Autor Thema: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?  (Gelesen 62959 mal)

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Offline Maarzan

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #350 am: 8.01.2010 | 16:58 »
Oh, an der Gemeinsamkeit des Spiels hänge ich mich da auch gar nicht auf. Aber das Entwickeln fasse ich dann doch graduell auf. Und viele Spieler, die ich kenne, wollen zu 90% konsumieren und wenig Mühe in tatsächliche Entwicklung der Geschichte stecken. Sie wollen etwas "serviert" bekommen ohne groß Eigenleistung zu erbringen; genau darüber stöhnen doch auch die SLs viel hier im Forum. Willst du da jetzt anfangen zu differenzieren, in der Art "RPG ist es aber nur wirklich, wenn alle gleichmäßig zur Entwicklung einer Geschichte beitragen, die allen Spaß macht"? das ist vielleicht ideales RPG, aber nicht unbedingt das, was ich beobachte.

Aktiv teilnehmen muss letztlich keiner. Wer nur mitschwimmen will, kann das ja tun. Die Existenz solcher Mitspieler kann aber nicht Rechtfertigung des Beschneiden der ihnen zustehenden Mitgestaltungsrechte der anderen Mitspieler sein.

Zitat
Ich wehre mich einfach dagegen, durch einen Kunstgriff die Definition von RR derart zu gestalten, dass RR schon per Definition schlecht ist. Genausowenig, wie Medizinmann sagen kann, Gewalt ist per Definition schlecht.

Ein Vergewaltiger redet dann auch von Vergewohltätigen und verweist darauf, das es doch Leute gibt, die es etwas härter wollen.
Letztlich läuft es darauf hinaus, das jede Person gegenüber ihr eigenes Recht auf Spaß und die ihr zustehende Beteiligung an der Gestaltung dieses Spaß hat.
Es ist egal wie toll man glaubt das eine Story ist oder wie toll es andere finden so zu spielen. Grundlage des Spiels wie auch guten sozialen Umgangs ist das, was explizit am jeweiligen Spieltisch passiert. Und wenn sich jemand am Spieltisch betrogen vorkommt, hat man sich auch dort und genau damit auseinander zu setzen.
Diese (R)Umdefiniererei empfinde ich als genau den Versuch sich auf externe abstrakte Werte des Geschmacks zurück zu ziehen (anstelle den Leuten am Tisch gerecht zu werden), von Gleichgesinnten Unterstützung zu werben und den lästigen Spieler von hoher Warte mundtot zu machen.

Und das Problem sind dann weniger die Idiotenspielleiter - die kann man vermeiden oder verlassen- als die Spieler, welche ihre Spielweisen davon geprägt entwickeln und entsprechend ge-/verstört agieren.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 17:00 von Maarzan »
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #351 am: 8.01.2010 | 17:01 »
Ich grenze niemanden aus. Rollenspiel im klassischen Sinne bedeutet, einen Charakter so handeln lassen, wie man es selbst für angemessen hält. Wenn ich meinen Charakter ausschließlich so handeln lasse, wie es der Spielleiter für angemessen hält, ist das schlicht und ergreifend eine andere Sorte Spiel. Ich habe nicht gesagt, dass sie schlechter ist. Aber es ist dann kein Rollenspiel mehr.
Aber ein Railroadender SL ändert ja nicht die Handlung deines Chars, sondern nur die Konsequenzen die sich aus der Handlung ergeben.
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Offline Hector

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #352 am: 8.01.2010 | 17:06 »
Ihr versucht wegzudiskutieren, dass "Railroading" per ursprünglicher Definition ganz klar negativ belegt war. In dem Moment, wo eigentlich fest definierte Begriffe umdefiniert werden und jeder sich dann etwas eigenes darunter vorstellt, werden sie aber diskussionsuntauglich. Dann braucht man wieder neue Begriffe, und plötzlich geistert negatives, positives und neutrales Railroading in der Gegend herum. Wenn jemand früher gesagt hat: "Der SL railroadet" war klar, dass der SL sich da etwas herausgenommen hat, das den Spieler, der die Aussage gemacht hat, stört. Dass er die Autonomie des Spielers über seinen Anteil am Plot beschneidet. Aber dann taucht die "Railroading ist doch cool"-Fraktion auf und definiert munter um. Und dann ist Bass Playing auf einmal auch eine Form von Railroading, und Scene Framing ist Railroading, und wenn man sagt: "wir machen eine Kippenpause" ist es Railroading, etc. Das war ja der Grund für diesen Thread.

Edit:
Aber ein Railroadender SL ändert ja nicht die Handlung deines Chars, sondern nur die Konsequenzen die sich aus der Handlung ergeben.

Der Railroader-SL entwertet die Aktionen meines Charakters, indem er sie ignoriert. Er verweigert meinen Aktionen einen Einfluss auf den Ablauf der Geschichte, die eigentlich gemeinsam gestaltet werden sollte. Insofern wird es beim RR-SL egal, ob oder wie mein Charakter handelt, weil ja ohnehin immer das gleiche passieren wird.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 17:09 von Großkomtur »
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Offline Tudor the Traveller

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #353 am: 8.01.2010 | 17:15 »
Aktiv teilnehmen muss letztlich keiner. Wer nur mitschwimmen will, kann das ja tun. Die Existenz solcher Mitspieler kann aber nicht Rechtfertigung des Beschneiden der ihnen zustehenden Mitgestaltungsrechte der anderen Mitspieler sein.

Es ist u.a. sogar Aufgabe des SL, die "Gestaltungsrechte" der Spieler zu beschneiden, denn dadurch, dass er deren Optionen vermindert, erzeugt er erst die oft gewollte Herausforderung. Die Beschneidung sollte eben nur in einer Art geschehen, die unterhält. Was genau unterhält, ist aber nicht so ohne Weiteres abzugrenzen. Wenn die SC in Gefangenschaft geraten, ist ihre Entscheidungsfreiheit massiv beschitten, dennoch ist dies nicht unbedingt immer Railroading durch den SL, denn das wäre absurd, da Gefangenschaft an sich ein schlüssiges Szenario ist.

