Autor Thema: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?  (Gelesen 8023 mal)

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Ein

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Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« am: 19.04.2009 | 12:45 »
Es wurde an verschiedener Stelle in der Blogosphäre diskutiert, was ist heute eure Meinung dazu?

Welche wirkliche Bedeutung hat Tolkien und seine Art von Welt heute eigentlich noch für unser Hobby?
« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 14:53 von Ein »

Ludovico

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #1 am: 19.04.2009 | 12:56 »
Ich persönlich denke, daß Joni falsch liegt, zum einen mit seiner Meinung, daß Rollenspiel mit sinkenden Spielerzahlen zu kämpfen habe, als auch mit dem Einfluß von Tolkien auf die Spiele.

Tolkien mag vielleicht nicht unbedingt auf die Autoren der ersten Generation den großen Einfluß gehabt haben (Lovecraft mit Sicherheit noch weniger), aber auf die Spielerschaft, die nun mal einen sehr bedeutenden Faktor darstellt. Selbst wenn es vom Autor eines RPGs nicht bezweckt wurde, daß sein Spiel im Stil von Herr der Ringe gespielt wurde, so hat doch die Spielerschaft selbst die Aspekte dieser Geschichte reingebracht, u.a. auch aufgrund mangelnder oder geringer Hintergrundinfos.

Immerhin ist der Herr der Ringe eine Geschichte, die sehr viele Menschen gelesen hat und sehr viele dieser Menschen sind zum RPG gekommen. Außerdem ist es auch eine gesellschaftlich anerkannte Fantasy-Story (man wird also nicht doof angeschaut, wenn man zugibt, daß man Tolkien liest).

Allerdings sind auch die Autoren von Tolkien stark beeinflußt. Waren nicht Orks und Goblins früher nichts anderes als Gegner?

Im Zuge von Debatten a la "Orks haben auch ein Recht auf Leben" (die ich höchst unsinnig fand) und "Schwarz-Weiß-RPGs sind out" wurde die Schematik schon etwas aufgeweicht, aber die Grundzüge, die Tolkien gelegt hat, sind im Standard-Fantasy-RPG noch vorhanden:
Orks sind wild und kriegerisch
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Offline Edwin

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #2 am: 19.04.2009 | 13:02 »
Ohne irgendwie Experte zu sein...vielleicht nutzt meine Meinung grade als in der Debatte aussenstehender doch was:

In dem verlinkten Artikel wird "Grundstock" nicht wirklich diskutiert, was Verwirrung stiften könnte.
So aus der Hüfte finde ich zwei Bedeutungen:
1. Grundstock als "Ursprung, Wiege" usw. Da denke ich schon, dass sich die frühen RPG Autoren stark dran orientiert haben (?)
    Ist dem wirklich so, ist die Fragestellung des Artikels nicht verständlich: Wenn etwas vor kurzem noch Grundstock war, kann es jetzt nicht plötzlich quasi aus der Geschichte   verschwunden sein. Wenn das Indogermanische heute Grundlage vieler Sprachen ist, wird das immer so bleiben, egal wie viel Zeit vergeht. Dies führt mich zu der Annahme, dass "Grundstock" hier anders verwendet wird. Nämlich als...
2. Grundstock als Hauptideenquelle, Steinbruch usw. Dann macht es Sinn. Tatsächlich kann man beim genannten Exalted ja kaum was Tolkien-mäßiges erkennen (außerd das so offensichtliche, dass man es nicht sieht: Reale Magie, Objektives Gut und Böse, außer Menschen weitere intelligente Wesen, eher primitive Technologie: doch viele Gemeinsamkeiten??)
Ob frühre Rollenspiele nicht auch ganz andere Steinbrüche als den Engländer hatten, weiß ich nicht.
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #3 am: 19.04.2009 | 13:04 »
- Der Animeeinfluss ist sicher da.
- Aber es gibt imho auch den Einfluss sich den älteren Ursprüngen zuzuwenden (Pulpfantasy usw.) oder gar den ganz alten (Wells, Jules Verne).

