Warum wird eigentlich - auch in diesem Thread - so oft nur eine EXTREM-Position als die einzige, in der Spielpraxis umsetzbare angenommen?
Es trifft meiner Erfahrung nach bei miniaturenlosem Spiel NICHT zu, daß man gänzlich ohne Visualisierung auskommt. Dort wird neben der verbalen Beschreibung auch oft mit Händen gestikuliert, um Positionen zu verdeutlichen oder mit "irgendwas", was gerade auf dem Spieltisch liegt, ein BILD der Situation geschaffen, um längere Nachfrage-Zyklen zu vermeiden.
Es trifft meiner Erfahrung nach bei Spiel mit Visualisierung durch Miniaturen oder andere Formen der Visualisierung NICHT zu, daß "nur die Figur bewegt wird" und alle am Tisch "schweigen", sondern es wird IMMER BEIDES gemacht: Die Positionierung ist ja stets klar ersichtlich. Man verändert diese nach den Bewegungsregeln. Aber man spielt dabei seinen Charakter aus, was bedeutet, daß man eben auch beim Visualisieren nach den Informationen FRAGT, die eben NICHT durch die Striche auf der Battlemat zu erkennen sind.
Ich sehe hier kein "entweder - oder", keine sich gegenseitig ausschließenden Verfahren, sondern eine Art "Kontinuum".
Eine sehr ausführlich vorbereitete Battlemap mit hohem Detailgrad (wie man sie z.B. sehr gut mit Dundjinni erstellen kann) hat auch etwas von einem "Suchbild", weil dort in-game relevante Gegenstände, Indizien (Blutspritzer, Fußspuren, usw.) detailliert dargestellt werden. - Doch solch einen Aufwand machen sich nur die wenigsten Spielleiter.
Eine Szenerie, in der wiederverwendbare "Tiles" als "Auslege-Szenerie-Elemente" zur Visualisierung verwendet werden, wird hier WENIGER Detail enthalten. Vor allem kann derselbe Raum je nach Szenario in einem griechischen Tempelkomplex, in einer ägyptischen Pyramiden-Konstruktion, in einer Magier-Akademie oder sonstwo verwendet werden. - Woher kommt denn die unterschiedliche Detail-Ausstattung?
Die kommt aus der BESCHREIBUNG.
Es gibt im Spiel nun einmal Informationen, die sich einfacher und leichter durch HINSCHAUEN vermitteln lassen, als durch Erzählen und Beschreiben. Und es gibt Informationen, bei denen der Versuch das Beschreiben zu vermeiden, in extremem Arbeitsaufwand, in Bilder Malen und dergleichen enden wird - und bei denen es nicht sicher ist, ob selbst das ausreichen wird.
Klassische D&D-Abenteuer wie "Tomb of Horrors" haben ja eben auch Illustrations-Bücher beigelegt. Diese enthalten teils SEHR aufwendig gestaltete Bilder zur visuellen Informationsvermittlung, die man kaum rein sprachlich in der Fülle und - wichtig - in akzeptabler Zeit vermitteln könnte.
Viele Abenteuer enthalten Illustrationen der wichtigen NSCs. Das tun sie, weil ein Bild eben auch mehr als tausend Worte sagt und man so den NSC einfach stimmiger vermitteln kann, als wenn man ihn nur verbal beschreiben würde.
Abenteuer enthalten Handouts, auf "alt" gemachte oder mit stimmungsvoller Aufmachung vermittelte Informationen, die über das, was einem ein Spielleiter einfach so beschreiben könnte, hinausgehen.
Im Rollenspiel wird VISUELLE Information an vielen Stellen genutzt.
Ich sehe nicht, daß man sinnvollerweise auf ALLE diese Visualisierungen - also nicht nur kampfbezogene Visualisierung von Positionsinformation und räumlicher Gegebenheit - verzichten sollte.
Ich habe aber den Eindruck, daß hier im Thread eben die visuelle Information von manchen als der verbalen Beschreibung "unterlegen" dargestellt wird. - Das kann ich nicht nachvollziehen.
Wenn etwas visuell einfacher, klarer, und stimmungsvoller vermittelt werden kann, als verbal, dann ist eben die Visualisierung die geeignetere Methode. - Und das gilt umgekehrt (siehe den wiederverwendeten Raum) auch für verbale Beschreibungen.
Ich kann nachvollziehen, daß in manchen Bereichen die Vorbereitungsaufwände für detaillierte Visualisierungen gescheut werden. So sind Handouts z.B. oft sehr aufwendig selbst zu machen. Oder detaillierte Battlemaps.
Aber es gibt ja auch Visualisierungen mit wenig Aufwand und hohem Wiederverwendungsgrad (Papier, Bleistift, Radiergummi - Battlemat und abwischbare Stifte).
Am Aufwand für Visualisierungen KANN es m.E. nicht liegen, daß dieses für den Menschen als visuell geprägtes Wesen so geeignete Mittel abgelehnt wird.
Vor allem nicht, weil ja die Visualisierung NICHT ALLE Informationen vermittelt, sondern stets ZUSAMMEN mit Beschreibungen für die nicht visuell einfach darstellbaren Informationen verwendet wird. - Rollenspiel ist doch keine Spielform, die nur genau EINEN Sinn anspricht.