Autor Thema: Verhalten von Wölfen  (Gelesen 6294 mal)

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Pyromancer

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Verhalten von Wölfen
« am: 8.07.2009 | 23:34 »
Wie, d.h. mit welcher Taktik kämpft denn ein kleines Wolfsrudel, wenn es von zahlenmäßig überlegenen Gegnern in die Enge getrieben wird?

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #1 am: 8.07.2009 | 23:48 »
Mmmh, ich hab sowas noch nicht gesehen, kenn mich aber mit Wölfen einigermaßen aus, da ich sie ausgibeig recherchieren mußte. mMn - da sie hervorragend koopieren (wirklich erstaunlich) - würden sie eine Schwachstelle suchen (und finden) und durchbrechen. Das Alphaweibchen und das Betamännchen vorne, Alphamännchen hinten als Rear Guard.
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #2 am: 8.07.2009 | 23:51 »
Flucht, und wenn dies nicht möglich ist, Unterwerfung, zumindest bei RL Wölfen.

Auf der anderen Seite würde sich ein Wolfsrudel aufgrund der dem Menschen überlegenen Sinne vermutlich nur schwerlich in die Enge treiben lassen.
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

ChristophDolge

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #3 am: 8.07.2009 | 23:53 »
Kranke, in die Enge getriebene oder verletzte Wölfe greifen auch Menschen an.

Pyromancer

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #4 am: 8.07.2009 | 23:54 »
Danke!

Und was macht das Rudel, wenn eigene Jungtiere gefangengenommen werden, aber noch in der Nähe sind?

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #5 am: 9.07.2009 | 02:21 »
Du meinst den diesjährigen Wurf? Puuuh. Schwer zu sagen. Ich nehme an, sie können die Jungtiere irgendwo wittern / sehen / hören. Wie von mir beschrieben durchbrechen und versuchen ranzukommen. Ich glaube aber nicht, daß sie es in dem Fall auf einen Kampf auf Leben oder Tod ankommen lassen würden, im Gegensatz zu einzelgängerischen Tieren, die sich für ihre 1-3 Jungen in Stücke reißen lassen würden (Wildkatze, Bären). Rudelinstinkt sagt, daß Rudel überleben muß, und dazu ist der diesjährige Wurf nicht unbedingt notwendig. Für diese Annahme spricht, daß auch verletzte Tiere ggf. von den eigenen auf der Flucht getötet werden, wenn Blutgeruch oder ähnliches droht, das Rudel in Gefahr zu bringen.

Unterwerfung: Wilde Wölfe unterwerfen sich allenfalls nur ihresgleichen. Alle gegenläufigen Annahmen entstammen aus Beobachtungen von und Versuchen mit gefangenen bzw. domestizierten Wölfen. In diesen Gruppen gibt es starke Abartungen bis hin zum Kannibalismus, die in freier Wildbahn bisher nicht beobachtet werden konnten.

Als Standardlektüre empfohlen: Wolves: Behavior, Ecology and Conservation. Autoren bestimmt zu ergoogeln, mein Exemplar ist noch auf dem Dachboden. Auch etliche US-Nationalpark-Seiten bieten weitergehende Infos und die Ranger kann man auch sehr gut per eMail um Fachwissen anhauen.

Mir schmeckt das Szenario nicht, das klingt... tierquälerisch. Da bin ich altes Mimöschen empfindlich, besonders wenns um Wölfe oder Katzen geht.

Edit: Noch zu meinem Beitrag obenoben: Das Alphamännlein führt den Ausbruch und wird dann erst als Rear-Guard laufen. Solange ein Entkommen via Flucht nicht wahrscheinlich ist, schiebt sich das Alphatier gewöhnlich / oft / nicht eben selten zwischen Angreifer und Rudel.

Und ein Addendum: Wolves: Behavior, Ecology and Conservation das Standardwerk für Lupohile.
« Letzte Änderung: 9.07.2009 | 02:56 von Lorom »
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Zitat von: korknadel
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Zitat von: Dolge
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Chiungalla

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #6 am: 9.07.2009 | 03:03 »
Mmmh, ich hab sowas noch nicht gesehen, kenn mich aber mit Wölfen einigermaßen aus, da ich sie ausgibeig recherchieren mußte. mMn - da sie hervorragend koopieren (wirklich erstaunlich)

Das lustige an dieser Aussage ist, dass es mehr oder weniger ein urbaner Mythos ist, der nicht im geringsten wissenschaftlich fundiert und seriös belegt ist, aber fast überall wiederholt wird.
Was vor allem daran liegt, das man Wölfe in freier Natur eigentlich so gut wie nie bei der Jagd beobachten kann.