Letztlich läuft es darauf hinaus, das jede Person gegenüber ihr eigenes Recht auf Spaß und die ihr zustehende Beteiligung an der Gestaltung dieses Spaß hat.
Es ist egal wie toll man glaubt das eine Story ist oder wie toll es andere finden so zu spielen. Grundlage des Spiels wie auch guten sozialen Umgangs ist das, was explizit am jeweiligen Spieltisch passiert. Und wenn sich jemand am Spieltisch betrogen vorkommt, hat man sich auch dort und genau damit auseinander zu setzen.
Diese (R)Umdefiniererei empfinde ich als genau den Versuch sich auf externe abstrakte Werte des Geschmacks zurück zu ziehen (anstelle den Leuten am Tisch gerecht zu werden), von Gleichgesinnten Unterstützung zu werben und den lästigen Spieler von hoher Warte mundtot zu machen.

Die Definition ist nötig, wenn man unterscheiden will, ob ein SL diktatorisch leitet oder ein Spieler einfach nur Probleme hat, sich der Autorität des SLs unterzuordnen. Denn der SL hat ja nunmal auch Gestaltungsrechte, die meist weit über die der Spieler hinausgehen. Un deine wertneutrale Definition von Railroading wäre hilfreich, die Grenze zu lokalisieren, wo Spielerrechte anfangen und SL-rechte aufhören. Spaß als Kriterium ist dafür viel zu vage und zu individuell.

Ihr versucht wegzudiskutieren, dass "Railroading" per ursprünglicher Definition ganz klar negativ belegt war. In dem Moment, wo eigentlich fest definierte Begriffe umdefiniert werden und jeder sich dann etwas eigenes darunter vorstellt, werden sie aber diskussionsuntauglich.

Wenn eine Definition sich als unbrauchbar erweist, muss sie nunmal geändert werden. Das ist in der Wissenschaft gang und gäbe.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 17:19 von Tudor the Deadish »
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #354 am: 8.01.2010 | 17:16 »
Der Railroader-SL entwertet die Aktionen meines Charakters, indem er sie ignoriert. Er verweigert meinen Aktionen einen Einfluss auf den Ablauf der Geschichte, die eigentlich gemeinsam gestaltet werden sollte.
Da kommen wir schon weiter.
Vorhin hast Du Rollenspiel grob als "Man spielt einen Charakter" definiert.
Jetzt schreibst Du "Man gestaltet gemeinsam eine Geschichte".
Klassisches Rollenspiel ist meiner Meinung nach: Man erlebt im "Virtuellen Körper" einer anderen Rolle eine Geschichte. Und diese Definition wird durch Railroading nicht gebrochen.
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Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #355 am: 8.01.2010 | 18:07 »
Ihr versucht wegzudiskutieren, dass "Railroading" per ursprünglicher Definition ganz klar negativ belegt war. In dem Moment, wo eigentlich fest definierte Begriffe umdefiniert werden und jeder sich dann etwas eigenes darunter vorstellt, werden sie aber diskussionsuntauglich. Dann braucht man wieder neue Begriffe, und plötzlich geistert negatives, positives und neutrales Railroading in der Gegend herum. Wenn jemand früher gesagt hat: "Der SL railroadet" war klar, dass der SL sich da etwas herausgenommen hat, das den Spieler, der die Aussage gemacht hat, stört. Dass er die Autonomie des Spielers über seinen Anteil am Plot beschneidet. Aber dann taucht die "Railroading ist doch cool"-Fraktion auf und definiert munter um. Und dann ist Bass Playing auf einmal auch eine Form von Railroading, und Scene Framing ist Railroading, und wenn man sagt: "wir machen eine Kippenpause" ist es Railroading, etc. Das war ja der Grund für diesen Thread.

Edit:
Der Railroader-SL entwertet die Aktionen meines Charakters, indem er sie ignoriert. Er verweigert meinen Aktionen einen Einfluss auf den Ablauf der Geschichte, die eigentlich gemeinsam gestaltet werden sollte. Insofern wird es beim RR-SL egal, ob oder wie mein Charakter handelt, weil ja ohnehin immer das gleiche passieren wird.

Die ursprünglich negative Belegung will doch niemand wegdiskutieren. Aber wenn du die zur Bedingung einer Definition machst, dann funktioniert deine Definition ganz schnell nicht mehr. Sagt also ein Spieler: "Mensch, der SL lässt meinen Charakter überhaupt keinen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen, das nervt voll, nenn ich das mal Railroading!" Sagt der andere: "Na, aber dafür ist die Geschichte toll. Wenn immer alle Charaktere kriegen, was sie wollen, zerfasert das nur, und am Ende schafft man es vielleicht nicht, das Abenteuer zu lösen, weil man sich in was Falsches verrennt. Ich stelle meinen Charakter gern in den Dienst der Geschichte, wenn die nur gut ist!"

Spieler 2 kannst du jetzt sagen:
a) Du bist doch echt ein Dosenbrot, man hat dich voll gerailroadet, und du bedankst dich auch noch dafür!
b) Naja, für Spieler 1 war das Railroading, weil es ihm nicht gefallen hat. Für dich war es aber keins, weil du's ja Spitze fandest.
c) Du spielst gar kein Rollenspiel, weil du gar kein Interesse daran hast, die Geschichte mitzugestalten. Nur Spieler 1 ist ein richtiger Rollenspieler.

oder eben Möglichkeit d): Spieler 1 hat schon recht mit seiner Kritik, und es ist auch sinnvoll, einen Begriff für den kritisierten Spielstil zu finden, nehmen wir also RR. Der Umstand, dass Spieler 2 Spaß an der Sache hatte, nimmt der Kritik nichts von ihrer Berechtigung, da beide schlicht und einfach mit unterschiedlichen Ansprüchen ans Spiel gehen.

