind zweier Welten: Es kommt immer häufiger vor, dass ein Elternteil Azteke ist, während das andere Elternteil Spanier ist. - Das Kind lernt daher beide Kulturen kennen. (Und hat es schwer, sich für eine Kultur zu entscheiden. - Was dann auch der Ursprung für die heutige mexikanische Kultur ist, die man ja als eine Mischung aus aztekisch und spanisch auffasen kann.)
Ihm südlichen teil Nordamerikas haben wir dann sehr viele britische Kolonisten, chinesische Kolonisten, afrikanische Sklaven und Indianer.
Vor allem, wenn man in der frühen Phase der Kolonialisierung spielt, waren Indianer nicht die Feinde, sondern die Kolonisten benötigten die Indianer als Verbündete. Die europäischen Kolonisten wussten es wunderbar auszunutzen, dass einige Indianerstämme untereinander verfeindet waren: Sie verbündeten sich mit dem einen Stamm und führten gegen den anderen Stamm Krieg. - Dieser zweite Stamm war dann gezwungen, sich mit einer anderen europäischen Nation zu verbünden. Das führte dazu, dass weder Indianer in europäischen Siedlungen noch Europäer in Indianerdörfern als Exoten galten.
Desweiteren gibt es ja nicht DIE Indianerkultur, sondern mehrere verschiedene: Die städtebauenden Azteken, die Prärie-Indianer, die man aus den Western kennt, oder die Indianer, die im Dschungel leben.
Und zwischen alledem eine langsam entstehende Voodoo-Kultur bei den afrikanischen Sklaven.

Bis auf die Afrikaner sind imho alle Kulturen durchaus auch als SCs zu gebrauchen.


Generell eignet es sich immer, nicht in einer stabilen Epoche zu spielen, sondern während die Epochen am Umkippen sind:
Eine ebenfalls interessante Zeit, wo viele verschiedene Kulturen aufeinanderprallen ist die Zeit der Völkerwanderung: Die Hunnen fallen im Osten ein und ein schleichender Zerfall des römischen Reiches setzt ein. (Die Völkerwanderung war ca. 380 n.Chr. Der Untergang des weströmischen Reiches war erst 410 bis 450 n. Chr. Also gut 30 bis 70 Jahre nach der Völkerwanderung.)
Aber diese Zeit des Umbruches: Das römische Reich hält sich noch, aber es ist absehbar, dass es kollabiert: Immer mehr Goten, Germanen und Gallier siedeln sich auf römischen Gebiet an etc. lässt sich auch wunderbar als Rollenspiel umsetzen. (Mit zig verschiedenen Kulturen, die auch alle spielbar sind.)

Eine andere interessante Zeit war die Christianisierung Englands. (Was zumindest teilweise auch im Film "Merlin" thematisiert wurde.) Hier trifft die keltische Naturreligion auf den "neuen Glauben", der von der herrschenden Schicht propagiert wird, aber auch in der einfachen Bevölkerung immer mehr Anhänger findet.

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #9 am: 14.04.2009 | 21:04 »
Wie denkt ihr, müsste eine Fantasywelt aussehen, die sich umfassend bei der Menschheitsgeschichte bedient, und dennoch abenteuerbar ist?
Soll sie wiedererkennbar sein? Sollen die Spieler wissen, dass sie jetzt in Pseudo-Frankreich oder Pseudo-Australien sind? In diesem Fall sollten ein paar charakteristische Eigenschaften herausgestrichen werden (Pseudofranzosen sind gemeinhin arrogant, essen ulkige Dinge und flirten gern; pseudoaustralische Aborigines sind gemeinhin spirituell, laufen in der Wüste herum und essen ulkige Dinge), die das ganze wiedererkennbar machen, vielleicht dazu ein paar Klischee-Breaker (die Pseudofranzosen brauen hervorragendes Bier, die Pseudo-Aborigines haben eine ganz komplexe Schriftsprache), um das ganze etwas abzusetzen. Fertig.
Wenn nicht, denn kann man einige Aspekte herauspicken und in die Kulturen einarbeiten (Schwiegereltern dürfen nicht mit Schwiegerkindern verkehren, Ehen werden grundsätzlich von den Vätern der Heiratenden verhandelt, etc.). Das führt aber wahrscheinlich wieder zu einem wilden Mix. Dagegen spricht aber auch nichts, wenn das Ganze plausibel ist.
Und wer Wikinger-Kulturen in einem Renaissance-Setting unplausibel findet, der sollte sich klar machen, dass es auch heute noch Leute gibt, die sich ihr Abendessen mit Pfeil und Bogen jagen (und nicht etwa zum Spass).

