Denkfehler.
Mag sein. Natürlich gibt es vermutlich wenige Spiele, die Naturgesetze in Regeln fassen - aber sie liegen vielen Regeln in der Konzeption zugrunde (um die von dir erwähnten Sturz-Regeln einmal aufzugreifen). Wenn es im Setting heißt, ein Sturz kann tödlich enden, muss man das auch in Regeln fassen können. Das bedeutet zwar nicht, dass es einen grundsätzlichen Regelbereich für Sturzschäden geben muss (oder gar sollte), aber die Mechanik sollte so etwas möglich machen.
Imgrunde kannst du sogar froh sein, dass die Designer von gleichen Grundlagen ausgehen - würde man ein Spiel machen, in dem es keine Schwerkraft gibt, wäre der Bereich settingspezifischer Regeln anderweitig gefüllt. Dann könnte es auch auf einmal Klogangregeln geben, Fortbewegung bekäme eine völlig neue Relevanz (und damit vermutlich auch Bewegungsregeln...) - alles Herausforderungen, die auch regeltechnisch abgebildet werden könnten (und dann vermutlich auch würden).
Oder andersherum: Würdest du bei einem Setting, dass auf unsere Naturgesetze (oder Teile davon) verzichtet, auf eine regelseitige Abbildung dieser Änderungen grundsätzlich verzichten?
es bedarf guter Spielregeln (denn die meisten interessieren sich vornehmlich für Story oder "einfach spielen").
Einspruch, da Postulat. Grundsätzlich bin ich da deiner Meinung, aber bevor wir hier wieder die Diskussionen um "gut" und "Güte" oder "Story" und "spielen" beginnen, würde ich den Bereich erst einmal weitgehend unbetastet lassen.
Dahingehend: Was ist Fluff-Relevanz?
Gute Frage. Nach klassischem Denken vermutlich jeder Fluff, der Regeln nach sich zieht und damit in der mechanischen Ebene relevant wird und in Werten abgebildet werden kann. Das gilt natürlich nur, wenn man Regeln einen gewissen Stellenwert einräumt; alles andere wäre demnach nett, aber eben zu ignorieren, wenn es "hart auf hart" kommt. Daher auch Verdursten-Regeln, sonst könnten die Charaktere ja einfach mal gemütlich durch die Wüste wandern und einfach behaupten, das ginge schon. Sicherlich stammt vieles in diesem Bereich aus dem Denken, dass man dem Spielleiter Willkür unterstellen muss und nur umfangreiche Regeln dies verhindern können (was auch eher Quatsch ist, aber vieles scheint darauf zu beruhen).
Es gibt auch Fluff, der ohne Regelrelevanz ist, sehr häufig sogar. Zusammensetzungen von Siedlungen oder soziale Hierarchien z.B. werden oft nicht regelseitig dargestellt, aber dennoch akzeptiert. Gleichzeitig wird aber auffallend oft die Positionierung des Helden in der Welt regelseitig gefordert. Es zeigt sich auch hier, dass offensichtlich geglaubt wird, dass man auch die Reaktionen der Umwelt auf die Helden in Regeln gießen können muss (z.B. DSA mit seinem "Sozialstatus", in gewisser Weise auch D&D mit seinen Gesinnungen). Einige PC-Spiele machen das übrigens auch (z.B. Fable), und gestalten derartige Regeln auch optisch; bei Fable z.B. wird man förmlich zur Lichtgestalt, wenn man immer nur gut handelt, bei "Star Wars"-Spielen soll es auch entscheidend sein, wie man spielt, da man als Jedi jederzeit der Dunklen Seite verfallen kann - alles regelmechanisch unterfüttert, versteht sich. Bei solchen Spielen steigert sowas natürlich den Wiederspieleffekt, den sollte man so im Rollenspiel eher nicht finden können. Welchen Sinn aber die Gesinnungen bei D&D haben, außer dass der Paladin gleich weiß, auf wen er draufhauen muss, entzieht sich mir völlig. Ist aber auch ein Beispiel für Fluff-Relevanz - der ist böse, also hat er auch eine entsprechende Gesinnung, also kann man das auch mit "Detect Evil" feststellen. Schwupps, und schon haben wir den spannenden Teil, in dem die Spieler selbstständig erarbeiten müssen, wer der Bösewicht ist, komplett umgangen. Ach ja, und Hinterhalte sind so natürlich auch nicht mehr möglich.
Bemerkenswerterweise nur ein sehr enges Spektrum von gewissen Faktoren, die irgendwann mal in den 80ern im Simulationismus behandelt wurden. Darum gibt es Verdursten-Regeln, Sturz-Regeln, aber keine Klogang- oder Zähneputz-Regeln.
Sprichst du ihnen deswegen grundsätzlich die Berechtigung ab? Ist denn nicht jeder Würfelwurf eine Simulation der Wirklichkeit?
(Aber Gott sei Dank wird der Simulationismus im Rollenspiel immer weiter verdrängt.)
Ich hoffe mal mit dir, bin da aber nicht so zuversichtlich.