Nun wird Spieler 1 sicher viel öfter empört ausrufen: "Das ist doch RR!", während Spieler 2 wahrscheinlich eher davon schwärmen wird, was für eine tolle Geschichte er hier erlebt und wie stimmungsvoll das alles ist. Weil RR als Begriff eben auf die Frage der Handlungsfreiheit der Charaktere abzielt, was logischerweise der Fokus des Kritikers ist, und was Spieler 2 gar nicht so interessiert. Für eine Definition macht es aber keinen Sinn, darauf abzuheben, dass 2 unterschiedliche Spieler eine jeweils eigene Perspektive auf den gleichen Stil des Spielleitens haben. Wenn Person A Hunde mag und Person B nicht, dann ist ein Hund für Person B trotzdem nicht plötzlich eine Ratte.

Oder, man muss sich halt darauf einigen, dass RR prinzipiell nur mit abwertender Konnotation zu gebrauchen ist, und braucht schon wieder einen neuen Begriff als "neutrale Form" - sowas wie "narrativer Spielstil, bei dem die Handlungsfreiheit der Charaktere dem geplanten Fortgang der Geschichte untergeordnet ist".

EDIT: Noch zum Thema "Umwertung von Begriffen": Mir erscheint das als ganz gewöhnlicher Vorgang. Hack'n'Slay diente auch mal der reinen Abwertung, inzwischen gibt es einen Haufen Leute, die das als neutrale Spielstilbeschreibung sehen - kann halt auch mal Spaß machen. Und dass etwas "unrealistisch" wäre, ist mir früher im Rahmen von Rollenspielen auch nur als negative Kritik untergekommen, inzwischen stehen die allermeisten Systeme dazu, dass sie eben "unrealistisch" sind - na schön, da wählt man hübschere Begriffe wie "cinematisch". Viele Sachen werden eben zum ersten Mal auf den Begriff gebracht, um sie zu kritisieren.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 18:22 von Achamanian »

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #356 am: 8.01.2010 | 18:24 »
Die ursprünglich negative Belegung will doch niemand wegdiskutieren. Aber wenn du die zur Bedingung einer Definition machst, dann funktioniert deine Definition ganz schnell nicht mehr...
Ich bring mal ein Gegenbeispiel: Straftatbestände sind analytische, willkürliche, aber dennoch eindeutig negative Definitionen, die trotzdem zu gebrauchen sind. Wenn mich jemand schneidet ist das Körperverletzung, wenn mich ein Arzt schneidet den ich darum gebeten habe ist es keine. Wenn ich jemanden töte und ich bin ein Soldat der auf rechtmäßigen Befehl handelt, dann ist das eine straffreie Tötung die unter leicht anderen Umständen ein Mord gewesen wäre.
Ist jetzt die Definition von Körperverletzung oder Mord sinnlos weil sie (absichtlich) negativ belegt ist, oder weil sie von subjektiven Faktoren und Kontext abhängt? Sollte man jetzt jede Tötung Mord nennen und dafür in gerechten Mord und ungerechten Mord unterscheiden? Nein, denn das war gerade schon der Sinn der Definition von Mord (in gerechtfertigte und ungerechtfertigte Tötungen zu unterscheiden).
Man dreht sich im Kreis. Wer das Prinzip begreift hat Railroading verstanden und kann sich 15 Seiten Thread und 30 zukünftige Diskussionen sparen.

Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #357 am: 8.01.2010 | 18:37 »
Ich bring mal ein Gegenbeispiel: Straftatbestände sind analytische, willkürliche, aber dennoch eindeutig negative Definitionen, die trotzdem zu gebrauchen sind.

Im Strafrecht oder in ethischen Fragen sind solche relationalen Definitionen ja auch sinnvoll, in denen es um das Verhältnis von Handlung, Zwang und Willen geht und vor allem darum, bestimmte Konstellationen (z.B. Nötigung) als moralisch (und juristisch) verurteilbar zu definieren.

Natürlich kannst du nach dem Modell auch RR definieren als "Gängelung eines Spielers durch einen Spielleiter gegen den Willen des Ersteren." Aber ich sehe wenig Sinn in der Sache, außer, dass man damit den SL "verurteilen" kann. Es interessiert mich aber gar nicht, einen SL zu verurteilen, sondern, rauszufinden, was genau es ist, was mich an einer bestimmten Weise des Spielleitens stört. Und deshalb finde ich den Begriff des RR viel nützlicher im Sinne einer Spielstilbeschreibung als im Sinne einer hochrichterlichen Anklage.

Eulenspiegel

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #358 am: 8.01.2010 | 18:40 »
Eine Körperverletzung ist immer eine Körperverletzung. Der Unterschied ist nur der, ob er straffrei oder strafbar ist:
1) Ein Arzt verletzt deinen Körper nicht, sondern heilt ihn. (Ja, ein Chirurg schneidet deinen Körper auf. Aber nur, um ihn zu heilen und nicht, um ihn zu verletzen..) Daher begeht der Arzt keine Körperverletzung, sondern eine Heilung.

2) Wenn man sich im SM Club auspeitschen lässt, dann ist das eine echte Körperverletzung. Der Peitscher geht aber straffrei aus, da die Körperverletzung einvernehmlich war. (Ändert aber nichts daran, dass es trotzdem eine Körperverletzung war. - Halt bloß eine straffreie Körperverletzung.)

Das gleiche mit töten:
Es gibt verschiedene Arten von töten: hinrichten, morden, im Kampf fürs Vaterland töten, abtreiben etc.
Alle diese Unterdefinitionen von töten haben unterschiedliche Konnotationen.
Aber ihnen allen gemein ist, dass man sie erst vernünftig definieren kann, wenn man das wertungsfreie "töten" definiert.

Das heißt, man definiert erst, was "töten" bedeutet. Und zwar vollkommen wertneural.
Anschließend kann man dann definieren:
- Mord ist, wenn man eine Person aus niederen Motiven tötet.
- Hinrichtung ist es, wenn man einen Gefangenen tötet.
- xyz ist es, wenn ein Soldat den Gegner in einem Krieg tötet.
- Abtreibung ist es, wenn man ein ungeborenes Kind tötet.
- etc.

Und diesen ganzen Unterdefinitionen kann man durchaus auch Bewertungen innerhalb der Definition zugrundelegen. Aber Voraussetzung ist, dass man erstmal vollkommen wertfrei "töten" definiert hat.