Zitat
Wie müssten Azteken, Zulu und Polynesier aussehen, damit sie als gleich berechtigte Charakterhintergründe dienen können?
Weiß und europäisch?

Das Problem ist das der kulturellen Vertrautheit. Egal, wie gut die Pseudo-Zulu beschrieben sind, die Spieler werden sich besser mit den Pseudo-Europäern auskennen. Und schwupp, werden aus den Zulu im Spiel dunkelhäutige Römer mit Löwenfimmel. Oder Wikinger mit Vulkanieransatz.

Wenn du sie wirklich gleichberechtigt haben willst, musst du ihnen Kewl Powerz geben, damit die Spieler einen Grund haben, sich überhaupt mit denen auseinanderzusetzen.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #10 am: 14.04.2009 | 21:15 »
Zitat
Und wer Wikinger-Kulturen in einem Renaissance-Setting unplausibel findet, der sollte sich klar machen, dass es auch heute noch Leute gibt, die sich ihr Abendessen mit Pfeil und Bogen jagen (und nicht etwa zum Spass).

Das ist durchaus richtig - es kommt allerdings drauf an, wie das Ganze nun konkret in´s Setting eingebunden ist und ob es dort gut wirkt oder nicht. Das hat garnicht mal so viel mit Plausibilität zu tun, sondern weit mehr mit dem konkreten Stil der jeweiligen Fantasywelt. Da das Ganze ja vermutlich auf mein 7te-See-Statement bezogen ist: In 7te-See passen die besagten Wikinger imho stilistisch nicht, da 7te-See abseits der "Wikinger" sehr sehr großen Wert darauf legt, eine möglichst "historisierende" Kopie des barocken Europas zu sein. Die "Wikinger" sind da der einzige Ausreißer von diesem Grundprinzip, das ansonsten bis in kleinste Details durchgezogen wird. Daher stoßen sie (zumindestens mir) bei 7te-See sauer auf. Bei Arcane Codex z.b. ist das Vorkommen von "Wikingern" und "Renaisance-Franzosen" in der gleichen Welt weit weniger ein Problem, da die Welt von AC schon im Kern auf buntes Mischmasch ausgelegt ist. Hier stört es nicht. Es kommt immer auf den Zusammenhang an - und auf die Erwartungshaltung, die ein Spiel durch seinen Stil und seine Aufmachung auslöst: Bei AC erwartet man, daß Dunkelelfenassasinen, römische Legionäre, Halblingpistolenschützen und Steinzeitechsen zusammen in einer Gruppe durch die Pampa stiefeln. Da stört auch ein Wikingerschiff nicht. Bei 7te-See wird die starke Erwartungshaltung aufgebaut: Wir spielen im Europa des Jahres 1668 - mit veränderten Namen. Dort kann das Vorkommen von axtschwingenden Drachenschiffbesatzungen schon irritieren. Und zwar im negativen Sinne.
« Letzte Änderung: 14.04.2009 | 21:19 von Waldviech »
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #11 am: 14.04.2009 | 21:18 »
Das ist natürlich richtig. Wenn es in einer Welt um Swashbuckling geht, dann haben Wikinger da nichts verloren. Wobei ich da gestaltwandelnde Russen auch etwas grenzwertig finde.

In eine viktorianische Kampagne passen Römer auch nur bedingt.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #12 am: 14.04.2009 | 21:25 »
Auch bei Römern und Viktorianern käme es auf den Zusammenhang an - finden die Viktorianer die Römer als Lost-Civilisation isoliert im tiefsten Dschungel, passt das schonwieder wunderbar, denn da sind wir voll in den Konventionen gängiger Abenteuerromane des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die ja die Grundinspiration der meisten "viktorianischen" Rollenspiele ausmachen.

Zitat
Wobei ich da gestaltwandelnde Russen auch etwas grenzwertig finde.

