Ach ja, ein Vergleich zwischen Tolkien und Freud scheitert schon daran, dass hier Kunst mit Wissenschaft verglichen wird.
Dann hast du noch nichts von Kategorientheorie gehört. Das erlaubt es auch, zwei Elemente unterschiedlicher Kategorien miteinander zu vergleichen.
In der Wissenschaft kann eine Theorie überholt sein, weil sie entweder nur eine Näherung ist, die in extremen Fällen versagt (z. B. die Newtonsche Mechanik, die nur bei nicht allzu großen Geschwindigkeiten, Massen usw. hinreichend genaue Werte liefert) oder sich als schlicht und einfach falsch herausstellt (z. B. Lichtäther). (Ich weiß zu wenig um Psychologie bescheid, um zu sagen, in welche Kategorie Freuds Theorien fallen.) In der Kunst hingegen kann ein Werk nicht in diesem Sinne "ungültig" werden, es gibt nur eine Weiterentwicklung von Stilen.
Beides ist "überholt":
- Eine Theorie, die sich weiterentwickelt hat, ist eine Theorie, die man nicht mehr anwendet, weil es etwas "besseres" gibt.
- Ein Kunststil kann ebenfalls nicht mehr angewendet werden, weil es etwas besseres/aktuelleres gibt.
Klar kann ein Kunststil nicht falsch im wissenschaftlichen Sinn sein.
Aber die Ähnlichkeit zwischen einer Theorie, die nicht mehr angewendet wird, und einem Kunststil, der nicht mehr angewendet wird, ist hinreichend groß, als das man dies als parallelen Ankerpunkt setzen kann.
Wenn man heute so schreibt wie Tolkien, dann wird man sich ziemlich bald den Vorwurf einhandeln, man würde in einem überholten Stil schreiben und lediglich einen Altmeister plagiieren.
Und wenn man heutzutage so schreibt wie Freud, dann würde man sich genau den gleichen Vorwurf einhandeln.
Noch eine Gemeinsamkeit.
Aber das heißt nicht, dass etwa Der Herr der Ringe durch neuere Fantasy-Literatur "falsifiziert" wäre, so wie die Lichtäthertheorie durch das Michelson-Experiment falsifiziert worden ist. Schließlich wurde Bach nicht durch Mozart und Mozart nicht durch Beethoven falsifiziert!
Sicherlich. Da widerspricht dir auch niemand. Es ging auch nie um Falsifikation, sondern nur um Gültigkeit.
Das Werk Tolkiens bleibt "gültig" in dem Sinne, dass es ein Produkt seiner Zeit ist, der Fantasy-Literatur neue Wege wies und viele spätere Autoren - darunter auch die Erfinder von D&D - beeinflusste.
Ja, Tolkien blieb gültig in dem Sinne, dass er die Literatur beeinflusste und die heutige Fantasy ohne Tolkien nicht das wäre, was sie ist.
Aber Tolkien blieb nicht gültig im Sinne, dass er aktuell ist und er heutzutage verwendet wird.
Und Freud blieb gültig in dem Sinne, dass er die Psychotherapie beeinflusste und die heutige Psychotherapie ohne Freud nicht das wäre, was sie ist.
Aber Freud blieb nicht gültig im Sinne, dass er aktuell ist und er heutzutage verwendet wird.
Wieder zwei Gemeinsamkeiten:
1) Beide (Tolkien wie Freud) blieben gültig im Sinne, dass sie ihr Gebiet beeinflussten und ihr Gebiet ohne die beiden heutzutage nicht das wäre, was es ist.
2) Beide (Tolkien und Freud) wurden ungültig in dem Sinne, dass sie nicht mehr aktuell sind.
Das sind zwei Gemeinsamkeiten zwischen den beiden (auf die ich beide schon mehrere Posts weiter oben hingewiesen habe.)
Von den heutigen Rollenspielen sind die meisten nur indirekt von Tolkien beeinflusst in dem Sinne, dass sie Elemente anderer Rollenspiele aufgreifen, die in der einen oder anderen Weise mal von Tolkiens Welt inspiriert waren.
Von den heutigen psychotherapeutischen Ansätzen sind die meisten nur indirekt von Freud beeinflusst in dem Sinne, dass sie Elemente andere Psychotherapien aufgreifen, die in der einen oder anderen Weise mal von Freud inspiriert waren.
Noch eine Gemeinsamkeit von den beiden.
Diejenigen Rollenspiele, die in einer EDO-Welt spielen, stehen natürlich direkt oder indirekt in der Tradition Tolkiens; diejenigen, die in einer Nicht-EDO-Welt spielen, stehen eben nicht in der Tolkien-Tradition
Diejenigen psychologischen Theorien, die zur Analytischen Psychotherapie gehören, stehen natürlich direkt oder indirekt in der Tradition Freuds (Den Begründer der Analytischen Psychotherapie). Diejenigen, die eine klassische Psychotherapie benutzen, stehen eben nicht in Freuds-Tradition.
Man kann hier folgende Verbindungen ziehen:
Tolkien | Freud |
EDO-Fantasy | Analytische Psychotherapie |
Nicht-Edo-Fantasy | klassische Psychotherapie |
Literatur | Psychologie |
Diese drei Sachen weisen jeweils starke Parallelen auf. (EDO-Fantasy ist für Tolkien das, was analytische Psychotherapie für Freud ist. Und Nicht-Edo-Fantasy ist für Tolkien das, was klassische Psychotherapie für Freud ist. Und Literatur ist für Tolkien das, was Psychologie für Freud ist.)
@ PraesiEin weiterer Beweis, dass du meinen Post nicht verstanden hast.
1) Ich habe nicht geweint, sondern eine Feststellung gemacht.
2) Du hast eine Feststellung gemacht, das stimmt. Allerdings war deine Feststellung auch gleichzeitig ein Vorwurf.
Also merke Praesi:
Immer erst an die eigene Nase fassen, bevor man Feststellungen über andere Leute trifft. - Erstmal Sachen über sich selber feststellen.