Das sind für mich zwei unabhängige Schienen und ich fahre eindeutig die letztere, die ihmo einen sehr großen Einfluss hat. Gerade den Steampunkanteil auf Anime abzuwälzen halte nicht für richtig.

Ich würde eher sagen Tolkien wurde im Nachhinein eher als Zwischenschritt Erkannt. Tolkien bleibt heute aber trotzdem als starker Einfluss erhalten. Und Anime läuft dabei einfach unter "ferner liefen" so nebenbei.
« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 13:07 von Falcon »
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Offline Edwin

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #4 am: 19.04.2009 | 13:04 »
Zitat
Zwerge sind zäh, klein und tolle Handwerker und Bergleute
Zumindest das ist viel, viel älter, oder?
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #5 am: 19.04.2009 | 13:12 »
Ja das ist älter. Tolkien hat ja durchaus auch eine Menge Ideen aus der nordischen Mythologie entnommen.

Und ansonsten: was Ludovico gesagt hat. D&D ist vom Stil her Sword&Sorcery und damit näher an Conan und Co. als am HdR. Die D&D-Welt war aber von Anfang an sehr mittelerdig. Alle gängigen Fantasy-Klischees waren schon in D&D 1 vorhanden und sind eindeutig HdR-inspiriert. Das mag daher kommen, dass diese Inspirationen auch für die Wargames verwendet wurden. Als Fakt ist es aber nicht wegzudiskutieren und findet sich sogar in Shadowrun wieder, das eigentlich ein Near Future-Cyberpunk-System ist. Von den Mainstreamsystemen geht nur Vampire einen völlig anderen Weg (der durch Anne Rice definiert wird).

Im Übrigen ist es inhaltlich ziemlich wurst, ob ich einem Interessierten sage "Rollenspiel ist wie den HdR nachspielen" oder "Rollenspiel ist wie Conan nachspielen". Den Unterschied zwischen High und Low Fantasy kennen die meisten nicht bzw. nehmen ihn nicht bewusst wahr. Nur ist der HdR wesentlich bekannter, weshalb er als Erklärung auch wesentlich geeigneter ist.
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #6 am: 19.04.2009 | 13:13 »
Ich sag mal: Spätestens seit den Herr-der-Ringe-Filmen hat er praktisch keinen mehr.

Denn der Gimli von heute, ist kein minnesängerisch anmutender Typ, der einen gewissen Reiter von Rohan vertrimmen will, weil der unvorsichtig über eine hohe Dame geredet hat. Der Gimli von heute ist ein komischer Kauz, der mit Aragon ein Fastball Special veranstaltet.

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #7 am: 19.04.2009 | 14:15 »
Ich denke schon, dass Der Herr der Ringe D&D maßgeblich geprägt hat, wenn auch nicht allein.  Die vier spielbaren Rassen des Ur-D&D entsprechen ja genau den Vier Freien Völkern von Mittelerde, wenn auch in vielen Punkten verändert (insbesondere die Elben).  Vor Tolkien waren elves mausgroß, geflügelt und verspielt, und orc war nur das gälische Wort für 'Schwein' :)

Ferner scheint mir die Ringgemeinschaft der Prototyp der RPG-typischen Abenteurergruppe zu sein: mehrere Helden unterschiedlicher Herkunft, die sich mit ihren verschiedenen Stärken gegenseitig ergänzen und gemeinsam losziehen, um eine Queste zu erfüllen, und das nicht notwendigerweise allein mit Gewalt.  Conan der Barbar hingegen ist ein Einzelgänger, der sich auf seine Muskeln und sein vorpales Schwert verlässt.  Das lässt sich weniger gut für ein Gesellschaftsspiel verwerten als Tolkiens Ringgemeinschaft.

Und so ziemlich jeder Rollenspieler hat irgendwann den Herrn der Ringe gelesen.  Angesichts dieses ausgeprägten Tolkien-EInflusses verwundert es nicht, dass viele D&D-Runden gleich zum Original griffen und Mittelerde bespielten - was dann natürlich ein offizielles Mittelerde-Rollenspiel in Gestalt von MERS nach sich zog, das heute längst zu den Klassikern des Genres gehört.