Das gleiche mit Railroading:
Klar kann man eine Menge wertender Unterdefinitionen finden. Aber Grundlage ist, dass man erstmal die wertfreie Variante definiert.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #359 am: 8.01.2010 | 18:58 »
Natürlich kannst du nach dem Modell auch RR definieren als "Gängelung eines Spielers durch einen Spielleiter gegen den Willen des Ersteren." Aber ich sehe wenig Sinn in der Sache, außer, dass man damit den SL "verurteilen" kann.
Wenn ich sage: "Da gab es ein Missverständnis" ist das dann sinnlos weil ich damit nur jemanden anklagen will? Müssen wir Missverständnis jetzt relativieren, weil es ja auch erwünschte Missverständnisse geben könnte und die Missverstandenen sich missverstanden fühlen. Ich verstehe nicht wie man nicht den Sinn darin sehen kann ein unerwünschtes Ereignis zu bezeichnen. Messfehler, Autounfall, Flugzeugabsturz. Alles negative Sachen und die Wörter sagen auch mehr als dass was Unerwünschtes passiert ist, sie geben weiteren Kontext dazu unter welchen Umständen es passierte und welche Art von unerwünschter Sache eingetreten ist. Nicht anders war der Begriff Railraoding jemals gedacht gewesen, er sagt uns was falsch gelaufen ist (Art des Fehlers), aber nicht warum, wie oder was man dagegen tun kann.

Eulenspiegel

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #360 am: 8.01.2010 | 19:08 »
Wenn ich sage: "Da gab es ein Missverständnis" ist das dann sinnlos weil ich damit nur jemanden anklagen will? Müssen wir Missverständnis jetzt relativieren, weil es ja auch erwünschte Missverständnisse geben könnte und die Missverstandenen sich missverstanden fühlen.
Ob es im RL erwünschte Missverständnisse gibt oder nicht, ist irrelevant.
Wichtig ist nur, dass erwünschte Missverständnisse nicht per definitionem ausgeschlossen werden.

Vielleicht gibt es tatsächlich keine erwünschten Missverständnisse. Keine Ahnung.

Man kann aber auf alle Fälle nicht sagen: "Es gibt per definitionem keine erwünschten Missverständnisse."
(Man beachte: Streicht man das "per definitionem" wird der Satz wahr. Lässt man das "per definitionem" aber im Satz stehen, ist er falsch.)

Zitat
Messfehler, Autounfall, Flugzeugabsturz. Alles negative Sachen und die Wörter sagen auch mehr als dass was Unerwünschtes passiert ist,
Ja, aber die Sachen enthalten das Unerwünschte nicht in der Definition. Es folgt vielleicht aus der Definition, aber ist kein Teil der Definition.

richtige Definition von Autounfall:
"Unfall, bei dem ein Auto involviert war."

falsche Definition von Autounfall:
"Unfall, bei dem ein Auto involviert war, und mindestens ein Beteiligter findet es Scheiße."

Das zweite ist eine Folge der Definition, aber nicht Teil der Definition.

BTW:
Es gibt durchaus erwünschte Flugzeugabstürze: Wenn man zu Testzwecken Flugzeuge abstürzen lässt.
Oder wenn das Militär einen gegnerischen Flieger runterholt.

Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #361 am: 8.01.2010 | 19:18 »
Mir ist bei der Sache unklar, warum es so schlimm ist, RR als neutralen Begriff zuzulassen. Man kann ihn ja trotzdem ablehnend verwenden. Man räumt aber auch die Möglichkeit ein, dass jemand anders sich mit dem gleichen Begriff auf den gleichen Spielstil positiv bezieht. Da dient doch der allgemeinen Verständigung.

Ich habe ziemlich ausgiebig im DSA-Forum Alveran über RR diskutiert, und festgestellt, dass es viele Leute gibt, die genau das, was ich als RR bezeichnen, schätzen, und dafür sogar Gründe anführen können. Ich habe mich sogar noch einer Weile erinnert, dass ich selbst RR lange Zeit geschätzt habe (allerdings auch, weil ich nichts anderes kannte). Soll ich jetzt sagen: "Damals war das kein RR, weil's uns ja allen Spaß gemacht hat?" Das kann's doch irgendwie auch nicht sein ...

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #362 am: 8.01.2010 | 19:35 »
Letztlich läuft alles immer wieder auf Definitionshoheiten heraus. Es ist doch völlig klar und hinlänglich bekannt dass es bestimmte Techniken gibt die unter gewissen Umständen wünschenswert sind oder nicht bzw. je nach Geschmack gewünscht werden oder nicht und die man dann Railraoding oder anders nennen kann, darüber wurde doch hinreichend diskutiert. Diese Dinge sind bekannt und benannt.
Aber in allen RR Diskussionen geht es darum gar nicht mehr, sondern nur darum wer jetzt seinen Liebling RR nennen darf weil das Wort Publicity mit sich bringt, da es schon bekannt ist. Das ist ein ähnlicher Grund warum Christen Jesus Geburt ausgerechnet zur Wintersonnenwende feiern müssen, obwohl sie wahrscheinlich selbst wissen dass das nicht stimmt.

Diese Diskussion ist völlig Sinnfrei und wird nie zu einem Ziel führen. Argumente warum man was so und nicht so nennen sollte kann es da nicht mehr geben, weil der eigentliche Grund nichts mit Praxis oder tatsächlich erkannten Vorgängen oder Vorlieben im Spiel zu tun hat, sondern nur noch mit Macht über Worte bzw. mit Tatsachen im Sprachgebrauch. Macht lässt sich aber nicht argumentieren, sondern nur ausüben, feststellen oder eben nicht.
Es ist mir klar dass unter dem Vorwand der Diskussion einfach die Wahrnehmung des Sprachgebrauchs geändert werden soll und das funktioniert ja auch. Aber das kann man auch einfacher haben. Gebt euch doch irgend einen Anstrich von Autorität, macht Abstimmungen, oder gründet den Railroading e.v. oder registriert euch railroading.org und schreibt eure Definition dahin oder editiert Wikipedia, oder sonstwas. Aber mit Argumenten hat das alles nichts zu tun. Argumentativ ist das auf der Ebene: "Rot und Grün heißen jetzt hellblau und dunkelblau, wer ist dafür?"

Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #363 am: 8.01.2010 | 20:13 »
@ Dr. Boomslang:

Meine Güte, ist doch nicht so schlimm! Ich hab überhaupt keine Definitionsmachtgelüste ...
Ich kann meine Haltung ja mal ganz subjektiv biographisch erklären: da spiel ich an die 20 Jahre DSA (und hier und da mal Shadowrun, Cthulhu, Midgard, AD&D 2nd, Sturmbringer, MERS ...), und irgendwann stelle ich fest, dass mich das irgendwie alles schrecklich ermüdet, und dass das gar nicht unbedingt an der abgekauten Fantasy-Hintergrundwelt liegt, sondern irgendwie ... tja ... an der Art, wie das alles abläuft. Dann stoße ich irgendwo auf den schönen RR-Begriff und identifiziere das, was mich so ermüdet, als RR.
Alles hätte ein schönes Ende nehmen können, meine Gruppe ist flexibel, wir reden über sowas und erzielen nach und nach ein besseres Mischverhältnis aus festgelegten Plotelementen, freier Entfaltung, Spiel, Spannung, Schokolade. Dann treibe ich mich in einschlägigen DSA-Foren rum, berichte von meinem Glück - und stelle fest, dass ganz viele genau das, was ich als RR-Stil kritisiere, schätzen. Noch mehr, mir fällt ein, dass ich das ja selber mal so mochte!

Jetzt habe ich also die Wahl: Gestehe ich mir ein, dass ich über fünfzehn Jahre lang mit der DSA-Deppeneisenbahn gefahren bin und knalle den anderen im Forum vor den Latz, dass ich inzwischen das Licht gesehen habe, während sie immer noch dumme kleine Railroader sind, die im übrigen nie Sex und viele Pickel haben? Und was, wenn ich wieder Spaß an RR-Abenteuern entwickle, bin ich dann degeneriert, ein Unterrollenspieler? Oder sage ich einfach: "Ja, das mit dem RR ist ein Spielstil, ich finde, auf die Dauer macht was anderes Spaß. Könnt ihr ja auch mal probieren, falls euch das, was ihr jetzt macht, zu langweilen anfängt."

Ich glaube auch nicht, dass ich damit viel umdefiniere. Allein, dass es einen Begriff wie "Illusionism" gibt, zeigt doch, dass Leute sich Gedanken darüber gemacht haben, dass RR unter gewissen Bedingungen zur Zufriedenheit aller funktionieren kann. Damit ist es ja niemandem unbenommen, RR für sich rundheraus abzulehnen. Man kann es sogar generell ablehnen, z.B. aus ethischen Gründen (weil es "verlogen" ist), weil man meint, dass es dumm macht, warum auch immer ...

Edit:
Zitat
Letztlich läuft alles immer wieder auf Definitionshoheiten heraus. Es ist doch völlig klar und hinlänglich bekannt dass es bestimmte Techniken gibt die unter gewissen Umständen wünschenswert sind oder nicht bzw. je nach Geschmack gewünscht werden oder nicht und die man dann Railraoding oder anders nennen kann, darüber wurde doch hinreichend diskutiert. Diese Dinge sind bekannt und benannt.

Genau das meine ich ja: Techniken, die je nach Geschmack gewünscht werden oder nicht, und die man (als "Gesamtstil") RR nennen kann. Nur geht das eben nicht, wenn man RR prinzipiell als unerwünscht definiert.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 20:19 von Achamanian »

Offline kirilow

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #364 am: 8.01.2010 | 20:19 »
@Achamanian
DSA-Deppeneisenbahn
Danke für diesen Begriff. Ich finde viele Beiträge von Dir zu DSA toll (ich kann mich nur nicht durchringen, die hiesige Diskussion zu lesen) aber das ist echt ein Perle. So schön.

Nebenbei:
Heißt das dann, dass die gesamte 7G-Kampagne von DSA definitionsgemäß - zumindest nach dem, was einem als SL laut Abenteuertext nahelegt wird - kein Pen&Paper-Rollenspiel ist?
Natürlich ist es das nicht. Das nennt sich Stimmungsspiel. ~;D
Der Kummerkasten von Dr. Sommer-kirilow ist im rsp-blog Forum. Hier ist sein Postfach voll.

Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #365 am: 8.01.2010 | 20:23 »

Nebenbei:Natürlich ist es das nicht. Das nennt sich Stimmungsspiel. ~;D

Ein neuer Begriff für DSA jagt in diesem Thread den anderen! "Herzlich willkommen zu unserem heutigen Stimmungsspieltreffen. Die Wolken dräuen, die Finsternis ist schwarz, die Blumen lassen traurig die Köpfe hängen, als ahnten sie, welch schweres Ungemach dieser Tage über das Dererund hereinbrechen soll ..."

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #366 am: 8.01.2010 | 21:12 »
Genau das meine ich ja: Techniken, die je nach Geschmack gewünscht werden oder nicht, und die man (als "Gesamtstil") RR nennen kann. Nur geht das eben nicht, wenn man RR prinzipiell als unerwünscht definiert.
Aber was ist das für eine Art von Argumentation? Wenn ich sage "Soldaten sind Mörder" (obwohl das juristisch gesehen nicht stimmt) dann könnten die Soldaten entweder sagen "Nein, wir sind keine Mörder obwohl wir manchmal auch töten" oder sie können sagen "Ja ok, wir sind aber keine bösen Mörder, sondern gute." Im ersten Fall ist da ganz vielleicht eine sinnvolle Diskussion zu finden im zweiten ist das nur noch absurd.
Man kommt sofort wieder zur Frage ob die Juristen nun die Hoheit über den Begriff "Mord" haben oder ob der Begriff auch in einem weiteren nicht juristischen Sinne zu gebrauchen sein sollte und wer sich nun gefälligst wem anzupassen hat, aber das ist dann eben keine Diskussion mehr über den Begriff selbst. Und außerdem ist diese Diskussion ohnehin sinnlos, denn darum geht es gar keinem Beteiligten.

