Ich habe gerade
Angst essen Seele auf gesehen und ich fand des Film ganz wunderbar. Man muss sich etwas auf die besondere Art, Filme zu machen, einlassen (wobei der Film jetzt nicht besonders avangardistisch inszeniert ist) und dann eröffnet sich ein wahnsinnig vielschichtiger, tragischer aber auch unterhaltsamer Film.
In vielen Belangen ist die Realität heute glücklicherweise besser, als der Film. Nichtsdestotrotz erkennt man immer wieder Dinge im Film, die es auch heute noch gibt: Das rassistische Bild des Ausländers als dreckiges Tier, Faulenzer und Vergewaltiger ist leider immer noch verbreitet. Auch das absichtliche Auflauflaufenlassen von Personen mit schlechten Deutsch-Kenntnissen gehört auch heute noch zu einer der perfidesten Formen von Alltagsrassismus.
Der Film geht aber weit über die ganz klar erkennbaren Rassismus hinaus. Er thematisiert die Scheinheiligkeit, als die rassistischen Nachbarn den Gastarbeiter doch "akzeptieren", solange er ihnen beim Möbelpacken helfen kann. Er thematisiert den Rassismus der Protagonistin, die ihrem Mann keinen Couscous machen möchte, denn schließlich müsste er sich ja auch an deutsche Verhältnisse anpassen (als wäre es kontradiktorisch, Couscous zu essen und Deutsch zu sein). Auch ihre stellenweise Reduzierung ihres Mannes auf seines Äußeres ("Schaut mal, was er für starke Muskeln hat.") wird gekonnt in Szene gesetzt und kritisiert. Andererseits nimmt der Film seine Frau aber ebenso zu Recht in Schutz, denn sie ist es, die ihn verteidigt und gegen die übelsten Vorurteile ankämpft.
Ihr Mann wiederum wird nicht nur als Opfer inszeniert, sondern als Mensch. Er hat nicht einfach die Rolle des Rassismusopfers, an dem man gut die Hässlichkeit rassistischer Einstellungen zeigen kann (was gewissermaßen auch schon rassistisch ist). Nein, Fassbinder inszeniert auch ihn als ganz normalen Menschen, mit ganz normalen Menschen, der verstanden und geliebt und mit Couscous bekocht werden möchte.
Bei alledem ist der Film auch wahnsinnig unterhaltsam, wobei ich dazu sagen muss, dass sich einiges des Humor sicherlich aus dem zeitlichen Abstand ergibt. Wenn die Nachbarn und Kolleginnen der Protagonistin über sie und ihren Mann herziehen, ist das nach heutigen Maßstäben so krass, dass es schon eine komische Note hat. Das war im Erscheinungsjahr des Film vermutlich anders und gar nicht so zum Lachen.
Eine ganz klare Empfehlung meinerseits. Und wer jetzt denkt: "Ach herrje, was für schwerer Stoff, und dann geht der Film bestimmt noch über 2 Stunden." dem kann ich sagen: Denkste, aber tatsächlich ist das Drehbuch so clever und bringt die gesamte Geschichte in 89 Minuten unter.
Edit:
Das war mein 1111. Post hier im Tanelorn; Stimmung! Konfetti!
Stimmung vorbei, Konfetti wieder einsammeln.