Andererseits war das Ur-D&D (und sind die meisten Rollenspiele, die danach kamen) ein mythologischer Gemischtwarenladen, in dem von der klassichen Mythologie bis zum modernen amerikanischen Volksmärchen und populärwissenschaftlichen Publikationen über Paläontologie so ziemlich alles verwurstet wurde, was die westliche Kultur so an Phantastereien hergibt.  Auch gab es schon früh die ganz und gar nicht Tolkienschen Welten Glorantha (RuneQuest) und Tekumel (Empire of the Petal Throne), von der Anwendung des Prinzips Rollenspiel auf andere Genres (z. B. Traveller) ganz zu schweigen.
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #8 am: 19.04.2009 | 14:28 »
Wie ich und Zornhau hierzuboarde schon früher ausgeführt haben, hatte Tolkien noch nie Bedeutung fürs Rollenspiel.
D&D ist eigentlich ein Westernrollenspiel im weiten, ungezähmten Land direkt an "The Frontier", in dem die Tüchtigen und Schlauen unter den "guns for hire" sich vom Tellerwäscher zum Millionär hocharbeiten können, wo das mittelalterliche Fachwerkhäuser nur eine dünne Pappkulisse vor den Fassaden von Dodge City sind, wo das +1-Schwert nur ein billiger Lack auf dem 45er-Friedensstifter ist und wo Elfen, Zwerge und Orks nur Gummimasken aus dem Raumschiff-Enterprise-Fundus aufhaben.

Leider verstehen die meisten Deutschen diese Frontier-Mentalität nicht, lassen sich von den von EGG aus dem Kaugummiautomat gezogenen EDO-Viechern verwirren und wundern sich dann, warum sie nicht Tolkiens europäisch-katholischen Epos geliefert bekommen, wo doch eigentlich ein von der WAS-protestantischen Arbeitsethik und dem "American Dream" angetriebener Western ansteht, der so durch und durch amerikanisch ist wie Apfelkuchen und der vierte Juli (sogar mit mechanisch un untermauerten Whitehats und Blackhats).
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Joni

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #9 am: 19.04.2009 | 14:46 »
Hi Leute, ich wünsche euch einen schönen, sonnigen Sonntag,

Ich meinte übrigens nicht, dass Tolkien der alleinige Einfluss auf Fantasy-Rollenspiele ist. In den Spielen selbst ist er sicherlich präsent, aber nicht überrepräsentiert.

Mir geht es mehr um die Wirkung nach außen. Ich meine das etwa so: Eine Weile war es nach den HdR-Filmen cool, jedem, der gefragt hat was es mit diesen ominösen Spielen eigentlich auf sich hat, antworten zu können: "Ist halt wie Herr der Ringe nachspielen."

Aber mittlerweile hat sich das etwas verselbstständigt und Rollenspiel als Hobby sollte auch nach außen hin darum bemüht sein zu zeigen, dass es eben nicht nur HdR mit Würfeln ist - sondern die Einflüsse viel viel weiter gehen und Fantasy eben mehr ist als Legolas und Gimli (welcher auch immer).

Was D&D angeht sehe ich das im übrigen im großen und ganzen so wie Skyrock.

D&D soll darüber hinaus meiner Meinung nach auch anderes Spielgefühl erzeugen als Tolkiens romantisch geprägte und ein bisschen fortschrittsverneinende Fantasy.


Grüßle Joni


« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 14:55 von Joni »

Ludovico

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #10 am: 19.04.2009 | 14:55 »
Die Aussage hatte noch nie Bedeutung für das Rollenspiel kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst wenn Gygax nicht von Tolkienschen Welt inspiriert worden wäre (von dem ich nicht überzeugt bin), so gibt es neben D&D noch andere Größen des Rollenspiels wie DSA oder Earthdawn, bei denen sich auch tolkieneske Züge finden (z.B. in den Orks).