Das ist hier ähnlich gelagert. Es kann doch nicht darum gehen ob jemand RR macht, oder nicht, nur aus Prinzip oder gestreng nach Definition eines leeren Begriffes, sondern es geht um die Bezeichnung eines realen Vorganges. Aber es gibt bei einer Neuschöpfung eines Begriffes kaum sinnvolle Argumente warum der Vorgang A und nicht B heißen sollte. Bei Definitionen geht es nur darum ob etwas sinnvoll zu definieren ist und dann später vielleicht noch ob die Definition verstanden wird, letzteres kann aber völlig nachrangig sein und ist häufig gar nicht zu erreichen.
Das ist ja wohl auch das Hauptproblem wenn ich das richtig sehe. Es gibt eine ganze Menge Leute die meinen sie hätten RR schon immer anders verwendet, andere hätten das anders verwendet usw. usf. Aber das ist für das Definierte erstmal völlig egal. Forge hat es z.B. definiert und diese Definition wurde auch verwendet. Man kann immer noch argumentieren diese Definition sei schlecht, weil jeder den Begriff anders kennt, oder man kann gar den Forgologen vorwerfen den Begriff erst fälschlich umdefiniert zu haben. Das kann man meinetwegen machen, aber diese Diskussion ist völlig uninteressant. Jede Argumentation in Richtung RR sollte Vorgang X bezeichnen und nicht Vorgang Y ist sinnlos. Warum sollte das irgend wen interessieren, außer es ginge um Hoheit über bestimmte Ressourcen, in diesem Fall um einen liebgewonnenen Begriff? Da gibt es keinerlei sinnvolle praktische Gründe.

Ich glaube das Problem um diesen Begriff entsteht dadurch dass manche Leute meinen in ihrem Spiel RR erkannt zu haben, sich aber nicht sagen lassen wollen dass das was sie da machen falsch ist. Das ist wie mit dem "Soldaten sind Mörder"-Beispiel. Anstatt dass diese Leute nun sehen dass offensichtlich RR als Vorwurf zu verstehen ist und zu versuchen diesen Vorwurf zu entkräften ("Ja wir machen das und das, das ist aber kein RR in eurem Sinne weil..."), dachte man sich wohl "RR das ist hip und modern wir stehen einfach dazu, wir machen aber nicht das böse sondern natürlich nur das gute RR".
Eine völlig sinnlose Diskussion, da geht es einfach um nichts. Der ganze Konflikt ist erfunden bzw. auf eine völlige Fantasieebene verlagert. Aber für Rollenspieler ist das ja vielleicht ganz passend ::)

ErikErikson

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #367 am: 8.01.2010 | 21:14 »
Ja. RR ist definitiv schlecht, wie man es auch deutet. Und die RR Spieler versuchen jetzt, ihren schlechten Spielstil mit Wortspielchen zu bemänteln.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #368 am: 8.01.2010 | 21:32 »
Das einzige halbwegs gültige Argument was den Sprachgebrauch bezüglich RR angeht ist dass man es gar nicht benutzen sollte, wenn man irgendwas verständlich machen will weil es niemand versteht (oder verstehen will), wie solche Diskussionen immer wieder zeigen. Andererseits war RR immer als Vorwurf gedacht und die ewige Kontroverse zeigt auch das es so verstanden wird, insofern wäre wieder alles in Ordnung und für diesen einen Zweck könnte man es doch noch gebrauchen.
Genauso wie ja auch jemand den ich Idiot nennen würde, begreifen würde dass ich ihn beleidigen will. Der fängt dann nicht an "Idiot" neutral zu definieren, oder sich darüber zu beschweren dass es ja nichts bringe Idioten immer nur negativ zu sehen, weil das diskriminieren sei.

Offline Maarzan

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #369 am: 8.01.2010 | 22:09 »
Es ist u.a. sogar Aufgabe des SL, die "Gestaltungsrechte" der Spieler zu beschneiden, denn dadurch, dass er deren Optionen vermindert, erzeugt er erst die oft gewollte Herausforderung. Die Beschneidung sollte eben nur in einer Art geschehen, die unterhält. Was genau unterhält, ist aber nicht so ohne Weiteres abzugrenzen. Wenn die SC in Gefangenschaft geraten, ist ihre Entscheidungsfreiheit massiv beschitten, dennoch ist dies nicht unbedingt immer Railroading durch den SL, denn das wäre absurd, da Gefangenschaft an sich ein schlüssiges Szenario ist.
Die Gestaltungsrechte des Spielers sind durch die Regeln, die Person der gespielten Figur und ggf. vorherige spezifische Absprachen bereits eingeschränkt. Es gibt Leutem welche dann schon Railroading schreien, aber die große Menge der Diskussionen, die ich erlebt habe entstehen, wenn der SL sich über diese gegebenen Grenzen hinaus bewegt und seine Entscheidungen nicht mehr durch Regeln, bzw Spielwelt gedeckt erscheinen. (üblicherweise auch erst nach mehreren solchen ?!?-Szenen).
Wenn eine Gruppe aus der Handlung heraus in Gefangenschaft gerät, so hat dies schlüssig aus Spielregeln und Spielwelt zu geschehen, oder wenn es diesen Basisleitlinien wiedersprechend trotzdem notwendig erscheint, ist es eben auf Metaebene auszudiskutieren. Im Railroadingfall entscheidet der SL dies aber aus eigener Ermächtigung und wenn es auffällt und eben nicht jedem mehr Spaß macht kommt es zum Knatsch.

Zitat
Die Definition ist nötig, wenn man unterscheiden will, ob ein SL diktatorisch leitet oder ein Spieler einfach nur Probleme hat, sich der Autorität des SLs unterzuordnen. Denn der SL hat ja nunmal auch Gestaltungsrechte, die meist weit über die der Spieler hinausgehen. Un deine wertneutrale Definition von Railroading wäre hilfreich, die Grenze zu lokalisieren, wo Spielerrechte anfangen und SL-rechte aufhören. Spaß als Kriterium ist dafür viel zu vage und zu individuell.