Also ich sag nicht, dass sie nicht kooperieren, ich sag nur das man es nicht gesichert weiß.
Außerdem ist es etwas völlig anderes für ein Tier in einer gewohnten alltäglichen Situation wie der Jagd oder der Jungenaufzucht zu kooperieren, als in einer selten auftretenden Ausnahmesituation.

Unter Gehegebedingungen kam auf jeden Fall raus, dass sie bei Experimenten sehr schlecht miteinander kooperieren.

Rudelinstinkt sagt, daß Rudel überleben muß, und dazu ist der diesjährige Wurf nicht unbedingt notwendig.

Bei dem Begriff Rudelinstinkt kreuseln sich jedem seriösen Biologen die Zehennägel.
Auch und gerade in einem Wolfsrudel ist sich jeder selbst der Nächste.

Wie, d.h. mit welcher Taktik kämpft denn ein kleines Wolfsrudel, wenn es von zahlenmäßig überlegenen Gegnern in die Enge getrieben wird?

Ich glaube von Taktik kann man in der Situation wohl eher nicht sprechen.
Wenn überlegene Sinne nicht reichten um der Situation aus dem Wege zu gehen, und deutlich überlegene Schnelligkeit, Gewandheit (und immense Sprungkraft) und Reflexe nicht reichen um zu fliehen, dann werden sie wohl eher individuell kämpfen.

Und was macht das Rudel, wenn eigene Jungtiere gefangengenommen werden, aber noch in der Nähe sind?

In dem Falle das die Jungtiere von Menschen gefangen gehalten werden? Wohl garnichts.
Wölfe haben ne immense Scheu vor dem Menschen.

Aus meinem Arbeitsalltag mit Wölfen kann ich berichten, dass Handaufgezogene Wölfe die ersten paar Monate als ich ihnen noch fremd war, grundsätzlich mit durchaus großer Eile die andere Gehegeseite aufgesucht haben, wenn ich nur am Zaun ihres Geheges stand.

Die aller meisten Tiere, inklusive Wildkatze und Bär, verteidigen ihre Jungen recht wild.
Aber Rückholaktionen sind wohl eher die absolute Ausnahme. Und Wölfen traue ich das aufgrund ihrer Menschenscheu ehrlich nicht zu.

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #7 am: 9.07.2009 | 03:40 »
Das lustige an dieser Aussage ist, dass es mehr oder weniger ein urbaner Mythos ist, der nicht im geringsten wissenschaftlich fundiert und seriös belegt ist, aber fast überall wiederholt wird.
Was vor allem daran liegt, das man Wölfe in freier Natur eigentlich so gut wie nie bei der Jagd beobachten kann.

Kleiner Tipp: "Pack of wolves hunt", mehrere BBC-Dokus, mehrere PBS-Dokus, mehrere Nature-Dokus... Das Jagdverhalten wurde über die letzten Jahre hervorragend dokumentiert, darunter die ausgeprägten Taktiken von Wolfsrudeln, was Auswahl des Beutetieres durch testen angeht, rollendes Angriffsverhalten, Spähertaktiken...

Zitat
Unter Gehegebedingungen...

Darüber diskutiere ich bei diesem Thema schon gar nicht mehr.

Zitat
Bei dem Begriff Rudelinstinkt kreuseln sich jedem seriösen Biologen die Zehennägel. Auch und gerade in einem Wolfsrudel ist sich jeder selbst der Nächste.

Sollen sie sich kräuseln, nenns meinethalben "Gruppenorganisation" oder "Sozialstruktur", aber der Folgesatz ist definitiv nicht zutreffend. Punkt.

Zitat
Aus meinem Arbeitsalltag mit Wölfen kann ich berichten, dass Handaufgezogene Wölfe die ersten paar Monate als ich ihnen noch fremd war, grundsätzlich mit durchaus großer Eile die andere Gehegeseite aufgesucht haben, wenn ich nur am Zaun ihres Geheges stand.