Gut und nebenbei macht die Spielerschaft auch die Musik. Wenn der SL Tolkienfan ist und die Spieler ebenso, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß diese Gruppe mit D&D nicht Dodge City mit Magie nachspielt, sondern eine Art Herr Der Ringe.

@Joni
Zitat
Aber mittlerweile hat sich das etwas verselbstständigt und Rollenspiel als Hobby sollte auch nach außen hin darum bemüht sein zu zeigen, dass es eben nicht nur HdR mit Würfeln ist - sondern die Einflüsse viel viel weiter gehen und Fantasy eben mehr ist als Legolas und Gimli (welcher auch immer).

Warum denn? HdR ist Mainstream und aufgrund des nicht mal schlechten, sondern eher des praktisch nicht vorhandenen PRs außerhalb der RPG-Szene, muss man sich da nicht fragen, ob die letzte Verfilmung des Romans (über deren Qualität man streiten kann, die aber nichtsdestotrotz einen hohen Bekanntheitsgrad außerhalb der Szene genießt) und HdR insgesamt nicht eher ein Segen ist für das Hobby an sich?

Joni

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #11 am: 19.04.2009 | 14:58 »
ob die letzte Verfilmung des Romans (über deren Qualität man streiten kann, die aber nichtsdestotrotz einen hohen Bekanntheitsgrad außerhalb der Szene genießt) und HdR insgesamt nicht eher ein Segen ist für das Hobby an sich?

Ein Segen ist sie mit Sicherheit! Ein Segen, den man nutzen sollte, um auch andere Aspekte des Hobbies ins Scheinwerferlicht zu rücken.

"Kennst du Hdr?"

"Klar den Film fand ich cool, danach habe ich mir das Buch gekauft."

"Dann lies doch erstmal... (hier bitte einen anderen Klassiker einfügen)."

Ludovico

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #12 am: 19.04.2009 | 15:00 »
Beschreibst Du da nicht eher einen positiven Aspekt des Hypes um Herr der Ringe für die Fantasy-Szene an sich, aber weniger konkret für das Rollenspiel?

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #13 am: 19.04.2009 | 15:01 »
Die Aussage hatte noch nie Bedeutung für das Rollenspiel kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst wenn Gygax nicht von Tolkienschen Welt inspiriert worden wäre (von dem ich nicht überzeugt bin), so gibt es neben D&D noch andere Größen des Rollenspiels wie DSA oder Earthdawn, bei denen sich auch tolkieneske Züge finden (z.B. in den Orks).
Eben das sind die Verwirrungen, die sich vom ursprünglichen Rollenspiel (D&D) abgespalten haben.
Echte Relevanz hatten sie aber nie, außer in kleinen regionalen Taschen wie Frankreich oder der BRD, wo D&D nie dominant geworden ist.
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Ludovico

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #14 am: 19.04.2009 | 15:06 »
Ist Verwirrung nicht eine Herabsetzung der anderen großen Fantasy-Settings, die ja auch ihre Kundschaft und ihre Freunde haben und regional gesehen maßgeblichen Einfluß hatten und haben? Immerhin sind Deutschland und Frankreich große Absatzmärkte und immerhin in Deutschland steht D&D nicht auf Platz 1 unter den RPGs.

Ist es da nicht etwas vorschnell, die USA quasi als das maßgebliche Land für Rollenspiele zu betrachten?

Außerdem, und hier erachte ich Deine Argumentation als problematisch, könnte man Dir unterstellen, wenn man Deine beiden Posts liest, daß DSA-, Earthdawn-Spieler, etc. auf das Rollenspiel keinen Einfluß haben und auch nicht Rollenspiel an sich spielen, sondern lediglich Verwirrungen.

Hier würde ich eine Klarstellung hilfreich finden.

