Hier ein paar Links auf vorangegangene Diskussionen zum selben Thema:
Social conflictSocial Conflict, how do you work it?Social Statusis there anything Savage Words can't handle?Nicht zu vergessen:
Savage Westeros (von DerFinsterling; enthält Settingregeln für Gerichtsverhandlungen per Massenkampfsystem)
Nebenbei: Winterweir bietet ein ganz anderes System, in welchem eine Honor-Eigenschaft (für Adelige) bzw. eine Integrity-Eigenschaft (für Gemeine) verwaltet wird. Durch Aktionen im Spiel, durch bewußtes Herausstreichen ehrenhafter oder durch Hervorheben unehrenhafter Verhaltensweisen fluktuiert diese deutlich. Dabei stellen die Honor/Integrity-Punkte sozusagen die "Sozialen-Trefferpunkte" dar, die durch entsprechendes Verhalten auch wieder "geheilt" werden können. - Das System krempelt nicht den Regelkern von Savage Worlds um, und funktioniert sehr ähnlich dem Fame-System bei PotSM.
Ich sehe ja das Grundproblem im Ansatz einfach das Kampfsystem als Blaupause für soziale Konflikte zu nehmen darin, daß das Kampfsystem in SW KEIN KONFLIKT-AUFLÖSUNGS-SYSTEM ist, sondern ein HANDLUNGS-SYSTEM.
Einfache Übertragungen von physischem Kampf in soziale Konflikte laufen am besten bei reinen Konfliktauflösungssystemem (wie z.B. HeroQuest).
In SW wird aber nicht das System direkt zur Auflösung des Konflikts herangezogen, sondern nur zur Abwicklung von Handlungen, die in ihren Auswirkungen dann durchaus einen Konflikt auflösen können.
Das aber übertragen auf soziale Konflikte, wo eine halbstündige Rede von einem indignierten Räuspern der richtigen, einflußreichen Person komplett entwertet werden können sollte, führt zu reinen ZERRBILDERN von sozialen Konflikten.
Die Rollenspiele, welche soziale Konflikte in den Mittelpunkt stellen oder zumindest ein stärkeres Augenmerk darauf legen, sind regeltechnisch weit "unkonventioneller" als die normalen Handlungs-Abwicklungssysteme, zu denen auch SW gehört. (Reign, DitV, HotB, Dying Earth, usw. - alle nicht so "normal" wie SW vom Regeltechnischen her.)
Zudem: Wenn man wirklich für JEDEN SATZ den man einem Gegenüber sagen möchte, einen HANDLUNGSWURF mit "Schaden" gegen dessen seelische Robustheit machen muß, dann sehe ich hier ein extrem "herbeigewürfeltes" Rollenspielen.
Bei dem Ansatz von Winterweir ist NICHT ein Würfelwurf für die Änderung der Honor/Integrity-Eigenschaft ausschlaggebend. Man kann ohne Wurf, allein durch sein Verhalten diese ändern. Und man kann ohne Wurf, allein durch sein Verhalten die von einem anderen Charakter ANGREIFEN.
Ein unwidersprochenes (weil z.B. nicht einmal mitbekommenes) Schlechtreden über jemanden, kostet diesen gleich etwas seiner Honor/Integrity. Dagegen vorzugehen gibt es Mittel mit oder ohne Fertigkeitseinsatz.
Mir stellt sich noch nicht der VORTEIL einer wie das Kampfsystem feiner detaillierten Behandlung sozialer Auseinandersetzungen dar. - Wozu jemandem mittels eines "Angriffs" ein Taunt/Provozieren vor versammelter Adelsschaft entgegenschleudern, wenn die Konsequenzen so viel VIELFÄLTIGER aussehen können, als beim Kampfsystem (in die Fresse und Aua oder nicht). Dazu müßte - unter Beibehaltung der Detail-Ebene - das feingranulare (Kampfrunden!) Kampfsystem für Soziales viel mehr unterschiedliche Resultate berücksichtigen.
Der ERGEBNISRAUM ist weitaus größer als beim körperlichen Kampf.
Und das, was für den Sozialkampf in die Waagschale geworfen wird, kann viel unterschiedlicher sein.
Will man durch die Provokation den anderen als Schwächling da stehen lassen?
Will man nur sehen, ob und WER ihm Unterstützung zukommen läßt?
Will man sich selbst als mutigen Machtfaktor präsentieren?
Will man nur seinen Rachegelüsten nachgeben und jeder im Saal hätte die Provokation erwartet - dafür nimmt man sie auch nicht so ernst?
usw.
Und wenn man provoziert wurde, will man den Provokateur öffentlich zurechtweisen? Welche Verbündeten hat dieser? Kann man das? Darf man das? Soll man das?
Steckt man die Provokation mit Humor weg und wiegelt ab?
Tut man so, als hätte man die Provokation nicht einmal vernommen? Und läßt man danach den Provokateur von einer "Durchgehenden Kutsche" überfahren?
Fordert man den Provokateur gleich richtig zum Duell auf Leben und Tod?
Wo ich bei solchen regelmechanisch umfangreichen und in die freie Charaktersteuerung des SPIELERS eingreifenden Regeln noch ein Problem sehe ist in der FREIWILLIGKEIT. - Harte Regeln, harte Resultate = KAUM SPIELRAUM.
Beim Kampf um Leben und Tod wird das gemeinhin akzeptiert. Eine Wunde oder fünf. Überleben oder sterben. Arm ab oder Auge raus. - Das sind harte Konsequenzen, die Spieler in Kampfszenen hinnehmen bzw. mittels Bennies und Soak-Regeln vermeiden oder abmildern können.
Aber bei sozialen Konsequenzen müßten dann noch viel stärker die WEICHEN NACHTEILE wie Arrogant, Feige, Vorsichtig, Blutrünstig, usw. zum Tragen kommen. - Nicht nur über Charisma-Modifikatoren wie bei Blutrünstig, sondern wirklich im VERHALTEN in den Konsequenzen.
Der Blutrünstige läßt den Provokateur entführen, foltert ihn ein paar Stunden oder Tage und tötet ihn dann.
Der Rachsüchtige läßt dem Provokateur seine Wirtschaftsbasis veröden - und koste es auch noch so viel.
Der Feige läßt den Provokateur gewähren und gilt als Schwächling.
Der Arrogante fordert nicht den Provokateur, sondern dessen Hausvorstand zum Duell, denn mit Unterlingen gibt er sich nicht ab.
All diese Beispiele würden BENNIES EINBRINGEN, weil sie AUSGESPIELTE Nachteile sind.
Wo ist die Möglichkeit im Sozialkampf sich Bennies nach dem freien Willen und der freien Entscheidung des Spielers zu ERSPIELEN?
Ich sehe hier weniger Freiheit im eigentlichen Spielen der ROLLE, als ich mir für meine Charaktere wünschen würde.