2300AD teilt sich mit Twilight 2000 die Zeitlinie, d.h. im Jahre 1995 wird der kalte Krieg zwischen NATO und Ostblock heiß, es kommt zum dritten Weltkrieg, einem Atomkrieg, der Russland, die USA und Europa weitestgehend vernichtet und Frankreich, das sich neutral verhält, geht es danach am wenigsten schlecht. Die Reste von West- und Ostdeutschland vereinigen sich (ausgehend von eine freien Bayern, wenn ich's richtig erinnere – die Amis hatten glaube ich "Freistaat" falsch verstanden) in einem blutigen Befreiungskrieg und arbeiten danach mit Frankreich zusammen. Die restliche Welt hat sicherlich auch im Krieg gelitten, ist aber nicht wirklich im Fokus des Spiels.
Die Menschheit braucht etwa ein Jahrhundert, um sich zu erholen.
Die Franzosen sind die ersten, die Ende des 21. Jahrhunderts zur Raumfahrt zurückfinden und nach Entdeckung des Stotter-Warp-Antriebs, der Raumschiffe durch Ausnutzung des Tunnel-Effekts in schneller Folge ohne Zeitverlust ein winziges Stück nach von bewegen kann, kann man nicht nur das eigene Sonnensystem sondern auch fremde Systeme in akzeptabler Zeit erforschen.
Der Antrieb funktioniert nicht innerhalb einer 0,1G Schwerkraftzone um große Massen herum und hat eine Maximalreichweite von 7,7 Lichtjahren, wofür ein moderner Antrieb etwa 1-4 Tage braucht (andere Sonnensysteme sind also nicht weiter entfernt als eine Schiffreise im 19. Jahrhundert). Danach muss er zwei Tage in einem Gravitationsfeld "abkühlen".
Deutlich unglaubwürdiger als dieser Antrieb ist jedoch, dass Schiffe außerdem "normale" Raketenantriebe haben, dabei aber die Raketengleichung komplett ignorieren und nur winzige Mengen an Treibstoff brauchen. Da muss meine Suspension of Disbelief auf Höchstleistung arbeiten. Die magische Raketentechnologie macht es notwendig, dass ein Raumschiff nach Abschalten des Warp-Antriebs noch etwa einen Tag braucht, um zu einem Planeten zu fliegen und dort auch zu landen.
Es gibt keine künstliche Gravitation und man muss entweder dauerhaft beschleunigen, das Schiff drehen und dann wieder bremsen, um einen Gravitationseffekt in Flugrichtung zu haben oder aber ein Teil des Schiffs rotiert (dass das wie man heute weiß nicht wirklich reicht, wenn der Radius nicht hunderte Meter beträgt, ignoriert das Setting; ebenso alle negativen Effekte von Schwerelosigkeit, was ich aber nicht schlimm finde).
Normale Raumschiffe sind vergleichsweise klein und das Setting sagt, es gibt insgesamt etwa 4000 mit Warp-Antrieb. Als Beispiel: Die 2294 gebaute private Jacht Martinique ist etwa 50m lang und 8m breit, kann 20 Leute einen Monat versorgen, hat Energie für 2 Wochen, schafft 1,3 LJ/T und kann 3x starten und landen. Der Passagierteil kann rotieren und hat so 0,15G Schwerkraft. Irgendwie schafft das Schiff es, mit Hilfe von Solarzellen, aus Abwasser neuen Treibstoff herzustellen. Um so mehr frage ich mich, wie man mit dem elektrolytisch aufgespaltenem Urin der 13-köpfigen Besatzung genug Rückstoß für die Fluchtgeschwindigkeit von einem Planeten erzeugen kann…
Durch die 7,7 LJ Grenze konnte die Erforschung des Weltalls nur entlang sogenannter Arme stattfinden, weil man darauf angewiesen war, von Sonnenmasse zu Sonnenmasse zu fliegen und diese nicht immer dicht genug nebeneinander stehen. 2300 AD benutzt übrigens die "echte" Sternenkarte um Sol herum. Man entdeckte in den nächsten 100 oder so Jahren ein Dutzend bewohnbare Planeten und es etablierten sich zwei Philosophien bei der Besiedelung: Man passt die Welt an die Menschheit an oder die Siedler an die Welt. In der Zwischenzeit wurde die Raumfahrt billiger, die Antriebe besser und mit Beginn des 23. Jahrhunderts begann nach der Konsolidierung Ende des 22. Jahrhunderts eine neue Phase der Erforschung.
Es gibt drei Arme von drei Supermächten: Der französische Arm, der chinesische Arm und der amerikanische Arm (der meine ich im Original nicht so bedeutend wie in der aktuellen Edition war).