Railroading ist es, wenn die Grenze des Angemessenen einseitig überschritten wird (Wo das liegt, liegt an dem Gruppenvertrag der jeweiligen Spielgruppe, wer aber statt dessen zB. "bessere Story" oder "Ich weis, was am meisten Spaß macht" als Rechtfertigung aufführt, hat sich meines Erachtens bereits disqualifiziert).
Innerhalb der Vorgaben ist es einfach Aufgabenerfüllung der Spielleitung.
Wenn man gemeinsam und harmonisch noch Änderungen einfließen läßt, ist das einfach funktionierendes, gutes Gruppenverhalten, welchem keine Regeln oder Logikzwänge entgegen stehen.
Nicht jede Railroadingwarnung muss echt sein, aber das dann vermutete Fehlverhalten ist eben unzulässiger Zwang/Manipulation zu Lasten der Spielerbeteiligung.

Zitat
Wenn eine Definition sich als unbrauchbar erweist, muss sie nunmal geändert werden. Das ist in der Wissenschaft gang und gäbe.

Es gibt aber auch die politische Methode statt sich einem Problem zu stellen, auf formeller Ebene die Begrifflichkeiten mit denen das Problem beschrieben wird anzugehen und so lange herumzudoktern und zu verschleiern und zu verzerren bis das Problem in den Hintergrund gerät oder auf Grund der nun verwursteten Begrifflichkeiten als etwas ganz anderes erscheint, was man dann entsprechend angehen kann. Moving goal posts, reduktio ad absurdum ... . 
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #370 am: 8.01.2010 | 22:29 »
Jede Argumentation in Richtung RR sollte Vorgang X bezeichnen und nicht Vorgang Y ist sinnlos.

Das sagt auch keiner - bzw. ich zumindest Nicht. RR bleibt RR, Hack'n'Slay bleibt Hack'n'Slay, Sandboxing bleibt Sandboxing, Twix bleibt Twix.
Es geht mir darum, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Hitze der Rebellion, wenn die Leute gerade erst entdeckt haben, dass es RR gibt und dass das schlecht ist und weg gehört, und der späteren Gelassenheit, wenn man feststellt, dass es ja auch ganz nette und kluge Leute gibt, die RR-mäßig spielen, weil sie das bequem finden oder weil sie Bock auf Märchenonkels haben, und wenn man weiß, dass man die nicht unbedingt bekehren muss, weil das Ganze so wichtig einfach nicht ist.

Ich glaube nicht, dass das ganze viel mit Railraodern zu tun hat, die sich das Wort jetzt aneignen, um damit ihre teuflische Ideologie unter die Leute zu bringen ("Railroadet! Das ist jung, das ist hipp, das macht Spaß, das wäscht das Gehirn so richtig durch!"). Die meisten lehnen den Begriff ja tatsächlich als auf sich gemünzt ab. Da empfinde ich es durchaus als Erfolgserlebnis, wenn ein Railroading-Fan mal nach längerer Erklärung sagt: "Gut, dann mache ich offenbar railroading, finde das aber okay, weil alle Spaß dabei haben." Dann kann man sich darüber einig sein, dass man mit dem gleichen Begriff das Gleiche bezeichnet, in der Bewertung dessen aber auseinanderliegt.

Ist es so schlimm, Leuten zu sagen: "Okay, ihr macht Railroading, viel Spaß, mein Bier ist das nicht"? Muss es denn unbedingt definitionsgemäß heißen: "Ihr ungewaschenen Stinker macht railroading, mir wird ganz schlecht, wenn ich das sehe"?

Offline Tudor the Traveller

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #371 am: 9.01.2010 | 01:22 »
Genau. Der Streit um die Begrifflichkeit wird doch deshalb geführt, weil er als Vorwurf gegen einige SLs verwendet wird. "Was der SL macht, ist Railroading!!!" - "Ja, kann sein... und?" Offensichtlich ist die Aussage beim Empfänger nicht angekommen. Weil die Begrifflichkeit für den einen ganz anderes Gewicht hat, als für den anderen. Statt Railroading könnte man auch andere Begriffe nehmen: Gewalt, Zwang. Beide oftmals negativ belegt, obwohl nicht immer sinnvoll. Oha - nicht?  wtf? Beispiel gefällig?

Zurück zu Zug und Schiene. Schonmal daran gedacht, dass es absolut erwünscht ist, dass der Zug gezwungen ist, der Schiene zu folgen? Wie jetzt - eine Art "guter" Zwang? Anscheinend. Ist das Wort jetzt fehl am Platze? Gib mal bei Wikipedia "Zwang" ein. Du wirst erkennen, dass es neutrale Verwendungen des Wortes gibt - z.B. wissenschaftlich. Weil das Wort nunmal genau das treffend beschreibt, was passiert, aber dafür muss man es neutral betrachten. Die Dinge haben keine andere Möglichkeit, als sich so zu verhalten, wie sie es tun. Si eunterliegen einem Zwang, haben sozusagen keine Wahl. Und für manche Spieler ist es zuweilen gut, wenn sie keine Wahl haben, wenn sie einem Zwang unterliegen, wenn sie gerailroadet werden.

Dabei ist es VÖLLIG unerheblich, ob die Spieler es freiwillig tun. Sie haben schlichtweg keine Wahl. Die Gegenwart des Zwangs offenbart sich lediglich nur, wenn sie es nicht freiwillig tun. Ist der Zwang nicht da, wenn er sich nicht zeigt? Muss Zwang ausgeübt werden, um vorhanden zu sein? Ich denke nein. Die Wahlmöglichkeiten erweitern sich nicht, wenn man sich freiwillig oder nicht freiwillig fügt - sie bleiben gleich. Ergo ist m.E. der Zwang in beiden Fällen vorhanden, nur eben einmal aktiv und einmal inaktiv. Ein Baum erzeugt, wenn er fällt, auch ein Geräusch, wenn es niemand hört -Die Schallwellen sind da, nur eben unregistriert. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass eine neutrale Definition von Railroading siinnvoll und hilfreich ist.

