jo, danke Kähä für die weisen Worte.
@Froschi:
Wäre cool wenn du uns beschreibst wie du eben diese Sachen gelöst hast in FUGS.
Stärke braucht man bei SW übrigens für Nahkampfschaden (wichtig) und für die Traglast. Die Mali durch Traglast entsprechend in SW etwa der Rüstungsbehinderung in DSA. Insofern ist hohe Stärke für nen gut gerüsteten Nahkämpfer auch wichtig um nicht mit Traglast-Abzügen belegt zu werden.
Die Attribute halte ich in SW für exzellent gebalancet.
Stärke stimmt, eigentlich war Geschicklichkeit das Sinnlos-Attribut in SW. Wobei es kämpfen repräsentiert... naja, balancing ist eben imho mehr als Kampf-Balancing.
Egal, ich versuch mal, meine Lösungen zu beschreiben, wobei ich Savage Worlds als Haupt-Vergleichssystem benutzen werde:
Attribute: Wie man sieht, habe ich auf Attribute komplett verzichtet. Das habe ich mir von einem anderen System eines Bekannten abgeguckt. Attribute sind imho nur eine Art grob-Skillung, die dann durch Talente (oder wie sie im jeweiligen System eben heißen) verfeinert werden. Prinzipiell ist das ja ganz gut, weil ich so sage: Ich kann Kämpfen, also bin ich geschickt. Dann werde ich doch auch einen Vorteil beim Klettern haben - allerdings nicht so groß, als wenn ich wirklich klettern könnte (das wäre dann der Skill). Problematisch finde ich dabei, dass es einfach Attribute gibt, die einem unheimlich oft helfen (z.B. Geschick) und Attribute, die man nur in sehr speziellen Situationen anwenden kann (DSAs berühmte Fingerfertigkeit, Smarts bei SW (ohne Magie fast nur für Smarts-Tricks), es gibt zahlreiche Systeme mit Dump-Attributen). Das zweite Problem bei Attributen ist, dass man, wenn man irgendwas können will, eines dumpen muss. Klassisch bei SW: Alles auf W6, oder eben was dumpen, um was anderes auf W8 zu heben? Analoge Entscheidungen gibt es eigentlich bei allen attributbasierten Rollenspielen. Das Problem sehe ich eben da, dass man eigentlich alle Attribute braucht - aber tatsächlich nur einen winzigen Teil der Attribute. Bei SW brauchen Kämpfer beispielsweise dringend Spirit - aber nur, um sich vom Shocked zu erholen (bisher habe ich jedenfalls noch niemanden getroffen, der mich auf Angst würfeln ließ, weil ich eine Überzahl angreife oder so).
Meine Lösung der Sache war folgende: Ich habe "mehr" Attribute, diese grenzen aber genauer ab, wofür sie da sind. Das sind die Aspekte. Wenn ich sage, dass ich verdammt gut kämpfen will, kann ich ohne zu zögern all meine Punkte in Kampf stecken. Klar, dadurch muss man nicht mehr tüfteln, wie man jetzt ein guter Kämpfer werden will, aber das ist ja auch nicht der Anspruch meines Systems. Wer Kampfsysteme mag, ist mit D&D4 super beraten. Selbst DSA gibt da, bei hoher Regelkenntnis, viel Platz zum tüfteln - das ist imho abgegrast, das musste ich nicht lösen.
Man steigert also seine Aspekte statt breiterer Attribute. Man kann jetzt rechnen, dass man bei SW 5 Punkte auf 5 Attribute verteilt, bei FUGS aber 5 Punkte auf 12 Aspekte, wodurch jeder Aspekt im Durchschnitt viel schlechter wegkommt. Das ist aber ok, da bei FUGS noch zusätzliche Boni in Form der Talente auf Proben gibt. Bei FUGS ist es daher viel weniger schlimm, wenn man einen Aspekt dumpt, wenn man noch ein oder zwei Talente daraus ein bisschen steigern will.
generische Talente vs differenzierte Talente: Das hier ist wohl nach Geschmack und kann nicht wirklich argumentiert werden. Ich mag es so, wie ich es gelöst habe.
