Ich hab da jetzt einmal was rausgestellt, weil ich das in der Pauschalität nicht sagen würde. Ich verstehe wo du herkommst: Wenn das Voice-Over Dinge erzählt, die man zeigen könnte, ist das tatsächlich irgendwo faul vom Filmemacher bzw. vom Screenwriter. Wenn das Voice Over, aber Dinge herausstellt, die so nicht in dem Detailgrad abbildbar sind (innere Vorgänge) oder die Erzählstimme kommentiert und so eine absichtliche Diskrepanz zwischen dem Gezeigten und dem Gesagten entsteht, dann finde ich das wieder voll okay. Ich muss da an "Fight Club" oder "How I Met Your Mother" denken, wo die Off-Stimme in Kombination mit den Bildern den Erzähler als unseriös entlarvt.
Und ich mag den Begriff "Popcorn-Kino" nicht. Ich esse Popcorn zu jedem Film... na gut, zu 90% der Filme, die ich schaue.
Ja, Du hast absolut recht, dass es sinnvolle Ausnahmen für ein Voice-Over gibt. Da verleiht der Kommentar aus dem OFF dem Seelenleben des Protagonisten eine Stimme und oder ist ein Stilmittel, um Situationen zu brechen oder zu überhöhen. Die Coen-Brüder oder auch Fincher gelingt es ganz gut, dies effektiv einzusetzen. In den Händen nicht so versierter Filmemacher ist die Stimme aus dem OFF aber eine Krücke, die mehr schadet als nutzt.
Leute, das hier ist so interessant, dass das einen eigenen Thread wert ist. Magst du sagen, was dir genau als Fehlschnitt oder schlechter Schnittrythmus auffällt, bzw. woran man das erkennt bzw. was da die Best Practices sind. Das wäre wirklich sehr interessant, da jemanden zu Wort kommen zu lassen, der vom Fach ist.
Vom Fach ist ein wenig zu hoch gegriffen, da ich mehr Mediengestalter als echter Cutter bin ;-).
Wie sonst auch beim Film gibt es nicht unbedingt die Best Practices im Schnitt. Es hängt da viel vom bevorzugten Stil des Filmemachers und natürlich auch von der technischen/historischen Entwicklung des Filmes grundsätzlich ab. Lange galt, soll Spannung/Action erzeugt werden, muss die Anzahl der Schnitte erhöht werden. In den 90ern habe ich Filmseminare besucht, in denen die Länge und Anzahl der Schnitte innerhalb eines bestimmten Filmes (hier "Millers Crossing") gemessen wurden. Es galt die Sequenzen einzuordnen und zu sehen, welche Auswirkung die formale Erhöhung der Schnittzahl auf die Rezeption hat. Und bis in die 90er waren Actionsequenzen meist auch mit einer starken Zunahme an Schnitten verbunden. In den 2000ern wurden die Schnittfolgen und -dauer bei Actionsequenzen noch häufiger. Mal wurde es genutzt, um den Kampf noch actionreicher darzustellen, mal als Stilmittel, aber auch, um die mangelhafte Choreographie auszugleichen. Und heute? (Stunt-)Choreographie und Technik sind mittlerweile so weit, dass in einigen Filmen Actionsequenzen fast ganz ohne Schnitt ("Atomic Blonde", "Tyler Rake: Extraction") auskommen. Diese sogenannten Plansequenzen wurden eigentlich lange Zeit vorwiegend im Autorenkino verwendet. Also eher gemächlich erzählte Filme, in denen eine Szene etabliert werden sollte. Plansequenzen sind also lange Zeit ein Stilelement gewesen, was man nie und nimmer für Actionszenen eingesetzt hätte. Und trotzdem sind für mich persönlich gut gemachte Plansequenzen mittlerweile das Highlight eines guten Actionfilms.
Ein Faux-Pas im Schnitt ist eigentlich der Achsensprung. Was ist ein Achsenspung? Es ist ein Sprung in der vom Zuschauer wahrgenommenen Handlungsachse. Wenn man also einen Mann sieht, der von links nach rechts geht, ist das die Handlungsachse. Wechselt man allerdings durch einen Schnitt die Kameraposition, so dass der Mann plötzlich gefühlt von rechts nach links geht, haben wir einen Achsensprung. Der Zuschauer wird irritiert. Eigentlich ein NOGO. Als Cutter ist man deshalb angehalten, Achsensprünge zu vermeiden. Trotzdem haben namhafte Regisseure, wie Jackson oder Kubrick, Achsensprünge auch als Stilmittel genutzt, gerade um den Zuschauer zu irritieren. Ist also vergleichbar mit dem Einsatz von der oben diskutierten Erzählstimme als Stilmittel.
Und jetzt zurück zu Bays "6 Underground". Wie gesagt bleibt Bay seinen Stilelementen in diesem Film treu, ja er feiert sie sogar. Nur ist sein Stil so 90er, die Schnitte mal viel zu hektisch, dann wieder zu langsam, mit zahlreichen Achsensprüngen (hier wirken sie nicht als Stilmittel) Anschlussfehlern und Bildern, die willkürlich eingestreut und somit wie Fremdkörper wirken.