Den Vorwurf mit dem "Strohmann aufbauen" kenne ich, u.a. aus der wirtschaftsethischen Diskussion. Das zu vertiefen würde m.E. wirklich zu weit führen, aber vereinfacht gesagt, richtet sich die Kritik an den "mainstream economics" gegen bestimmte einzelne Elemente, die leider sehr wohl immer wieder auftauchen und immer noch im Gebrauch sind (z.B. eben der HO in verschiedenen Nuancen). Insofern ist der Begriff "mainstream economics" wohl auch etwas missverständlich (ich wollte nicht "neo-liberal" oder "neo-klassisch" schreiben, weil das noch missverständlicher wäre; aber deshalb habe ich ihn auch in Anführungsstriche gesetzt
). Eigentlich steckt's auch im Begriff selbst drin, dass nicht die eine (!) Mainstream-Wissenschaft gemeint ist, sondern eher eine Mehrzahl an Theorien. Wie auch immer ... der Vorwurf lässt sich nicht gegen jede (Unter-) Disziplin gleichermaßen vorbringen, die "immunisieren" sich da sehr gut, aber gleichfalls ist der Vorwurf nicht unberechtigt (weil sich halt immer etwas ind dieser Richtung im Mainstream finden lässt).
Dein Hinweis mit den Journals und den Berufungen (Professur) ist m.E. aber leider etwas blauäugig. Da lässt sich nun wirklich der Vorwurf eines "mainstreams" machen. Wissenschaftstheoretisch mit Thomas S. Kuhn, was u.a. auf die Schulenbildung hinaus läuft. Die gängige Publikationspraxis spricht ebenfalls nicht gerade dafür, dass mensch mit neuen Ideen offene Türen einrennt. Habe gerade eine Veranstaltung (Konferenz) zu dem Thema besucht, wo mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass es da so ein "Club-Verhalten" gibt. Dazu empfehle ich Dir wirklich mal den Artikel von Hodgson, der Evolutions-Ökonom ist und - haha, natürlich
- schon mehrere kritische Artikel verfasst hatte. Interssant ist der Artikel u.a. deshalb, weil er sich zu den Journals und der Lehrpraxis äußerte. Leider entspricht viel von dem, was Hodgson schrieb (z.B. den Mangel an dogmenhistorischen Wissen innerhalb der Ökonomik) dem, was ich selbst erlebt habe.
Hodgson, Geoffrey (2009) "The great crash of 2008 and the reform of economics" (Cambridge Journal of Economics 2009, 33, 1205–122).
Um auf das Thema des Threads zurück zu kommen: So wie Du mir indirekt vorwirfst, auf einen Strohmann einzudreschen, könnte ich Dir den Vorwurf machen, das zu verharmlosen. Das zeigt, dass es durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen zum Thema Wirtschaft gibt. Und dass sich daher "Wirtschaft" auch nicht einfach in eine Regel pressen lässt. Die eine Wahrheit gibt es nicht. Und dem müsste auch ein Rollenspiel Rechnung tragen.
P.S.:
So und weitere Diskussionen zum Thema "Wirtschaft" in Science without Fiction, Speakers Corner oder dann per Email oder PM! Sonst wird das hier noch ein kostenloses Seminar, das viele langweilt. Und abgesehen davon rennen da draussen genügend arbeitslose oder prekär beschäftige Wirtschaftsexpert|inn|en (Achtung: Signatur) herum. Denen möchte ich ihren Job abnehmen.