Erneut - Gehegeaufzucht. Gibt es tatsächliche aktuelle Verhaltensforscher die noch glauben, aus Gehegeverhalten irgendwelche verläßlichen Schlüsse ziehen zu können? Würden mich mal einige Publikationen interessieren. Das sind Gehegewölfe. Du willst mir doch nicht ernsthaft einreden, daß die in irgendeiner Form mit ihren wilden Artgenossen zu vergleichen sind? Vollkommen passiv und instinktgestört, oder ist das auch wieder ein Kräuselwort?

EDIT: "Vettern" durch "Artgenossen" ersetzt. Zuviel kräuseln will ich ja auch nicht. ;)
« Letzte Änderung: 9.07.2009 | 04:03 von Lorom »
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Zitat von: Dolge
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Chiungalla

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #8 am: 9.07.2009 | 04:08 »
Das Jagdverhalten wurde über die letzten Jahre hervorragend dokumentiert, darunter die ausgeprägten Taktiken von Wolfsrudeln, was Auswahl des Beutetieres durch testen angeht, rollendes Angriffsverhalten, Spähertaktiken...

Von Naturfilmern beobachtet ist etwas völlig anderes, als wissenschaftlich dokumentiert.
Und in der Verhaltensbiologie gilt der Grundsatz, dass man kein Verhalten überbewerten sollte, und solange es eine einfachere Erklärung für eben dieses Verhalten gibt, nicht auf hohe Intelligenz (oder in diesem Falle Taktik) schließen darf.

Gerade in solchen Dokus wird ob des Schaueffekts eigentlich auch immer überinterpretiert.

Sollen sie sich kräuseln, nenns meinethalben "Gruppenorganisation" oder "Sozialstruktur", aber der Folgesatz ist definitiv nicht zutreffend. Punkt.

Natürlich ist der Folgesatz richtig.
Innerhalb der Sozialstruktur der Wölfe ist jeder einzelne Wolf auf seinen eigenen Vorteil bedacht, und möchte nach Möglichkeit innerhalb der Sozialstruktur möglichst weit aufsteigen.

Ein heheres Ideal wie "alles zum Wohle des Rudels" oder "alles zum Wohle der Art" findet sich schlicht in der Natur nicht, und wer etwas anderes behauptet der ist halt ein realitätsfremder Romantiker an dem die letzten 50 Jahre seriöse Verhaltensforschung vorbei gegangen sind.

Erneut - Gehegeaufzucht. Gibt es tatsächliche aktuelle Verhaltensforscher die noch glauben, aus Gehegeverhalten irgendwelche verläßlichen Schlüsse ziehen zu können?

Jeder Wissenschaftler, wie im speziellen auch jeder Verhaltensforscher, ist sich bewusst, dass man wissenschaftliche Erkenntnisse nur in sehr geringem Umfang durch das beobachten im Freiland und das interpretieren dieser Beobachtungen erhält.

Experimentieren ist in allen Naturwissenschaften essentieller Bestandteil des Erkenntnisgewinns.
Und viele Experimente, gerade mit scheuen und potentiell sehr gefährlichen Tieren wie Wölfen, lassen sich eben nur unter Gehegebedingungen durchführen.

So wie man alle Gehegeexperimente als falsch abtuen kann, kann man auch alle Freilandbeobachtungen als schlicht falsch interpretiert abtuen. Das war einer der Gründe warum ich mich gegen die eigentliche Verhaltensforschung entschieden habe, in meinem Studium, irgend etwas zu meckern hat eigentlich immer irgend wer. Und eigentlich hat derjenige auch meistens irgendwie Recht.

Aber ja, innerhalb der Verhaltensforschung sind Gehegeexperimente wieder stark im Kommen, weil es ohne sie einfach nicht geht. Ohne Experimente kein gesicherter Erkenntnisgewinn, und ohne Gehege in vielen Fällen keine Experimente.
Natürlich überprüft man, in aller Regel und wo das möglich ist, die Ergebnisse später dann in freier Wildbahn.

Genau das schlagen übrigens auch moderne Bücher zur Methodik der Verhaltensforschung vor:
Einen Mix aus Gehegeexperimenten und Freilandbeobachtung.

Und es gibt natürlich "bessere Gehegebedingungen" und "schlechtere Gehegebedingungen".
Und das Jagdverhalten ist halt auch schlecht im Gehege zu erforschen.
Weshalb es darüber ja auch so wenig verlässliches gibt, weil eben die Experimente fehlen, die es bedürfte um etwas verlässliches zu sagen.