Talentsystem: Das Talentsystem von SW gibt es in ähnlicher Form auch in anderen Systemen, z.B. in DSA4 mit den Fertigkeiten. Der Nutzen ist klar: Man gibt einen Teil seiner Ressourcen (AP, Steigerungen oder was auch immer) aus, um einen Vorteil über das eigentliche System hinaus zu bekommen. Genau an dieser Stelle sehe ich bereits das Problem: Das eigentliche System ist es doch, was man benutzen will. Wenn man es aushebeln muss, ist es nicht gut. Klassisch ist es doch bei DSA: Ein Anfänger, der all seine XP in sein Waffentalent pumpt, hat im Kampf keine Chance gegen einen alten Regelhasen, der sich auf Binden oder Zweihandkampf spezialisiert und ein paar Fertigkeiten nimmt. Talente/Fertigkeiten belohnen so imho Regelkenntnis, oder eher, sie belohnen, dass man sich hingesetzt hat und die Talentliste durchgelesen und verstanden hat. Das ist in meinen Augen ganz großer Bullshit, ich will doch spielen und nicht für Regelkunde belohnt werden!
Scorpio hat jetzt mokiert, dass es vermutlich Dinge geben wird, die man nicht abbilden kann. Ich hingegen schätze, dass man 50% der Talente auch so oder so ähnlich in Form von gewöhnlicher Steigerung ausdrücken kann - besser kämpfen kann man als Talent, aber auch als Talent bekommen (welcher Gestalt das nun auch sein mag). Eben so sein Beispiel "Dicke Tüten" - das kann man als Talent bekommen (und muss man bei SW auch, da Charisma kein Attribut ist), oder man steigert eben sein Charisma / seinen Sozial-Aspekt. Im Notfall kann man bei FUGS aus eigene Talente erfinden (dafür sind die leeren Einträge unter den Aspekten), falls man meint, dass irgendeine Absicht nicht ausgedrückt wird. Selbst erfinden ist zwar nicht so gut, aber imho immer noch besser, als auf den willkürlich ausgewählten Talent-Pool des Systemdesigners beschränkt zu sein.
Bennie-System: Prinzipiell bin ich ein Freund von Bennies. Man kann besonders wichtige Proben wiederholen, also einen Bonus erhalten, wenn was Wichtiges läuft. Dieses System liebe ich, seitdem ich es bei SR4 das erste Mal gesehen habe. In Form von Karma hat es dieses System auch in FUGS geschafft. Problematisch an Bennies: Man muss Bennies ausgeben, um am Leben zu bleiben. Wenn man Schaden erhält, muss man sein Glück anknapsen, um überhaupt widerstehen zu können. Vorteile wie der Eisenkiefer (entschuldige mich dafür, dass ich bei SW in den Sprachen springe, habe beide Sprachen gespielt, aber kein Regelwerk vorliegen) kommen nur zum Tragen, wenn man sein Glück einsetzt - das finde ich doch sehr fragwürdig. Das Argument der Kritik lautet natürlich: Wenn man immer würfeln darf, dann kann man sich ja easy so skillen, dass die Kämpfe ewig dauern. Ja, das klingt ärgerlich. Wenn man sich bei SW vorstellt, dass jeder immer Bennies hat, dann dauert ein Kampf wirlich lang! Aber FUGS ist ja nicht SW. Für den Schadenswiderstand braucht man kein Glück, sondern eine Rüstung. Wenn dann ein Haufen unfähiger Rüstungsberge ohne nennenswerten Kampfskill aufeinanderprügeln, wird der Kampf zäh - das ist ganz analog zur Realität. Ein Haufen vollgerüsteter Trottel können ziemlich lang aufeinander einprügeln, ehe irgendwas interessantes passiert. Diese Monotonie wird durch FUGS auf den Spieltisch transportiert, und vielleicht überlegen sich die Spieler dann, den Kampf vielleicht doch sein zu lassen. Finde ich also nicht schlecht.
Die Möglichkeit, dass Glück gegen Schaden hilft, habe ich aber auch gelassen: Man kann bei einem Angriff VOR dem Wurf des Gegners ansagen, dass dieser Angriff nicht trifft - allerdings nur, wenn man ihn kommen sieht (sonst wäre man ja gegen Sniper immun!)
