Gerade ausgelesen :
Uwe Timm - Morenga
Ein fesselndes Buch über den Aufstand der Herero und Nama in Deutsch -Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Der Name des Romans kommt von einem Anführer des Aufstandes, der als "schwarzer Napoleon" in Europa bekannt wurde und dessen Kriegsführung sich besonders durch seine Humanität auszeichnete. So ließ er etwa grundsätzlich Gefangenen laufen, eine Tatsache die von Seiten des Reichsdeutschen Militärs unter Verschluss gehalten wurde, welches seinerseits Gefangene fast Ausnahmslos hinrichtete. Das Buch ist sehr gut geeignet um eventuell vorhandene Kaiserreich-Nostalgie auszutreiben, verdeutlicht es doch großartig den bigotten, chauvinistischen und rassistischen Charakter des Militär und Beamtenstaates. Wenn einem durch Morenga klar wird, dass der großen Judenvernichtung am Anfang des Jarhunderts schon ein kleineres Genozid zuvorkam(von den Herero etwa blieb kaum die hälfte am Leben) und mit welcher Rechtfertigung, welcher Mentalität dies geschah dann sieht die spätere Machtergreifung Hitlers noch einmal viel weniger wie ein Zufall aus. Anyway - das Buch basiert auf einer sorgfältigen Recherche von verschiedensten Quellen aus der Zeit, Briefen, Tagebucheinträgen, Berichten, aus denen elegant eine Romanhandlung gesponnen wurde in der das Thema von Verantwortung, Gewissen und Handlungsspielraum des Einzelnen behandelt wird. Somit verwischt in einem trockenen, schnörkellosen Stil die Grenze zwischen Dokumentation und Roman. Manchmal verwirrend sind die sich teils über Jahrzehnte erstreckenden Zeitsprünge, die jedoch den dokumentarischen Eindruck des Romans verstärken und dazu dienen Entwicklungen und Charaktere zu beleuchten. Die angenehme leichte Prise trockener Humor mit der die oftmals skurrilen (und durchaus realen) charaktere und die bittere Handlung kommentiert werden wirkt entlarvend, wie eigentlich der ganze Roman. Sehr empfehlenswert.
9 von 10 Schutztruppenhelme