Erneut - Gehegeaufzucht.

Im Bezug auf den Grad der Scheue der Tiere, ist Gehege- und Handaufzucht übrigens bei weitem nicht representativ.
Handaufgezogene Wölfe sind erheblich weniger Scheu, als wilde Wölfe. Das hat man durchaus verglichen.
Deshalb ist die Beobachtung der Menschenscheu von handaufgezogenen Wölfen sogar noch aussagekräftiger.
« Letzte Änderung: 9.07.2009 | 04:17 von Chiungalla »

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #9 am: 9.07.2009 | 04:55 »
Über die Methoden von Dokumentarfilmern aller Epochen müssen wir nicht streiten, daher aber ich mit PBS und BBC ausdrücklich auf die gemäßigteren verwiesen. Aber beobachtet haben sie, und was ich nicht verstehe: Wenn Dokufilmer es können, warum könnens dann nicht auch ein paar deutsche Wolfsforscher und schleppen sich aus ihren Gehegen mal in die Wildnis? "Was vor allem daran liegt, das man Wölfe in freier Natur eigentlich so gut wie nie bei der Jagd beobachten kann." Quark, andere könnens, dann kann mans auch selbst (oder sollte "man" können) und dabei "wissenschaftlich dokumentieren". (Kleine Frage am Rande: Was hat man sich so darunter vorzustellen, andere Kameras? Ich meine, raw footage ist raw footage.)

Zitat
Innerhalb der Sozialstruktur der Wölfe ist jeder einzelne Wolf auf seinen eigenen Vorteil bedacht, und möchte nach Möglichkeit innerhalb der Sozialstruktur möglichst weit aufsteigen. Ein heheres Ideal wie "alles zum Wohle des Rudels" oder "alles zum Wohle der Art" findet sich schlicht in der Natur nicht, und wer etwas anderes behauptet der ist halt ein realitätsfremder Romantiker an dem die letzten 50 Jahre seriöse Verhaltensforschung vorbei gegangen sind.

Autsch, was für eine schallende Ohrfeige -

 - u.a. Für Erik Zimen, den "Wolfspapst" und Pionier, der in seiner letzten Arbeit (Der Wolf : Verhalten, Ökologie und Mythos) hervorhebt, wie sehr das Alphapaar die Verantwortung und vor allem das Risiko für das gesamte Rudel trägt. Er wird sich posthum vor Dir verneigen und sich seiner Irrtümer schämen. Auch Mech & Packard wurden da wohl getroffen (Wolves: Behavior, Ecology and Conservation), sie machten ähnliche Beobachtungen, in freier Natur allerdings. Als weiteres Werk, das für Dich vielleicht Überraschungen bereithält, zu empfehlen ist Jean-Marc Landry 's Le loup : Biologie, Moeurs, Mythologie, Cohabitation, Protection, ebenfalls ein neues Werk.

All diese Autoren sprechen Wölfen einen ausgeprägten fürsorglichen Sozialinstinkt zu ("deep affection", "self-sacrifice", nur um mal ein paar Stichwörter in den Raum zu werfen) und extrem taktisches Jagdverhalten. Würde dies nicht zutreffen, wäre Rudelbildung auch ziemlich für die Katz', oder?

Was "moderne Verhaltensforschung" im Gehege angeht, hätte ich wirklich gerne was Konkretes erfahren (am besten Literatur, die ich morgen in der UB einsehen könnte), nicht was "man" so tut und daß es "moderne Bücher" gibt. Der o.a. Zimen hat zwar mit Gehegewölfen gearbeitet, aber weitaus mehr mit norditalienischen Exemplaren in Freiheit. Außerdem ist es 40 Jahre oder so her, da wußte mans nicht besser.

Was die wiederholt eingebrachte persönliche Gehegeerfahrung angeht - ich durfte freie Wölfe in Kanada beobachten (ich erwähnte, glaube ich, daß ichs beruflich ausgiebig recherchieren mußte) und war direkt danach im Wolfpark in Lafayette, Indiana. Hier in Deutschland war ich anschließend noch in einem Wolfspark bei Merzig (glaube ich). Ist schon ein paar Jahre her.

Vollkommen verschiedene Tiere. Ich bin nie wieder in eine solche Aufbewahrungsanstalt gegangen. Ich gucke auch nicht alten Menschen beim Einnässen zu.