Hmmmmmjjjjjaaaa......irgendwie schon. Allerdings aus anderen Gründen als bei den "Wikingern" mit dem schwer zu schreibenden Namen, denn vom Formwandeln mal abgesehen, sieht Ussura um 1668 großflächig so aus wie (unsere Vorstellung von) Russland um 1668 und passt daher wieder in´s Konzept.
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #13 am: 14.04.2009 | 21:34 »
Auch bei Römern und Viktorianern käme es auf den Zusammenhang an - finden die Viktorianer die Römer als Lost-Civilisation isoliert im tiefsten Dschungel, passt das schonwieder wunderbar, denn da sind wir voll in den Konventionen gängiger Abenteuerromane des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die ja die Grundinspiration der meisten "viktorianischen" Rollenspiele ausmachen.

Klar. So eingebaut funktioniert das auch. Und wenn die swashbuckelnden Helden bei der Suche nach dem Schatz im Eismeer bei rauhen, aber herzlichen Gesellen, die viel Bier trinken und mit Äxten nach Maiden werfen, landen und sich dort aufwärmen, dann gehen auch die Wikinger.  ;)

Nur als eine-von-vielen Kulturen, die eben so nebenher existiert, funzen die net. Und die Römer im Viktorianischen auch net. Passt einfach nicht zur Stimmung.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #14 am: 14.04.2009 | 21:37 »
Ich sehe, wir verstehen uns  :d. In diesem Sinne: Inspirationen bei irdischen Kulturen und Epochen sind ne geile Sache, aber: "Zusammenhang matters !"
Ist zwar eigentlich ein ziemlicher Gemeinplatz, das Ganze........
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Offline Oberkampf

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #15 am: 14.04.2009 | 23:01 »
Wegen der irdischen Zivilisationen mag ich Midgard, die Welt des gleichnamigen Rollenspiels  ;D

Einige Kulturen sind da in den Sourcebüchern ganz nett (d.h. ohne Elfen!) umgesetzt, z.B. China/Japan (Kan Tai Pan), Indien (Rawindra) und Australien (Buluga). Die Midgardvariante der Azteken hat mich zwar nicht so umgerissen (Namen vergessen, ist Vampirkram), aber dafür hat mir die arabisch-orientalische Variante (Eschar) sehr gut gefallen.

Die ganzen Kulturen sind auch irgendwo sinnvoll in die Welt integriert, und wenn man den "Metaplot" mit den Dunklen Meistern, die überall ihre Finger drin hatten, etwas klein hält (was zum Glück viele der Kaufabentuer tun, wenn auch nicht alle), kann man auf Midgard (der Welt) viel Spaß haben.

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Offline Skyrock

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #16 am: 14.04.2009 | 23:10 »
Ich sehe, wir verstehen uns  :d. In diesem Sinne: Inspirationen bei irdischen Kulturen und Epochen sind ne geile Sache, aber: "Zusammenhang matters !"
...und dann gibt es wieder Momente, wo man jeglichen Zusammenhang aus dem Fenster wirft, seine Fellunterhosenbarbaren mit Lasergewehren und Fluggleitern ausstattet und sie gegen Laserstrahlen abfeuernde Raptorencyborgs, die von Roboterwarlocks geritten werden, zu Felde ziehen lässt.

Irgend einen Grund muss es ja dafür geben, dass Rifts konstant in der Top 5 der meistverkauften Rollenspiele steckt, und an den Regeln kann es nicht liegen.
Anderes wichtiges Gegenbeispiel aus der Ecke der freien und Small-Press-Spiele: Encounter Critical.
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #17 am: 15.04.2009 | 06:12 »
Aber auch dort ist durchaus ein passender Zusammenhang dafür gegeben - nämlich der, das RIFTS genau darauf ausgelegt ist, und vampirjagende Marsmännchenritter an der Seite vom revolverschwingenden Neanderthalern dort gewollt sind. RIFTS versucht garnicht erst, das Ganze einzugrenzen oder einen bestimmten "geschlossenen" Stil aufzubauen, denn die Rifts-Welt ist ja ein Nexus aller Welten. Vor dem Hintergrund wäre es störend, zu sagen das etwas nicht passt.
« Letzte Änderung: 15.04.2009 | 06:17 von Waldviech »
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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #18 am: 15.04.2009 | 09:11 »
Guten Morgen,

ich darf vielleicht mal Midgard anführen, dass vielleicht nicht alle, aber sehr viele Kulturen auf seinen Kontinenten verteilt hat. Man siehe Waelander, Buluga, Nahuatlan, Minangaphit, Rawindra etc. pp.
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Offline Oberkampf

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #19 am: 15.04.2009 | 10:51 »
Nahuatlan, genau das war der Name, den ich die ganze Zeit gesucht habe.
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Ein

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #20 am: 15.04.2009 | 11:10 »
Ich habe mal in die Midgard-Wiki geguckt und zumindest das Zusammenrücken der Kontinente ist ein geschickter Kniff.