Ich möchte das Ganze mit einem Zitat Terry Pratchetts abschließen:

"Ein Stein hat keine feststellbare Meinung in Hinsicht auf Gravitation."
NOT EVIL - JUST GENIUS

"Da ist es mit dem Klima und der Umweltzerstörung nämlich wie mit Corona: Wenn man zu lange wartet, ist es einfach zu spät. Dann ist die Katastrophe da."

This town isn’t big enough for two supervillains!
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #372 am: 9.01.2010 | 04:23 »
@ Dr.Boomslang
Mir persönlich geht es gar nciht mal so sehr um Railroading. Mir geht es viel eher um "Wie verwendet man Definitionen richtig." und "Was ist der Unterschied zwischen einer Erklärung und einer Definition."

Vielleicht sollte ich dazu einen extra Thread aufmachen, in dem es nicht um Railroading, sondern um Definitionen allgemein geht. Aber eigentlich fand ich Railroading als Beispiel ganz geeignet, um zu erklären, was eine Definition ist und was der Unterschied zu einer Erklärung ist.

Aber was ist das für eine Art von Argumentation? Wenn ich sage "Soldaten sind Mörder" (obwohl das juristisch gesehen nicht stimmt) dann könnten die Soldaten entweder sagen "Nein, wir sind keine Mörder obwohl wir manchmal auch töten" oder sie können sagen "Ja ok, wir sind aber keine bösen Mörder, sondern gute." Im ersten Fall ist da ganz vielleicht eine sinnvolle Diskussion zu finden im zweiten ist das nur noch absurd.
1) Wie ich schon weiter oben schrieb:
Der wertende Begriff Mord ist nur deswegen sinnvoll, weil es den wertneutralen Begriff "Tötung" bereits gibt.

2) Ich sehe eher ein Problem, wenn man diskutiert, ob Soldaten Mörder sind oder nicht.
Wenn der Soldat nämlich darauf antwortet: "Nein, ich bin Soldat, aber kein Mörder." weiß man nicht, was er meint: Meint er, dass er noch nie jemanden getötet hat? Oder meint er, dass er seine Tötungen nicht schlimm fand?

Dieses Problem kann man umgehen, indem man einfach diskutiert, ob man Tötungen von Soldaten jetzt gut oder schlecht findet.
Dann schreibt die eine Seite: "Alle Soldaten töten und alle diese Tötungen sind schlecht." (Oder kürzer: "Ich finde es schlecht, dass alle Soldaten töten.")
Und die andere Seite kann schreiben:
1) Nicht alle Soldaten töten. (Sanitäter, Militärkapelle, Wachbataillon etc.)
2) Nicht alle Tötungen durch Soldaten sind schlecht.

Egal, auf welcher Seite man nun Recht gibt: Das ist wenigstens eine vernünftige Grundlage, auf der man diskutieren kann.

Jetzt habe ich also die Wahl: Gestehe ich mir ein, dass ich über fünfzehn Jahre lang mit der DSA-Deppeneisenbahn gefahren bin und knalle den anderen im Forum vor den Latz, dass ich inzwischen das Licht gesehen habe, während sie immer noch dumme kleine Railroader sind, die im übrigen nie Sex und viele Pickel haben?
Nein, du hast 15 Jahre lang einen Spielstil gespielt, für den es keinen Namen gab.
Und erst ab dem Augenblick, wo es dir keinen Spaß gemacht hat, wurde es zu Railroadiing.

Der Spielstil hat sich nicht geändert. Er ist der gleiche geblieben. Aber einmal war es Railroading und ein andernmal nicht. (Zumindest wenn man nach den Leuten geht, die "es macht den Spielern keinen Spaß" als teil der RR-Definition ansehen.)
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 04:25 von Eulenspiegel »

Offline Akhorahil

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #373 am: 9.01.2010 | 09:18 »
@Erik
Zitat
Ja. RR ist definitiv schlecht, wie man es auch deutet. Und die RR Spieler versuchen jetzt, ihren schlechten Spielstil mit Wortspielchen zu bemänteln.

*gähn* Ebenso könnte ich behaupten das freies spielen bzw. Sanboxing definitiv schlecht wäre, weil man die Spieler völlig konfus ohne Anleitung wie die aufgeschreckten Hühner durch die Welt stolpern lässt und sie nicht wissen was sie tun sollen. Auch das muss nicht von jedem Spieler so aufgefasst werden. Gleiches gilt für RR, auch wenn hier die Gefahr des Misserfolgs grösser ist und es leichte Unterschiede im Einsatz gibt. Aber der Vorwurf kann derselbe sein.

Beides sind Stilmittel bzw. Spielstile. Wie sie eingesetzt werden bzw. aufgefasst werden entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.
"Habt ihr eine Schaufel ?"
"Ja - aber warum ?"
"Für später."

Aufrgund der Rezession wird das Licht am Ende des Tunnels ab sofort ausgeschaltet.
- gez. GOTT

"LOOT FÜR DEN LOOTGOTT !"

Offline Maarzan

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #374 am: 9.01.2010 | 10:18 »
@Erik
*gähn* Ebenso könnte ich behaupten das freies spielen bzw. Sanboxing definitiv schlecht wäre, weil man die Spieler völlig konfus ohne Anleitung wie die aufgeschreckten Hühner durch die Welt stolpern lässt und sie nicht wissen was sie tun sollen. Auch das muss nicht von jedem Spieler so aufgefasst werden. Gleiches gilt für RR, auch wenn hier die Gefahr des Misserfolgs grösser ist und es leichte Unterschiede im Einsatz gibt. Aber der Vorwurf kann derselbe sein.

Beides sind Stilmittel bzw. Spielstile. Wie sie eingesetzt werden bzw. aufgefasst werden entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.

Freies Spiel oder Sandboxing oder auch HacknSlash sind Spielstile.

Railroading ist ein Missbrauchsvorwurf. Wenn die Handlung, welche so bezeichnet wird in der entsprechenden Situation akzeptiert werden würde, wäre der Zwang, der im Railroading enthalten ist erst gar nicht nötig und die Handlung damit kein Railroading.

Aber der Ganove redet eben auch lieber wertneutral von spontaner individueller sozialer Unverteilung statt von Raubüberfall.
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