EDIT/Schlechtschreibung

PS @OP: Egal, wem Du zuneigst - das war bestimmt mehr, als Du haben wolltest, oder? Most-realistic-wolfpack-ever.  ~;D
« Letzte Änderung: 9.07.2009 | 05:46 von Lorom »
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
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Chiungalla

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #10 am: 9.07.2009 | 05:44 »
All diese Autoren sprechen Wölfen einen ausgeprägten fürsorglichen Sozialinstinkt zu ("deep affection", "self-sacrifice", nur um mal ein paar Stichwörter in den Raum zu werfen)...

Dem würde ich auch nicht widersprechen.
Nur ist der Schluss falsch, dass sie das zum Wohle des Rudels tuen.
Vielmehr tuen sie das aus rein egoistischen Motiven.

Wie Egoismus zu Altruismus führen kann, sollte ja mittlerweile mehr als klar sein.
(Sonst empfehle ich "Das egoistische Gen" von Richard Dawkins.)
Genau wie der Umstand, dass dieser Altruismus dann in Extremsituationen schnell an seine Grenzen stößt.

... und extrem taktisches Jagdverhalten. Würde dies nicht zutreffen, wäre Rudelbildung auch ziemlich für die Katz', oder?

Nein. (Wirklich) Kooperatives taktisches Jagen ist nur einer von vielen möglichen Vorteilen einer Rudelbildung.
Kooperation bei der Jungenaufzucht wäre ein weiterer. Zur Evolutionsökologie der Wölfe gibt es aber bisher eh wenig handfestes und vor allem Spekulationen.

Was "moderne Verhaltensforschung" im Gehege angeht, hätte ich wirklich gerne was Konkretes erfahren (am besten Literatur, die ich morgen in der UB einsehen könnte), nicht was "man" so tut und daß es "moderne Bücher" gibt.

Methoden der Verhaltensbiologie von Naguib.
Wobei er dort den Terminus Laborbedingungen benutzt, was auf Wölfe bezogen aber eben die Gehegebedingungen sind.

Ich zitiere:
"Aufgrund der verschiedenen Vor- und Nachteile von Labor- und Freilandforschung ist es idealerweise wünschenswert, wenn sich beides ergänzen lässt."

Zudem gibt es eine ganze Menge von Arbeitsgruppen, die gerade aktuell mit Wölfen unter Gehegebedingungen arbeiten, oder sogar erst gerade damit anfangen.
Die müsstest Du Dir aber selbst raussuchen, da kenn ich keine Namen.

Ist auch ein lustiger Versuch Sozialverhalten beim Wolf unter Freilandbedingungen zu erforschen, wo es doch gerade dort beim Wolf auf jeden Millimeter Mundwinkelöffnung, jede krause Nase, jedes abgeknickte Ohr und jedes Büschel gesträubtes Fell ankommen kann (übertrieben ausgedrückt) und einem unter Freilandbedingungen wohl selten perfekte Sicht auf das gesamte interagierende Rudel zur Verfügung steht.

Der o.a. Zimen hat zwar mit Gehegewölfen gearbeitet

In "meinem" Institut und mit meiner Chefin zusammen unter anderem.

Was die wiederholt eingebrachte persönliche Gehegeerfahrung angeht - ich durfte freie Wölfe in Kanada beobachten (ich erwähnte, glaube ich, daß ichs beruflich ausgiebig recherchieren mußte) und war direkt danach im Wolfpark in Lafayette, Indiana.

Das waren dann in Amerika Timberwölfe, oder?
Die gelten im allgemeinen als erheblich weniger scheu, und besser für Gehegehaltung geeignet, weil sie nicht so stark traumatisiert werden dabei.

Hier in Deutschland war ich anschließend noch in einem Wolfspark bei Merzig (glaube ich). Ist schon ein paar Jahre her.

Vollkommen verschiedene Tiere. Ich bin nie wieder in eine solche Aufbewahrungsanstalt gegangen. Ich gucke auch nicht alten Menschen beim Einnässen zu.

Wodran man ja gut erkennt, dass es riesige Unterschiede bei der Gehegehaltung gibt.
Publikumsverkehr ist z.B. für europäische Wölfe erfahrungsgemäß eher problematisch, für Timberwölfe eher weniger.
Handaufgezogene Wölfe betrifft es weniger als Wildfänge, u.s.w.