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #15 am: 19.04.2009 | 15:15 »
Du kommst einfach mit der Taxonomie durcheinander.
[Hobby (100%) = [D&D (=ursprüngliches Rollenspiel) (75%)] + [alles andere(25%)]]

Natürlich beeinflusst "alles andere" hier und da etwas (gerade in unserem abgeschotteten Froschteich), aber maßgeblich für das ganze Hobby und dessen Wahrnehmung ist es nicht, da wird es schon rein zahlenmäßig erdrückt.
Genauso gibt es innerhalb von D&D nochmal abweichende Settings, die die Westernmentalität aufweichen (etwa das extrem tolkienesk-episch geprägte Dragonlance), aber maßgeblich für die Gesamtheit von D&D sind sie nicht.
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Ein

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #16 am: 19.04.2009 | 15:16 »
Ich bitte für die weitere Diskussion meine nachträglich eingefügt Hervorhebung im OP zu beachten.

@falcon
Zitat
Ich würde eher sagen Tolkien wurde im Nachhinein eher als Zwischenschritt Erkannt. Tolkien bleibt heute aber trotzdem als starker Einfluss erhalten.
Kannst du dich dazu äußern, wo du diesen starken Einfluss siehst? (Bitte im Kontext von aktuellen Rollenspielen.)

@1of3
Zitat
Ich sag mal: Spätestens seit den Herr-der-Ringe-Filmen hat er praktisch keinen mehr.
Denkst du, dass die Umdeutung des HdR, eine Entscheidung von Jackson war, oder würdest du eher sagen, dass sich die Klischees des HdR ab einem bestimmten Punkt verselbstständig haben?

@Skyrock
Zitat
Wie ich und Zornhau hierzuboarde schon früher ausgeführt haben, hatte Tolkien noch nie Bedeutung fürs Rollenspiel.
Interessanter Kontrast, der natürlich die Handlungsebene umdeutet. Während WeepingElf die Struktur des Rollenspiels mit der Quest vergleicht, die Tolkien alten Heldensagen entlehnt hat, vergleichst du sie mit der Frontier.

Ich erinnere mich noch an frühere Computerrollenspiele, die sehr stark auf dieses Frontiergefühl bauen, welches aber schließlich mehr und mehr verdrängt wurde. Sicherlich auch, weil die Frontier trotz ihrer essentiellen Bedeutung für die US-Kultur immer weiter zurückweicht. Während die Jahrgänge von Gygax noch in einer regen Erinnerungskultur lebten, hatten die Urgroß- und Großeltern noch selbst die Frontier erlebt, waren die Nachkriegsgenerationen von diesen immer mehr distanziert (spätestens mit Drachenlanze, eben einem Kind Tolkiens).

Daher stellt sich für mich die Frage inwiefern auch die Frontier üebrhaupt noch eine konkrete Bedeutung für das Rollenspiel hat, abgesehen von der Bedeutung, die es für die Grundsteinlegung des Fundaments hatte, welches heute Rollenspiel ist. Aber ich denke, dass ist ein Thema für einen seperaten Thread.

Das mit den Verwirrungen ist natürlich Unsinn, aber ich denke du argumentierst hier absichtlich kontrovers. Trotzdem wäre es schön, wenn wir unseren Blick auf das heutige Rollenspiel lenken könnten.
« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 15:18 von Ein »

Joni

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #17 am: 19.04.2009 | 15:20 »
Beschreibst Du da nicht eher einen positiven Aspekt des Hypes um Herr der Ringe für die Fantasy-Szene an sich, aber weniger konkret für das Rollenspiel?

Ich denke, sowohl die Fantasyszene, als auch ihr Teilbereich der Rollenspielszene kann daran noch stärker partizipieren. Aber die Rollenspielszene sollte dies nicht auf Kosten der Vielfalt tun.


Offline Crimson King

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #18 am: 19.04.2009 | 15:22 »
Eine Reduktion des Themas (D&D)Rollenspiel auf Sword & Sorcery oder Frontier Exploration greift genauso zu kurz wie eine Reduktion auf EDO und Gruppen-Questen gemäß des HdR. D&D hatte diverse Einflüsse, und wer ernsthaft leugnen will, dass der HdR dazu gehört, den muss man meines Erachtens nicht ernst nehmen.

