emwasick hat hier http://forums.gleemax.com/showpost.php?p=18069532&postcount=109 übrigens mal verschiedene Reaktionen zur damaligen Einführung von D&D 3rd gesammelt. Neben vielen anderen Klassikern (Kiddie Spiel, Computergame, WotC ist das Böse) finden wir natürlich auch das hier behandelte: Das ist ja gar kein Rollenspiel mehr!!
*achselzuck* Eine unendliche Geschichte die mit Sicherheit mit der 5E so weitergehn wird.
Da verstehst Du den Kontext dieser Aussage, und damit deren Relevanz für die 4E, aber nicht. Also noch mal langsam, Schritt für Schritt.
Zunächst mal schicke ich vorweg, dass momentan (noch) 3.5 meine Lieblingsedition ist. Selbst als Anhänger der Edition erkenne ich an, dass jeder der genannten Punkte in diesem Gleemax Posting auf die 3E zutrifft.
Oh Schock! Oh Graus! Wie kann er denn das?
Ganz einfach. Die 3E ist ein Hybrid aus klassischen D&D-Inhalten und innovativen RPG-Designelementen, die mit D&D nichts am Hut haben - Feats, Prestigeklassen (sind NICHT die "guten d.h. schlechten alten Kits"), Aufhebung von Stufen- und Multiclassing-Beschränkungen, etc. Nennen wir diese beiden Hälften des Hybrides "D&D alt" und "D&D neu".
Der Grund, warum 3E bei seinen Fans so beliebt ist, ist dass es eben dieser Hybrid aus D&D alt und neu ist. Der Grund, warum 3E bei seinen Ächtern so verhasst ist, ist entweder
A. dass es Elemente von D&D alt enthält - "hoffnungslos veraltetes RPG-Design", "schlecht durchdacht im Gesamtkonzept" usw.
oder
B. dass es Elemente von D&D neu enthält - füge Zitate aus dem Gleemax-Posting ein, welche alle zutreffen, aber eben nur auf diese
eine Hälfte des Hybrids
Die Leute in Gruppe A haben sich dann längst schon ein progressiveres RPG gewählt (meinetwegen Savage Worlds oder Exalted - mir egal) und springen derzeit auf den 4E-Zug auf.
Die Leute in Gruppe B haben sich längst schon von modernem, also hybriden RPG abgewandt, und sind bei älteren (prä-3E) Editionen geblieben. Diese Leute springen derzeit auf die Retro/Old-School-Welle an, spielen LL oder Swords&Wizardry oder eines der anderen 1000 Systeme, die reines "D&D alt" um WELTEN besser bedienen als 3E.*
Die 4E ist jetzt etwas völlig anderes als ein Hybrid, wenn es um Design-Ziele geht. Ich würde sagen, sie ist das erste D&D, das von Grund auf ein monolithisches, streng durchdachtes Spielkonzept konsequent verfolgt. Die Grundbausteine, um das auszuführen, stammen jedoch ausschließlich aus "D&D neu", wie wir es aus 3E kennen (Feats, PrC, Power-Blöcke aus T9S und Feat-Beschreibungen aus Dungeonscope usw. usf.). Das hat zwei (wenn nicht mehr) Folgen:
1. Die Aussage, dass die 4E "konsequent, evolutiv" (was-auch-immer) die 3E "weiter-entwickelt", stimmt nur zur Hälfte (wörtlich genommen). Was bei der 3E neu war, wird bei der 4E (fast durchwegs) besser und v.a. vereinfachter umgesetzt. Was bei der 3E "alt" war - also klassische Inhalte, die nur ein wenig geschliffen wurden (für viele übrigens DIE Leistung der 3E schlechthin) - wurde bei der 4E einfach über Bord gekippt, und (wiederum fast durch die Bank) durch Inhalte ersetzt, die bei Fans des guten Geschmacks für Lachkrämpfe sorgt.
2. Die im Gleemax-Posting genannten Kritikpunkte, die von vornherein nur auf "D&D neu" zutreffen, treffen somit in doppelter Vehemenz zu, weil es kein ausgleichendes Element ("D&D alt") in der 4E gibt. Es gibt neben dem schrillen neuen D&D keine Inhalte mehr, die mit altem D&D was gemeinsam haben.
Was übrigens "D&D alt" ausmacht, ist ein hitziger Streitpunkt. Ich habe mal zwei absolute Referenzquellen für mich
in einem Posting auf einem anderen Forum schön verpackt, zum Nachlesen für Interessierte.
Die große Frage, das Thema diesen Threads betreffend, ist natürlich, ob die Innovationen von "D&D neu", egal ob jetzt bei 3E oder 4E,
en toto rollenspielförderlich waren. Ich persönlich würde jeden auslachen, der diese Frage bejaht, aber das ist ja ein freies Land.
*
Edit. Schließlich gibt es noch Gruppe
C, Leute wir Arldwulf, die den Hybrid verachten, aber nicht seine Elemente, also konsequent D&D alt
UND D&D neu spielen - aber in unterschiedlichen Runden und Systemen. Arldwulf verteidigt demnach die 4E als tolles Spiel, hält gleichzeitig die 1E für seine Lieblingsedition, und findet die 3E als absolut minderwertig im Vergleich zu diesen beiden (1E, 4E) Editionen. Das ist interessanterweise auch die Meinung von Mike Mearls ("Something weird occured to me last week. I love 4e to bits (obviously; there'd be something deeply wrong if I didn't), but if I can't play 4e, I'd play 1e."). Die Kritik dieser Leute an der 3E ist absolut ernstzunehmen.