Ich kann Dir versichern, dass unsere Wölfe nicht wirklich viel mit irgendwelchen traumatisierten Wracks aus öffentlichen Zoos zu tun haben. Auch wenn sie sicherlich in bestimmten Bereichen von der "Norm" eines Wildwolfs abweichen. Aber wie sieht eigentlich so ein "Norm"-Wolf aus der Wildnis aus, da gibt es im Verhalten nämlich auch riesige Unterschiede.
« Letzte Änderung: 9.07.2009 | 05:48 von Chiungalla »

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #11 am: 9.07.2009 | 05:59 »
In Kanada warens Gray Wolfs (Canis Lupus) in British Columbia, also ja. Sind wahrscheinlich auch eure, oder?

Wir kommen langsam zusammen, so weit sind wir denn doch nicht entfernt. Ich glaube, unsere Differenzen liegen weniger in der Beschreibung der Verhaltensausprägung (wenn auch vorhanden), als vielmehr bei den Ursachen dafür. Und danke für den Literaturtipp, der steht sogar bei Google teilweise online, da kann ich mal reinschnuppern und spar mir erstmal die UB.

Das hier geht OT, fürchte ich, ggf. komme ich nochmal per PM auf Dich zurück. Und gute Nacht (guten Morgen :))
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Zitat von: korknadel
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Offline Yerho

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Re: Verhalten von Wölfen
« Antwort #12 am: 9.07.2009 | 08:46 »
Noch mal zum Thema Rudelverhalten ... Als Nicht-Biologe und/oder -verhaltensforscher weiß ich nicht, ob das übertragbar ist, aber macht was draus:

Bei Rudeln verwilderter Haushunde ist eine massive Organisation des Sozial- und Jagdverhaltens beobachten. Jungtiere werden unabhängig von der leiblichen Mutterschaft gesäugt und betüddert, bei der Jagd geht es soweit, dass regelrechte Hinterhalte gelegt werden und einzelne Tiere die Funktionen von Greifern und Treibern übernehmen.
Zwischen Egoismus und Altruismus gibt es ja sehr viele Stufen, aber da sehe ich eine starke soziale Komponente. Immerhin riskieren Fähren, die fremde Junge mitsäugen, nicht genug für den eigenen Wurf zu haben. Und die Treiber riskieren, dass sie selbst keine Beute machen, weil dies die Greifer tun - trotzdem könne sie darauf bauen, gemäß der Rudel-Hierarchie an der Beute beteiligt zu werden, nicht jedoch anhand ihres unmittelbaren Wirkens bei der Jagd.

Inwiefern das ein bewusstes "Zum Wohle des Rudels" ist, darüber kann man sicher streiten. "Rudel" ist eine menschliche Bezeichnung für eine Gruppe, und generell setzt die Aufopferung für etwas Abstraktes (siehe auch Volk, Vaterland, Heimat) überhaupt erst einmal Abstraktionsvermögen voraus, welches ich Wölfen nicht unterstellen möchte. Das hat aber erst einmal nichts mit Egoismus und Altruismus zu tun (s.o.), sondern ganz einfach mit der Befähigung, das Rudel als solches zu begreifen. Ich meine mich erinnern zu können, das Rudeltiere ihre Zusammengehörigkeit nicht an der Gesamtheit festmachen, sondern an Bezugstieren. Erst durch die Verästelung der Beziehungen zwischen einzelnen Tieren (evtl. mit den Alpha-Rüden/Fähren als gemeinsamer Bezugspunkt) wird daraus ein Rudel.

Da ist der Unterschied zum Menschen gar nichts so groß, denn unsere Zusammengehörigkeiten sind ja auch eher persönlicher Natur. Einem verbindenden Prinzip (Staat) ordnen wir uns ja nur anhand von Regeln und Normen und aus Erkenntnis der sich daraus ergebenden Vorteile unter. Nur dass Menschen eben abstrakte Prinzipien überhaupt schaffen und erfassen können und Wölfe - Wie ich stark annehmen möchte! - nicht. Kurz, der einzelne Wolf weiß gar nicht, dass er in einem Rudel lebt. Er kennt seine Jagdgenossen; die Tiere, denen er sich oder die sich ihm unterordnen und als weiteren Bezug womöglich noch die Fähren, die ihn/sie gesäugt und aufgezogen haben oder die eigenen Jungtiere. Der Rest ist dynamische soziale Vernetzung (Freunde und Freundesfreunde ;)). Meistens bestehen Rudel ja ohnehin nur aus einer Familie, größere Zusammenschlüsse sind schon allein deshalb selten, weil die Zahl der Wölfe gering ist.

