Hallo miteinander,
da ich gestern gerade am Vorbereiten meiner nächsten Midgard-Runde war und mit dem verstärkten Einsatz improvisierter Waffen rechne (Bierflaschen, Weinfässer, etc.), habe ich mir mal wieder die Regeln für improvisierte Waffen angesehen, und da kam mir Folgendes zu Bewusstsein:
In vielen (nicht allen) Rollenspielsystemen, die ich kenne, lernen die Abenteurer verschiedene Waffenfertigkeiten, -fähigkeiten, -skills, etc. Das ist wohl insbesondere bei sogenannten Oldschool-Systemen der Fall, aber auch neuere haben das teilweise. Da lernt man dann z. B. „Stichwaffen“, „Schwerter“, etc. separat voneinander. Man lernt beispielsweise Einhandschwerter auf +14 und Stichwaffen auf +7. Und wenn es keine eigene Skill für improvisierte Waffen gibt, hat man dafür einen, im besten Fall von der Gewandtheit/Geschicklichkeit abhängigen, Festwert. Hmpf.
Irgendwie seltsam, oder? Ich meine, wenn Hule, der Barbar, täglich mit seinem geliebten Bihänder (oder Kuno der Ritter täglich mit seiner geliebten Streitaxt) trainiert, dann haut er ja nicht stumpfsinnig immer wieder auf einen Kartoffelsack ein. Er übt mit Gefährten, kämpft mal gegen wilde Tiere oder Räuber, und wird ein immer besserer Kämpfer. Zwar benutzt Huhle ausschließlich den Bihänder, aber er lernt auch, auf seine Schritte zu achten, die Balance zu verbessern, Schwachstellen in der gegnerischen Verteidigung zu erkennen, sich besser aufs Kämpfen allgemein zu konzentrieren, anzutäuschen, etc. Er lernt nicht nur Bihänder, er lernt „Kampfkunst“ im Allgemeinen. Es ist nicht möglich, eine Waffenfertigkeit glaubwürdig von der Entwicklung der Kampffertigkeiten im allgemeinen zu trennen. Zwar gibt es bei verschiedenen Nahkampfwaffen verschiedene Techniken (hauen, stechen, fechten schneiden), aber dennoch lehrt uns jedes Waffentraining immer auch etwas Allgemeines über das Kämpfen an sich.
Angenommen Huhle und Kuno haben gleich gute Anlagen, trainieren gleichviel und intensiv und wir haben ein Rollenspielsystem mit W100. Jeder fängt bei der Charaktererschaffung mit Steitaxt +30/Bihänder +30 an. Das System besagt, dass man ungelernte und improvisierte Waffen immer auf +30 kann. Nach zwei Jahren kann Huhle Bihänder +90 und Kuno Streitaxt +90. Die anderen Waffen werden nicht gesteigert. Sie begegnen sich im Kampf. Nach einigen Runden bricht Huhles Bihänder. Weil Kuno ein Ehrenmann ist, lässt er seinen Knappen die Ersatzaxt an Huhle aushändigen. Und jetzt stehen sich da Kuno mit +90 und Huhle mit +30 gegenüber.
Hallo? Geht’s noch? Dieser Barbar hat immerhin die letzten 730 Tage seines Lebens mit Kämpfen verbracht. Er mag noch nie eine Axt in der Hand gehabt haben, aber ein kurzer Blick, und er weiß, wo die scharfe Seite ist. Ein bis zwei Hiebe, und er hat das Gewicht einigermaßen im Griff. Zwar mag er nicht so gut wie der Streitaxt-Vollprofi Kuno sein, aber besser als der eben auf dem Weg zum Markt vorbeikommende Händler Wilhelm, dessen einziger Kontakt mit Waffen bisher der Knüppel eines Stadtbüttels auf seinem Kopf war, ist er allemal. Trotzdem, streng nach Regeln hätten Wilhelm und Huhle die gleiche Chance, mit der Streitaxt umzugehen. Wie absurd!
Daher die Frage: Wie kann man eine systemübergreifend allgemeingültige Gruppenregel treffen, die den Umgang mit ungelernten Waffen für Kämpfer einigermaßen glaubwürdig abbildet? Um in allen Systemen verwendbar zu sein, müsste sie wahrscheinlich aus einem Bruchteil des Wertes der Standardwaffe des Kämpfers berechnet werden. Bitte beachtet, dass es mir nicht darum geht, meine gespielten Systeme abzuschießen oder grundlegend umzumodeln. Es geht nur um eine griffige, systemübergreifend verwendbare Zusatzregel für Rollenspielsysteme, die unterschiedliche Waffen-Skills verwenden. Es wäre daher auch wenig hilfreich, Hinweise wie: „Warum spielst Du auch so’n Scheiß?“ zu posten. Danke vorab.
Wäre es glaubwürdig zu sagen, dass ein Kämpfer beispielsweise mit jeder Waffe, die nicht seine Standardwaffe ist, immer mindestens 60% seines Standardwertes hat? Oder ist das noch zu wenig? Im obigen Beispiel könnte Huhle dann immer noch die Streitaxt mit +54 statt mit +30 benutzen, und der Unterschied zwischen einem völlig ungelernten Zivilisten und einem trainierten Kämpfer, die beide bei einer Wirtshauskeilerei mit Bierflaschen aufeinander einprügeln, würde deutlicher herauskommen.
Alternativ könnte man eine separate Fertigkeit, nennen wir sie mal „Kämpfen“, einführen. Jeder, der zum ersten Mal irgendeine Waffe lernt/steigert, erhält diesen Wert mit. Er steigt immer automatisch um einen bestimmten Bruchteil des Wertes, um den die derzeit am höchsten gelernte Waffenfertigkeit eines Kämpfers steigt. Jeder Kämpfer kann mit jeder Waffe mindestens so gut umgehen, wie er „Kämpfen“ kann.
Achtung: Da sich Nahkampf- und Fernkampftechniken grundlegend unterscheiden, beziehen diese Betrachtungen zunächst nur Nahkampffertigkeiten mit ein.
Haut so etwas die Systembalancen kaputt? Ich persönlich glaube das nicht. Kein Kämpfer wird freiwillig auf seine deutlich besser gelernte Standardwaffe verzichten, nur weil er alle anderen Waffen auch einigermaßen gut kann. Die Regel würde sich daher nur auf Ausnahmesituationen beziehen. Wenn er beispielsweise Bihänder und Streitaxt gleich gut beherrschen möchte, muss er eben beide Fertigkeiten lernen.
Viele Grüße
G.
P.S.: Sollte es so einen Thread bereits geben und ich ihn nur übersehen haben, wäre ich für Hinweise dankbar.