Magie: Das System mit den magischen Aspekten statt vordefinierten Zaubern habe ich für mein anderes Rollenspiel mal on the Fly erfunden, weil Leute eine High Fantasy Runde geleitet bekommen wollten, ich aber die Magieregeln noch nicht in ausgereifter Form vorliegen hatte, und die unausgereifte Form bestand aus über 20 Seiten Zauberbeschreibungen. In fast allen Systemen ist es ebenso: Die Magierspieler sind die, die sich am besten mit dem System auskennen. Magie ist schwierig, aber mächtig, nicht nur im Fluff, sondern auch in den Regeln. Selbst bei SW muss man sich die paar Seiten mit den Zaubern durchlesen, und hier wurde die geringere Komplexität einfach durch ein geringes Angebot an Zaubern kompensiert. Das finde ich fragwürdig, warum sollte ein Regel-Neuling nicht einen Zauberer spielen können?
Mein System hatte den Grundgedanken: Ausschlaggebend für Magie sollte die Fantasie sein. Der Spieler des Magiers sagt: Ich will..., und der Spielleiter sagt: Ok, dann musst du ... schaffen, dann klappt das. Die Frage für mich war nur, wie ich diese ... fülle. Zunächst habe ich mir überlegt, wie man einen Zauber aufbauen kann: Man überlegt sich, wohin man zaubert und was dann da passieren soll. Dies habe ich abgebildet über Ziel- und Wirkungsaspekte. Ich habe mir also überlegt: Ich muss die Menge möglicher Ziele und die möglicher Effekte partitionieren (im mathematischen Sinne), und dies möglichst äquidistant (ebenfalls mathematisch) - oder auf gut deutsch, ich muss die möglichen Ziele und Aspekte in ähnlich große Bereiche aufteilen. Weiterhin kamen Dinge dazu, die nicht wirklich zu Ziel oder Wirkung passten, dies wurden die speziellen Aspekte. Zu Beginn (also bei dieser beschriebenen Runde) war die Liste der möglichen Ziele und Wirkungen noch sehr seltsam, aber im Laufe der Zeit hat sich die Liste herauskristallisiert, die ich bei FUGS dann einfach übernommen habe.
Implantate: Naja, hier ist nicht viel zu sagen. Bei SW gibt es keine Implantate. Bei FUGS gibt es welche. Es gibt eine Reihe von "Standard"-Implantaten, aber für überkreative Spieler und einsichtige SLs gibt es die Möglichkeit, weitere hinzuzufügen. Hier fördere ich Spielleiterwillkür, allerdings sind (fast) alle Balancing-relevanten Implantate bereits vorgegeben (nämlich jene, die Boni auf Proben geben, und jene, die mit Kampfwerten rummeddeln).
Weiterhin gibt es noch etwas, was mich an SW sehr stört, nämlich die Nachteile. Wer den richtigen Nachteil wählt, hat darin eine sprudelnde Bennie-Quelle. Das ganze hat sich für mich zugespitzt, als in einem Kampf einer der Spieler den stärksten Gegner beleidigt hat, einen Bennie für seine "große Klappe" bekam und trocken meinte: Irgendwomit muss ich ja die Bennies verdienen, um zu überleben. WTF? Ein Nachteil ist ein NACHTEIL!! Schlecht und so! Bei SW sind Nachteile einfach die Kunst, sich diejenigen auszusuchen, die am wenigsten oft zum Tragen kommen, dafür aber am leichtesten Bennie-trächtig getriggert werden können. Das kann's ja wohl nicht sein.
Nachteile haben allerdings das gleiche Problem wie Talente: Sie hebeln irgendwie die Regeln aus, dies allerdings zum Nachteil des Charakters (statt wie die Talente zum Vorteil). Um sowas anständig balancen zu können, habe ich mir gedacht, dass ich von den klassischen Trait-Nachteilen abrücke und Nachteile wie Talente behandle (z.B. bekannt aus DSA4 von den schlechten Eigenschaften). Man kann sie "steigern", um den jeweiligen Malus zu erhöhen, und "senken", um den Nachteil loszuwerden. Natürlich schränkt dies ein, Nachteile wie "Armlos" oder "Blind" lassen sich nicht abbilden. Aber sind wir mal ehrlich: Diese Nachteile nimmt man doch eh nur, wenn man mal was Albernes tun will. Sie scheinen eine Notwendigkeit in einem System, die aber nie benutzt wird - da kann man sie auch weglassen.