Ansonsten bin ich darauf gekommen, dass wohl sicherlich ein ganzes Stück von der Gewichtung abhängt, wenn man aus jeder Weltecke nur 2-3 Kulturen entlehnt und verallgemeinert, dann ist das Übergewicht Europas direkt weit weniger spürbar.

Auch eine Distanzierung vom Mittelalter scheint mir günstig.
« Letzte Änderung: 15.04.2009 | 11:12 von Ein »

Offline Nocturama

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #21 am: 15.04.2009 | 16:08 »
Was meiner Meinung nach helfen könnte, wäre, die wichtigstens Kulturen auf ein ähnliches Kultur-, oder wenigstens Machtniveau zu heben. Wenn man ein pseudo-römisches Reich, ein Pseudo-China der Mingzeit und dann noch Pseudo-Inuitstämme nimmt, ist ja klar, dass die Inuit immer als unzivilisierte Exoten enden. Also die von dir angesprochene "Moha-Falle". Wenn die Inuit dagegen auch eine Hochkultur besitzen oder wenigstens Supermagisch sind (muss gerade an "Avatar" denken) und sich so durchsetzen können, dann können sie einen gleichberechtigten Platz in der Fantasywelt haben.

Entfernungen sind natürlich auch ein Problem, aber in einem Fantasysetting braucht man gar nicht unbedingt kleine Kontinente wie bei DSA. Warum nicht einfach magische Portale/Wurmlöcher/Transportplatformen nehmen, mit denen man flott von A nach B kommt? Dann hätte man auf jeden Fall eine enge Weltgesellschaft und problemlose Möglichkeiten, Charaktere aus verschiedenen Kulturen zu mischen. Und man müsste nicht jedesmal die Kulturschock-Phase durchlaufen.
Wobei ich mir jetzt nicht überlegen mag, inwiefern das Wegfallen von langen Handelswegen Wirtschaftssysteme verändern würde...

Bliebe noch die Frage, warum sich in so einem Fall die Kulturen nicht vermischen. Ich würde ja einfach sagen "sie haben sich halt nicht vermischt oder jedenfalls nicht komplett" (ähnlich wie viele Kulturen heute), aber man kann das auch durch die Religion oder ein Gefühl der eigenen kulturellen Überlegenheit begründen.
Oder die Portale gibt es gerade lange genug, damit man sich kennengelernt hat, aber noch nicht lange genug, um sich gegenseitig assimiliert zu haben.
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Offline reinecke

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #22 am: 15.04.2009 | 16:18 »
Ich würde außerdem behaupten, dass es dann nicht mehr ohne Rassismus und teilweise gegenseitige Versklavung, offenen Krieg etc. geht.

Offline Nocturama

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #23 am: 15.04.2009 | 16:32 »
Ja, wenn du deine Kulturen so haben willst... MEINE sind lieb und nett und üben friedlichen kulturellen Austausch*. Ob das realistisch oder glaubwürdig ist, ist mir wurscht  :-*




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Offline Maarzan

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Re: Irdische Kulturen für Fantasy ausschlachten
« Antwort #24 am: 15.04.2009 | 16:51 »
Kulturen sidn Antworten auf die Lebensfragen, die sich einem Volk gestellt haben unter den entsprechenden Bedingungen.
Da die wenigsten Bedingungen in entsprechender Breite vorhanden sein werden wird eine Direktübertargung sicher in den seltensetn Fällen zumindest etwas kritischeren Augen standhalten (ansonsten braucht man sich ja eh keine größeren Gedanken machen)

Am meisten lernt man emines Erachtens daher wenn man sich möglichst viele Verschiedene Kulturen etwas intensiver anschaut, damizt man unter der Oberfläche auch ein wenig von den Ursachen des jeweiligen Verhaltens mitbekommt, und dies dann auf die Eigenschöpfungen anwendet um diesen mehr Plastizität, Plausibilität und vor allem Konflikte damit Abenteuermaterial zu geben.

Viele kleine (oder nicht monolithe größere),  miese (oder einfach nur unverklärt menschenähnliche) Gruppen geben einfach ein besseres Spielfeld ab als Prinz Honigkuchen aus dem Bilderbuchreich gegen Lord Bösewicht.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...