Genauso offensichtlich ist, dass der HdR aufgrund seiner Bekanntheit und Beliebtheit große Möglichkeiten für das Hobby Rollenspiel bietet, weil man über den HdR und die entsprechenden Relationen eine sehr gute Möglichkeit hat, Interessenten eine Idee davon zu vermitteln, was Rollenspiel ist.
« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 15:24 von Crimson King »
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #19 am: 19.04.2009 | 15:36 »
Ein Schrieb:
Zitat
Kannst du dich dazu äußern, wo du diesen starken Einfluss siehst? (Bitte im Kontext von aktuellen Rollenspielen.)
Meinst du Beispiele?
In Iron Kingdoms, Eberron, teilw. Elyrion, Opus Anima, Deadlands sehe ich Teile der historischen Zukunftsromane vermischt mit Pulp, welches in Spielen wie SW mit seinen Settings wie Slipstream, Solomon Kane, bald Promythos oder Hollow Earth, Conan D20, Space1889, das auch wiederkommt, usw. stärker hervortritt.

im PC Spielbereich findet man sowas wie BioShock, Mass Effect, Rise of Legends, Thief und Myst.

und das meiste davon stammt vor Tolkien.

Ich kann in dem allen Nichts von Anime erkennen. Und es ist sehr erfolgreich und einflussreich. Man sollte die westlichen "Kulturgüter" nicht kleiner machen als sie sind.

ganz vergessen hatte ich eigentlich die ganz modernen Einflüsse, so aus den 70/80ern:
Wushu, Superheldenrollenspiele, Zombierollenspiele. Ist doch alles sehr beliebt.
« Letzte Änderung: 19.04.2009 | 15:38 von Falcon »
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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #20 am: 19.04.2009 | 15:47 »
@falcon
Ähm, aber Pulp hat doch garnichts mit Tolkien zu tun. Pulp kam lange vor Tolkien. Soweit ich weiß, hat er Trivialliteratur sogar nicht gerade gemocht. Auffällig ist aber auch, dass Steampunk-Themen in Animes sehr vertreten sind, die dem heutigen Publikum weit näher liegen als Pulp, das nachträglich ganz anders interpretiert wird, als es ursprünglich war. (Pulp bestand immerhin zur Mehrheit aus Krimis und vor allem aus Sportgeschichten.)

Offline Falcon

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #21 am: 19.04.2009 | 15:51 »
Zitat
Ähm, aber Pulp hat doch garnichts mit Tolkien zu tun. Pulp kam lange vor Tolkien
ähm ja, deine Frage war aber: Ist Tolkien noch so wichtig?
Ich meinte: Ja, ist er, aber man findet heute viel stärker Einflüssige von den Ursprüngen VOR Tolkien (Pulp (30er), Zukunftsromane (19.Jhrhdt), demnach ist Tolkien jetzt eher als Zwischenschritt relativiert. Damit hatte ich deine Frage Topicbezogen beantwortet.

und die haben alle nix mit Anime zu tun (was auch ein Thema in dem Blog war). Wenn überhaupt haben die Animes die Steampunkelemente übernommen und nicht umgekehrt. Imho.
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Offline 1of3

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #22 am: 19.04.2009 | 16:10 »
@1of3: Denkst du, dass die Umdeutung des HdR, eine Entscheidung von Jackson war, oder würdest du eher sagen, dass sich die Klischees des HdR ab einem bestimmten Punkt verselbstständig haben?

Nein, an den Filmen lässt sich das nur schön zeigen. Fast noch besser als Gimli sind etwa Legolas' zwei Krummschwerter, die gerade anders herum jetzt den Waldläufer aus D&D zitieren.

Von einem bestimmten Punkt zu sprechen, ab dem eine Verselbstständigung eintritt, ist aber nicht wirklich treffend. Die Motive sind so oft rezipiert worden und werden es immer noch, dass ihre ursprüngliche Herkunft (und das ist nicht wirklich überall Tolkien) unerheblich wird.