Imho beschränken sich die interessanten Nachteile auf drei Gruppen: Dinge, die einen zwingen, etwas zu tun, Dinge, die einen hindern, etwas zu tun, und Dinge, die einen Einschränken, wenn man etwas tut. Bei mir entsprechend aufgeteilt: Dränge, Phobien und Allergien (ich hätte das dritte gern Empfindlichkeiten genannt, aber das hat nicht auf den Charakterbogen gepasst
). Ich glaube, dass diese Nachteile, wenn man sie kreativ umsetzt, so ziemlich alle spielbaren Nachteile abdecken.
Zum letzten will ich noch auf einen weiteren Kritikpunkt und gleichzeitig eine Gemeinsamkeit von SW und FUGS eingehen. SW und FUGS sind beide Systeme, die sich den Anspruch setzen: Meine Spieler setzen sich hin, ich erkläre ein paar Minuten, worum's geht, die Spieler schaffen es binnen Minuten, ihr Charakterkonzept auf Papier zu bannen, und dann wird gespielt. Die Praxis sah leider (nach meiner Erfahrung) bei Savage World's anders aus: Die erfahrenen Spielern tragen bei den Talenten ihre Favorites ein (Kräftig, Kampfreflexe, ...), schreiben ihre Fertigkeiten dazu "Kämpfen W8, Schießen W10,... öh... worunter fällt Verführen nochmal?" und sind dann fertig. NEUE Spieler sitzen erstmal da: Was gibt es denn für Talente? *reicht ihm das Buch* Ich brauche auch die Talente *das Buch wird zurückgereicht* Moment, ich brauche die Fertigkeiten *Das Buch wird erneut weitergereicht und umgeschlagen* Hey, ich bin mit den Talenten noch nicht fertig *der Streit um das Buch beginnt, irgendein Mitspieler holt sein zweites Exemplar raus* Gib - ich gucke mir mal die Zauber an - Hey, ich brauch noch die Fertigkeiten. Die Situation ist klar: JEDER braucht ein Buch! Deshalb stehen bei FUGS alle Talente schon da: Man braucht kein Buch. Es gibt nichts, was man nachgucken muss! Nur die Regeln verstehen, und die kann der SL eh schneller erklären, als sie jedes Buch zu vermitteln mag. Dies ist der Grund, warum schon alle Talente auf dem Charakterbogen stehen. Man muss nur noch ausfüllen, nix nachschlagen. Dies spart imho unheimlich viel Zeit bei der Charaktererschaffung
So, ich hoffe, ich konnte die relevanten Punkte nahebringen. Tut mir leid, dass es so lang geworden ist, habe mir wohl bei der Erstellung des Systems zuviele Gedanken gemacht
€ Die Aces / explodierenden Würfel geben stochastisch in der Tat ein gewisses Problem auf. Wie in allen SW-Veröffentlichungen sehr richtig steht, ist der Erwartungswert bei einem kleinen Würfel trotz Aces kleiner als bei großen. Wenn man ein bisschen durchrechnet, wird man feststellen, dass es keine Zahl gibt, die mit einem beliebigen kleineren Würfel wahrscheinlicher zu erreichen ist als mit einem größeren. Meine Beschränkung, dass man nur 1x neu würfeln darf, soll eigentlich nur extreme Ergebnisse verhinden, da es mir doch oft übel aufgeschlagen ist, wenn man da würfelt und würfelt und die Vernichtung des NSC bzw des SC nur noch ultimativer gestaltet. Ich finde es ok, wenn es Dinge gibt, die man eben einfach nicht kann. Meine Regeln sollen daher dem gewünschten Spielstil, nicht den stochastischen Gegebenheiten gerecht werden.