In meinen Gruppen könnte ich gleich sagen: Gar nicht. Ich glaube, in den vergangenen 13 Jahren ist kaum ein PC in einer meiner Runden gestorben, auch kaum wichtige NPCs mussten tatsächlich dran glauben.
Gestorben ist nur einmal ein nicht mehr weitergespielter RuneQuest-PC eines Spielers, der die Runde verlassen hatte, wo ich dann den PC noch kurz als NPC habe mitlaufen lassen. Das war glaube ich ein Waldläufer oder Bogenschütze oder so etwas Ähnliches. Dieser Charakter wurde zufällig (ohne Spielleiter-Willkür) bei einem Banditenüberfall ungünstig von einem Pfeil getroffen. Damals habe ich noch
"Let the dice fall where they may" gespielt.
Die Gründe, weshalb auch sonst so gut wie nie Charaktere gestorben sind:
- Ich habe einige Kurzabenteuer mit wechselnden Besetzungen durchgespielt, mit oft langen Pausen zwischen den Spielabenden, so dass ich nie ein langes Kampagnenspiel mit langen komplizierten Entwicklungen zu kontrollieren hatte. Im Grunde wäre genau das eigentlich ein Grund dafür, nur kurz gespielte Charaktere hier und da mal über die Klinge springen zu lassen, weil man eh keine lange Bindung zu ihnen aufbauen wird, aber das Gegenteil war der Fall: Die Situationen wurden nie so gefährlich oder so episch, dass der Charaktertod in greifbare Nähe rückte. Es kam einfach nicht dazu. Außerdem brauchte ich eine bestimmte Kernmannschaft von PCs, die wenigstens das jeweilige Kurzabenteuer überstehen konnte.
- Meine Spielauswahl ging graduell von alten Fantasy-Systemen mit relativ unepischen, unspektakulären Anfängercharakteren immer weiter zu comicartigen und cinematischen Systemen, in denen die Charaktere einfach "tougher" waren, bis hin zu Systemen, die überhaupt keine festen Regeln mehr für Todesfälle haben.
Reihenfolge der Systeme in etwa: RuneQuest -> Pendragon -> Stormbringer -> Hero Wars -> Big Eyes Small Mouth -> Cartoon Action Hour -> HeroQuest -> RuneQuest (Mongoose Edition) -> Cartoon Action Hour (Playtesting 2. Edition und fertige 2. Edition) -> OVA -> Hearts & Souls -> (es geht weiter)
Kleine Ausflüge in Tunnels & Trolls und andere Systeme lasse ich hier mal weg. Und selbst bei Tunnels & Trolls ist keiner unserer PCs tatsächlich gestorben.
Bereits in Pendragon wird ja quasi verlangt, dass der Spielercharakter einige Questen und Ereignisse überlebt, um zu Ruhm und Ansehen zu gelangen. In Stormbringer waren die typischen PCs schon spürbar tougher als im RuneQuest-System (alte 3. Edition). Spätestens als wir dann zu Hero Wars übergegangen sind, hatten wir es mit einem Regelwerk zu tun, in dem die Helden lange überleben und viel erreichen sollten und generell schnell mit übermenschlichen epischen Fähigkeiten gesegnet sein können. Auch hatte dieses System als erstes von allen, die ich in diesem Zeitraum ausprobiert habe, keine definitive Punkteschwelle mehr für "Charakter stirbt". Gegebenenfalls konnte man einen tödlich verwundeten Helden immer noch rechtzeitig heilen und zurückbringen.
- Meine Spieler, je älter und erfahrener sie wurden, spielten sehr vorsichtig und deeskalierend. In anderen Fällen waren sie einfach von Beginn an schon so stark und so gut panzert / geschützt, dass nicht so einfach tödliche Treffer vorkamen.
- In meiner letzten regelmäßigen RuneQuest-Gruppe mit relativ strengen, altmodischen Fantasy-Regeln war es schwierig, selbst starke NPCs sterben zu lassen: Zum einen aufgrund des Resilience-Skills, auf den man nun bei Verletzungen immer würfeln kann, zum anderen deshalb, weil wir einen so starken Heiler in der Runde hatten, der auch feindliche NPCs immer kompetent verarztet hat, damit man sie später noch verhören und im eigenen Sinn beeinflussen kann. (So gab es sogar mehrere "Überläufer" von NPCs, die eigentlich die Gruppe aufhalten sollten.)
- Mit zunehmender Zeit hatte ich selbst als Spielleiter einfach größeres Vergnügen an Comic- und Film-Systemen, in denen der Tod keine große Rolle spielt. Diese Systeme unterstützen eher eine Art von Spiel, in der es nicht zu der alten Standardsituation "kleines Grüppchen von Abenteurern inmitten einer bösen, lebensfeindlichen Welt" kam. Die Herausforderung ist dort eher, eine spannende Geschichte zu erleben, die Handlung selber mit auszuformulieren oder eine knifflige Aufgabe zu lösen, als einfach nur tödliche Gefahren zu überstehen.
Das ist vielleicht noch sehr allgemein gesprochen, aber so war das bei mir.