2247 entdeckte man die ersten Außerirdischen, die Chirper aus Traveller. Ob sie die selbe Hintergrundgeschichte haben? Danach die Reste einer ehemals raumfahrenden Rasse namens Eber, die an deformierte aufrecht gehende Elefanten erinnern. Im französischen Arm stieß man auf Außerirdische, die an Lovecrafts Beschreibung der älteren Wesen erinnern und bei denen der Unterschied zwischen Nutzer und Werkzeug verschwimmt, weil sie meisterliche Bio-Ingenieure sind. Möglicherweise sind die Exemplare, die die Menschheit getroffen hat, extra für den Kontakt geformt und eigentlich sehen sie ganz anders aus… wenn es denn überhaupt eine dominierende Form gibt. Bis auf einen kleinen Krieg die die in diesem Setting Sung genannten Chirper, weil es der Menschheit nicht gefiel, dass diese eine weitere offenbar intelligente Rasse versklavten, und einen kleineren Konflikt zwischen ESA und Argentinien, wo man sich darauf geeignet hatte, die Anzahl der Kriegsschiffe jeder Nation zu beschränken, war die Erforschung weitestgehend friedlich.
Bis dann 2298 eine deutsch-dominierte Kolonie von feindlichen Außerirdischen vernichtet wurde, die man ab dann Käfer nannte, weil ihre Kopfform daran erinnerte. Käfer sind in sofern sonderbar, dass sie erratisch überraschend intelligent und dann wieder strohdumm reagieren und man immer noch rätselt, wie das eine raumfahrende Rasse sein kann. Alle Verhandlungsversuche waren vergebens, Krieg scheint das einzige zu sein, was diese Rasse kennt. Und so drängt die Käfer-Invasion im französischen Arm die hastig zur Verteidigung der Kolonien zusammengezogenen Raumschiffe immer weiter zurück. Der eigentliche Kampf findet dabei auf den Planeten und weniger im Weltraum statt.
Aktuell hat die Menschheit, sich meist immer noch nationalen Identitäten zugehörig fühlend, auf 33 Welten Fuß gefasst und 61 Kolonien gegründet. Auf der zuerst besiedelten Welt Tirane lebt man inzwischen seit 150 Jahren und inzwischen auch unabhängig.
Und so können Charaktere im Käfer-Krieg im französischen Arm die Kolonien verteidigen, sei es als Kolonisten oder als Söldner, oder in diplomatischer Mission die Pentapoden um Hilfe bitten, offiziell oder inoffiziell, oder im amerikanischen Arm nach Eber-Ruinen und verlorener Supertechnologie oder ganz neuen Lebensformen forschen, oder im chinesischen Arm gucken, was wohl die Chinesen dort treiben, oder auf der vercyberpunkten Erde ums Überleben kämpfen oder sich dem Superkapitalismus hingeben, oder auf Kolonien ein US-Western-Erlebnis haben, oder als immer noch rot gekleidete Canadian Mounted Police auf einer Koloniewelt Polizeiaufgaben nachgehen, selbst der Transport von Waren in einem kleinen Raumschiff wäre möglich, nur wird das eigentlich irgendeinem Konzern gehören und wahrscheinlich für den Krieg eingezogen werden, wenn man nicht in den chinesischen Arm flieht, ich meine, dort Geschäften nachgehen muss. Oder man ist einfach Raumfahrer, den eigentlich der Rest gar nicht interessiert oder den es durch einen Unfall auf eine fremde Welt verschlägt, oder man mischt in den vielfältigen Bemühungen um Unabhängigkeit der Kolonien mit und ist je nach Sichtweise Terrorist oder Freiheitskämpfer oder gehört den Kräften an, die das Verhindern wollen. Konfliktpotential gibt es reichlich …
… und ohne dass das Setting jetzt grim dark ist, möchte ich anmerken.
Auch wenn laut Zeitlinie aus den alten Abenteuern die Menschheit zu verlieren droht, würde ich das nicht als grim dark = hoffnungslos und nicht lebenswert nennen, weil im Krieg auch immer die Hoffnung liegt, zu gewinnen und man diesen Aspekt des Settings auch einfach zur Seite schieben kann, weil das Universum groß ist. Zudem wird die Menschheit gewinnen, die Frage ist nur, um welchen Preis.
Im Krieg werden die Schiffe übrigens auch größer. Ein Käfer-Schlachtschiff ist 20x so groß wie die oben erwähnte Jacht und auch großer als die deutschen (es gibt nur eines die Bismark) und französischen (die haben immerhin 3) Schlachtschiffe.