Man könnte die Ausgangssituation des Threads mit einem menschlichen Nomadengruppe/-stamm vergleichen, der von zahlenmäßig überlegenen Gegnern in die Enge getrieben wird. Die Fragestellung war, wie die Leute reagieren, nicht warum sie so reagieren, wie sie es tun. Ob es nun Treue gegenüber der eigenen Familie, gegenüber Freunden in der Gruppe oder aus dem Bewusstsein heraus, ein Stamm zu sein, ist eigentlich unerheblich. Selbst wenn es der rein egoistische Gedanke sein sollte "Mit den anderen komme ich selbst hier eher lebend raus ...", ist das für die Frage unerheblich, oder?

Ich vermute ja, dass ein starkes Wolfsrudel ihre Scheu vor dem Menschen durchaus überwinden können. Die Frage ist meines Wissens nach, wie stark der Stimulus für ein bestimmtes Verhalten ist. Wenn eine Wölfin wegen ihrer eigenen Jungen aggressiv reagiert, kommt es darauf an, wie beliebt diese Wölfin ist - andere werden sich ihrem Verhalten anschließen oder nicht. Wenn sie es tun, besteht wieder eine neue Lage, nämlich die drohende Haltung, bei der es (aus Perspektive der Wölfe) schon wieder fast egal ist, weshalb man eigentlich zur drohenden Haltung übergegangen ist. Was in den jeweiligen Eskalationsstufen passiert, ist bei Gruppen praktisch nicht berechenbar. Instinkte geben eine starke Richtung vor, aber situativ kann trotzdem etwas dabei herauskommen, was im genetischen Programm nicht speziell vorgesehen ist. So ein Wolf schätzt ja nicht rational ein "Das sind Menschen und die sind zahlreicher und besser bewaffnet als ich.", sondern geht er danach "Kenn ich das oder kenn' ich das nicht?".

Wölfe fassen Menschen nicht als Jagdbeute auf, aber es ist ein Irrglaube, dass sie den Menschen an sich meiden. Sie meiden Menschenansammlungen und das, mit dem sich Menschen als Kulturwesen üblicherweise umgeben. Der einzelne Mensch muss im Umgang mit wilden Wölfen immer damit kalkulieren, dass er wie jedes andere Tier eingeschätzt wird - und zwar lediglich anhand seiner Größe und seines Auftretens. Kein Tier erkennt den Menschen als Menschen, sondern nur - grob vereinfacht - als "kann ich fressen", "kann ich nicht fressen", "kann mich fressen", "kann mich nicht fressen" und sich daraus ergebenden Kombinationen. Wenn man als Mensch einem Wolfsrudel gegenüber steht und richtig reagiert, werden selbst zehn gesunde, starke Wölfe nicht angreifen. Verhält man sich als Beute, riskieren die Wölfe womöglich den Angriff - wobei man heute davon ausgehen kann, das Wölfe bereits gelernt haben, dass Menschen Ärger bedeuten und daher sehr stark zu "links liegen lassen" tendieren, was ja auch die geringe Zahl von Angriffen durch Wölfe belegt, selbst wenn es denn zu (den ohnehin seltenen) Kontakten kommt.

Unser Bild vom Wolf ist entweder das aus dem Mittelalter tradierte (der böse Wolf, Herdenvernichter) oder das rational heutige (wenige Wölfe, weit verstreut in eingeengtem Lebensraum und sich von Ballungszentren fern haltend). Bei dem Szenario dieses Threads wäre es also auch wichtig zu wissen, in welcher Zeit und Umgebung es spielen soll. Das Verhältnis von Mensch und Wolf war zur Zeit der Jäger und Sammler, während unserer Sesshaftwerdung und bis hin zur heutigen Ausbreitung unserer Spezies ein jeweils anderes.
I never wanted to know / Never wanted to see
I wasted my time / 'till time wasted me
Never wanted to go / Always wanted to stay
'cause the person I am / Are the parts that I play ...
(Savatage: Believe)