Ich kann jetzt auch kein Werk benennen, das Tolkien zitiert und nicht nur das Fantasy-Genre im Allgemeinen. Gut, da gibts die OotS-Folge, in der die Ming-Vase zerstört werden soll, und da gibts das D&D-Setting Midnight, für das die Frage, "Was wäre, wenn Sauron gewonnen hätte?", eine ganz gute Umschreibung ist. Aber das ist eben auch schon alles Allgemeingut.

Man braucht Herr der Ringe nicht zu kennen, um irgendwelche moderne Fantasy verstehen. Schließlich gilt es ja sogar schick Dinge anders zu machen als "tolkinesk", wobei auch hier eben meist nur der gängige Kanon gemeint ist und nicht Tolkiens Arbeit selbst. Ich für meinen Teil, fänd nen Waldmenschen namens Ban-guri-Ban mal ganz erfrischend.

Man könnte also so sagen: Herr der Ringe hat sich durch eine Popularität selbst obsolet gemacht.

Offline Meisterdieb

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #23 am: 19.04.2009 | 18:00 »
Die Bedeutung von Tolkien für die Rollenspielwelt ist ganz einfach, dass Tolkiens Welt tatsächlich immer noch als -mehr oder weniger klarer- Hintergrund für heutige Rollenspiele funktioniert. Als Beispiel hier nur mal DSA Metaplot mit den Elfen und dem Namenlosen, was für mich recht deutlich an Tolkiens Elben und Melkor/Sauron erinnert.
Außerdem ist auch heute noch die Darstellung von Elben, Zwergen und Orks durch ihre Darstellung bei Tolkien geprägt. Es gibt Ausnahmen, aber die meisten davon funktionieren (nicht), weil sie sich eben von Tolkiens Definition abgrenzen, aber auch nur weil es eben Tolkiens Definition gibt.

Überbewertet wird Tolkiens Bedeutung nur dann, wenn man ihm alleine den Auslöser fürs Rollenspiel zuspricht. Natürlich gibt es unzählige andere Einflüsse, von den Mythen und Märchen über die Pulpgeschichten Conans bis zu den Begründern der modernen Fantasy.
Aber Tolkien hatte nunmal einen sehr großen Einfluss auf die RPG Entwicklung (genauer gesagt, natürlich auf die Spielwelt), da gibt es nicht wirklich etwas zu diskutieren. D&D mag mehr als Abbild der Welt Conans begonnen haben, der Einfluss Tolkiens ist aber auch hier erkennbar. Und Tolkiens Art funktioniert eben nicht nur als Vorbild, sondern auch als Abgrenzung.


Ich finde es seltsam, dass hier auch der "Vorwurf" gebracht wurde, Tolkien und Mainstream seien schlecht (wurde nicht explizit so gesagt, aber kam zwischen den Zeielen gelsen raus). Solch ein Vorwurf kommt eigentlich nur von Snobs und Elitisten oder von Neidern, die sich ärgern, dass ihr Werk nicht so bekannt ist.
Damit es so bekannt und erfolgreich werden kann, muss es gut sein. Tolkien war nicht der erste Fantasyautor, aber er hat einfach den Geschmack sehr vieler Leute getroffen (mal abgesehen davon, dass HDR auch von vielen Hippies gelibet wurde - wobei ich da den Zusammenhang nicht verstehe), deswegen wurde HDR erfolgreich.
Bei D&D ist es einfach so, dass es das erste RPG war. Und egal wie es begonnen hat, am erfolgreichsten Setting FR sieht man, dass eben nicht nur Conan Pate stand.


Wie ich und Zornhau hierzuboarde schon früher ausgeführt haben, hatte Tolkien noch nie Bedeutung fürs Rollenspiel.
Allein die Tatsachen, dass Tolkien oft ein Einstieg zum Rollenspiel ist (wie weiter oben genannt, "Das ist, als würdest du selber Aragorn oder Legolas spielen", als Erklärung für neue Spieler), und dass es ein Mittelerde Rollenspiel gibt, widerlegen deine Aussage.

D&D ist eigentlich ein Westernrollenspiel im weiten, ungezähmten Land direkt an "The Frontier", in dem die Tüchtigen und Schlauen unter den "guns for hire" sich vom Tellerwäscher zum Millionär hocharbeiten können, wo das mittelalterliche Fachwerkhäuser nur eine dünne Pappkulisse vor den Fassaden von Dodge City sind, wo das +1-Schwert nur ein billiger Lack auf dem 45er-Friedensstifter ist und wo Elfen, Zwerge und Orks nur Gummimasken aus dem Raumschiff-Enterprise-Fundus aufhaben.
Da liegt ihr IMHO eben falsch. Da du Dodge City ansprichst, redet ihr also vom klassischen "Western" also Zeug wie Billy the Kid, Indianer und Cowboys, Wagenzüge in neue Territorien etc. Sowas wäre "Westernrollenspiel".
Denn eigentlich könnte man die Zeit um 1770 und die Literatur darüber a la J.Fennimore Cooper auch als "Western bezeichnen, da es praktisch um das Gleiche ging (Gut, es gab da auch noch den British Französischen Krieg...).

Wenn Gary Gygax so etwas im Sinn gehabt hätte, dann wäre wohl auch ein Westernrollenspiel und kein Fantasyrollenspiel herausgekommen. Aber die Grundidee (oder eines der Grundmuster, zumindest in der Anfangszeit) der D&D Welt  war eindeutig Tolkien - eine Gruppe mutiger Helden wird von einem weisen Magier (o.ä.) beauftragt, den bösen Zauberer zu besiegen (sowas in der Art halt). Und bei Tolkiens HDR spielt ein Großteil des Buches in weitem, ungezähmten Land...

Aber diese Struktur hat nicht der "Westen" (also der Wilde Westen/USA) erfunden. Es mag dort auch funktionieren, aber diese Art der Abenteuer ist weitaus älter. Ob man jetzt die Märchen betrachtet, die Questen/Aventiuren der Artussage und des Mittellaters oder die Helden der griechischen Sagen, um nur einige zu nennen, diese Idee ist uralt.

Zitat
Leider verstehen die meisten Deutschen diese Frontier-Mentalität nicht,
Ich geb euch recht, dass "der Deutsche" die Frontiers Mentalität nicht versteht, aber das braucht er auch nicht, um D&D zu spielen. Ich bin aber auch der Meinung, dass die jetzige Generation in den USA diese Mentalität auch nicht mehr versteht.

Zitat
warum sie nicht Tolkiens europäisch-katholischen Epos geliefert bekommen
Ich geb hier nur zu bedenken, dass C.S. Lewis sein Werk gerade schrieb, weil ihm Tolkiens zu wenig religiös (also christlich) schien. Tolkiens Werk jetzt (einen nicht vorhandenen) katholischen Einfluss vorzuwerfen, ist sehr seltsam.

Zitat
der so durch und durch amerikanisch ist wie Apfelkuchen
Dir ist schon bewusst, dass Apfelkuchen von den europäischen Einwanderern, insbesondere den Briten mitgebracht wurde, und dort auch immer noch beliebt ist. Und ich erwähn hier nun mal am Rande die "Bedeutung" des Apfelstrudels im bayrischen oder östereichischen Raum...
Aber nun wirds mir dann zu OT.

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Re: Ist die Bedeutung von Tolkien überkommen?
« Antwort #24 am: 19.04.2009 | 18:10 »
Ich meine nicht dass HdR katholisch ist, sondern dass die Konfession Tolkiens sicher unterbewusst eingeflossen ist. Genauso wie bei D&D über die amerikanische Kultur die protestantische Arbeitsethik (Selfmade-Millionär etc.) eingeflossen ist, ohne dass einem das ständig unter die Nase gerieben wird.

Das mit dem Apfelkuchen und dem vierten Juli ist ein stehender Ausdruck. Einfach mal so ins englische übertragen dass es sich reimt, und alles wird klar >;D (Und wer behauptet, dass Apfelkuchen nicht uramerikanisch ist, den mäste ich rigoros mit guten durch und durch amerikanischen Freiheitsfritten.)
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